Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 31.07.2017, Az.: 5 ME 93/17

Dienstfähigkeit; Ruhestandsbeamter; Untersuchungsanordnung; Wiederherstellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
31.07.2017
Aktenzeichen
5 ME 93/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54100
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.05.2017 - AZ: 3 B 1511/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erfolgloser Antrag eines Ruhestandsbeamten auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Anordnung sich zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 9. Mai 2017 geändert.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Streitgegenstand ist eine an den Antragsteller gerichtete Anordnung, sich zwecks Prüfung der Frage, ob seine Dienstfähigkeit wiederhergestellt ist, amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Der E. Jahre alte Antragsteller wurde durch bestandskräftige Verfügung des Antragsgegners vom F. 2012 mit Ablauf des G. 2012 gemäß § 26 BeamtStG in Verbindung mit § 43 NBG wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Der Verfügung lag ein Gutachten des damaligen Amtsarztes des Landkreises D. H. vom I. 2012 zugrunde. Der Antragsteller hatte vor seiner Versetzung in den Ruhestand das Amt eines Oberstaatsanwalts inne und war bei der Staatsanwaltschaft D. tätig.

Durch Urteil des Landgerichts J. vom K. (L.) wurde der Antragsteller wegen Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50 EUR verurteilt, wovon das Landgericht 50 Tagessätze wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt hatte. Soweit der Antragsteller auch wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen angeklagt worden war, hatte das Landgericht zuvor das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom M. (N.) verworfen.

In dem vorgenannten Strafverfahren hatte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie O. auf Veranlassung des Landgerichts J. über den Antragsteller ein psychiatrisches Sachverständigengutachten vom P. 2016 erstellt. O. kam zu der Einschätzung, dass im Zeitpunkt der dem Antragsteller vorgeworfenen Tat eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit vorgelegen habe (S. 72 f. des Gutachtens). Der Antragsteller hatte im Rahmen der Exploration dem Sachverständigen gegenüber am Q. 2016 zum Ausdruck gebracht, ein „vorrangiges Ziel sei für ihn jetzt die Rückabwicklung der Frühpensionierung“ (S. 11 des Gutachtens; vgl. auch S. 14 des Gutachtens).

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Februar 2017 machte der Antragsteller dem R. Justizministerium gegenüber geltend, dass das Gutachten des früheren Amtsarztes des Landkreises D. H. vom S. 2012 und dessen Gutachten vom T. 2013 falsch seien. Der Antragsteller sei, was auch durch das Gutachten des O. vom P. 2016 belegt werde, zu keiner Zeit dienstunfähig gewesen. Er erstatte deshalb gegen H. Strafanzeige wegen Falschbeurkundung im Amt. Im Zuge der Ermittlungen gegen H. werde von Amts wegen „zu prüfen sein, ob sich weitere Personen mit Blick auf Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt, Untreue zum Nachteil des R. Landeshaushalts, Strafvereitelung im Amt etc. strafrechtlich relevant verhalten“ hätten. Es liege auf der Hand, dass dem Antragsteller ein beträchtlicher finanzieller Schaden entstanden sei, der auszugleichen sei.

Das B. Justizministerium ersuchte daraufhin mit Erlass vom 13. März 2017 die Generalstaatsanwaltschaft C., eine weitere amtsärztliche Begutachtung zur Prüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers zu veranlassen und den Antragsteller unter Verweis auf § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz NBG darauf hinzuweisen, dass er als dienstfähig angesehen werden könne, wenn er ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung nach § 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BeamtStG, sich auf Weisung ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkomme. Außerdem führte das B. Justizministerium unter Verweis auf § 47 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG in Verbindung mit § 50 Nr. 2 NBG und § 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BeamtStG aus, dass es bei Ruhestandsbeamten als Dienstvergehen gelte, wenn sie schuldhaft ihrer Verpflichtung, sich nach Weisung der zuständigen Behörde zur Prüfung der Frage, ob die Dienstfähigkeit wiederhergestellt sei, ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkämen.

Mit Verfügung vom 29. März 2017 ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft C. die Staatsanwaltschaft D., die in dem Erlass des Antragsgegners vom 13. März 2017 aufgezeigten Maßnahmen zu veranlassen.

Mit Verfügung vom 18. April 2017 teilte die Staatsanwaltschaft D. dem Antragsteller mit, dass die Generalstaatsanwaltschaft C. im Auftrag des R. Justizministeriums die Staatsanwaltschaft D. um die Veranlassung einer weiteren amtsärztlichen Untersuchung zwecks Prüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers gebeten habe. Der Landkreis D. sei deshalb von der Staatsanwaltschaft D. gebeten worden, den Antragsteller zu einer amtsärztlichen Untersuchung zu laden. Die Staatsanwaltschaft D. wies den Antragsteller zugleich auf die in dem Erlass des Antragsgegners vom 13. März 2017 bezeichneten Vorschriften hin.

Mit Schreiben des Landkreises D. vom 28. April 2017 wurde der Antragsteller auf den 11. Mai 2017 zu einer amtsärztlichen Untersuchung geladen.

Der Antragsteller hat daraufhin am 2. Mai 2017 vor dem Verwaltungsgericht Stade gegen die Staatsanwaltschaft D. Klage erhoben (3 A 1510/17) und zugleich beantragt, der Staatsanwaltschaft D. im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, sich aufgrund der Anordnung vom 18. April 2017 zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2017 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entsprochen.

Gegen diese Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft D. Beschwerde eingelegt und mit der Beschwerdebegründung angeregt, das Passivrubrum zu ändern, weil die Zuständigkeit für die Entscheidung über die erneute Berufung des Antragstellers in ein Beamtenverhältnis bei dem R. Justizministerium liege.

II.

1. Das Passivrubrum ist auf Anregung der Staatsanwaltschaft D. und mit dem Einverständnis des Antragstellers dahingehend geändert worden, dass Antragsgegner das B. Justizministerium, vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft C., diese vertreten durch die Staatsanwaltschaft D., ist. Denn Entscheidungen im Zusammenhang mit der eventuellen erneuten Berufung des Antragstellers in ein Beamtenverhältnis gehören zu den dienstrechtlichen Befugnissen des Antragsgegners als oberste Landesbehörde (vgl. Nr. 1.2.1 des Beschlusses der Landesregierung vom 27.11.2012 <Nds. MBl. S. 1241> in Verbindung mit Nr. 1.1.1 des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und der übrigen Ministerien vom 28.11.2012 <Nds. MBl. S. 1242>). Der Antragsgegner hat von der ihm in Nr. 1.3 des Beschlusses der Landesregierung vom 27. November 2012 (a. a. O.) eingeräumten Möglichkeit, seine dienstrechtlichen Befugnisse insoweit auf nachgeordnete Behörden zu übertragen, nicht Gebrauch gemacht (vgl. AV des Antragsgegners vom 4.12.2013, Nds. Rpfl. 2014 S. 11). Die mit Erlass des Antragsgegners vom 13. März 2017 der Generalstaatsanwaltschaft C. erteilte Weisung, eine weitere amtsärztliche Begutachtung zur Prüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers zu veranlassen, die die Generalstaatsanwaltschaft C. ihrerseits mit Verfügung vom 29. März 2017 an die Staatsanwaltschaft D. weitergeleitet hat, ist nicht als formelle Übertragung der Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der erneuten Berufung des Antragstellers in ein Beamtenverhältnis zu werten, sondern als eine einzelfallbezogene, die hier streitige Maßnahme betreffende ministerielle Weisung.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet.

Der Antragsgegner hat mit der Beschwerde hinreichend dargelegt, dass der Antragsteller entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keinen Anordnungsanspruch dahingehend hat, vorläufig von der Verpflichtung freigestellt zu werden, sich aufgrund der Anordnung vom 18. April 2017 zur Prüfung der Frage, ob seine Dienstfähigkeit wiederhergestellt ist, amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Untersuchungsanordnung vom 18. April 2017, die aufgrund der an die Generalstaatsanwaltschaft C. gerichteten Weisung des Antragsgegners vom 13. März 2017, die die Generalstaatsanwaltschaft C. ihrerseits mit Verfügung vom 29. März 2017 an die Staatsanwaltschaft D. weitergeleitet hat, ergangen ist, ist bei der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur angebrachten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG können Beamte, die - wie der Antragsteller - wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sind, erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden, wenn im Dienstbereich des früheren Dienstherrn ein Amt mit mindestens demselben Grundgehalt übertragen werden soll und zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Die erneute Berufung in ein Beamtenverhältnis ist gemäß § 29 Abs. 3 BeamtStG auch in den Fällen der begrenzten Dienstfähigkeit möglich.

Die Dienstfähigkeit des Ruhestandsbeamten kann gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz BeamtStG nach Maßgabe des Landesrechts untersucht werden; der Ruhestandsbeamte ist gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BeamtStG verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde untersuchen zu lassen.

Es liegt im Ermessen der zuständigen Behörde, inwieweit sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte für einen verbesserten Gesundheitszustand des Ruhestandsbeamten die Möglichkeit einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis prüft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.6.2000 - BVerwG 1 DB 13.00 -, juris Rn 18; Urteil vom 26.10.2000 - BVerwG 2 C 38.99 -, juris Rn 23; Nds. OVG, Beschluss vom 24.7.2017 - 5 LA 13/17 -; OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2013 - 6 B 1249/13 -, juris Rn 3; Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2017, Band 1 a, § 45 BBG a. F. Rn 4 a).

Als Ermessensentscheidung unterliegt die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie ist lediglich dahin zu überprüfen, ob die Behörde der ihr obliegenden Verpflichtung ausreichend Rechnung getragen hat, ihr Ermessen zweckgerecht und unter Wahrung der bestehenden Grenzen auszuüben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.6.2000, a. a. O., Rn 18; OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2013, a. a. O., Rn 3; Plog/Wiedow, a. a. O., § 45 BBG a. F. Rn 4 a).

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zwar zutreffend ausgeführt, eine Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung sei ermessensfehlerhaft, wenn der Dienstherr den Ruhestandsbeamten gar nicht erneut in das Beamtenverhältnis berufen wolle (vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 6.2.2012 - 3 ZB 09.2554 -, juris Rn 6; VG Ansbach, Beschluss vom 17.7.2013 - AN 1 E 13.2.01110 -, juris Rn 30).

Eine solche Fallkonstellation ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts jedoch vorliegend nicht gegeben. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es sei nicht im Ansatz ersichtlich, dass beabsichtigt sei oder wenigstens in Betracht gezogen werde, das behördliche Ermessen im Falle einer günstigen Gesundheitsprognose dahingehend auszuüben, den Antragsteller zukünftig erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen, teilt der beschließende Senat nicht.

Das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung nicht darauf stützen können, dass die Staatsanwaltschaft D. auf die verwaltungsgerichtliche Frage, ob sie beabsichtige, ein Reaktivierungsverfahren in Bezug auf den Antragsteller einzuleiten, erklärt hat, ihr sei zu der Frage der Reaktivierung des Antragstellers nichts bekannt, sie könne dazu nicht weiter Stellung nehmen. Denn das Verwaltungsgericht ist insoweit ersichtlich - jedoch fehlerhaft - davon ausgegangen, dass die Staatsanwaltschaft D. für die Entscheidung über eine erneute Berufung des Antragstellers in das Beamtenverhältnis zuständig ist. Das ist indes - wie bereits dargelegt wurde (siehe oben 1.) - nicht der Fall. Denn aus dem Erlass des für die Entscheidung über eine erneute Berufung des Antragstellers in das Beamtenverhältnis zuständigen Antragsgegners vom 13. März 2017, mit dem die Generalstaatsanwaltschaft C. ersucht worden ist, eine weitere amtsärztliche Begutachtung zur Prüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers zu veranlassen, weil dieser mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Februar 2017 geltend gemacht hatte, niemals dienstunfähig gewesen zu sein, ergibt sich deutlich, dass der Antragsgegner aufgrund des Vorbringens des Antragstellers dessen erneute Berufung in das Beamtenverhältnis in Betracht gezogen hat. Dies wird auch dadurch belegt, dass der Antragsgegner mit seinem Erlass vom 13. März 2017 die Generalstaatsanwaltschaft C. weiter ersucht hat, den Antragsteller unter Verweis auf § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz NBG darauf hinzuweisen, dass er als dienstfähig angesehen werden könne, wenn er ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung nach § 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BeamtStG, sich auf Weisung ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkomme, und dass der Antragsgegner außerdem unter Verweis auf § 47 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG in Verbindung mit § 50 Nr. 2 NBG und § 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BeamtStG ausgeführt hat, dass es bei Ruhestandsbeamten als Dienstvergehen gelte, wenn sie schuldhaft ihrer Verpflichtung, sich nach Weisung der zuständigen Behörde zur Feststellung der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkämen.

Das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung auch nicht darauf stützen können, dass die Generalstaatsanwaltschaft C. in ihrem Bericht an den Antragsgegner vom 23. Juni 2015 vorgeschlagen hatte, zum damaligen Zeitpunkt von einer amtsärztlichen Nachuntersuchung des Antragstellers abzusehen, weil aufgrund der dem Antragsteller seinerzeit vorgeworfenen Straftaten selbst im Falle des Vorliegens der Dienstfähigkeit die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers geboten wäre. Denn zum Zeitpunkt des Berichtes vom 23. Juni 2015 hatte noch eine andere Sachlage als bei dem Erlass der angegriffenen Verfügung vom 18. April 2017 bestanden, da seinerzeit nicht nur der Anklagevorwurf der Vorteilsannahme, sondern zusätzlich auch noch der Straftatbestand der Verletzung von Dienstgeheimnissen im Raum stand. Auch die Generalstaatsanwaltschaft C. hatte im Übrigen schon in ihrem Bericht vom 23. Juni 2015 vorgeschlagen, die amtsärztliche Nachuntersuchung auf einen Zeitpunkt nach dem Abschluss des Strafverfahrens zu verschieben. Diesem Vorschlag hatte der Antragsgegner mit Erlass vom 14. Juli 2015 zugestimmt.

Aus den vorgenannten Gründen kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts weder der Umstand, dass es bisher nicht disziplinarrechtlich geahndet worden ist, dass sich der Antragsteller bereits auf eine frühere Anforderung vom 22. April 2015 geweigert hatte, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen (§ 50 Nr. 2 NBG), noch die Tatsache, dass nicht von der Vorschrift des § 44 Abs. 2 NBG Gebrauch gemacht worden ist, wonach der Ruhestandsbeamte als dienstfähig angesehen werden kann, wenn er ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung, sich auf Weisung ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkommt, als Indiz für die Annahme herangezogen werden, dass der Antragsgegner den Antragsteller gar nicht erneut in das Beamtenverhältnis berufen will. Der Antragsgegner hat zudem im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 6. Juni 2017 nochmals bekräftigt, dass im Jahr 2015 insbesondere aufgrund des in dem Bericht der Generalstaatsanwaltschaft C. vom 23. Juni 2015 zitierten Vorgutachtens des früheren Amtsarztes des Landkreises D. H. vom U. 2013 und des laufenden Strafverfahrens von der Möglichkeit des § 44 Abs. 2 NBG und der Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen der Nichtbefolgung der damaligen Untersuchungsanordnung abgesehen worden sei.

Anhaltspunkte für ein ermessensfehlerhaftes, sachlich nicht gerechtfertigtes behördliches Vorgehen liegen auch ansonsten nicht vor. Der Antragsgegner hat zu Recht auf den Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ verwiesen. Denn die gemäß § 29 Abs. 2 BeamtStG bestehende Möglichkeit, die Versetzung in den Ruhestand bei wieder bestehender Dienstfähigkeit für die Zukunft zu beseitigen, verschafft dem hergebrachten Grundsatz Geltung, dass der lebenslangen Alimentationspflicht des Dienstherrn die das volle Berufsleben umfassende Dienstleistungspflicht des Beamten gegenübersteht. Dieser Grundsatz schließt das Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit ein, vorzeitige Versorgungsleistungen nur bei fortbestehender Dienstunfähigkeit zu erbringen (vgl. Plog/Wiedow, a. a. O., Band 1, § 29 BeamtStG Rn 2).

Die streitige Untersuchungsanordnung ist nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil bereits feststeht, dass der Antragsteller irreversibel dienstunfähig ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2013, a. a. O., Rn 12; VG Ansbach, Urteil vom 17.7.2013, a. a. O., Rn 30). Im vorliegenden Fall liegen vielmehr sehr konkrete Anhaltspunkte für eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustands des Antragstellers vor. Denn der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Februar 2017 dem R. Justizministerium gegenüber nicht nur geltend gemacht, dass das Gutachten des früheren Amtsarztes des Landkreises D. H. vom S. 2012 und dessen Gutachten vom T. 2013 falsch seien. Er hat vielmehr auch vorgetragen, dass er zu keiner Zeit dienstunfähig gewesen sei und sich insoweit auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie O. vom P. 2016 berufen, das dieser auf Veranlassung des Landgerichts J. über den Antragsteller erstellt hat. Auf dieses Vorbringen hat der Antragsgegner mit seinem Erlass vom 13. März 2017 in sachgerechter Weise reagiert.

Es erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft, dass der Antragsgegner trotz Vorliegens des Gutachtens des O. vom P. 2016 eine weitere amtsärztliche Begutachtung zur Prüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers für erforderlich gehalten hat. Denn O. hat lediglich eine psychiatrische Beurteilung vorgenommen, die auf der Exploration des Antragstellers, dem Studium zahlreicher Unterlagen und der Teilnahme an der Hauptverhandlung vor dem Landgericht J. am V. beruht (vgl. S. 2 f. und S. 52 f. des Gutachtens vom W. 2016). Eine auch körperliche medizinische Untersuchung hat O. jedoch nicht durchgeführt, so dass das Gutachten vom P. 2016 insoweit nicht hinreichend aussagekräftig ist. Das Gutachten vom P. 2016 war abgesehen davon im Zeitpunkt des Ergehens des Erlasses des Antragsgegners vom 13. März 2017 schon nahezu 11 Monate alt und damit für die Beurteilung der Dienstfähigkeit des Antragstellers auch unter Berücksichtigung etwaiger neuer körperlicher Erkrankungen nicht mehr hinreichend aktuell. Ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ist geeignet, der jetzigen Sachlage Rechnung zu tragen.

Dass der Antragsgegner bislang davon abgesehen hat, dem Antragsteller gemäß § 29 Abs. 4 BeamtStG aufzugeben, sich geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit zu unterziehen, ist rechtlich unerheblich. Denn die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 BeamtStG setzt nicht den vorherigen Erlass von Anordnungen nach § 29 Abs. 4 BeamtStG voraus (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2013, a. a. O., Rn 15).

Die streitige Untersuchungsanordnung ist schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil erneut der Landkreis D. mit der amtsärztlichen Untersuchung beauftragt worden ist. Insoweit bedarf es keines Eingehens auf die massiven Vorwürfe, die der Antragsteller auch in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den früheren Amtsarzt des Landkreises D. H. erhoben hat. Denn H. ist, wie die Staatsanwaltschaft D. im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 5. Mai 2017 vorgetragen hat, nicht mehr der zuständige Amtsarzt des Landkreises D.. Begründete Zweifel an der Sachkunde des nunmehr zuständigen Amtsarztes des Landkreises D. sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 5.2.2014 - 5 OA 292/13 -, juris Rn 4; Beschluss vom 26.6.2014 - 5 ME 76/14 -; Beschluss vom 2.7.2015 - 5 ME 106/15 -).