Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 25.09.2002, Az.: S 61 KR 6/01
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 25.09.2002
- Aktenzeichen
- S 61 KR 6/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 35828
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2002:0925.S61KR6.01.0A
In dem Rechtsstreit
Klägerin,
gegen
Krankenkasse,
Beklagter,
hat das Sozialgericht Oldenburg - 61. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 25. September 2002
durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin streitet um Kostenerstattung für eine Ernährungstherapie (Adipositas-Therapie).
Die 1987 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie ist bei einer Körpergröße von 158 cm mit einem Gewicht von fast 80 kg erheblich übergewichtig. Der praktische Arzt Dr. B. in B. Z. bescheinigte der Klägerin, daß ein therapeutisches Vorgehen dringend indiziert sei. Eine Mutter-Kind-Kur mit Ernährungsberatung habe keinen durchgreifenden Effekt gehabt. Kompliziert werde die Situation dadurch, daß eine von zwei weiteren Schwestern normalgewichtig sei. Bei der Klägerin lägen schon Folgeerscheinungen der Adipositas vor. Gestützt darauf beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine KIDS-Ernahrungstherapie über sechs Monate im Rahmen einer von der Dipl.-Oecotrophologin S. in V. geleiteten Gruppe für monatlich 285,00 DM (= 1.710,00 DM). Auf die von der Klägerin überreichten Therapieunterlagen wird verwiesen.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin ab, weil die Therapeutin nicht ihre Vertragspartnerin sei. (Bescheid vom 09.08.2000)
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit der Begründung zurückwies, die fragliche Therapie erfülle nicht die von den Krankenkassen zu § 20 Abs. 1 SGB V aufgestellten Qualitätsanforderungen. (Widerspruchsbescheid vom 27.12.2000)
Dagegen richtet sich die binnen Monatsfrist nach Bekanntgabe erhobene Klage. Die Therapie war mittlerweile seit September 2000 in Anspruch genommen worden. Die Klage stützt sich insbesondere auch darauf, daß andere Kassen und im Einzelfall die Beklagte selbst die Kosten für die fragliche Therapie übernommen hätten.
Die Klägerin beantragt danach,
den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 874,31 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stützt sich noch auf allgemein-gutachterliche Stellungnahmen zu der fraglichen Therapie.
Das Gericht hat den Befundbericht des. Dr. B. vom 16.01.2000 einschließlich der Auskunft der Therapeutin vom 20.02.2001 eingeholt.
Die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten und die Therapieunterlagen waren Gegenstand der Entscheidung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 SGG.
Die frist- und formgemäß erhobene Klage ist zulässig. Sie ist unbegründet.
Streitgegenstand ist keine Präventionsleistung nach § 20 SGB V i. V. m. § 19a der Satzung der Beklagten (Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlernährung bzw. Übergewicht...), die im Sollermessen der Beklagten steht. Es sollte sich vielmehr um eine echte Therapie handeln, wie Dr. B. von Anfang an bescheinigt hatte und in seinem Befundbericht noch einmal bestätigt hat. Entsprechend stützt die Klägerin ihre Klage auch nicht auf die genannten Vorschriften. In Frage kommen dann Ansprüche der Klägerin nach § 27 SGB V, und zwar in der Form eines Systemmangels, weil die Beklagte die Therapeutin nicht zur Vertragspartnerin gemacht hat, vgl. BSG vom 28.06.2000 - B 6 KR 26/99 R -, oder (jedenfalls) nach § 43 SGB V, der keinen Vertrag mit dem Leistungserbringer voraussetzt. Insoweit macht die Klägerin Rechtsansprüche auf Leistungen geltend, die nicht im Ermessen der Beklagten stehen, so daß sie sich umgekehrt allerdings auch nicht darauf berufen kann, daß andere Krankenkassen und im Einzelfall die Beklagte selbst die Inanspruchnahme der genannten Therapeutin bezahlt haben. Gleich auf welche der beiden genannten Anspruchsgrundlagen die Klage dann schlüssigerweise gestützt werden kann, sie scheitert an den fehlenden Wirksamkeitsnachweis für die KIDS-Ernährungstherapie. Ein Systemmangel setzt einen von den Krankenkassen zu beachtenden wissenschaftlichen Konsens über den Nutzen der Therapie voraus, vgl. beispielsweise Bundessozialgericht vom 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R -, § 43 SGB V nennt eine entsprechende Wirksamkeit und Effizienz der Maßnahmen ausdrücklich als Anspruchsvoraussetzung. Eine entsprechende Konsens lag, wie die allgemeingutachterlichen Stellungnahmen zu der fraglichen Therapie aufzeigen, seinerzeit nicht vor, aus dem Befundbericht des Dr. B. ergibt sich dann auch ein nur sehr begrenzter Erfolg der (ärztlich dabei gar nicht überwachten) Therapie. Bei der allgemein schon komplexen Problematik der Übergewichtigkeit insbesondere von jungen Frauen und der besonderen Problematik des vorliegenden Einzelfalles dürften bei der Klägerin letztlich auch nur stringente Therapieansätze als zweckmäßig im Sinne des § 12 SGB V erscheinen, für die eine eindeutige Erfolgsquote spricht. Diese bedürften dann auch strenger ärztlicher Kontrolle in kurzen Zeitabständen. Daß die Klägerin der Beklagten mit der Inanspruchnahme der offensichtlich nicht ausreichenden KIDS-Ernährungstherapie die Kosten einer wesentlich teureren Therapie im vorgezeichneten Sinne erspart hat, zu deren Verordnung Dr. B. nach der Befundlage berechtigt gewesen wäre, begründet schließlich und endlich auch keinen Kostenerstattungsanspruch. Denn die KIDS-Ernährungstherapie konnte eine solche Therapie nicht ersetzten. Die Klägerin war, wie sich aus ihrem Widerspruchsschreiben ergibt, seitens der Beklagten über Alternativleistungen aufgeklärt.
Bei dieser Sach- und Rechtslage waren weitere Ermittlungen nicht anzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung
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