Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.01.2022, Az.: 14 MN 117/22

Abstandsgebot; Corona-Pandemie; einfache Signatur; Maskenpflicht; sicherer Übermittlungsweg; Testpflicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.01.2022
Aktenzeichen
14 MN 117/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59478
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine in mehreren Teilen über einen sicheren Übermittlungsweg (beA) übersandte Antragschrift ist nur formwirksam, wenn (auch) der Teil einfach signiert ist, der die prozessrelevanten Erklärungen enthält.

2. Die in § 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (Stand: 14.01.2022) festgelegten Verpflichtungen zwischen Personen, die nicht derselben festgelegten Gruppe (Kohorte) im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsischen Corona-Verordnung (Stand: 14.01.2022) angehören, einen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten und während des Schulbetriebs eine medizinische Maske zu tragen, stellen ebenso wie das in § 16 Abs. 3 Niedersächsischen Corona-Verordnung (Stand: 14.01.2022) geregelte Zutrittsverbot bei Nichterfüllung der in den Sätzen 1 und 2 der Vorschrift enthaltenen Testobliegenheit notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne der §§ 28 Abs. 1, 28a Abs. 1 Nrn. 1, 2, 2a, 16 IfSG dar Fortführung von OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.10.2021 - 13 MN 415/21, juris).

2. Die Schutzmaßnahmen sind jedenfalls unter den derzeitigen Pandemie-Bedingungen verhältnismäßig.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der sinngemäß gestellte Antrag,

§ 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4 sowie Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. 2021, 770), zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 14. Januar 2022 (Nds. GVBl. 2022, 14), im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug zu setzen,

ist bereits unzulässig (1.), im Übrigen wäre er auch unbegründet (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig.

Die von der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller eingereichte Antragsschrift für den Normenkontrolleilantrag wahrt nicht die gemäß § 55d VwGO erforderliche Form. Nach dieser Vorschrift sind insbesondere vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln, wobei nach § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten Signatur der verantwortenden Person versehen oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein muss. Diese Anforderungen sind vorliegend nicht eingehalten. Damit fehlt es an einem vom Amts wegen zu prüfenden zwingenden und unverzichtbaren Formerfordernis der Antragsschrift.

Ausweislich des Prüfvermerks vom 20. Januar 2022 sind die als elektronische Dokumente "antrag1.pdf" und "antrag2.pdf" an das Gericht übersandten Dateien nicht qualifiziert signiert. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat den Schriftsatz zwar - wie sich ebenfalls aus dem Prüfvermerk ergibt - über einen sicheren Übermittlungsweg, nämlich aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach i.S.d. § 55a Abs. 4 Nr. 2 VwGO, eingereicht, jedoch mangelt es der Antragschrift an der zusätzlich erforderlichen einfachen Signatur i.S.v. § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO.

a) Eine einfache elektronische Signatur nach dieser Variante der Regelung besteht gemäß Art. 3 Nr. 10 der EU-Verordnung Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-Verordnung) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten (BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 14 m.w.N.).

Die (einfache) Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes (BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Dies kann beispielsweise der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein (BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 15 m.w.N.; Ulrich, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 41. EL Juli 2021, § 55a Rn. 73 m.w.N.).

Die (einfache) elektronische Signatur dient dem Abschluss des elektronischen Dokuments sowie der Dokumentation, dass die vom sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der das Dokument verantwortenden Person identisch ist. Ist dessen Identität bei Fehlen der (einfachen) elektronischen Signatur nicht auf andere Weise feststellbar, ist das elektronische Dokument nicht wirksam eingereicht (BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 15 m.w.N.; Ulrich, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 41. EL Juli 2021, § 55a Rn. 73 m.w.N.). Die (einfache) Signatur muss dabei nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls auf dem elektronischen Dokument angebracht werden, das die prozessrelevanten Erklärungen i.S.d. § 82 Abs. 1 VwGO enthält (vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 25 zur inhaltsgleichen Parallelregelung in § 130a Abs. 3 ZPO; Ulrich, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 41. EL Juli 2021, § 55a Rn. 74).

b) Vorliegend ist die Antragschrift - wie sich aus dem Prüfvermerk vom 20. Januar 2022 ergibt - in zwei separaten Teilen jeweils als elektronisches Dokument übersandt worden. Das übermittelte Dokument "antrag1.pdf" enthält die Seiten 1 bis 21 der Antragschrift vom 15. Januar 2022, das Dokument "antrag2.pdf" die Seiten 22 und 23. Das Dokument "antrag2.pdf" weist eine einfache Signatur auf, die Datei "antrag1.pdf" jedoch nicht. Die prozessrelevanten Erklärungen, insbesondere die Bezeichnung der Antragsteller, des Antragsgegners und des Gegenstands des Antragsbegehrens sowie die Anträge sind jedoch lediglich in dem elektronischen Dokument "antrag1.pdf" enthalten. Diese hätte daher (ebenfalls) signiert werden müssen.

c) Es kann hier auch nicht aufgrund sonstiger Umstände von einer ordnungsgemäßen Einlegung des Normenkontrolleilantrags ausgegangen werden.

aa) Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 25 zur inhaltsgleichen Parallelregelung in § 130a Abs. 3 ZPO; BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Das Fehlen einer einfachen Signatur kann - ebenso wie einer Unterschrift - ausnahmsweise unschädlich sein, wenn - ohne Beweisaufnahme - aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 19 m.w.N.; Ulrich, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 41. EL Juli 2021, § 55a Rn. 73).

bb) Solche besonderen Begleitumstände sind hier aber nicht gegeben. Eine der einfachen Signatur vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller und deren Willen, die Antragschrift in den Rechtsverkehr zu bringen, bieten weder die Verwendung des Briefbogens ihrer Kanzlei noch der Umstand, dass das Dokument "antrag2.pdf" eine einfache Signatur aufweist. Die Verwendung des Kanzleibriefkopfes trifft bereits keine Aussage darüber, wer für den sodann folgenden Inhalt der Antragschrift die Verantwortung übernehmen will. Es ist nicht erkennbar, ob die im Briefkopf als Absenderin ausgewiesene Person identisch mit der den Inhalt des Schriftsatzes verantwortenden Person ist (vgl. BAG, Beschl. v. 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Auch die einfache Signatur des elektronischen Dokuments "antrag2.pdf" lässt nicht bereits den Rückschluss zu, dass die gleiche Person auch das Dokument "antrag1.pdf" verantwortet. Die einfache Signatur bezieht sich nur auf den Inhalt des jeweils übersendeten elektronischen Dokuments. So wird in der Gesetzesbegründung zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 130a ZPO ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das elektronische Dokument zu signieren ist, dass die prozessrelevanten Erklärungen enthält. Sofern ein Schriftsatz also in mehrere separat übersandte Teile geteilt wird, muss daher zumindest auch jeder Teil (einfach) signiert werden, der prozessrelevante Erklärungen enthält.

Soweit die Prozessbevollmächtigte die Antragschrift bereits zuvor an das Gericht übersandt hatte, wurde dadurch die Form des § 55d VwGO nicht gewahrt. Das gilt sowohl für die Einlegung in den Nachbriefkasten als auch für die Übersendung der Antragschrift als jeweils einzelne Seiten im jpg-Format. Darauf ist die Prozessbevollmächtigte auch jeweils mit gerichtlichen Schreiben vom 17. Januar 2022 und vom 19. Januar 2022 hingewiesen worden.

Mit Blick auf diese Hinweisschreiben zu den geltenden Formvorschriften war auch ein weiterer gerichtlicher Hinweis auf die fehlende einfache Signatur nicht mehr erforderlich, insbesondere auch, weil im vorliegenden Verfahren kein Fristablauf droht.

2. Sofern man eine einfache Signatur des ersten Teils der Antragsschrift entgegen den Ausführungen unter 1. nicht für erforderlich halten wollte, wäre der Antrag jedenfalls unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. "Doppelhypothese" die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt eine vorläufige Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen nicht in Betracht. Ein in der Hauptsache noch zu stellender Normenkontrollantrag der Antragsteller wäre, soweit er sich gegen die § 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4, Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung richtet, zwar zulässig, aber voraussichtlich unbegründet, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht unter Berücksichtigung der Belange der Antragsteller, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Denn nach summarischer Prüfung erweisen sich die genannten Bestimmungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung voraussichtlich als rechtmäßig.

a) Der bis zum 31. Dezember 2021 für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat des erkennenden Gerichts hat bereits mit Beschluss vom 5. Oktober 2021 (- 13 MN 415/21 -), teilweise auch unter Verweis auf zuvor ergangene Beschlüsse, entschieden, dass es sich bei den in § 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung festgelegten Verpflichtungen, zwischen Personen, die nicht derselben festgelegten Gruppe (Kohorte) im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angehören, einen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten und während des Schulbetriebs eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ebenso wie bei dem in § 16 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Zutrittsverbot bei Nichterfüllung der in den Sätzen 1 und 2 der Vorschrift enthaltenen Testobliegenheit um notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne der § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nrn. 1, 2, 2a, 16 IfSG handelt, die in rechtmäßiger Weise durch Rechtsverordnung nach § 32 IfSG erlassen worden sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.10.2021 - 13 MN 415/21 -, juris Rn. 7). Eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsgrundlagen insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) sei nicht festzustellen, dies gelte auch für das Zitiergebot (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.10.2021 -13 MN 415/21 -, juris Rn. 8). Der 13. Senat ist weiter davon ausgegangen, dass die materielle Rechtmäßigkeit der Niedersächsischen Corona-Verordnung im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt sei, gleiches gelte für den von den streitgegenständlichen Verordnungsregelungen betroffenen Adressatenkreis. Auch die in diesen Verordnungsregelungen gewählte Art der Schutzmaßnahmen sei nicht zu beanstanden. Die Schutzmaßnahmen genügten zudem noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Diesen Einschätzungen und den ihnen zugrundeliegenden Erwägungen schließt sich der 14. Senat nach unabhängiger Überprüfung der Sach- und Rechtslage und unter Abwägung sämtlicher für und gegen eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden Argumente vollumfänglich an und verweist wegen der Einzelheiten darauf.

b) Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit Wirkung vom 24. November 2021 und die Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Ablauf des 25. November 2021 ändern an diesen Einschätzungen nichts, weil auch § 28a Abs. 1 IfSG nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage nationaler Tragweite für Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 32 IfSG anwendbar bleibt (gem. § 28a Abs. 9 IfSG bleiben dessen Absätze 1 bis 6 bis zum 19. März 2022 anwendbar).

c) Soweit die Schulkinder seit dem 10. Januar 2022 nicht mehr nur zum Tragen einer einfachen textilen oder textilähnlichen Mund-Nasen-Bedeckung, sondern einer sogenannten medizinischen Maske, also einer FFP-2 Atemschutzmaske oder einer "OP-Maske", verpflichtet sind, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Im Hinblick auf das derzeitige dynamische Infektionsgeschehen durch die Omikron-Variante und der nach Einschätzung des RKI (vgl. den Wochenbericht vom 20. Januar 2022; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-01-20.pdf?__blob=publicationFile) und des Corona-Expertenrats der Bundesregierung (vgl. die 3. Stellungnahme, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/2000790/9d2b24aef2a1745548ba870166b64b7e/2022-01-22-nr-3-expertenrat-data.pdf?download=1) dadurch drohenden Überlastung des Gesundheitssystems und weiterer Versorgungsbereiche ist die Verpflichtung der Schulkinder, eine medizinische Maske zu tragen, gegenwärtig verhältnismäßig, insbesondere auch angemessen. Medizinische Masken haben nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich eine höhere medizinische Schutzwirkung als textile oder textilähnliche Alltagsmasken, die keiner Normierung im Hinblick auf ihre Schutzwirkung unterliegen (vgl. den Bund-Länder-Beschluss vom 19. Januar 2021). Der damit verbundene Nutzen für eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens (vgl. z.B. Nds. OVG, Beschl. 14.8.2020 - 13 MN 300/20 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.) wiegt die Nachteile, insbesondere den möglicherweise höheren Atemwiderstand jedenfalls einer FFP-2 Atemschutzmaske, unter den derzeitigen Pandemie-Bedingungen auf. Die mit der Verpflichtung zum Tragen einer (medizinischen) Maske einhergehenden Belastungen (vgl. bereits Nds. OVG, Beschl. v. 5.10.2021 - 13 MN 415/21 -, juris Rn. 13) werden zudem weiterhin durch verschiedene Regelungen in der Rundverfügung Nr. 31/2021 der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung vom 14. Dezember 2021 (Bl. 90 ff. der GA) abgemildert. So sind Maskenpausen während des Unterrichts vorgesehen, beim Schulsport brauchen keine Masken getragen zu werden, auch während Abschlussprüfungen, Klausuren und Klassenarbeiten nicht, zudem besteht auf dem Schulgelände im Freien auch in den Unterrichtspausen keine Maskenpflicht. Im Übrigen gilt bei schulpflichtigen Kindern, denen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung das Tragen einer Mund-Nasen Bedeckung nicht zumutbar ist, bei Vorlage eines Attests oder einer vergleichbaren amtlichen Bescheinigung die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung.

d) Auch die in § 16 Abs. 3 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bis zum 31. Januar 2022 geregelte Ausweitung der Testpflicht auf jeden Präsenztag ist nicht zu beanstanden. Angesichts der bereits beschriebenen derzeitigen Pandemie-Bedingungen bestehen an der Verhältnismäßigkeit der Regelung momentan keine Zweifel.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Selbsttests (zu denen neben Tests, bei denen die Probeentnahme im vorderen Nasenbereich erfolgt, auch sog. Spuck- und Lollitests gehören, bei denen Speichel-Proben analysiert werden) mit Beeinträchtigungen verbunden sind, die in ihren Wirkungen gesundheitsgefährdend sind oder körperliche Schmerzen bzw. diesen gleichkommende nichtkörperliche Beeinträchtigungen hervorrufen (so bereits Nds. OVG, Beschl. v. 19.4.2021 - 13 MN 192/21 -, juris Rn. 62; vgl. auch: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 - OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 67 m.w.N.).

Der Senat teilt schließlich die von den Antragstellern geltend gemachte Bedenken im Hinblick auf mögliche gesundheitliche Risiken durch die Selbsttests nicht. Als In-vitro-Diagnostika unterliegen Antigentests dem Medizinproduktegesetz, welches die europäische Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (IVDR) (98/79/EG) umsetzt. Antigentests zur Eigenanwendung müssen danach so hergestellt sein, dass das Medizinprodukt (inkl. Gebrauchsinformationen, Kennzeichnung etc.) hinsichtlich Sicherheit und Leistungsfähigkeit ausreichend gebrauchstauglich ist und die Ergebnisqualität unter diesen Anwendungsbedingungen sichergestellt werden kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 - OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68). Die derzeit in Deutschland verfügbaren Antigen-Tests verfügen zwar noch nicht sämtlich über eine CE-Kennzeichnung, teilweise sind sie bislang lediglich aufgrund einer Sonderzulassung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte gem. § 11 Abs. 1 MPG befristet zugelassen. Auch eine solche Zulassung setzt jedoch gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) 2017/745 (vorher Art. 3 RiL 93/42/EWG) die Erfüllung der sog. "Grundlegenden Anforderungen" (vgl. § 7 MPG) voraus, und zwar auch bei Inverkehrbringen eines im Ausland hergestellten Produkts (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 - OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68).

Tatsächlich ist die Verwendung von Ethylenoxid zur Sterilisation von Medizinprodukten - im konkreten Fall der verwendeten Wattestäbchen - eine etablierte Standardmethode und sowohl die Sterilisation von Produkten für die Gesundheitsvorsorge mit Ethylenoxid als auch die Grenzwerte für Rückstände von Ethylenoxid in Medizinprodukten sind in DIN-Vorschriften (DIN EN ISO 11135, DIN EN ISO 10993-7) festgelegt (vgl. Correctiv, Faktencheck v. 1. April 2021, m.w.N., https://www.correctiv.org/faktencheck/2021/ 04/01/corona-tests-es-gibt-keine-hinweise-auf-eine-gesundheitsgefahr-durch-ethylenoxid-auf-abstrich-staebchen/; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 - OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68). Die von den Antragstellern angeführte Verwendung von Ethylenoxid zur Sterilisierung der für zahlreiche Tests benutzten Wattestäbchen gibt deshalb keinen Anlass zu der Besorgnis, dass die Verwendung der Teststäbchen mit Gefahren für die Gesundheit verbunden sein könnte.

Diese Einschätzung wird durch die vom Antragsteller zur Akte gereichte "Gefährdungsanalyse Durchführung von COVID-19-Schnelltests und durch PCR-Test" von Prof. Dr. Werner Bergholz vom 12.11.2021 nicht durchgreifend in Frage gestellt. Diese Gefährdungsanalyse setzt sich bereits nicht damit auseinander, in welcher Konzentration die von ihr als gesundheitsschädlich erachteten Chemikalien in den Tests enthalten sind. Dies ist nämlich nur in einer für die Gesundheit unbedenklichen Konzentration der Fall (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 1.7.2021 - 13 B 845/21.NE -, juris Rn. 12 f. m.w.N.). Auch ist darauf zu verweisen, dass weder die Inhaltsstoffe der Testkassetten ("Test Cassettes") noch die der Pufferlösung ("Extraction Buffer Vials") zur Einbringung in den Körper (z. B. durch Schlucken, Kontakt mit Schleimhäuten o. ä.) bestimmt sind. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass eine ordnungsgemäße Anwendung der Tests durch die Schülerinnen und Schüler nach Anleitung maßgeblich ihrer Eltern nicht gewährleistet wäre.

Angesichts der Ausgestaltung der Vorlage eines negativen Testergebnisses als einer den Zutritt zur Schule eröffnenden Obliegenheit scheidet auch ein Eingriff in das Recht der von dieser Regelung Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schon deshalb aus, weil die Vorlage des Testergebnisses bei der Schule freiwillig ist und damit jedenfalls eine Einwilligung vorliegt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 - OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 69 m.w.N.).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG. Es ist ermessensgerecht, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für jeden Antragsteller grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren (vgl. zuletzt Nds. OVG, Beschl. v. 24.1.2022 - 14 MN 121/22, juris).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).