Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.01.2003, Az.: 12 LB 538/02

gewöhnlicher Aufenthalt; Kostenerstattung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.01.2003
Aktenzeichen
12 LB 538/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 47659
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.05.2002 - AZ: 4 A 280/00

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen - Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe - , die er der Hilfeempfängerin Frau A. B. in der Zeit vom 11. November 1999 bis zum 26. Oktober 2001 gewährt hat.

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Die am 2. Oktober 1974 in C. geborene Hilfeempfängerin ist türkische Staatsangehörige und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Sie lebte bis 1996 mit ihren Eltern und Geschwistern in D., zuletzt nach dem Tod ihrer Mutter in einer eigenen Wohnung. Sie war sodann vom 7. Mai 1998 bis zum 18. Januar 1999 in E. und hieran anschließend bis zum 1. Juli 1999 in F. gemeldet. Unter dem 1. Juli 1999 wurde sie dort als „unbekannt verzogen“ abgemeldet. Am 8. Juni 1999 heiratete die Hilfeempfängerin in der Türkei Herrn G. B.. Während ihr Ehemann in der Türkei verblieb, kehrte die Hilfeempfängerin nach Deutschland zurück. In der Zeit vom 1. bis zum 26. Oktober 1999 hielt sich Frau B., die zu jener Zeit im fünften Monat schwanger war, ordnungsbehördlich nicht gemeldet in der Wohnung ihres Vaters, des Herrn H. I., in der J. in D. auf. Diese für die Nutzung durch eine Person bestimmte Wohnung war 34 qm groß und hatte einen ca. 22 qm großen Wohn- und Schlafraum. Zum 1. November 1999 bezog die Hilfeempfängerin die unter dem gleichen Datum gemietete Wohnung K. in L. im Zuständigkeitsbereich des Klägers. Auf entsprechenden Antrag erhielt sie seit dem 11. November 1999 durch die für den Kläger handelnde Verbandsgemeinde L. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt; der Kläger gewährte ihr Krankenhilfe. Anfang Februar 2000 zog der Vater der Hilfeempfängerin, Herr I., von D. aus zu ihr in ihre Wohnung in L., kehrte jedoch im Mai 2000 wieder nach D. zurück. Die Hilfeempfängerin zog am 1. April 2002 in ihre derzeitige Wohnung M. in N. – ebenfalls gelegen im Zuständigkeitsbereich des Klägers – um.

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Unter dem 28. Januar 2000 meldete die für den Kläger handelnde Verbandsgemeinde L. im Hinblick auf die an Frau B. gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt einen Erstattungsanspruch nach § 107 BSHG bei der Beklagten (dortiger Eingang: 31. Januar 2000) an. Unter dem 28. Februar 2000 (Eingang bei der Beklagten: 29. Februar 2000) machte der Kläger wegen der gewährten Krankenhilfe einen ebensolchen Anspruch geltend. Die Beklagte lehnte mit zwei gleichlautenden Schreiben vom 7. Juni 2000 eine Kostenerstattung mit der Begründung ab, die Hilfeempfängerin habe im Oktober 1999 keinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 107 Abs. 1 BSHG in D. begründet.

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Im Verwaltungsverfahren wurde Frau B., insgesamt dreimal zu den Orten und den Umständen ihres Aufenthalts im Jahr 1999 befragt. Am 19. Januar 2000 gab sie gegenüber der Sozialabteilung der Verbandsgemeinde L. an, sie habe sich ab Juli 1999 oft in O. (gelegen im Zuständigkeitsbereich des Klägers) und in D. aufgehalten. Im August 1999 sei sie in der Nähe der holländischen Grenze und sodann in P. gewesen. In dieser Stadt habe sie sich auch noch einige Tage im September aufgehalten. Den Rest des Septembers habe sie in O. verbracht. Bis zum 26. Oktober 1999 habe sie dann bei ihrem Vater in D. gewohnt. Den Rest des Oktobers sei sie wieder in O. gewesen. Zu ihrem Vater nach D. sei sie gezogen, weil sie keine eigene Wohnung und kein eigenes Einkommen mehr gehabt habe und auf der Suche nach einer neuen Erwerbstätigkeit gewesen sei. Bei dem Einzug in die Wohnung ihres Vaters habe sie nicht gewusst, wie lange sie dort werde bleiben müssen.

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Gegenüber der Ausländerbehörde des Klägers erklärte Frau B. am 31. Januar 2000, ihr Mietverhältnis über ihre Wohnung in F. sei gekündigt worden, nachdem dort eine Polizeirazzia stattgefunden habe. Sie sei auch bereits etwa am 10. Januar 1999 nach O. gekommen und habe dort bis Anfang Juli 1999 einen Schwimmclub betrieben. Während dieser Zeit habe sie vom 28. Mai bis zum 8. Juni 1999 Urlaub in der Türkei gemacht und dort geheiratet. Von Juli bis Oktober 1999 habe sie zunächst in P. bei Bekannten gelebt und sich dann in der Nähe der holländischen Grenze – der Name des Ortes falle ihr nicht mehr ein – aufgehalten, wo sie mit Bekannten eine Bar habe führen wollen. Auf Grund von Streitigkeiten sei sie nach wenigen Tagen nach D. zu ihrem Vater und ihrer Schwester gegangen. In dem gesamten Zeitraum sei sie polizeilich nicht gemeldet gewesen. Für die Zukunft plane sie, ihren Ehemann nach Deutschland zu holen.

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Am 17. April 2000 führte die Hilfeempfängerin wiederum gegenüber der Sozialabteilung der Verbandsgemeinde L. aus, sie habe in der Zeit in D. ihre restlichen Ersparnisse aufgebraucht. Ihr Vater habe sie finanziell unterstützt. Beim Arbeitsamt in D. sei sie nicht als arbeitssuchend gemeldet gewesen. Sie habe sich beim Sozialamt in D. erkundigen wollen, ob sie zum Arbeitsamt gehen müsse, da sie schwanger gewesen sei; dort habe man sich nur ihrem Namen notiert und ihr einen Termin gegeben. In der Zwischenzeit – Ende Oktober – sei sie dann nach O. gegangen.

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Am 17. August 2000 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Bevor Frau B. in seinen Zuständigkeitsbereich verzogen sei, habe sie im Oktober 1999 in D. einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, weil sie mangels einer anderen Unterkommensmöglichkeit im Haushalt ihres Vaters Aufnahme gesucht und gefunden habe, eine zeitliche Begrenzung dieses Aufenthalts nicht vorgesehen gewesen sei und dieser immerhin auch 26 Tage gedauert habe, so dass von einer kurzen, rechtlich unerheblichen Aufenthaltsnahme keine Rede sein könne.

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Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass die Beklagte ihm die in der Sozialhilfeangelegenheit der Frau B. vom 11./23. November 1999 bis längstens 26. Oktober 2001 aufgewendeten Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abschnitt 2 des Bundessozialhilfegesetzes und der Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG außerhalb von Einrichtungen in noch zu beziffernder Höhe nach § 107 BSHG zu erstatten habe.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Hilfeempfängerin habe in D. angesichts der kurzen Dauer ihres Aufenthalts, der für zwei Personen zu kleinen Wohnung ihres Vaters und des Umstandes, dass sie sich weder um eine eigene Wohnung bemüht, noch sich mit dem Arbeitsamt oder dem Sozialamt in Verbindung gesetzt habe, keinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 107 Abs. 1 BSHG begründet.

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Mit Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs nach § 107 Abs. 1 BSHG nicht gegeben seien, weil die Hilfeempfängerin einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beklagten nicht begründet habe. Das Verwaltungsgericht hat bei dieser, vor dem Hintergrund der in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I enthaltenen Legaldefinition getroffenen Bewertung im Wesentlichen auf die von der Beklagten geltend gemachten Umstände abgestellt.

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Gestützt auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung - , hat der Kläger die Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts beantragt. Er hat sich dabei maßgeblich auf eine von ihm am 29. Mai 2002 durchgeführte Befragung der Hilfeempfängerin bezogen. Diese hat dabei angegeben, sie sei im Oktober 1999 von P. nach D. gekommen, weil sie bedingt durch ihre Schwangerschaft zahlreiche Probleme und Konflikte gehabt habe. Sie habe sich auf Dauer in der Nähe ihrer Familienangehörigen in D. niederlassen wollen, weil sie sich in ihrer schwierigen Situation von ihrer Familie Hilfe erhofft habe. In D. lebten nicht nur ihr Vater, sondern auch zwei Schwestern und ein Bruder. Sie habe sich bei ihren Angehörigen aufhalten wollen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben würde. Nach einiger Zeit habe sie allerdings gemerkt, dass sich ihre Familienangehörigen zu sehr in ihre Angelegenheiten einmischten und sie einengten. Daher habe sie sich nach etwa drei Wochen entschlossen, ihren Wohnsitz im Westerwald zu begründen.

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Mit Beschluss vom 15. Juli 2002 hat der Senat die Berufung wegen des von dem Kläger geltend gemachten Grundes zugelassen. Die Erklärungen der Hilfeempfängerin vom 29. Mai 2002 seien – obgleich nach Erlass des verwaltungsgerichtlichen Gerichtsbescheides abgegeben – im Berufungszulassungsverfahren zu berücksichtigen und überdies geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen.

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Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend: Zur Etablierung eines gewöhnlichen Aufenthaltes sei keine bestimmte Mindestaufenthaltsdauer erforderlich. Auch habe sich Frau B. auf Dauer in der Nähe ihrer Familie in D. niederlassen wollen, weil sie sich aus dem familiären Umfeld Unterstützung erhofft habe; erst im weiteren zeitlichen Verlauf sei ein Sinneswandel eingetreten. Weiterhin sei für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes maßgeblich, dass jemand nicht nur vorübergehend an einem neuen Aufenthaltsort, nicht aber in einer bestimmten Wohnung am neuen Aufenthaltsort verweilen wolle. Auch seien als Wohnung schon primitivste Behausungsmöglichkeiten ausreichend. Weiterhin hindere der Umstand, dass die Hilfeempfängerin sich in D. weder wohnungslos noch arbeitslos gemeldet habe, die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht. Es sei nachvollziehbar, dass sie sich wegen ihrer seinerzeit bestehenden Schwangerschaft nicht bei der Arbeitsverwaltung gemeldet habe. Inwieweit sie sich anderweitig um eine Unterkunftsmöglichkeit in D. bemüht habe, sei nicht aktenkundig.

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Der Kläger beantragt,

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den angefochtenen Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 7. Mai 2002 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte die in der Sozialhilfeangelegenheit der Frau A. B. von November 1999 bis 26.10.2001 aufgewendeten Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abschnitt 2 des Bundessozialhilfegesetzes und der Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG außerhalb von Einrichtungen im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG nach § 107 BSHG an den Kläger zu erstatten hat.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts: Aus den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Erklärungen der Frau B. ergebe sich, dass sie seinerzeit auf der Suche nach einem neuen Aufenthaltsort für sich und ihr erwartetes Kind gewesen sei. Dieser Aufenthaltsort habe nicht unbedingt D. sein müssen, sondern habe sich auch nach einer möglichen Erwerbstätigkeit nach Ablauf der Mutterschutzfrist richten können. Die erst im Berufungszulassungsverfahren auf Befragen des Klägers abgegebenen Aussagen der Hilfeempfängerin hätten demgegenüber geringere Aussagekraft.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Beweiserhebung und einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).

23

In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2002 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Vernehmung der Hilfeempfängerin, Frau B., als Zeugin. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Beteiligten haben auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers und der Beklagten (Beiakten A und B) Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß §§ 87 a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO mit dem Einverständnis der Beteiligten durch seinen Berichterstatter ohne – weitere – mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

26

Das Verwaltungsgericht hat die in zulässiger Weise erhobene Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen. Der Erstattungsanspruch des Klägers ergibt sich dem Grunde nach aus § 107 BSHG, so dass die begehrte Feststellung zu treffen ist.

27

§ 107 Abs. 1 BSHG bestimmt, dass in dem Fall des Verziehens einer Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet ist, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Nach Absatz 2 der Norm entfällt die Verpflichtung nach Absatz 1, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war, und endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel.

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Zwischen den Beteiligten ist im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs dem Grunde nach lediglich streitig, ob die Hilfeempfängerin, Frau B., während ihres 26tägigen Aufenthaltes im Oktober 1999 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG begründet hat. Davon, dass die Hilfeempfängerin Ende Oktober/ Anfang November 1999 nach Q. in den Zuständigkeitsbereich des Klägers verzogen ist, dort innerhalb eines Monats hilfebedürftig wurde, der Kläger bzw. die berechtigter Weise für ihn handelnde Verbandsgemeinde Q. den Erstattungsanspruch rechtzeitig nach § 111 SGB X gegenüber der Beklagten geltend gemacht haben sowie der zeitliche Rahmen des § 107 Abs. 2 BSHG eingehalten und die sog. Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG überschritten ist, gehen die Beteiligten zu Recht und übereinstimmend aus.

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Das Bundessozialhilfegesetz definiert den Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht. Zurückzugreifen ist deshalb mangels einer abweichenden Regelung im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I auf die in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I enthaltene Legaldefinition (vgl. nur: BVerwG, Urt. v. 18.3.1999 – BVerwG 5 C 11.98 - , FEVS 49, 434, 436; Urt. v. 7.10.1999 - BVerwG 5 C 21.98 - , FEVS 51, 385 f.; 4. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 1.3.1999 – 4 L 2545/97 - , FEVS 49, 541, 543; Urt. v. 12.4.2000 – 4 L 4035/99 - , FEVS 52, 26, 27 f.). Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

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Dabei ist zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich, es genügt vielmehr, dass die betreffende Person sich an dem Ort oder in dem Gebiet bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (BVerwG, Urt. v. 18.3.1999, a.a.O.; Beschl. v. 7.10.1999, a.a.O.; Urt. v. 18.5.2000 – BVerwG 5 C 27.99 - , BVerwGE 111, 213, 215 f.; Urt. v. 23.10.2001 – BVerwG 5 C 3.00 -, FEVS 53, 200 f). Für die in diesem Zusammenhang zu treffende Prognose sind alle objektiven und subjektiven Umstände nach Maßgabe des Einzelfalls zu würdigen (BVerwG, Beschl. v. 30.1.2001 – BVerwG 5 B 59.00 -; Zulassungsbeschluss des erkennenden Senats v. 15.7.2002 – 12 LA 482/02 -; Mrozynski, SGB I, 2. Aufl. 1995, § 30, Rn. 20). Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des 4. Senats des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 1.3.1999, a.a.O.; Urt. v. 12.4.2000, a.a.O.) in erster Linie auf die objektiven Lebensumstände und in zweiter Linie auf die subjektive Absicht der hilfesuchenden Person bei dem Umzug an. Demgegenüber wird teilweise in der Rechtsprechung (insbesondere des OVG Rheinland-Pfalz: Urt. v. 11.5.2000 – 12 A 1908/99 - , FEVS 53, 41, 42 f; Urt. v. 17.8.2000 – 12 A 1912/99 - , FEVS 53, 171, 172 f.; Beschl. v. 22.1.2002 – 12 A 1101/01 - , ZFSH/ SGB 2002, 216 f.) vom Ansatz her weitergehend in erster Linie auf den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen der hilfeempfangenden Person, einen Ort zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu machen und in zweiter Linie auf die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwirklichung dieses Willens abgestellt, so dass ein gewöhnlicher Aufenthalt regelmäßig mit dem Zuzug begründet werde, wenn es sich nicht um einen Aufenthalt mit Besuchs- oder sonstwie vorübergehendem Charakter handele. Im vorliegenden Fall führen diese Ansätze nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen.

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Die Hilfeempfängerin, Frau B., hat unter Berücksichtigung aller aus den Akten ersichtlichen Umstände und des Ergebnisses der Beweisaufnahme – der Vernehmung der Hilfeempfängerin als Zeugin – während des in Rede stehenden Zeitraums im Oktober 1999 zur Überzeugung des Gerichts in objektiver und subjektiver Hinsicht einen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet.

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Diese Annahme ist trotz der relativ kurzen, nur gut 3 Wochen währenden Dauer des Aufenthalts der Hilfeempfängerin im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gerechtfertigt.

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Allerdings kann, obschon eine bestimmte (Mindest)aufenthaltsdauer keine Voraussetzung für einen zukunftsoffenen Verbleib darstellt, gegebenenfalls von dem objektiven Umstand einer nur kurzen Aufenthaltsdauer auf einen von vornherein der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes entgegen stehenden Willen geschlossen werden (vgl. dazu: BVerwG, Urteile v. 18.3.1999 und v. 7.10.1999, jew. a.a.O.). Auch sprechen die von der Hilfeempfängerin zumindest im Jahr 1998 und bis zum 1. Oktober 1999 bewiesene Flexibilität in der Wahl ihres Aufenthaltsortes sowie ihre nicht kongruenten Angaben im Verwaltungsverfahren über ihre seinerzeitigen Vorstellungen betreffend ihren Aufenthalt in D. für dessen Bewertung als nur vorübergehend. Für eine solche Bewertung ließe sich schließlich vor dem Hintergrund der Angaben der Hilfeempfängerin im Verwaltungsverfahren und ihren Bekundungen im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme anführen, dass das Verhältnis Frau B. s zu ihren in D. lebenden Familienangehörigen – ihrem Vater sowie den Familien ihres Bruders und ihrer drei Schwestern – seit dem Tod der Mutter im Jahr 1992 alles in allem schlecht war.

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Gleichwohl hat der für den Senat entscheidende Berichterstatter auf Grund der Aussage Frau B. s bei ihrer Vernehmung als Zeugin die Überzeugung gewonnen, dass ihr Aufenthalt in D. im Oktober 1999 auf einen zukunftsoffenen Verbleib gerichtet war. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin bzw. die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu bezweifeln, besteht insgesamt kein Anlass, denn sie hat sich - durchaus unter Einräumung von Erinnerungslücken und Anbringung von Korrekturen – zusammenhängend geäußert und dabei prägnante Umschreibungen verwandt, die ihre Beweggründe und deren Umsetzung im Zusammenhang mit ihrer Aufenthaltnahme in D. gut nachvollziehbar erscheinen lassen.

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Hiernach ist zunächst eine Relativierung des Aspekts des schlechten Verhältnisses der Hilfeempfängerin zu ihren in D. lebenden Familienangehörigen geboten. Denn Frau B. hat bekundet, ihre Familienangehörigen hätten sie bereits vor ihrem erstmaligen Wegzug aus D. im Jahr 1996 nicht im gleichen Maß wegen ihres Lebenswandels beschimpft, wie dies die türkische Gemeinschaft außerhalb der Familie getan habe. Zur Zeit ihrer Rückkehr im Oktober 1999 habe sich ihre Familie dann bereits irgendwie mit ihrer Lebensart angefreundet gehabt, mit ihrem Vater habe sie sich zeitweise versöhnt. Dass diese Versöhnung einem beiderseitigem Bedürfnis entsprochen haben muss, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Vater der Hilfeempfängerin, Herr I., dieser nach ihrem abermaligen Weggang aus D. zunächst folgte und im Februar 2000 in ihre neue Wohnung in Q. einzog, bevor er diesen Schritt nach einem neuen – aber offenbar nicht vorauszusehenden – Zerwürfnis im Mai 2000 wieder rückgängig machte.

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Auch ansonsten ist durch die Vernehmung Frau B. s als Zeugin deutlich geworden, dass ihre Aufenthaltnahme in D. anfänglich in keiner Weise nur auf die dann tatsächlich eingetretene kurze Dauer angelegt war. Die Hilfeempfängerin hat bekundet, sie sei jedenfalls mit dem festen Willen nach D. gekommen, um dort eine Wohnung zu finden und zu entspannen. Trotz des nicht konfliktfreien Verhältnisses zu ihren Angehörigen habe sie auf deren Unterstützung in ihrer schwierigen Lage gehofft und insbesondere damit gerechnet, dass sie nach ihrer Niederkunft ihr Kind ab und an in die Betreuung ihrer verheirateten Schwestern werde geben können. Bereits hieraus ergibt sich die seinerzeitige längerfristige Perspektive, denn Frau B. war zur Zeit ihrer Ankunft in D. erst im fünften Monat schwanger. Dass es letztlich dann doch zu keinem längerem Aufenthalt in D. kam, lag nach den nachvollziehbaren Bekundungen der Hilfeempfängerin nur daran, dass sie nach neuerlichen Erfahrungen mit dem Leben in der Nähe ihrer Familienangehörigen und grundsätzlichen Überlegungen über die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges ihren ursprünglich gefassten Entschluss auf Grund einer autonomen neuen Entscheidung Ende Oktober 1999 revidierte.

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Unter Aufgabe der noch in dem Zulassungsbeschluss (vom 15.7.2002 – 12 LA 482/02 -) geäußerten Vorbehalte sieht der Berichterstatter des Senats auch in dem Umstand, dass die D. er Wohnung des Herrn I., in der sich die Hilfeempfängerin im Oktober 1999 aufgehalten hat, für ein dauerndes Zusammenleben nicht geeignet war, kein Hindernis für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes.

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Zwar können, obwohl unter dem Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes die jeweilige politische Gemeinde und nicht eine bestimmte Wohnung zu verstehen ist (Bayerischer VGH, Urt. v. 29.7.1999 – 12 B 97.3431 -, FEVS 51, 517, 519; Urt. v. 25.1.2001 – 12 B 99.512 -, FEVS 52, 373 ff), die konkret gegebenen Wohnverhältnisse jedenfalls als Teil einer Gesamtschau nicht unberücksichtigt bleiben (in diesem Sinne: 4. Senat des erkennenden Gerichts, Urt. v. 12.4.2000, a.a.O.). Die Hilfeempfängerin hat im Rahmen ihrer Vernehmung als Zeugin jedoch zum einen eindeutig erklärt, dass sie zu keiner Zeit beabsichtigt habe, in der 1–Zimmer–Wohnung ihres Vaters zu bleiben, sondern alsbald durch Studium entsprechender Zeitungsinserate und Anfrage bei der R.–Wohnbaugesellschaft eine eigene Wohnung in D. gesucht habe; ihre ordnungsbehördliche Anmeldung in D. habe sie bis zu dem beabsichtigten Bezug einer eigenen Wohnung zurückgestellt. Zum anderen ist durch die zeugenschaftliche Vernehmung der Hilfeempfängerin deutlich geworden, dass diese während ihres D. er Aufenthaltes keine Anstalten zur Anmietung einer auswärtigen Wohnung unternommen hat; ihre zum 1.11.1999 bezogenen Wohnung in Q. bekam sie erst während eines von ihr genannten, nur wenige Tage dauernden und aufenthaltsrechtlich unerheblichen Verweilens in ihrem ehemaligen Club in O. - gelegen im Zuständigkeitsbereich des Klägers - angeboten.

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Schließlich können Bedenken daran, dass die Hilfeempfängerin in dem in Rede stehenden Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in D. hatte, nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch nicht darauf gestützt werden, dass sie dort weder Arbeit gesucht bzw. sich arbeitslos gemeldet, noch Sozialhilfe beantragt hat. Eine Arbeitsaufnahme kam für Frau B. wegen vorzeitiger Wehen nicht in Betracht. Der wegen ihrer konkreten Lebenssituation mit Verzögerung aufgenommene Kontakt zu dem Sozialamt der Beklagten führte wegen der zwischenzeitlichen Neuorientierung der Hilfeempfängerin in der Frage ihres dauernden Aufenthaltes zu keinem Ergebnis mehr.