Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.01.2003, Az.: 2 ME 219/02
Anrechnung; Ausbildung; Besoldung; Dienst; Einkommen; Fachausbildung; Freistellung; Gewinn- und Verlustrechnung; Mitwirkungspflicht; Provision; Soldat; Stornierungsvorbehalt; Versicherung; Versicherungsfachmann; Versorgung; Zeitsoldat
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.01.2003
- Aktenzeichen
- 2 ME 219/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48481
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 29.10.2002 - AZ: 7 B 4358/02
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs 5 BBesG
- § 5a Abs 2 S 2 SVG
- § 60 Abs 2 Nr 2 SVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Provision, die ein während der Fachausbildung vom militärischen Dienst freigestellter Zeitsoldat im Rahmen seiner Ausbildung zum Versicherungsfachmann erzielt, sind auch dann als Einkommen nach § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG auf die Besoldung anzurechnen, wenn sie unter Stornierungsvorbehalt stehen.
Gründe
Die Beschwerde, mit der sich der Antragsteller gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2002 wendet, in der es das Verwaltungsgericht sowohl abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des Antragstellers gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin (Wehrbereichsverwaltung Nord – Außenstelle Kiel -) vom 12. August 2002 bestätigte Anrechnung von Einkommen des Antragstellers anzuordnen als auch einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (auf Verpflichtung zur ungekürzten Besoldungsauszahlung) stattzugeben, bleibt erfolglos; denn nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anrechnung des von der B. dem Antragsteller gezahlten monatlichen Ausbildungszuschusses (Fixum) rechtmäßig, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat.
Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss, dass hier die Anrechnung des dem Antragsteller im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses mit der C. zustehenden monatlichen Ausbildungszuschusses nach § 5 a Abs. 2 – der frühere § 5 a SVG ist durch das Änderungsgesetz vom 6. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1676) zum 15. Dezember 2000 neu gefasst worden, wodurch der bisherige Absatz 3 zum Absatz 2 geworden ist – Satz 2 SVG (i. d. F. d. Bek. v. 9.4.2002, BGBl. I S. 1258, ber. S. 1909) zulässig ist und dass eine Anrechnung der von dem Antragsteller aufgelisteten sog. Betriebskosten vorerst nicht in Betracht kommen kann, weil der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten, die sich aus § 5 a Abs. 2 Satz 2, 2. HS i. V. m.
§ 60 Abs. 2 Nr. 2 SVG ergeben und nach denen er insbesondere die Höhe seiner erfolgsabhängigen Provisionen anzugeben hat, nicht – auch nicht in diesem Beschwerdeverfahren – nachgekommen ist. Erweist sich die vorgenommene Anrechnung im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden Prüfung als rechtmäßig, so hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss ebenfalls zu Recht das private Interesse des Antragstellers, zunächst weiter seine Dienstbezüge ungekürzt erhalten zu können, hinter dem öffentlichen Interesse zurücktreten lassen. Der Senat verweist daher nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die von ihm auch als zutreffend angesehenen Erwägungen in dem angefochtenen Beschluss vom 29. Oktober 2002, die er deshalb nicht wiederholt. Lediglich ergänzend und auch mit Rücksicht auf das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren bemerkt der Senat zusätzlich:
Zunächst kann es auch nach Einschätzung des Senats keinen Zweifeln unterliegen, dass sich der Antragsteller grundsätzlich die von ihm während seiner Ausbildung zum Versicherungsfachmann bei der C. als selbständiger Außendienstpartner erzielten Provisionen bis zum 31. März 2002, dem Ende seiner Dienstzeit als Zeitsoldat bei den Streitkräften, gem. § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG auf die ihm als Bootsmann zustehende Besoldung als Einkommen anrechnen lassen muss (ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.3.1996 - 4 S 361/95 -, NVwZ-RR 1996, 672 – für die Anrechnung von Provisionen für die Vermittlung von Autoverkäufen). Denn der Dienstherr verzichtet bei der Freistellung eines Zeitsoldaten vom Dienst zum Zwecke der Fachausbildung auf die ihm an sich zustehende Dienstleistung des Soldaten unter Weitergewährung der ungekürzten Besoldung und ermöglicht so dem Soldaten, schon vor Ende seiner Dienstzeit eine Ausbildung zu erlangen, die dem Soldaten ggf. sofort nach Ausscheiden aus den Streitkräften die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit gestattet. Dieser nicht unerhebliche Vorteil des Soldaten soll aber nicht so weit gehen, dass dieser, fließen ihm im Rahmen seiner Ausbildung auch Einkünfte – ein Mietzuschuss gehört allerdings nicht dazu (BVerwG, Urt. v. 21.5.1992 - BVerwG 2 C 16.91 -, Buchholz 239.2 § 5 a SVG Nr. 4) - zu, ein höheres Gesamteinkommen beziehen würde, als wenn der Soldat weiterhin seinen Dienst verrichten würde (BT-Drucks. VI/936, S. 4 – zu Nr. 1). § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG sieht daher eine Anrechnung der während der Fachausbildung erzielten Einkünfte auf die Besoldung sowie eine Auskunftspflicht zu diesen Einkünften vor. Hierbei ist der Begriff des Einkommens i. S. des § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG nach der soeben dargestellten Zielrichtung dieser Vorschrift, die der Abschöpfung eines die Besoldung ggf. übersteigenden Einkommenszuwachses und damit dem Vorteilsausgleich dient (vgl. Summer, in: Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: Sept. 2002, RdNr. 1 a zu § 9 a BBesG), weit zu fassen. Es ist daher gerechtfertigt, auch Provisionen, die der Zeitsoldat an seiner Ausbildungsstätte für seine Tätigkeit erhält, in die Anrechnungsregelung des § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG einzubeziehen (ebenso VGH Bad.-Württ., aaO, S. 672f.).
Der Antragsteller kann auch nicht damit gehört werden, die von ihm bei der C. verdienten Provisionen unterlägen einem auf 12 Monate begrenzten Stornierungsvorbehalt, auch stehe sein tatsächliches Einkommen aus seiner Tätigkeit als (selbständiger) Versicherungsfachmann erst fest, wenn eine komplette Gewinn- und Verlustrechnung für das jeweilige Geschäftsjahr erstellt worden sei, so dass eine Einkommensermittlung und damit eine Anrechnung etwa für das Jahr 2002 frühestens zu Beginn des Jahres 2003 erfolgen könne. Soweit sich der Antragsteller auf den Stornierungsvorbehalt beruft, muss dies schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Besoldung dem Soldaten gem. § 3 Abs. 5 BBesG im Voraus gezahlt wird und weil es bei der hier interessierenden Anrechnungsvorschrift des § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG darum geht, welche Besoldung dem Antragsteller aktuell in dem jeweiligen Monat zusteht. Solange dem Antragsteller aber Provisionszahlungen zufließen und nicht bzw. noch nicht storniert sowie zurückgefordert werden, stellen diese Provisionszahlungen für den Antragsteller verfügbares und damit anrechenbares Einkommen dar. Sollte es später zu einer Stornierung und einer Rückforderung von Provisionen kommen, so kann dies nachträglich bei einer Endabrechnung – etwa bei der Auszahlung der dem Antragsteller zustehenden Übergangsbeihilfe – Berücksichtigung finden.
Soweit der Antragsteller meint, eine Anrechnung dürfe erst nach einer Einkommensermittlung im Zuge einer erst nach dem Ende des Geschäftsjahres zu erstellenden Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen, übersieht er bei diesen offenbar von steuerrechtlichen Vorstellungen geprägten Erwägungen die eingangs schon dargestellte besondere Situation, in der sich der für eine Fachausbildung vom militärischen Dienst freigestellte Zeitsoldat befindet. Gerade weil diesem Soldaten ohne eine konkrete Dienstleistung seine bisherige Besoldung für die Zeit der Fachausbildung ungekürzt weitergewährt wird, soll dieser durch die Fachausbildung nicht ein höheres Gesamteinkommen als der militärischen Dienst leistende Soldat erzielen können. Offenbart der Antragsteller aber die von ihm seit dem 1. April 2002 erzielten Provisionen und etwaige sonstige Einkünfte aus seiner Tätigkeit bei der C. nicht, so kann auch nicht in einer überschlägigen Berechnung (unter Berücksichtigung der von dem Antragsteller angegeben Betriebsausgaben) festgestellt werden, ob der Antragsteller nicht ein Gesamteinkommen erzielt, das ggf. erheblich über seiner Besoldung liegt. Es verhält sich auch nicht so, dass der Antragsteller zumindest gegenwärtig, d. h. nach dem Stand dieses Eilverfahrens, nicht zumindest näherungsweise eine Gewinn- und Verlustrechnung aufmachen könnte, die der Antragsgegnerin für die Anrechnung nach § 5 a Abs. 2 Satz 2 SVG wenigstens eine Schätzung der Einkommenssituation des Antragstellers gestatten würde. Vielmehr hat der Antragsteller weiterhin jegliche Angaben zu den von ihm seit dem 1. April 2002, der Aufnahme seiner Tätigkeit bei der C., erzielten Provisionen und sonstigen Einkünfte verweigert. Dies ist auch deshalb unverständlich, weil dem Antragsteller zumindest jetzt, d. h. zu Ende des Jahres 2002 die Angabe von Näherungswerten ohne weiteres möglich sein müsste. Hat der Antragsteller damit seinen Mitwirkungspflichten gröblich verletzt, so konnte die Antragsgegnerin mangels Anhaltspunkten für eine Schätzung nur so verfahren, dass sie die sich aus den vorgelegten Ausbildungsverträgen ergebenden und von ihr näher ermittelten Werte des dem Antragsteller auf jeden Fall zustehenden monatlichen (fixen) Ausbildungszuschusses auf die Besoldung des Antragstellers anrechnete. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorgehensweise den Antragsteller noch begünstigt hat; denn es spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller gerade zu Ende des Jahres 2002, insbesondere angesichts der etwa im Bereich der Bausparförderung eingetretenen Veränderungen, die den Abschluss eines Bausparvertrages noch vor dem 31. Dezember 2002 als ratsam erscheinen ließen, Provisionen erzielt hat, die seine Betriebsausgaben überstiegen haben, dieser ‚Überschuss‘ ist aber bisher bei der Vorgehensweise der Antragsgegnerin nicht angerechnet worden.
Die Beschwerde bleibt aber nicht nur mit dem Hauptantrag (Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die verfügte Anrechnung) erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat ebenfalls zu Recht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (zur Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Auszahlung ungekürzter Dienstbezüge bis zur Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002) abgelehnt. Dies ergibt sich schon aus dem vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht betonten, hier gegeben Vorrang des Rechtsschutzes nach § 80 VwGO vor dem nach § 123 VwGO, ohne dass sich die Beschwerde hiermit auseinandersetzt. Im Übrigen folgt aus den bereits angestellten Erwägungen, dass es auf eine erst zu einem späteren Zeitpunkt noch vorzulegende Gewinn- und Verlustrechnung für die Anrechnung nicht ankommen kann, auch ist zu berücksichtigen, dass sich im Dezember 2002 die Anrechnung des Fixums gegenüber dem August 2002 bereits halbiert hat und im Januar 2003 nur noch 690 € beträgt.