Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.01.2003, Az.: 8 ME 26/03
Abschiebung; Abschiebungsandrohung; Ausnahmefall; Ausreise; Ausreisefrist; freiwillige Ausreise; Fristsetzung; Passersatzpapiere; Verzicht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.01.2003
- Aktenzeichen
- 8 ME 26/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47680
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 28.01.2003 - AZ: 4 B 18/03
Rechtsgrundlagen
- § 50 Abs 1 S 1 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Ausländerbehörde darf nach § 50 Abs. 1 Satz 1 AuslG nur in besonderen Ausnahmefällen von der Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist absehen.
2. Ein Verzicht auf die Androhung der Abschiebung unter Fristsetzung lässt sich nicht mit dem Hinweis darauf rechtfertigen, dass der Erlass einer Abschiebungsandrohung sinnlos gewesen wäre, weil der Ausländer mangels ausreichender Passersatzpapiere nicht in der Lage sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.
Gründe
Abschiebungsandrohung
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.
Denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 1) gegen die vom Antragsgegner erlassene Abschiebungsanordnung zu Recht angeordnet. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Abschiebungsanordnung erweist sich bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung als rechtswidrig, weil der Antragsgegner es versäumt hat, dem Antragsteller zu 1) die Abschiebung nach Jugoslawien unter Bestimmung einer Ausreisefrist anzudrohen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 AuslG soll die Abschiebung schriftlich unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht werden. Das bedeutet, dass die Ausländerbehörde nur in besonderen Ausnahmefällen von der Androhung der Abschiebung unter Fristsetzung absehen darf (vgl. GK-AuslR, § 50 Rn. 88; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Komm., § 50 Rn. 4). Dass ein derartiger Ausnahmefall hier vorliegt, ist weder dargelegt worden noch ersichtlich.
Der Antragsgegner hat zwar geltend gemacht, dass der Erlass einer Abschiebungsandrohung sinnlos gewesen wäre, weil der Antragsteller zu 1) mit seinem Passersatzpapier nicht freiwillig hätte ausreisen können. Mit diesem Argument lässt sich ein Verzicht auf die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist aber nicht rechtfertigen. Die Abschiebungsandrohung nebst Fristbestimmung bezweckt nicht nur, dem Ausländer die freiwillige Ausreise zu ermöglichen und ihn dazu zu veranlassen (BVerwG, Beschl. v. 22.8.1986 - 1 C 34.83 - InfAuslR 1986, S. 311 (313); Hailbronner, Ausländerrecht, Komm., § 50 Rn. 4). Sie soll dem Ausländer vielmehr auch ankündigen, von welchem Zeitpunkt an er mit seiner Abschiebung rechnen muss, und es ihm ermöglichen, innerhalb der gesetzten Frist seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln (BVerwG, Beschl. v. 22.12.1997 - 1 C 14/86 -; Beschl. v. 22.8.1986, a.a.O.; Hailbronner, § 50 Rn. 4). Daher kann die Ausländerbehörde von der Androhung der Abschiebung und der Bestimmung einer Ausreisefrist nicht mit der Begründung absehen, dass diese sinnlos gewesen wäre, weil der Ausländer nicht in der Lage sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 22.8.1986, a.a.O).