Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.01.2003, Az.: 7 K 2785/00
Alternativenprüfung; thermische Abfallbehandlungsanlage; thermische Abfallbehandlungsanlage; Vorbelastung; Vorbescheid
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.01.2003
- Aktenzeichen
- 7 K 2785/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 47662
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 9 BImSchG
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid, mit dem die Beklagte den Ersatz zweier derzeit schwerölbefeuerter Kessel in der von der Beigeladenen betriebenen Schmierstoffraffinerie durch eine thermische Abfallbehandlungsanlage als hinsichtlich des Standortes geeignet sowie im Hinblick auf Emissionen und Immissionen als unbedenklich festgestellt hat.
Die Beigeladene betreibt in J. (Gemarkung J. Flur 11) seit über einhundert Jahren eine Schmierstoffraffinerie (lt. Angaben aus einem Prospekt die älteste produzierende Raffinerie der Welt). Den hohen Energiebedarf (Prozessdampf und elektrische Energie) erzeugte seit 1960 ausschließlich ein eigenes schwerölbetriebenes Kraftwerk. Dieses liegt auf einem mit dem Bebauungsplan Nr. 60 der Gemeinde J. überplanten Gelände, für das als Art der baulichen Nutzung Industriegebiet (GI) festgesetzt ist.
Die Kläger bewohnen Grundstücke, die von dem Standort der Beigeladenen 1,4 km (betr. den Kläger zu 1)) bzw. 200 m (betr. den Kläger zu 2)) entfernt liegen.
Nach einer durch Scoping-Termin vom 25. März 1999 vorbereiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 31. Mai 1999 einen Vorbescheid, der die grundsätzliche Eignung des vorgesehenen Standortes sowie die Genehmigungsfähigkeit in Bezug auf Emissionen und Immissionen feststellen sollte.
Vom 09. Juli bis zum 09. August 1999 lagen die Antragsunterlagen in mehreren Gemeinden zur Einsicht aus. Mit Schreiben vom 18. August 1999 machte der Kläger zu 2) geltend, dass er sich durch die geplante Müllverbrennungsanlage in seiner Gesundheit gefährdet fühle, zumal wenn bei Störfällen ungereinigtes Abgas über den Kamin entweiche. Es fehle an einer Untersuchung der Vorbelastung. Da sein Haus in Sichtweite der geplanten Anlage liege, falle der Wert seiner Immobilie drastisch. Zudem vermiete er Ferienwohnungen, die derzeit ständig belegt seien und mit denen er Einnahmen von mindestens 50.000 DM pro Jahr erziele; nach dem Bau der Müllverbrennungsanlage befürchte er einen Rückgang dieser Einnahmen. Der Kläger zu 1) erhob mit Schreiben vom 20. August 1999 Einwendungen, ohne allerdings eine individuelle Betroffenheit darzulegen.
Nach dem Erörterungstermin am 02./03. November 1999 stellte die Beklagte am 20. Januar 2000 durch Vorbescheid fest, dass eine thermische Abfallbehandlungsanlage mit einer Kapazität von 16 t pro Stunde und 120.000 t pro Jahr und einer Feuerungswärmeleistung von 47 MW als Ersatz für die derzeit betriebenen schwerölgefeuerten Kessel 4 und 5 auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen Gemarkung J., Flur 11, Flurstück 36/3 im Hinblick auf den Standort grundsätzlich zulässig sei und die Genehmigungsfähigkeit in Bezug auf Emissionen und Immissionen insoweit vorlägen, als schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen sowie Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen würden und die Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung dem Stand der Technik entsprächen.
Gegen den durch Veröffentlichung u.a. im Amtsblatt der Beklagten vom 04. Februar 2000 öffentlich bekannt gemachten und in der Zeit vom 07. bis 21. Februar 2000 zur Einsichtnahme ausgelegten Vorbescheid erhob der Kläger zu 2) am 16. März und der Kläger zu 1) am 18. März 2000 Widerspruch. Zur Begründung meinten sie, dass wegen der nach Ablauf der Umsetzungsfrist nunmehr anzuwendenden IVU-Richtlinie ein Vorbescheid aus Rechtsgründen nicht mehr ergehen könne und die Beigeladene deshalb auch ein Interesse an einem Vorbescheid nicht geltend machen könne. Es fehle an einem öffentlichen Abfallwirtschaftsinteresse, da es einen Entsorgungsbedarf nicht gebe. Eine Alternativenprüfung liege nicht vor; da nicht geprüft worden sei, ob die Anlage vermeidbar sei, mangele es an einer rechtswirksamen Umweltverträglichkeitsprüfung. Es gebe einen Beschluss der Gemeinde J., dass auf dem in Aussicht genommenen Gelände eine Müllverbrennung ausgeschlossen sei. Die Vorbelastung in der Nachbarschaft der Raffinerie sei nicht ermittelt worden.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 11. Juli 2000 den Widerspruch der Kläger zurück.
Mit ihrer am 01. August 2000 erhobenen Klage wiederholen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen. Insbesondere sei die in den von den Emissionen der Raffinerie betroffenen Ortsteilen in den letzten zwanzig Jahren stetig zunehmende Tendenz von Krebserkrankungen nicht ausreichend untersucht und gewürdigt worden. Mit dem Einsatz einer andersartigen Energieversorgung hätten die alten Bestandteile des Kraftwerks ihren Bestandsschutz verloren, so dass auch insoweit eine Prüfung nach den derzeit geltenden Bestimmungen hätte durchgeführt werden müssen. Die genehmigten Grenzwerte genügten nicht mehr den Anforderungen der 13. BImSchV. Der Kläger zu 2) meint darüber hinaus, dass der Bodenaushub hätte beprobt werden müssen; die Ergebnisse hätten eine Sanierung der (Alt-)Anlage erforderlich gemacht.
Die Kläger beantragen,
den Vorbescheid der Beklagten vom 20. Januar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert, dass die IVU-Richtlinie die Möglichkeit, das einstufige Genehmigungsverfahren mittels Vorbescheides abzuschichten, nicht ausschließe. Eine Alternativenprüfung sei in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren selbst dann nicht vorgesehen, wenn die zu genehmigende Anlage der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung unterliege. Die Regelungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsrechtes enthielten keinerlei materielle Anforderungen, sie hätten keinen drittschützenden Charakter. Der rechtsverbindliche Bebauungsplan Nr. 60 der Gemeinde J. enthalte keine Einschränkungen im Hinblick auf bestimmte Industrieanlagen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Vorbescheid.
Auf Antrag der Beigeladenen hatte die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2000 die sofortige Vollziehung des Vorbescheides angeordnet; der hiergegen gerichtete Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung blieb ohne Erfolg (Beschl. des Senats v. 12.07.2001 - 7 M 1709/00 -). Aufbauend auf dem Vorbescheid ist die thermische Abfallbehandlungsanlage mittlerweile durch zwei Teilgenehmigungen genehmigt: Die erste Genehmigung vom 08. März 2001 umfasst die vorbereitenden Erschließungs- und Erdbaumaßnahmen sowie die ggfls. notwendige Zwischenlagerung und Entsorgung ölkontaminierten Erdaushubs; der Bescheid vom 12. April 2001 genehmigt die Errichtung und den Betrieb der thermischen Abfallbehandlungsanlage. Auch insoweit blieb ein Antrag u.a. der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolglos (Beschl. des Senats v. 15.07.2002 - 7 MS 2614/01 -).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses und des Verfahrens 7 M 1709/00 sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Das OVG ist erstinstanzlich zuständig, weil die jährliche Kapazität der geplanten Anlage 120.000 t/a beträgt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VwGO).
Die Kläger sind klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO. Auch wenn der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid nach § 9 Abs. 1 BImSchG dem Unternehmer noch nicht die Aufnahme einer auf die Umgebung einwirkenden Betriebstätigkeit ermöglicht, trifft er eine abschließende Entscheidung über einen Ausschnitt des geplanten Vorhabens, der im Entscheidungsumfang eine der Vollgenehmigung nach § 4 BImSchG entsprechende Wirkung zukommt. Was durch Vorbescheid definitiv entschieden ist, steht in späteren Genehmigungsabschnitten nicht mehr zur Überprüfung an, und zwar ungeachtet einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage. Die Bindungswirkung solcher Entscheidungen kann nur durch Zeitablauf nach § 9 Abs. 2 BImSchG, nachträgliche Anordnung (§ 17 BImSchG) oder Widerruf (§ 21 BImSchG) bzw. Rücknahme beseitigt werden. Ein Vorbescheid regelt einen Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Anlagegenehmigung abschließend. Mit ihm kann über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen und/oder den Standort vorab entschieden werden, mithin über Einzelausschnitte aus dem feststellenden Teil der (Voll-)Genehmigung. Was durch Vorbescheid verbindlich geregelt ist, wird auch nicht durch die spätere (Voll-)Genehmigung in dem Sinne gegenstandslos, dass mit dieser eine partielle Neuregelung in Form eines Zweitbescheides erfolgt; die (Voll-)Genehmigung baut vielmehr auf der Feststellungswirkung des Vorbescheides auf und ergänzt diese um den gestattenden bzw. verfügenden Teil (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.09.1986 - 7 D 4/86 -, NVwZ 1987, 342 (343)).
Dies bedeutet, dass die im Vorbescheid geregelten Fragen nicht Gegenstand einer Anfechtung der (Voll-)Genehmigung sein können, Nachbarn also gegen den Vorbescheid vorgehen müssen, soweit dieser nachbarrechtsrelevante Regelungen enthält (Nds. OVG, Beschl. v. 30.03.1999 - 1 M 897/99 -, BauR 1999, 1163 = NdsVBl 2000, 10 = NdsRpfl 2000, 175 zum Bauvorbescheid).
Zwar haben die Kläger mit ihrer Klage zunächst eine konkrete Verletzung ihrer Rechte nicht substantiiert geltend gemacht, sondern sich darauf beschränkt, die Lage ihrer Grundstücke zur geplanten Anlage zu beschreiben (in 1,4 km Entfernung betr. den Kläger zu 1), in 200 m Entfernung betreffend den Kläger zu 2)). In der mündlichen Verhandlung haben beide Kläger ausgeführt, dass sie wegen der geplanten thermischen Abfallbehandlungsanlage an dem vorgesehenen Standort ihre Gesundheit gefährdet sehen. Da der Kamin der geplanten Anlage 70 m hoch ist (vgl. Antragsunterlagen Nr. 3 in BA "P") und deshalb die Grundstücke der Kläger im Beurteilungsgebiet nach 2.6.2.2 der TA Luft 86 und damit in räumlicher Hinsicht im Bereich der Nachbarschaft i. S. des § 5 Nr. 1 BImSchG liegen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.02.1985 - 7 B 64/84 -, NVwZ 1985, 357), ist eine Verletzung nachbarschützender Rechte möglich.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet; der Vorbescheid der Beklagten vom 20. Januar 2000 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2000 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
2.1 Die Beklagte hat den angefochtenen Vorbescheid auf § 16 i.V.m. § 9 BImSchG und damit auf die zutreffende Rechtsgrundlage gestützt. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das BImSchG auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 96/61/EG des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung vom 24. September 1996 (ABlEG L 257/26) - IVU-Richtlinie - weder vollständig noch teilweise außer Kraft gesetzt. Einen Ausschluss des Instruments des Vorbescheides kennt das EU-Recht nicht (vgl. Wasielewski in: GK-BImSchG § 9 Rn. 133).
Die IVU-Richtlinie ist zwar grundsätzlich einschlägig, weil die von der Beigeladenen geplante Anlage zur thermischen Abfallbehandlung mit einer Kapazität von 16 t/h eine Anlage i.S.d. IVU-Richtlinie ist (vgl. dort Anlage I Nr. 5.2). Einzelne Genehmigungsvoraussetzungen im Wege des Vorbescheidsverfahren zu prüfen ist jedoch weder durch Bestimmungen noch durch die in der IVU-Richtlinie vorangestellten Erwägungen ausgeschlossen. Demzufolge hat auch der Bundesgesetzgeber im Zuge der Umsetzung der IVU-Richtlinie durch das sog. Artikelgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1950) keinen Anlass gesehen, § 9 BImSchG aufzuheben.
Auch das Ziel der IVU-Richtlinie, Genehmigungsverfahren zu koordinieren, um ein wirksames integriertes Konzept sicherzustellen (Art. 7 IVU-Richtlinie), hindert die Genehmigungsbehörde nicht, über Teilaspekte der Genehmigung in einem Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG zu entscheiden. Wesentlich für das Erreichen des von der IVU-Richtlinie vorgegebenen Zieles ist die Verknüpfung der Teilverfahren (Art. 7 IVU-Richtlinie, vgl. auch Schröder, NuR 2000, 481 (484); Otto, NVwZ 2000, 531 (532)). Dies ist aber durch das Verhältnis von Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG und Genehmigung nach § 6 BImSchG gesichert, zumal beide Verfahren in der Hand einer Behörde liegen.
Die Beklagte hat auch richtigerweise die Genehmigungsfähigkeit des durch die neuen Anlagenteile geänderten Kraftwerks geprüft, ohne die auch nach Inbetriebnahme der thermischen Abfallbehandlungsanlage weiter genutzten Teile des Kraftwerks gleichsam neu zu genehmigen. Die Altanlage ist bereits genehmigt; eine Anpassung dieser Genehmigung ist nur nach §§ 17 ff. BImSchG möglich und kann nicht Gegenstand einer Entscheidung über einen Vorbescheid sein. Der Vortrag der Kläger zum Wegfall des Bestandsschutzes für die Altanlage und die - von der Beigeladenen bestrittene - Behauptung, dass die Altanlage die Vorgaben der 13. BImSchG nicht einhalte, geht deshalb ins Leere.
2.2 Die im Vorbescheidsverfahren zu prüfenden Voraussetzungen der §§ 16, 9 BImSchG liegen vor. Die Kläger können mit ihrer Klage jedoch nicht alle Aspekte des Vorbescheides zur (objektiv-)rechtlichen Überprüfung stellen, sondern nur die Feststellungen angreifen, die potentiell gegen drittschützende Normen verstoßen, also ihre Belange schützen.
2.2.1 Die Verfahrensentscheidung darüber, ob überhaupt ein Vorbescheid erteilt wird, hat als verfahrensrechtliche Vergünstigung für die Beigeladene keine drittschützende Wirkung, da selbst eine fehlerhafte verfahrensrechtliche Gliederung die Kläger materiell nicht anders belastet als eine rechtmäßige Aufteilung (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1988 - 7 C 3.86 -, BVerwGE 80, 207 (216) = DVBl. 1988, 1170). Deswegen können die Kläger nicht mit Erfolg rügen, dass die Beigeladene ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides nicht habe.
2.2.2 Entgegen der Ansicht der Kläger ist für die geplante Abfallbehandlungsanlage eine "Planrechtfertigung" nicht notwendig, weil sie gemäß § 31 Abs. 1 KrW-/AbfG allein nach dem BImSchG zu genehmigen ist. Nach den Vorschriften des BImSchG ist die Genehmigung eine gebundene Erlaubnis, die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erteilt werden muss. Sie ist also keine Planfeststellung und bedarf deshalb auch keiner Planrechtfertigung. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob öffentliche Abfallwirtschaftsinteressen bestehen, ob ein Entsorgungsbedarf für Siedlungsabfälle besteht, ob die TA-Siedlungsabfall zur Müllverbrennung zwingt, ob der Beigeladenen die notwendigen Müllmengen zum Betrieb der Anlage zur Verfügung stehen und ob die Beigeladene die thermische Abfallvorbehandlungsanlage nicht errichten, sondern nur Entsorgungsmengen akquirieren wolle, um sie anderen Anlagen zuzuführen. Zum letztgenannten Argument der Kläger ist lediglich anzumerken, dass die Beklagte bei Prüfung der zur Genehmigung gestellten Voraussetzungen von der Errichtung der Anlage auszugehen hatte, die mittlerweile auch gebaut wird.
2.2.3 Ähnliches wie für die Planrechtfertigung gilt für die von den Klägern im Hinblick auf den Standort vermisste Alternativenprüfung. Da die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung keine planerische Entscheidung enthält, ist für die Ermittlung und Abwägung alternativer Standorte kein Raum.
Eine Verpflichtung zur Alternativenprüfung ergibt sich auch nicht aus dem UVPG oder einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABlEG Nr. L 175, S. 40) - UVP-Richtlinie - oder der UVP-Änderungsrichtlinie (Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABlEG Nr. L 73 v. 14.03.1997, S. 5). Schon im Hinblick auf planerische Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Frage, ob eine solche Prüfung geboten ist, sich allein nach den Anforderungen des jeweiligen Fachrechts richtet und durch die UVP-Richtlinie die materiellrechtlichen Voraussetzungen des nationalen Rechts für UVP-pflichtige Vorhaben nicht verschärft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238; Beschl. v. 10.06.1998 - 7 B 25.98 -, NVwZ 1998, 1181 (1183) = UPR 1998, 393). Für die einer planerischen Abwägung nicht unterliegende Genehmigung nach dem BImSchG gilt dies erst recht (vgl. auch BayVGH, Urt. v. 31.01.2000 - 22 A 99.40009 und 40012 -, DVBl. 2000, 822 (823)).
§ 4 e Abs. 3 der 9. BImSchV (Genehmigungsverfahrensverordnung) nötigt auch nicht zu einer Prüfung, ob hier eine andere Verfahrenstechnik vorzugswürdig wäre. Dem Einwand der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass das von ihnen bevorzugte Nasswäscheverfahren zur Rauchgasreinigung dazu führe, dass die Restemissionen erheblich unter den Anforderungen der 17. BImSchV blieben, steht entgegen, dass auch die mit dem angefochtenen Vorbescheid festgelegten Emissionswerte schon unterhalb derjenigen in der 17. BImSchV liegen. Auch vor dem Hintergrund des seitens der Kläger unwidersprochen gebliebenen Hinweises der Beigeladenen, dass die von den Klägern vorgestellten Alternativen nicht geeignet seien, gerade die toxischen und damit die gesundheitsgefährdenden Stoffe auszufiltern, kann der Schutzanspruch der Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch die genehmigte Technik erfüllt werden. Ihr Verlangen nach einer aufwändigeren Rauchgasreinigung können die Kläger auch nicht unter dem von ihnen angeführten Gesichtspunkt des Gebots der Abfallvermeidung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG durchsetzen, denn diese Pflicht dient der Vorsorge und hat deshalb keinen drittschützenden Charakter (Jarass, BImSchG, 5. Aufl., § 5 Rn. 123).
2.2.4 Auch soweit die Kläger meinen, dass eine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung nicht stattgefunden habe, bleibt ihre Klage ohne Erfolg. Die Beigeladene hat Angaben zur Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht, die Beklagte hat das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung im Vorbescheid dargelegt (dort S. 37 ff.). Die von den Klägern vermissten Prüfschritte Vermeidbarkeit, Vorzugswürdigkeit eines anderen Anlagentyps und Standortauswahl sind bei einer Anlagengenehmigung nach dem BImSchG nicht notwendig. Weder das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die UVP-Richtlinie stellen eigenständige, über das jeweils anzuwendende Fachgesetz hinausgehende materielle Zulassungsvoraussetzungen auf (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238; Beschl. v. 10.06.1998 - 7 B 25.98 -, NVwZ 1998, 1181 (1183) = UPR 1998, 393).
2.2.5 Der Vorbescheid ist auch unter Gesichtspunkten des Bauplanungsrechts rechtmäßig.
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen liegt im Gebiet des von der Gemeinde J. aufgestellten Bebauungsplans Nr. 60. Der (qualifizierte) Bebauungsplan weist für das betreffende Gelände die Festsetzung "Industriegebiet" gemäß § 9 BauNVO aus. Eine thermische Abfallbehandlungsanlage ist im Bebauungsplan nicht ausgeschlossen. Soweit die Kläger auf einen Gemeinderatsbeschluss verweisen, nach dem die Errichtung einer Müllverbrennungsanlage ausgeschlossen sein soll, hat dieser Beschluss keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit und Verbindlichkeit des Bebauungsplanes; Nutzungsausschlüsse sind nur gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO bei Vorliegen städtebaulicher Gründe möglich, wenn sie in dem für die Änderung eines Bebauungsplanes vorgesehenen Verfahren ergangen sind. Dies ist hier nicht der Fall. Die Kläger übersehen, dass bei Übereinstimmung eines geplanten Vorhabens mit einem Bebauungsplan der Beigeladenen die Genehmigung aus Gründen des Bauplanungsrechts nicht versagt werden darf; § 30 BauGB gewährt ihr insoweit einen Rechtsanspruch. Es ist nicht erkennbar, in welche Richtung die Kläger Vertrauensschutz geltend machen könnten.
Das gemeindliche Einvernehmen war gemäß § 36 BauGB nicht einzuholen, weil das Vorhaben nicht außerhalb eines Bebauungsplanes gemäß § 30 BauGB errichtet werden soll. Darüber hinaus könnten die Kläger Rechtsfehler insoweit nicht geltend machen, denn § 36 BauGB schützt die Planungshoheit der Gemeinde (nur) dort, wo sie nicht geplant hat, nicht aber private Belange und ist deshalb nicht nachbarschützend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.1997 - 4 B 73.97 -, NVwZ 1997, 991).
Ähnliches gilt auch im Hinblick auf die von den Klägern gerügte fehlende Abwägung städtebaulicher Belange gemäß § 38 BauGB. Diese Vorschrift privilegiert die Genehmigungsbehörde dahingehend, dass in bestimmten Fällen die Bindung an bauplanungsrechtliche Vorschriften (hier also den Bebauungsplan) ersetzt werden kann durch eine Beteiligung der Gemeinde und das Berücksichtigen städtebaulicher Belange. Dort, wo sich die Genehmigung innerhalb der vorhandenen gemeindlichen Planung hält, bedarf es eines solchen Ersatzes, also einer Beteiligung, nicht. Mit anderen Worten: § 38 BauGB gewährt der Gemeinde nicht das Recht, noch einmal gefragt zu werden, wenn sie ihrer städtebaulichen Planung bereits rechtsverbindlich Ausdruck verliehen hat. Im übrigen gilt auch hier, dass die Planungshoheit der Gemeinde geschützt wird und nicht die privaten Interessen Einzelner.
2.2.6 Der zukünftige Betrieb der thermischen Abfallvorbehandlungsanlage verletzt die die Kläger schützenden Rechte aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht.
2.2.6.1 Die vom Betrieb des Vorhabens ausgehenden Luftverunreinigungen - um die es den Klägern mit ihrem Hinweis auf die Abluftfahne geht - werden nicht zu Immissionen führen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren für die Gesundheit und das Eigentum der Kläger oder erhebliche Nachteile für sie herbeizuführen.
Durch die im Vorbescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen ist i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt, dass die betriebsbedingten Zusatzbelastungen am Wohnort der Kläger und die dort bereits bestehende Vorbelastung sich nicht zu einer Gesamtbelastung summieren werden, die anerkannte Immissionswerte oder Beurteilungsmaßstäbe überschreitet. Hinzu kommt, dass die Außerbetriebnahme der bisher mit Schweröl beheizten Kessel 4 und 5 zu einer deutlichen Senkung der Immissionsgesamtbelastung auch unter Einrechnen der durch die thermische Abfallbehandlungsanlage hinzukommenden Belastung führen wird.
Der rechtlich gebotene Schutz vor schädlichen Luftverunreinigungen wird durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG als Verwaltungsvorschrift erlassene TA Luft konkretisiert. Maßgeblich ist die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.07.2000) geltende TA Luft vom 27. Februar 1986 (GMBl. S. 95) - a.F. -, deren Vorgaben eingehalten sind.
Soweit die Kläger ein Ermittlungsdefizit im Hinblick auf die Vorbelastung der Nachbarschaft geltend machen, gibt es keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Vorbescheides.
Die Vorbelastung ist zunächst in Übereinstimmung mit Nr. 2.6.2.1 der TA-Luft rechnerisch ermittelt worden. Soweit der Kläger zu 2) dies allein schon deshalb für unzureichend hält, weil die Freistellung von konkreten Messungen nur für Beurteilungsflächen, nicht aber für das gesamte Beurteilungsgebiet gelte, verkennt er den Zusammenhang beider Begriffe. Das Beurteilungsgebiet ist in Nr. 2.6.2.2 der TA Luft als Summe von Beurteilungsflächen definiert. Sind nach Nr. 2.6.2.1 Messungen für Beurteilungsflächen entbehrlich, gilt dies auch für das aus den Flächen gebildete Beurteilungsgebiet. Das vom Kläger zu 2) in diesem Zusammenhang bezogen auf das Wort "Beurteilungsflächen" eingefügte Wort "einzelne" findet sich im Text der Nr. 2.6.2.1 TA Luft nicht.
Die gegen die Vorbelastungsuntersuchung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Das von der Beigeladenen mit dem Antrag vorgelegte Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt e.V. beschränkt sich entgegen den Angaben des Klägers zu 2) nicht darauf, alte Immissionswerte entfernter Standorte zu berücksichtigen, sondern addiert zu den mit Hilfe verschiedener Quellen erhobenen Hintergrundwerten die Immissionen durch die im Bereich J. ansässigen Emittenten (zum einen die Anlage der Beigeladenen einschließlich des bestehenden Kraftwerks, zum anderen die K. GmbH) (vgl. Immissionsprognose vom 28.05.1999 in BA "O", S. 11 ff.). Diese konkret die L. Immissionen betreffenden Daten stammen auch nicht aus dem Jahr 1992 (dies hätte nicht Nr. 2.6.2.1 TA Luft entsprochen, der die Berücksichtigung von zum Zeitpunkt der Antragstellung höchstens vier Jahre alten Messungen ermöglicht), sondern basieren auf den entsprechenden Emissionserklärungen aus dem Jahr 1996 unter Berücksichtigung der seitdem durch Genehmigungsbescheide belegten emissionsrelevanten Veränderungen (Immissionsprognose a.a.O. S. 12).
Weiterhin übersehen die Kläger, dass sich die Beklagte nicht allein auf das mit Hilfe von Ausbreitungsberechnungen erstellte Gutachten gestützt hat. Während des Widerspruchsverfahrens legte die Beigeladene eine von September bis Dezember 1999 an mehreren Stellen M. erhobene Immissionsvorbelastungsmessung des TÜV Hannover-Sachsen-Anhalt e.V. vor (Gutachten v. 03.04.2000 in BA "A"). Diese bestätigte hinsichtlich der gasförmigen Immissionen und der Dioxine die der Immissionsprognose zugrunde gelegte Vorbelastung. Lediglich im Bereich einiger Schwermetalle lag die Belastung höher als berechnet, ohne dass dies einer innerhalb des Beurteilungsgebietes liegenden Anlage zugeordnet werden konnte. Der Gutachter verneinte, dass abweichende Kenngrößen für Schwermetalle eine Auswirkung für die Bewertung der zukünftigen Immissionssituation habe (a.a.O. S. 74).
Die in der mündlichen Verhandlung auch gegen dieses Gutachten vorgebrachten Einwände der Kläger führen nicht dazu, es bei der rechtlichen Prüfung des Vorbescheides nicht zu berücksichtigen oder den Senat zu weiteren Ermittlungen zu veranlassen.
Der Vortrag, das Gutachten entspreche nicht der TA Luft, geht fehl. Es kam der Beigeladenen nicht darauf an, eine Vorbelastungsuntersuchung nach der TA Luft vorzunehmen, von der sie nach Nr. 2.6.2.1 der TA Luft gerade freigestellt war. Vielmehr sollten die Messungen lediglich der Überprüfung dienen, ob die rechnerisch ermittelten Annahmen für die Vorbelastung in J. eine tragfähige Grundlage bilden. Diesem Ziel genügen die zeitlich begrenzten und stichprobenartigen Erhebungen. Das die Berechnungen weitgehend bestätigende Ergebnis der orientierenden Messung zeigt auch, dass die von den Klägern angeführten diffusen Quellen nicht zu einer messbaren Erhöhung der Vorbelastung geführt haben.
Dass die orientierenden Messungen auf dem Modell der TA Luft a.F. beruhen, können die Kläger nicht mit Erfolg beanstanden, da zum Zeitpunkt der Untersuchung diese alte Fassung und nicht die erst am 01. Oktober 2002 in Kraft getretene Neufassung galt. Die auf besonderen Sachverstand gegründete, den Gesetzesvollzug vereinheitlichende normkonkretisierende Funktion der TA Luft würde weithin entwertet, wenn die dort niedergelegten Methoden und Grenzwerte nicht als bindende Vorgabe angesehen würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2001 - 7 C 21.00 -, DVBl. 2001, 1460 (1461)). Dementsprechend durfte die Beklagte Untersuchungen aufgrund einer von der TA Luft a.F. abweichenden Methode nicht verlangen, da zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung noch nicht einmal die für die Neufassung nach §§ 48, 51 BImSchG notwendige Anhörung beteiligter Kreise stattgefunden hatte.
Die von den Klägern vermisste Untersuchung im Hinblick auf eine Vorbelastung durch BTX oder Benzol wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn der Betrieb dieser thermischen Abfallbehandlungsanlage überhaupt geeignet wäre, zu einer Zusatzbelastung mit diesen Stoffen zu führen. Da der von der Beigeladenen vorgesehene Flugstromabsorber auch Benzol ausscheidet, sind aufgrund des Betriebes der Anlage allenfalls geringste Mengen von Benzolemissionen zu erwarten. Hinzu kommt, dass sich gerade durch die mit dem Betrieb der genehmigten Anlage einhergehende Stilllegung zweier schwerölbefeuerter Kessel die Emissionsbelastung verringern wird.
Soweit die Kläger im Hinblick auf den Stoff Quecksilber (Hg) bemängeln, dass die orientierende Messung nur im Westen der Raffinerie (und damit der der Hauptwindrichtung folgenden Abluftfahne entgegengesetzt) vorgenommen wurde, ist die Notwendigkeit weiterer Voruntersuchungen ebenfalls nicht dargetan. Die Stichproben von September bis Dezember 1999 ergaben Hg-Konzentrationen von 2,0 ng/m³ bis 3,9 ng/m³ und betrugen im Mittel 3,1 ng/m³. Angesichts dieser mit der Belastung ländlicher Bereiche vergleichbaren Werte (vgl. Gutachten vom 03.04.2000 S. 43 f., 59) waren weitere Untersuchungen in der Abluftfahne nicht notwendig. Dies zeigt der Vergleich der gemessenen Werte mit dem Orientierungswert des LAI (Länderausschuss für Immissionsschutz), der mit 50 ng/m³ mehr als 16-fach über der in J. gemessenen Hg-Konzentration liegt. Selbst mit 50 ng/m³ wäre erst der Wert erreicht, der einen Anhaltspunkt für eine weitergehende Sonderfallprüfung nach TA Luft Nr. 2.2.1.3 a.F. böte. Hinweise dafür, dass sich von Westen nach Osten in der Abluftfahne der Raffinerie der Hg-Wert um mehr als das 16-fache verstärkt, sind von den Klägern nicht vorgebracht worden und angesichts dieser Differenz für den Senat auch nicht ersichtlich.
Den tendenziellen Anstieg der Werte zum Winter hin berücksichtigt das Gutachten ebenfalls (a.a.O. S. 59), verneint aber, dass im Jahresmittel höhere Konzentrationen zu erwarten wären. Diese Schlussfolgerung ist angesichts des relativ engen Korridors der gemessenen Werte für den Senat nachvollziehbar.
2.2.6.2 Hinsichtlich des Schutzguts Boden bedurfte es weiterer Vorbelastungsuntersuchungen ebenfalls nicht. Auch hier bestätigt die vorgelegte Untersuchung der N. vom 18. Januar 2000 (in BA "A") zur Bodenbelastung in ausgewählten Bereichen der Gemeinde J. die dem Vorbescheid zugrunde gelegten Annahmen. Die exemplarisch östlich der Schmierstoffraffinerie durchgeführten Bodenuntersuchungen haben eine Anreicherung durch Emissionen der Schmierstoffraffinerie nicht ergeben.
Soweit der Kläger zu 2) auf Umstände hinweist, die eine besondere Belastung des Erdreiches auf dem Gelände der Beigeladenen nahe legten, ist ein Zusammenhang mit den während des Betriebes der thermischen Abfallbehandlungsanlage zu erwartenden Immissionen nicht erkennbar.
2.2.6.3 Soweit die Kläger hinsichtlich des festgesetzten Emissionsgrenzwertes für Ammoniak (25 mg/m³) in dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Papier behaupten, dass dieser Wert betriebsbedingt nicht eingehalten werden könne, fehlt es an einer für den Senat nachvollziehbaren Konkretisierung. Diese wäre angesichts der Antragsunterlagen, nach denen die Anlage der Beigeladenen diesen Wert einhalten kann, jedoch notwendig gewesen. Etwa auftretende Vollzugsprobleme sind nicht geeignet, die Tauglichkeit eines Grenzwertes in Frage zu stellen. Die Festsetzung des Wertes als Mittelwert über die jeweilige Probenahmezeit ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Emissionsgrenzwerte für Ammoniak sind weder in der TA Luft noch in der 17. BImSchV bestimmt. Die von den Klägern ohne weitere Begründung gleichwohl vorgenommene Zuordnung in die "giftigste" Klasse I der Nr. 3.1.6 TA Luft und damit der Vergleich mit den chemischen Kampfstoffen Phosgen und Chlorcyan vermag vor dem Hintergrund, dass Ammoniak in der Natur bei Faulprozessen aus stickstoffhaltigen pflanzlichen und tierischen Substanzen entsteht, schon bei laienhafter Betrachtung nicht zu überzeugen. Der LAI (Bewertung von Ammoniak- und Ammonium-Immissionen, 1996) hat als wesentlichste Quelle für diese Umweltbelastung die landwirtschaftliche Gülleausbringung herausgestellt und wegen der im Vordergrund stehenden Geruchsbelästigung ausdrücklich davon abgesehen, einen Immissionswert nach Nr. 2.5.1 TA Luft vorzuschlagen, da die Einhaltung der Regeln der Geruchsimmissionsrichtlinie auch die toxischen Aspekte der Ammoniakwirkung berücksichtige (a.a.O. S. 28). Inwieweit die Kläger bei Einhalten des festgesetzten Emissionswertes von 25 mg/m³ in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden, haben sie noch nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Soweit die Kläger Nachteile für die Vegetation geltend machen, sind sie nicht klagebefugt.
2.2.6.4 Die im Vorbescheid festgelegten Emissionsgrenzwerte gewährleisten den Gesundheitsschutz der Kläger, weil sie den Vorsorgewerten gemäß § 5 der 17. BImSchV entsprechen und diese teilweise - insbesondere bei den als krebserregend eingestuften Schadstoffen - sogar unterschreiten. Damit ist dem Minimierungsgebot der Nr. 2.3 TA-Luft Rechnung getragen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.06.1998 - 7 B 25/98 -, NVwZ 1998, 1181 (1182 f.)). Eine atypische Sachverhaltslage i.S.d. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die eine Festsetzung von Emissionsgrenzwerten noch unterhalb der Vorsorgewerte der 17. BImSchV erforderlich machen könnte, liegt angesichts der trotz des langjährigen Betriebes der Raffinerie nicht erhöhten Vorbelastung nicht vor. Deshalb kann hier unentschieden bleiben, ob den Klägern überhaupt ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Festsetzung abgesenkter Vorsorgewerte zustünde. Die von den Klägern in diesem Zusammenhang angeführten vermehrten Krebs- und Atemwegserkrankungen in einem östlich gelegenen Ortsteil von J. sind kein zureichender Anlass, der Beigeladenen weitergehende Untersuchungen aufzugeben, die für die Kläger zwar von Interesse sein mögen, jedoch Auswirkungen auf das genehmigte Vorhaben nicht erwarten lassen, oder die im angefochtenen Vorbescheid festgesetzten Emissionswerte noch niedriger festzusetzen. Mit diesem Einwand haben sich im Verwaltungsverfahren mehrere Stellen auseinandergesetzt. Die beteiligten Ämter und Gutachter (Landkreis O. und Gesundheitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, Nds. Landesamt für Ökologie sowie das Landesgesundheitsamt mit der Abteilung Umweltmedizin/Epidemiologie) haben eine statistische Häufung nur bei Frauen festgestellt, die überwiegend Tumore der inneren Organe hatten. Bei Männern fand man eine statistische Häufung nicht. Bei Krankheiten mit potentieller Auslösung durch Luftschadstoffe (Krankheiten der Atmungsorgane wie Bronchitis, chronische Bronchitis, Emphysem und Asthma) ergaben sich weder bei Männern noch bei Frauen signifikante Abweichungen vom niedersächsischen Landesdurchschnitt. Auch das Kinderkrebsregister weist ein statistisch unauffälliges Risiko aus. Es fehlen damit schon Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger zu 1) durch Befragung erhobenen Krankheitsdaten ein gegenüber der allgemeinen Lebenserwartung erhöhtes Risiko belegen. Weiterhin haben die Kläger nichts vortragen können, das Schlüsse auf eine Kausalität zwischen dem Betrieb der Raffinerie und den Erkrankungen zuließe, zumal für eine Sonderfallprüfung gemäß Nr. 2.2.1.3 TA Luft a.F. nur dann Raum wäre, wenn Anlass zu der Annahme bestünde, dass trotz Einhaltens der festgesetzten Grenzwerte schädliche Umwelteinwirkungen durch den Betrieb der thermischen Abfallbehandlungsanlage hervorgerufen werden könnten (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 1183).