Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.01.2003, Az.: 13 LC 328/02
Berufung; Wiedereinsetzung; Zulassung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.01.2003
- Aktenzeichen
- 13 LC 328/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47651
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 25.09.2002 - AZ: 5 A 1037/00
Rechtsgrundlagen
- § 124a VwGO
- § 60 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein Rechtsanwalt versäumt die Berufungsfrist schuldhaft, wenn er davon ausging, dass gegebene Rechtsmittel sei der Zulassungsantrag und diesen fristgerecht stellt, während die (zugelassene) Berufung verspätet eingelegt wird.
Gründe
Die Berufung ist zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Sie ist zu spät eingelegt worden; hierfür ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen, weil es vom Urteil des Senats vom 5. August 2002 – 13 LB 1023/01 – abgewichen ist. Danach war dagegen das entsprechende Rechtsmittel gegeben, das innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht einzulegen war (§ 124 a Abs. 2 VwGO idF vom 20.12.01 – BGBl. I S. 3987). Entsprechend lautete auch die Rechtsmittelbelehrung auf Seite 8 des Urteils vom 25. September 2002. Da dieses Urteil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Oktober 2002 zugestellt worden ist, lief die Frist zur Einlegung der Berufung am 18. November 2002 ab. An diesem Tag hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers das (falsche) Rechtsmittel eines Antrages auf Zulassung der Berufung eingelegt, das nicht in das einer Berufung umgedeutet werden konnte (Senatsbeschl. vom 2.12.02 - 13 LA 318/02 -), während – nach Hinweis des Oberverwaltungsgerichts vom 20. November 2002 - das richtige Rechtsmittel der Berufung dementsprechend erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, nämlich am 25. November 2002 eingelegt wurde. Wegen dieser Fristversäumnis hat der Kläger zwar rechtzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) beantragt; diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden. Denn der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten (§ 60 Abs. 1 VwGO).
Maßgeblich dafür ist das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten, welches dem Kläger zuzurechnen ist. Insofern ist zwar zuzugeben, dass es nicht ganz einfach ist, die (bisher) sieben Änderungen der VwGO von 1960 zu verfolgen. Indessen ist das Aufgabe eines ordentlichen Rechtsanwalts. So musste er wissen, dass eine Berufung seit 1997 der Zulassung bedurfte (Gesetz vom 1.11.96 – BGBl. I S. 1626). Das war beim Prozessbevollmächtigten des Klägers auch fraglos der Fall. Ebenso dürfte er gewusst haben, dass durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (aaO) mit Wirkung vom 1. Januar 2002 insofern eine Änderung eingetreten ist, als die Zulassung einer Berufung danach schon im Urteil des Verwaltungsgerichts ausgesprochen werden kann. Das bedeutet aber, dass von einem einheitlichen Rechtsmittel gegen Verwaltungsgerichtsurteile nicht mehr ausgegangen werden konnte. Vielmehr musste im Einzelfall darauf geachtet werden, welches Rechtsmittel einzulegen ist. Dass das Verwaltungsgericht hier die Berufung zugelassen hatte, war unschwer dem Studium des Urteils zu entnehmen, welches dazu auch die zutreffende Rechtsmittelbelehrung enthält. Wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei Wiedervorlage der Sache kurz vor Fristablauf das nicht weiter überprüft, vielmehr die Einlegung eines Rechtsmittels aus der Erinnerung heraus verfügt hat, so kann das nicht als sachgerecht angesehen werden, so dass die Einlegung des falschen Rechtsmittels (und damit die Fristversäumnis) verschuldet worden ist.