Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 10.12.2002, Az.: S 62 KR 223/01
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 10.12.2002
- Aktenzeichen
- S 62 KR 223/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 35810
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2002:1210.S62KR223.01.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sozialgericht Oldenburg - 62. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2002 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid vom 5. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2001 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in Versicherungsklasse F 11 4 (mit Krankengeldanspruch ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit) einzustufen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Einstufung in Versicherungsklasse F 11 4 (mit Krankengeldanspruch ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit).
Die im Jahre 1948 geborene Klägerin war von 1964 bis einschließlich 1999 bei der Beklagten pflichtversichert. Seit dem 1. Januar 2000 ist sie hauptberuflich selbständig tätig und beantragte dementsprechend die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung. Ihre Einkünfte gab sie mit 3.000,00 DM pro Monat an.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2000 stufte die Beklagte die Klägerin in Versicherungsklasse F 11 0 (ohne Krankengeldanspruch) ein. Den Antrag der Klägerin auf Neueinstufung in Klasse F 11 4 (mit Krankengeldanspruch) lehnte sie mit Bescheid vom 5. Juli 2001 ab. Den Widerspruch der Klägerin vom 12. Juli 2001 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 15 der Satzung der Kasse würden hauptberuflich selbständig Erwerbstätige grundsätzlich in Versicherungsklasse F 11 0 (ohne Krankengeldanspruch) eingestuft. Unter Umständen komme eine Umstufung in Versicherungsklasse F 11 4 (mit Krankengeldanspruch) in Betracht. Der Umstufung in diese Versicherungsklasse müsse sie, die Beklagte, indes zustimmen. Die Entscheidung ergehe nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei habe sie, die Beklagte, entsprechend dem Normzweck der Vorschrift im Interesse der Versichertengemeinschaft sicherzustellen, daß eine Versicherungsklasse mit Krankengeldanspruch nicht mehr gewählt werden könne, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten oder mit seinem Eintritt in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Dies sei vorliegend der Fall. Das habe der MDKN O. in seinem Gutachten vom 5. Juli 2001 festgestellt. Aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen, insbesondere Diabetes mellitus, sei in absehbarer Zeit mit dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit zu rechnen. Hiergegen richtet sich die Klage vom 20. Dezember 2001.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Überdies sei sie zu Beginn des neuen Versicherungsverhältnisses von der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden, daß von Anfang an die Möglichkeit bestanden habe, sie, die Klägerin, in eine Versicherungsklasse mit Krankengeldanspruch einzustufen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie in Versicherungsklasse F 11 4 (mit Krankengeldanspruch ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit) einzustufen,
hilfsweise
über den Antrag auf Umstufung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an dem Inhalt des angefochtenen Bescheides fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in Bezug auf den Hauptantrag begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2001 ist rechtswidrig.
Gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung der Beklagten werden freiwillige Mitglieder entsprechend ihrer Personenkreiszugehörigkeit in Versicherungsklassen eingestuft. Nach § 15 Abs. 7 Buchst, b) Satz 1 werden hauptberuflich selbständig Erwerbstätige Versicherungsklasse F 11 0 (ohne Krankengeldanspruch) zugeordnet. Sie können indes die Versetzung in Versicherungsklasse F 11 4 mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit beantragen, wenn sie erklären, daß ihnen bei Arbeitsunfähigkeit Arbeitseinkommen entgeht (§ 15 Abs. 7 Buchst, b) Satz 2). Die Versetzung bedarf der Zustimmung der Beklagten (§15 Abs. 7 Buchst, b) Satz 4) Dies bedeutet, daß die Krankenkasse nach pflichtgemäßem Ermessen über den Versetzungsantrag zu entscheiden hat.
Im vorliegenden Fall liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Klägerin hat Anspruch auf Einstufung in Versicherungsklasse F 11 4, denn es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Einstufung zu versagen wäre. Insbesondere kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, daß mit dem Eintritt des Versicherungsfalles (Arbeitsunfähigkeit) in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Aus dem Gutachten des MDKN vom 5. Juli 2001 geht dies gerade nicht hervor. Vielmehr hat der MDKN auf die Frage der Beklagten, ob aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen, insbesondere Diabetes mellitus, in absehbarer Zeit mit dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit zu rechnen sei, lediglich geantwortet, dies sei "nicht auszuschließen". Dies bedeutet keineswegs, daß in absehbarer Zeit mit dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ist. Auch auf das Alter der Klägerin abzustellen, ist nicht sachgerecht. Für die Klägerin sind seit Beginn ihrer Mitgliedschaft im Jahre 1964 kaum Arbeitsunfähigkeitszeiten zu verzeichnen. Daher kann nicht gesagt werden, daß ihr Lebensalter ein erhöhtes Risiko darstellt. Letztendlich ist auch die Dauer der Mitgliedschaft bei der Beklagten zu berücksichtigen. Die Klägerin war von 1964 bis einschließlich 1999 als Pflichtmitglied mit Anspruch auf Krankengeld versichert Vor diesem Hintergrund wäre es unangemessen, ihr nunmehr die Versicherungsklasse zu versagen, die ebenfalls den Anspruch auf Krankengeld einschließt. Der Klage ist daher in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.