Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.01.2022, Az.: 13 ME 435/21
Abänderungsbefugnis; Anhörungsrüge; Antragsfrist; Ausland; Bekanntgabe; Beschwerdefrist; Empfangsbekenntnis; Entscheidung; Ersatzempfänger; Ersatzperson; Gegenvorstellung; Gehör, rechtliches; gesetzlich; inländisch; Kanzleisitz; Kenntnisnahme; Möglichkeit; Postzustellungsurkunde; Rechtsbehelf, außerordentlicher; Rechtsschutz, effektiver; Rechtsverstoß, schwerwiegender; Rügefrist; unstatthaft; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Wiedereinsetzungsantrag; Übergabe
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.01.2022
- Aktenzeichen
- 13 ME 435/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59528
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 14.09.2021 - AZ: 4 B 63/21
Rechtsgrundlagen
- § 14 BORA
- Art 6 Abs 1 MRK
- Art 47 EUGrdRCh
- Art 103 Abs 1 GG
- Art 19 Abs 4 GG
- § 108 Abs 2 VwGO
- § 146 VwGO
- § 147 Abs 1 S 1 VwGO
- § 152a VwGO
- § 56 Abs 2 VwGO
- § 60 Abs 1 VwGO
- § 60 Abs 2 VwGO
- § 80 Abs 7 S 1 VwGO
- § 98 VwGO
- § 173 ZPO
- § 174 ZPO
- § 175 ZPO
- § 178 Abs 1 Nr 2 ZPO
- § 180 ZPO
- § 182 ZPO
- § 318 ZPO
- § 418 Abs 1 ZPO
- § 927 Abs 1 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Soweit nach Einführung der Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO eine Gegenvorstellung als außerordentlicher Rechtsbehelf im Verwaltungsprozess überhaupt noch in Betracht kommt, setzt die Statthaftigkeit der Gegenvorstellung jedenfalls voraus, dass das Gericht gesetzlich zur Abänderung der mit ihr angegriffenen Entscheidung befugt ist (hier: verneint).
Tenor:
I. Der Antrag des Antragstellers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Lüneburg
- 4. Kammer - vom 14. September 2021 zu gewähren, wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die durch den Wiedereinsetzungsantrag entstandenen außergerichtlichen Kosten. Gerichtskosten werden für das Wiedereinsetzungsverfahren nicht erhoben.
II. Die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Gegenvorstellung ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
Gründe
Die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 8. November 2021 (Bl. 116 ff. der GA) eingelegten Rechtsbehelfe bleiben ohne Erfolg.
I. Der auf S. 4 jenes Schriftsatzes (Bl. 117 R der GA) nach § 60 Abs. 1 VwGO gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der vom Antragsteller versäumten Zweiwochenfrist (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) für die Einlegung der Beschwerde 13 ME 435/21 gegen den ablehnenden Beschluss „des Senats“ (zutreffend: des Verwaltungsgerichts Lüneburg) vom 14. September 2021 - 4 B 63/21 - ist auf dessen Kosten (3.) abzulehnen. Dieser Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig.
a) Zwar spricht einiges dafür, dass er nicht innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist, weil der ihn enthaltende Schriftsatz vom 8. November 2021 erst am selben Tage bei Gericht einging, der die Beschwerde mangels Wahrung der Beschwerdefrist verwerfende Beschluss jedoch bereits am 20. Oktober 2021 dem Antragsteller an die von ihm angegebene inländische Adresse gegen Postzustellungsurkunde zugestellt worden war (vgl. Bl. 112 R der GA). Dem muss jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Denn gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO könnte Wiedereinsetzung hier auch ohne (fristgerechten) Antrag gewährt werden, weil, wie von § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO gefordert, jedenfalls die versäumte Rechtshandlung (Einlegung der Eilbeschwerde) bereits am 14. Oktober 2021 vorgenommen und damit (jedenfalls) bis zum Ende der Antragsfrist „nachgeholt“ worden war.
b) Der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags steht ferner die Unanfechtbarkeit und die damit verbundene Rechtskraft des vorausgegangenen Beschlusses des Senats vom 18. Oktober 2021 - 13 ME 435/21 -, mit dem die Beschwerde wegen nicht fristgerechter Einlegung als unzulässig verworfen worden ist, nicht entgegen. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung kann auch dann noch in zulässiger Weise gestellt werden, wenn der zugrundeliegende Rechtsbehelf bereits durch rechtskräftige Entscheidung verworfen worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.1.1961 - BVerwG III ER 414.60 -, BVerwGE 11, 322, 323; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 29.9.2010 - 8 LA 226/10 -, NordÖR 2011, 199, 200, juris Rn. 8 m.w.N.). Die Vorschrift des § 60 VwGO stellt insoweit eine Beschränkung der Rechtskraftwirkung von Entscheidungen dar (vgl. von Albedyll, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 60 Rn. 36).
2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber unbegründet.
Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.6.1995 - BVerwG 1 C 38.93 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 200 - juris Rn. 12). Dabei ist ihm ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigen gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.2.2008 - BVerwG 9 VR 2.08 -, DÖV 2008, 517, 518, juris Rn. 6; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 22.7.2008 - 11 ME 132/08 -, juris Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 60 Rn. 20 m.w.N.).
Hier hat der als Rechtsanwalt im eigenen Namen auftretende Antragsteller nicht im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht, dass die Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Einlegung der Beschwerde ohne sein Verschulden versäumt worden ist.
a) Bereits in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2021 - 13 ME 435/21 -, V.n.b., S. 2 des Beschlussabdrucks, hat der Senat ausgeführt, dass Wiedereinsetzungsgründe im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO nicht ersichtlich seien.
b) An dieser Bewertung hält er auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Schriftsatz vom 8. November 2021 fest. Soweit der Antragsteller darauf verweist, er unterhalte unter der Adresse „A-Straße, A-Stadt“ lediglich ein „Notbüro“ im Inland, halte sich jedoch grundsätzlich in Genf (Schweiz) und damit im Ausland auf, so dass eine Weiterleitung von Schriftstücken dorthin notwendig sei, wird damit nicht dargelegt, dass er unverschuldet an der Einhaltung der bis zum 13. Oktober 2021, 24.00 Uhr, laufenden Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehindert gewesen ist. Dass der Antragsteller eidesstattlich versichert hat, den Inhalt des Beschlusses des „Senats“ (offensichtlich gemeint: der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 14. September 2021) erst am 14. Oktober 2021 tatsächlich zur Kenntnis genommen zu haben, trägt nichts aus.
aa) Zunächst ändert dieser Vortrag nichts daran, dass die wirksame Zustellung des Beschlusses gegen Postzustellungsurkunde (§ 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 178, 182 ZPO) an die genannte Berliner Adresse - die hier allein maßgebliche (förmliche) Bekanntgabe der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO - bereits am 29. September 2021 (den der Antragsteller im Übrigen in der Beschwerdeschrift vom 14. Oktober 2021 (Bl. 104 der GA) sogar selbst als Tag der Zustellung benannt hat) im Wege der einfachen Ersatzzustellung erfolgt war, bei welcher der zuzustellende Beschluss einer in den dortigen Geschäftsräumen des Antragstellers beschäftigten Person als Ersatzempfängerin (Frau C., vgl. die Postzustellungsurkunde auf Bl. 96 R der GA, die als öffentliche Urkunde gemäß § 98 VwGO in Verbindung mit § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis bezüglich der darin bezeugten Zustelltatsachen erbringt, vgl. Schultzky, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 182 Rn. 14) übergeben wurde (vgl. § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Nur ergänzend ist zu bemerken, dass eine Einlegung in den dortigen Briefkasten als nachrangige Form der Ersatzzustellung nach § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 180, 182 ZPO entgegen der Behauptung des Antragstellers (vgl. Bl. 117 der GA) nicht erfolgt ist.
Bereits der 29. September 2021 als Tag der Übergabe an die Ersatzperson und damit der Bewirkung der Zustellung (vgl. Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwZG 12. Aufl. 2021, § 3 Rn. 13, 51) ist nach alldem der Fristberechnung zugrunde zu legen. Das Gesetz unterstellt mit der Regelung über den Zustellungszeitpunkt bei einer Zustellung gegen Postzustellungsurkunde auch im Falle der Zustellung an einen Ersatzempfänger, dass der Adressat des Schriftstücks wegen des typisierten Vertrauens-
oder Näheverhältnisses zu dem Ersatzempfänger (vgl. Schultzky, a.a.O., § 178 Rn. 1) bereits an diesem Tage die Möglichkeit zur Kenntnisnahme des Inhalts der Sendung kraft zeitnaher Weiterleitung gehabt hat.
Ob und wann tatsächlich eine Kenntnisnahme durch den Adressaten erfolgt ist (nach dem Vortrag des Antragstellers
hier erst am 14.10.2021), ist bei dieser Art der Zustellung unerheblich (vgl. LG A-Stadt, Beschl. v. 14.8.1996 - 81 T 372/96 -, RPfleger 1997, 120, juris; Schlatmann, a.a.O., § 3 Rn. 52). Soweit der Antragsteller die anderslautende Ansicht vertritt, es komme auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme eines Schriftstücks durch den Rechtsanwalt mit dem Willen an, diesen als zugestellt entgegen zu nehmen, und zum Beleg hierfür auf den stattgebenden Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. März 2001
- 2 BvR 2211/97 -, juris Rn. 24, verweist, muss dem nicht nachgegangen werden, weil
sich die zitierte Entscheidung auf eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (vgl. § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 174 Abs. 1 ZPO in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (a.F.); jetzt §§ 175 Abs. 1, 173 Abs. 2 ZPO) und damit auf eine andere Zustellungsart mit abweichenden Anforderungen an die Wirksamkeit
der Zustellung (vgl. insbesondere § 174 Abs. 4 ZPO a.F., §§ 175 Abs. 3, Abs. 4, 173 Abs. 2 ZPO n.F.) bezieht.
Wie und wann eine Zustellung schließlich bei einem alleinigen Kanzleisitz in der Schweiz vor- und anzunehmen gewesen wäre, ist im vorliegenden Fall ebenfalls irrelevant.
bb) Eine etwaige verspätete Kenntnisnahme am 14. Oktober 2021 und eine darauf beruhende Einlegung der Eilbeschwerde erst an diesem Tage liegen im Risiko- und Verantwortungsbereich des Antragstellers. Dieser hätte bei gewissenhafter Ablauforganisation - auch in Erfüllung seiner anwaltlichen Berufspflichten aus § 14 Satz 1, 1. Halbsatz der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) - Sorge dafür tragen müssen, dass ihm eilige und fristgebundene Schriftstücke - wie der mit der Beschwerde angefochtene verwaltungsgerichtliche Eilbeschluss vom 14. September 2021 - umgehend in die Schweiz weitergeleitet werden; dies hat er offenkundig nicht getan. Der Antragsteller trägt nämlich nicht etwa vor, dass nur im vorliegenden Fall aufgrund eines etwaig exkulpationsfähigen Versäumnisses der die Sendung annehmenden beschäftigten Person eine derart späte Weiterleitung an seinen Aufenthaltsort in der Schweiz erfolgt sei, dass er die Beschwerdefrist nicht habe einhalten können. Vielmehr stellt er es so dar, dass ihn in A-Stadt eingehende Schriftstücke regelmäßig „10 bis 14 Tage später (erreichen)“ (vgl. S. 4 des Schriftsatzes v. 8.11.2021, Bl. 117 R der GA). Das ist nicht zureichend. Weder vorgetragen noch sonstwie für den Senat erkennbar ist, dass sich eine zeitnahe Weiterleitung, wie sie nach der oben unter aa) dargestellten gesetzgeberischen Wertung anzunehmen und zu erwarten ist, nicht einrichten lasse. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Gelegenheit zur einer entsprechenden Ablauforganisation besteht, jedoch vom Antragsteller nicht genutzt wird. Dieses Versäumnis muss sich der Antragsteller entgegenhalten lassen. In derartigen Fällen liegt kein Anlass vor, von einer „unverschuldet zu späten Reaktion“ im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO auszugehen.
3. Die Kostenentscheidung im Wiedereinsetzungsverfahren folgt hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten aus § 155 Abs. 3 VwGO. Der Ansatz von Gerichtskosten ist nach der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG - Kostenverzeichnis - für das (isolierte) Verfahren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorgesehen. Daher ist hierfür auch kein Streitwert festzusetzen.
II. Die des Weiteren hauptsächlich geführte Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 - 13 ME 435/21 -, mit dem die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 14. September 2021 wegen Versäumung der Beschwerdefrist verworfen wurde, ist kostenfrei zurückzuweisen.
1. Dieser form- und fristlose Rechtsbehelf, der allenfalls eine Anregung an den Senat als judex a quo darstellt, seine Entscheidung nochmals zu überprüfen und ggf. zu ändern (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vor § 124 Rn. 7; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 150 Rn. 10), ist bereits unzulässig.
a) Offenbleiben kann, ob die Gegenvorstellung als solche (generell) unstatthaft und deshalb unzulässig ist, weil der Gesetzgeber mit der durch Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395, induzierten Schaffung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO (vgl. Anhörungsrügengesetz vom 9.12.2004 (BGBl. I. S. 3220)) gegen mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen - im Wege eines „beredten Schweigens“ im Übrigen - zum Ausdruck gebracht hat, dass daneben die gesetzlich nicht geregelte Gegenvorstellung als ungeschriebener außerordentlicher Rechtsbehelf nicht mehr zuzulassen ist (vgl. diese Annahme in BVerwG, Beschl. v. 11.4.2017 - BVerwG 6 C 28.16 -, juris Rn. 2, v. 25.8.2014 - BVerwG 5 B 24.14 -, juris Rn. 2, v. 24.5.2013 - BVerwG 5 B 36.13 -, juris Rn. 3, v. 5.7.2012 - BVerwG
5 B 24.12, 5 PKH 5.12 -, juris Rn. 2, v. 11.1.2007
- BVerwG 8 KSt 17.06 -, juris Rn. 3, v. 25.6.2012 - BVerwG 8 B 49.12 - juris Rn. 4,
und v. 28.3.2008 - BVerwG 8 B 20.08 -, juris Rn. 1; letztere beiden jeweils unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschl.
v. 8.2.2006 - 2 BvR 575/05 -, NJW 2006, 2907, juris Rn. 5, der jedoch eine lediglich auf die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit einer Gegenvorstellung beschränkte Aussage enthielt, die sich möglicherweise nicht auf die Zulässigkeit der Gegenvorstellung überhaupt erstreckte; BVerfG, Beschl. v. 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 -, BVerfGE 122, 190, NJW 2009, 829, juris Rn. 33 ff., sieht demgegenüber weder verfassungs- noch einfachrechtliche Gründe für eine generelle Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs der Gegenvorstellung).
b) Jedenfalls aber ist nach Auffassung des Senats die Gegenvorstellung des Antragstellers vom 8. November 2021 im vorliegenden Fall unstatthaft und daher unzulässig.
aa) Dies gilt zum einen, soweit zur Begründung Gesichtspunkte geltend gemacht werden, die im Rahmen einer (hier sogar hilfsweise erhobenen, vgl.
unten III.) Anhörungsrüge berücksichtigt werden könnten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.2.2017 - BVerwG 5 B 56.16 -, juris Rn. 2, v. 2.1. 2017 - BVerwG 5 B 77.16 -, juris Rn. 9, und v. 27.5.2016
- BVerwG 3 B 25.16 -, NVwZ-RR 2016, 723 [BVerwG 27.05.2016 - BVerwG 3 B 25.16 (3 B 39.15)], juris Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 9.9.2009 - 8 PA 128/09 -, NVwZ-RR 2010, 39, juris Rn. 2; Happ, a.a.O., Rn. 8), das heißt soweit der Antragsteller eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt (vgl. S. 5 f. des Schriftsatzes v. 8.11.2021, Bl. 118 / 118 R der GA).
bb) Soweit der Antragsteller Rechtsverstöße außerhalb eines Gehörsverstoßes geltend macht - hier eine Verletzung in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 47 EU-GRCh, Art. 6 Abs. 1 EMRK, vgl. S. 2 f. des Schriftsatzes v. 8.11.2021, Bl. 116 / 116 R der GA) - scheitert die Zulässigkeit der Gegenvorstellung im vorliegenden Fall jedoch daran, dass der Senat an seine eigene vorangegangene Entscheidung vom 18. Oktober 2021 (Verwerfung der Eilbeschwerde) gesetzlich gebunden ist und diese selbst bei unterstellter Unrichtigkeit nicht abändern dürfte.
Zulässig kann die Gegenvorstellung nämlich nur sein, wenn eine gesetzliche Abänderungsbefugnis gegeben ist, also gesetzlich geregelte Bindungen des Gerichts an seine eigene Entscheidung (vgl. § 318 ZPO) - namentlich solche, die zugunsten des anderen Verfahrensbeteiligten eingetreten sind - nicht unterlaufen werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.11.2008, a.a.O., BVerfGE 122, 190, 203 [BVerfG 25.11.2008 - 1 BvR 848/07], juris Rn. 39; BVerwG, Beschl. v. 27.5.2016, a.a.O., Rn. 2; Senatsbeschluss vom 24.8.2018 - 13 LA 21/17 -, NVwZ-RR 2018, 991, juris Rn. 15; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 28.8.2009 - 4 ME 165/09 -, NVwZ-RR 2009, 983, juris Rn. 3 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
(1) Denn als ein Beschluss, der im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO gegen die verwaltungsgerichtliche Versagung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO ergangen ist, hat der Verwerfungsbeschluss des Senats vom 18. Oktober 2021 mit seiner hier nach § 152 Abs. 1 VwGO eingetretenen Unanfechtbarkeit entsprechend § 121 VwGO materielle Rechtskraft erlangt (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 18.5.2010 - 8 ME 111/10 -, NdsRpfl 2010, 287, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 80 Rn. 171, § 123 Rn. 51) und entfaltet - hier zugunsten der im Verfahren 13 ME 435/21 obsiegenden Antragsgegnerin - Bindungswirkung auch für den Senat.
(2) Der Senat kann seinen Beschluss vom 18. Oktober 2021 und sodann den verwaltungsgerichtlichen
Beschluss vom 14. September 2021 auch nicht nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO ändern. Die daraus folgende Befugnis zur „jederzeitigen“ Abänderung
oder Aufhebung von Eilbeschlüssen von Amts (vgl. zur entsprechenden Anwendung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 18.5.2010, a.a.O., Rn. 4) wegen steht aufgrund der ausdrücklichen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGOÄndG -), BT-Drs. 11/7030, S. 25)) Klarstellung durch das 4. VwGOÄndG ausschließlich dem Gericht der Hauptsache zu (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 28.8.2009, a.a.O., Rn. 5; OVG Hamburg, Beschl. v. 3.2.1995 - Bs VII 2/95 -, NVwZ 1995, 1004, juris Rn. 15). Dies ist hier das Verwaltungsgericht Lüneburg, bei dem seit dem 5. November 2021 die vom Antragsteller in der Hauptsache erhobene Klage 4 A 433/21 anhängig ist; nicht hingegen der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, welcher im Verfahren 13 ME 435/21 allein die Funktion des Beschwerdegerichts wahrgenommen hat. Anders verhielte es sich, wenn beim Senat zugleich bereits ein Berufungszulassungs- oder Berufungsverfahren anhängig wäre; dies ist jedoch nicht der Fall.
(3) Auch aus § 927 Abs. 1 ZPO, welcher sich an das Gericht wendet, das den abzuändernden Beschluss erlassen hat, folgt hier keine Abänderungsbefugnis des Senats. Abgesehen davon, dass diese dem zivilprozessualen Arrestverfahren entstammende Vorschrift von dem in § 123 Abs. 3 VwGO enthaltenen Verweis gerade ausgenommen ist (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 18.5.2010, a.a.O., Rn. 3) und allenfalls (mit komplizierter Argumentation) eine entsprechende Anwendung erwogen wird (vgl. zum Meinungsstand Puttler, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 123 Rn. 128 m.w.N.), setzt sie tatbestandlich voraus, dass mit dem abzuändernden Beschluss (positiv) eine einstweilige Anordnung ergangen war. Dies ist bei dem Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021, der die Eilbeschwerde gegen die verwaltungsgerichtliche Versagung einer einstweiligen Anordnung vom 14. September 2021 als unzulässig verworfen hat, nicht der Fall gewesen.
2. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen unter II.1.b)bb) die Gegenvorstellung des Antragstellers zumindest hinsichtlich der erhobenen Rüge einer Versagung effektiven Rechtsschutzes für zulässig hielte, wäre sie jedenfalls unbegründet.
Soweit der Antragsteller mit dieser Rüge die Abänderung des ergangenen Senatsbeschlusses unter Hinweis auf dessen (vermeintliche) rechtliche Unrichtigkeit erstrebt, fehlt es ihm jedenfalls an gewichtigen neuen Argumenten, so dass der Senat aus diesem Grunde bei nochmaliger Überprüfung seiner verwerfenden Entscheidung vom 18. Oktober 2021 keinen Anlass sieht, von ihr grundlegend abzuweichen, sie sonstwie abzuändern oder ergänzend zu begründen.
Insbesondere hat der Antragsteller keinen schwerwiegenden Rechtsverstoß (wie einen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß oder das Fehlen jeglicher gesetzlicher Grundlage; vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.5.2011 - BVerwG 6 KSt 1.11 -, NVwZ-RR 2011, 709, juris Rn. 5 m.w.N., und v. 20.2.2017 - BVerwG 5 B 56.16 -, juris Rn. 3) aufgezeigt, der es ggf. möglich machen würde, den unanfechtbaren Beschluss zu korrigieren. Die erhobene Rüge der Nichtgewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 47 EU-GRCh, Art. 6 Abs. 1 EMRK), das heißt der Verletzung eines Prozessgrundrechts, greift in der Sache nicht durch. Effektiver Rechtsschutz wird grundsätzlich nur unter Beachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Formen und Fristen gewährt. Gemessen daran war es sachlich-inhaltlich richtig, die gemessen an § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO um einen Tag verfristete Eilbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 18. Oktober 2021 sowie auf die obigen Ausführungen unter I. verwiesen werden. Effektiver Rechtsschutz im Sinne der genannten verfassungs-, unions- und konventionsrechtlichen Vorschriften ist dem Antragsteller, der die für jedermann geltende nationale prozessrechtliche Vorschrift des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO schlicht missachtet hat, auch durch die - wenngleich seinem Begehren nicht entsprechende - verwerfende Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 2021 zuteilgeworden.
3. Das Verfahren der Gegenvorstellung ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Daher ist auch insoweit eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.
III. Soweit der Antragsteller schließlich hilfsweise eine Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 - 13 ME 435/21 - erhoben hat, bleibt auch dieser der Erfolg versagt; diese Rüge ist kostenpflichtig zurückzuweisen (§ 152a Abs. 4 Satz 2 VwGO).
1. Die Anhörungsrüge ist zulässig.
a) Bei dem Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 handelt es sich gemäß § 152 Abs. 1 VwGO um eine (instanzabschließende) mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
b) Der Antragsteller hat auch die Rügefrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO gewahrt.
Nach dieser Norm ist die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. In aller Regel wird zwar der Zeitpunkt der Kenntnis mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der vollständigen schriftlichen Entscheidung an den betroffenen Beteiligten identisch sein (vgl. Happ, a.a.O., § 152a Rn. 15). Die Bekanntgabe erfolgte hier im Wege förmlicher Zustellung gegen Postzustellungsurkunde durch Ersatzzustellung an eine Ersatzempfängerin nach § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 178 Abs. 1 Nr. 2, 182 ZPO bereits am 20. Oktober 2021 (vgl. Bl. 112 R der GA) und lag bei Erhebung der Anhörungsrüge am 8. November 2021 bereits länger als zwei Wochen zurück. In einem solchen Fall (vgl. zur Systematik des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGOBVerwG, Beschl. v. 22.1.2013 - BVerwG 4 B 4.13 -, NVwZ-RR 2013, 340 [BVerwG 11.12.2012 - BVerwG 1 C 15.11], juris Rn. 5) ist die gesetzgeberische Entscheidung zu respektieren, die Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge erst mit der möglicherweise später erfolgten tatsächlichen subjektiven Kenntnis des Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs beginnen zu lassen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 14.4.2010 - 1 BvR 299/10 -, NJW-RR 2010, 1215, juris Rn. 6 m.w.N.); wobei allerdings dieser das bewusste Sich-der-Kenntnis-Verschließen gleichsteht (a.a.O.). Dies zugrunde gelegt, kann hier aufgrund anwaltlicher Versicherung davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller erst am 1. November 2021 (vgl. Bl. 117 R der GA) tatsächliche Kenntnis von dem Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2021 erlangt und frühestens in diesem Zeitpunkt das Bewusstsein gebildet hat, dieser Beschluss leide an einem Gehörsverstoß. Dann musste die Anhörungsrüge spätestens bis zum Ablauf des 15. November 2021 eingereicht werden (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 1. Alt. BGB).
Mit dem Eingang der Rügeschrift vom 8. November 2021 beim Oberverwaltungsgericht am selben Tage hat der Antragsteller diese Frist gewahrt. Sein sinngemäß gestellter weiterer Antrag (vgl. S. 4 des Schriftsatzes v. 8.11.2021, Bl. 117 R der GA), ihm gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung auch in die ggf. versäumte Rügefrist zu gewähren, ist entbehrlich und bedarf daher keiner Entscheidung.
2. Die Anhörungsrüge erweist sich jedoch als unbegründet.
Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren nur fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Ein solcher Mangel haftet der Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 2021 nicht an.
a) Der als Prozessgrundrecht ausgestaltete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) soll sicherstellen, dass die Prozessbeteiligten nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens sind, sondern vor einer ihre Rechte betreffenden Entscheidung zu Wort kommen können, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, und deshalb gewährleisten, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensmängeln ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BVerfG, Beschl. v. 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 -, juris Rn. 9, und v. 19.6.1985 - 1 BvR 933/84 -, BVerfGE 70, 215, 218). Hiermit verbunden ist mithin zum einen das Recht der Prozessbeteiligten zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage und zum anderen die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist indes erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.1.2011 - 1 BvR 2441/10 -, juris Rn. 10 f.; v. 24.2.2009 - 1 BvR 182/09 -, juris Rn. 20 f.; v. 19.6.1985, a.a.O.; v. 1.2.1978 - 1 BvR
426/77 -, BVerfGE 47, 182, 187 [BVerfG 01.02.1978 - 1 BvR 411/75]). Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren vor allem ein Recht darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist eine originäre richterliche Aufgabe. Allein die Behauptung, die richterlichen Tatsachenfeststellungen seien falsch oder der Richter habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung beigemessen, vermag grundsätzlich einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht zu begründen (BVerfG, Beschl. v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267, 273). Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich auch keine Hinweispflicht des Richters zur beabsichtigten Beweiswürdigung und Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 15.5.1984
- 1 BvR 967/83 -, BVerfGE 67, 90, 95 [BVerfG 15.05.1984 - 1 BvR 967/83]). Zwar setzt eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Daraus ergibt sich allerdings keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters (BVerfG, Beschl. v. 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 -, BVerfGE 84, 188, 190; v. 19.5.1992
- 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133, 144 [BVerfG 19.05.1992 - 1 BvR 986/91]). Eine dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs zuwiderlaufende Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunächst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, Beschl. v. 15.5.2008 - BverwG 2 B 77.07 -, juris Rn. 20).
b) Hieran gemessen ergibt sich aus dem Rügevorbringen des Antragstellers keine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
aa) Den Ausführungen des Antragstellers auf S. 6 des Schriftsatzes vom 8. November 2021 (Bl. 118 R der GA) ist kein Gesichtspunkt zu entnehmen, der dem Senat im Beschwerdeverfahren vor Ergehen des Beschlusses vom 18. Oktober 2021 mitgeteilt worden oder sonstwie bekannt gewesen wäre, dem Entscheidungserheblichkeit zugekommen wäre und den der Senat in seinem Beschluss gleichwohl nicht berücksichtigt hätte. Soweit es die vom Antragsteller geschilderte Situation eines aktuellen Auseinanderfallens von Kanzleisitz im Inland (A-Stadt) und tatsächlichem Aufenthaltsort im Ausland (Genf) bis zu einer gegenüber der Rechtsanwaltskammer A-Stadt begehrten Befreiung von der Unterhaltung eines inländischen Kanzleisitzes und das aus alldem folgende „Weiterleitungserfordernis“ angeht, sind diese Umstände weder im erstinstanzlichen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden oder sonstwie offenbar geworden. Der Antragsteller hat durchgehend allein die inländische Adresse „A-Straße, A-Stadt“ angegeben, unter welcher ihn Schriftstücke auch erreichten und Zustellungen an ihn wirksam vorgenommen werden konnten (vgl. Bl. 96 R, 112 R der GA). Im Übrigen wären diese Umstände, selbst wenn der Senat sie gekannt hätte, weder für die Berechnung der Beschwerdefrist aus § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO noch für die Frage einer Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist nach § 60 Abs. 1 VwGO entscheidungserheblich gewesen, da der Antragsteller in einer solchen Situation selbst für eine zeitnahe Weiterleitung zu sorgen hatte, zumal in eiligen Fristsachen wie der vorliegenden (vgl. im Einzelnen die Ausführungen oben unter I.). Dass diese Umstände vom Senat in seiner Entscheidung vom 18. Oktober 2021 nicht berücksichtigt wurden, begründet mithin in der Sache keinen Gehörsverstoß.
bb) Soweit der Antragsteller im Übrigen auch mit der Anhörungsrüge nochmals moniert, die Verwerfung seiner Beschwerde 13 ME 435/21 durch den genannten Senatsbeschluss sei in der Sache zu Unrecht ergangen, führt dies nicht zum Erfolg. Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2011 - BVerwG 8 C 13.11 -, juris Rn. 2).
3. Die Kostenentscheidung im Anhörungsrügeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert ist hierfür nicht festzusetzen. Für die Höhe der Gerichtsgebühren gilt der streitwertunabhängige Festgebührentatbestand in Ziffer 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG - Kostenverzeichnis -.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).