Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.01.2003, Az.: 8 LA 183/02
Fristen; Jagdschein; Tatsachen; Versagung; zeitliche Grenze; zukunftsbezogene Beurteilung; Zuverlässigkeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.01.2003
- Aktenzeichen
- 8 LA 183/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47664
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 14.11.2002 - AZ: 3 A 238/01
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs 4 Nr 1 BJagdG
- § 17 Abs 3 BJagdG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Bei der Prüfung, ob einer Person die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 3 BJagdG fehlt, sind alle Tatsachen zu berücksichtigen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Dabei gibt es keine zeitliche Grenze, von der ab die in der Vergangenheit liegenden Tatsachen nicht mehr zur Grundlage der zukunftsbezogenen Bewertung gemacht werden dürfen.
2. Die in § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG vorgesehene 5-Jahres-Frist ist im Rahmen des § 17 Abs. 3 BJagdG nicht von Bedeutung.
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vorliegen.
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger der Jagdschein für das Jagdjahr 2001/2002 rechtmäßig versagt worden ist. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass der Kläger im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidungen die nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besaß. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass aufgrund der vom Kläger begangenen Straftaten, die durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Osnabrück vom 9. Juni 1994 geahndet worden sind, und seiner Einlassungen zu dem Tatgeschehen anlässlich seiner Exploration am 21./28. August 2000 die Annahme gerechtfertigt war, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG).
Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung, ob er aufgrund der durch den Strafbefehl geahndeten Geschehnisse im Sinne des § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG unzuverlässig sei, die 5-Jahres-Frist des § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG hätte beachten müssen. Denn diese Annahme ist unzutreffend.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind bei der Prüfung, ob einer Person die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 3 BJagdG fehlt, alle Tatsachen zu berücksichtigen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Dabei gibt es keine zeitliche Grenze, von der ab die in der Vergangenheit liegenden Tatsachen nicht mehr zur Grundlage der zukunftsbezogenen Bewertung gemacht werden dürfen. Aus § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG ergibt sich nichts anderes, weil die dort vorgesehene 5-Jahres-Frist ausschließlich der Eingrenzung der Tatbestände dient, die nach dieser Bestimmung in der Regel zur Verneinung der Zuverlässigkeit führen. Daher ist diese Frist im Rahmen des § 17 Abs. 3 BJagdG nicht von Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.10.1983 - 1 B 144/83 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 36).
Dieser Rechtsprechung stehen die vom Kläger angeführten Entscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 25.11.1993 - 1 S 202/92 - Sächs.VBl. 1994 S. 80) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 21.12.1995 - 19 CE 95.3087 - Bay.VBl. 1996 S. 310) nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen betreffen lediglich die Frage, ob die in § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG vorgesehene 5-Jahres-Frist auch dann zu berücksichtigen ist, wenn die Unzuverlässigkeit eines Jägers wegen seiner hauptamtlichen Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR in analoger Anwendung des § 17 Abs. 4 BJagdG zu vermuten ist. Daher stützen diese Entscheidungen die Auffassung des Klägers nicht.
Schließlich kann die Berufung auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassen werden. Zum einen stellen sich im vorliegenden Verfahren angesichts der o. g. höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rechtsfragen, die nur unter besonderen, d.h. überdurchschnittlichen Schwierigkeiten beantwortet werden können. Zum anderen weist die Rechtssache des Klägers auch in tatsächlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten auf.