Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 21.11.2002, Az.: S 63 KR 155/00

Bibliographie

Gericht
SG Oldenburg
Datum
21.11.2002
Aktenzeichen
S 63 KR 155/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 35813
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOLDBG:2002:1121.S63KR155.00.0A

In dem Rechtsstreit

...

Kläger,

Prozessbevollmächtigte(r):

DBB Beamtenbund und Tarifunion Dienstleistungszentrum Nord,

gegen

Krankenkasse,

Beklagte,

beigeladen:

1. Firma St M C

2. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte,

Ruhrstr. 2, 10709 Berlin , - 68 250239 H029 -

3. Bundesanstalt für Arbeit vertr. d. d. Direktor des Arbeitsamtes Wilhelmshaven,

Schillerstr. 43-49, 26382 Wilhelmshaven , - 98.0-Az. 9042.1-Beil 1/02 -

4. Deutsche Angestellten Krankenkasse -Pflegekasse-,

Nagelsweg 27-35, 20097 Hamburg

hat das Sozialgericht Oldenburg - 63. Kammer - auf die mündliche Verhandlung

vom 21 November 2002

durch die Richterin am Sozialgericht Lücking - Vorsitzende -

sowie die ehrenamtlichen Richter Helmut Schulz und Hans-Georg Büsing

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger in der Zeit vom 01. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1997 versicherungspflichtig beschäftigt war.

2

Der im Jahre 1939 geborene Kläger beantragte Ende 1998 bei der Beigeladenen 2)

3

medizinische Leistungen zur Rehabilitation bzw. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Im Verlauf dieses Verwaltungsverfahrens stellte sich heraus, dass der Kläger ab dem 01. Januar 1992 für die Beigeladene 1) tätig gewesen ist. Laut Anstellungsvertrag vom 07. Dezember 1991 war seine Stellung die eines "Kaufmännischen Mitarbeiters". Die regelmäßige Arbeitszeit betrug "mindestens 16 Wochenstunden", das "Arbeitsentgelt"

4

50,00 DM pro Monat. Geschäftsführerin der Beigeladenen 1) war die Ehefrau des Klägers. Eine Anmeldung

5

des Klägers zur Sozialversicherung erfolgte weder 1992 noch zu einem späteren Zeitpunkt, sondern erst im Frühjahr 1999 (für die Zeit von Januar 1995 bis einschließlich Dezember 1997), nachdem die Beigeladene 2) zu erkennen gegeben hatte, dass für eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Für die Zeit ab Januar 1998 entrichtete der Kläger freiwillige Beiträge nach.

6

Mit Bescheid vom 25. Januar 2000 stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle fest, dass der Kläger in der Zeit von Januar 1995 bis Dezember 1997 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09. März 2000 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage vom 28. März 2000.

7

Der Kläger trägt vor, er sei bei der Beigeladenen 1) abhängig und damit versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dies folge aus § 8 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Danach sei seine Beschäftigung gerade nicht geringfügig gewesen, denn seine wöchentliche Arbeitszeit habe im Durchschnitt 20 Stunden betragen.

8

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 25. Januar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. März 2000 aufzuheben und festzustellen, dass er in der Zeit vom 01. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1997 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Sie hält an dem Inhalt des angefochtenen Bescheides fest.

11

Die Beigeladene 1) schließt sich dem Klageantrag und dem Vorbringen des Klägers an.

12

Die Beigeladene 2) hat keine Stellungnahme abgegeben.

13

Die Beigeladene 3) und die Beigeladene 4) teilen die Rechtsansicht der Beklagten.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der

15

Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)

17

zulässig. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Im Sozialrecht ist das Bestehen der Versicherungspflicht ein Rechtsverhältnis in diesem Sinne (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz § 55 Anm. 5a).

18

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

19

Der Bescheid vom 25. Januar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. März 2000 ist rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 01. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1997 bei der Beigeladenen 1) nicht versicherungspflichtig beschäftigt war.

20

Ob ein Beschäftigungsverhältnis (Arbeitnehmereigenschaft) vorliegt, ist nach den Grundsätzen zu entscheiden, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung entwickelt worden sind. Danach ist Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also im wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, so liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt (BSG Urteil vom 18.04.1991, SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 5; Urteil vom 06.02.1992, SozR3-4100§ 104 Nr. 8; Urteil vom 21.04.1993, SozR 3-4100 § 168 Nr. 11; ständige Rechtsprechung).

21

Bei Anwendung dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig beschäftigt. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen, dass der Anstellungsvertrag vom 07. Dezember 1991 ausschließlich auf Betreiben des Steuerberaters zustande gekommen sei. Außer als "Kaufmännischer Mitarbeiter" sei er, der Kläger, bei der Beigeladenen 1) ab 1992 gleichzeitig als freier Mitarbeiter tätig gewesen. Die Höhe seines Honorars sei auftragsabhängig gewesen. Er habe jedoch immer einige tausend DM pro Monat erhalten. Gegenüber dieser freien Mitarbeit fällt die behauptete "abhängige" Beschäftigung nicht ins Gewicht. Es ist auch keine klare Trennung zwischen freier Mitarbeitertätigkeit und abhängiger Beschäftigung erfolgt. Im übrigen zeigt allein die Höhe des vereinbarten Arbeitsentgelts von 50,00 DM pro Monat, dass es sich nicht um ein ernst gemeintes abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Bezeichnenderweise hat die Beigeladene 1) den Kläger auch zu keinem Zeitpunkt zur Sozialversicherung angemeldet. Die Anmeldung erfolgte vielmehr erst, nachdem der Rentenversicherungsträger zu erkennen gegeben hatte, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente nicht vorlägen. Letztendlich ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung die Frage des Gerichts, warum ausgerechnet ab dem 01. Januar 1995 eine Versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen habe, obwohl das Beschäftigungsverhältnis doch schon drei Jahre bestanden habe, nicht befriedigend beantworten konnte. Unter diesen Umständen ist der Inhalt des angefochtenen Bescheides nicht zu beanstanden.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.