Landgericht Lüneburg
Urt. v. 29.01.2008, Az.: 3 O 387/06

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
29.01.2008
Aktenzeichen
3 O 387/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 43968
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2008:0129.3O387.06.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO mit Stellungnahmefrist bis zum 05.01.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 865,24 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 95 % und der Beklagte 5 %.

  3. 3.

    Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis zum 05.03.2007 15 005,14 €, danach 17 589,33 €.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten rückständige Mietzahlungen und Nebenkosten.

2

Mit Vertrag vom 29.08.2003 nebst Optionsziehung des Beklagten vom 21.11.2003 hat der Beklagte von der Klägerin ab dem 01.11.2003 die Gastwirtschaft "..." in ..., mit allen dazugehörigen Räumen und Nebenräumen gemietet. Gemäß § 1 des Mietvertrages (bl. 6 d.A.) wurde die Größe mit ca. 413 m2 angegeben. Gem. § 4 betrug die vereinbarte Miete 1 250,00 € monatlich zuzüglich Mehrwertsteuer, so dass sich ein Betrag i.H.v. 1 450,00 € ergab. Als Nebenkostenvorauszahlung wurde ein Betrag i.H.v. 100,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart, so dass sich eine monatliche Zahlung für den Beklagten i.H.v. 1 566,00 € ergab. Insoweit wird auf den Gewerberaum-Mietvertrag als Anlage zur Klageschrift vom 7.12.2006 (Bl. 6-11 d.A.) verwiesen.

3

Ab Juli 2005 hat der Beklagte die von der Klägerin geforderten Zahlungen sowie die Mietzinszahlungen ab November 2005 nicht mehr vollständig erbracht.

4

Die Klägerin behauptet, dass mit Schreiben vom 08.06.2005 die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 vom 10.06.2005, korrigiert unter dem 22.11.2005 auf 720,19 € sowie die Aufforderung nunmehr 175,00 € ab 01.07.2005 monatlich an Nebenkosten vorauszuzahlen schriftlich an den Beklagten gegangen sei, so dass sich ab Juli 2005 eine Mietzinsforderung i.H.v. insgesamt 1 625,00 € ergebe. Hierauf habe der Beklagte grundlos nicht mehr vollständig gezahlt. Entgegen der Behauptung des Beklagten sei die Fläche des gemieteten Objekts nicht vermindert, wie sich aus dem vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Meissner ergebe. Insbesondere die angegebene Terrassenfläche sei vollständig bei der Flächenberechnung mit zu Grunde zu legen, sowie auch die Nebenräumlichkeiten und der Pumpenraum.

5

Die Klägerin beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 17 589,33 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins

  2. auf 59,00 € seit dem 05.07.2005,

  3. auf weitere 59,00 € seit dem 05.08.2005,

  4. auf weitere 59,00 € seit dem 05.09.2005,

  5. auf weitere 59,00 € seit dem 05.10.2005,

  6. auf weitere 809,00 € seit dem 05.11.2005,

  7. auf weitere 1 509,00 € seit dem 05.12.2005,

  8. auf weitere 1 509,00 € seit dem 05.01.2006,

  9. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.02.2006,

  10. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.03.2006,

  11. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.04.2006,

  12. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.05.2006,

  13. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.06.2006,

  14. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.07.2006,

  15. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.08.2006,

  16. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.09.2006,

  17. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.10.2006,

  18. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.11.2006,

  19. auf weitere 1 009,00 € seit dem 05.12.2006,

  20. auf weitere 1 051,02 € seit dem 05.01.2007,

  21. auf weitere 994,17 € seit dem 05.02.2007,

  22. auf weitere 852,14 € seit dem 19.03.2007

  23. nebst 419,80 € vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Der Beklagte behauptet, dass die Terrassenfläche nur mit maximal % von 49,38 m2 bei der Berechnung der vermieteten Fläche zu berücksichtigen sei und dass der sogenannte Pumpenraum gänzlichst unberücksichtigt zu bleiben habe. Hieraus ergäbe sich eine Abweichung von 21,89 % zwischen der laut Mietvertrag vermieteten Fläche von 413 m2 zu der vom Sachverständigen unter Berücksichtigung der Abzüge ermittelten Fläche i.H.v. 322,60 m2. Die Betriebskostennachzahlungen sowie die beim Beklagten nicht eingegangene Betriebskostenvorauszahlungserhöhung müssten außer Betracht bleiben, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgingen auf Grund der sich ergebenden erheblichen Flächenabweichung.

8

Darüber hinaus habe in dem Zeitraum vom 01.11.2003 bis einschließlich 31.10.2005 eine Überzahlung dahingehend stattgefunden, dass der Beklagte 21,89 % an die Klägerin zu viel geleistet habe, was zur Aufrechnung gestellt werde. Darüber hinaus seien zwei Reparaturrechnungen i.H.v. 162,28 € und 189,37 € in Abzug zu bringen, die der Beklagte für die Klägerin bezahlt habe.

9

Das Gericht hat Beweis erhoben über die tatsächliche Fläche des Gewerbeobjektes durch Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Sachverständigen ... vom 03.05.2007 und vom 14.11.2007 verwiesen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist nur in Höhe von 865,24 € begründet.

12

Die Klägerin kann von dem Beklagten auf Grund des zwischen den Parteien geschlossenen Gewerbemietvertrages nur einen um 21,89 % reduzierten Mietzins begehren.

13

Die Reduktion i.H.v. 21,89 % ergibt sich aus der durch Sachverständigengutachten ermittelten Flächenabweichung zur ursprünglich vereinbarten und laut Mietvertrag vermieteten Fläche von ca. 413 m2. Die im Mietvertrag aufgeführte Ca-Angabe steht der eigentlichen Feststellung nicht entgegen. Darüber hinaus ist die Abweichung von einer CA-Angabe nicht mehr gedeckt, weil es sich nicht um eine geringe Abweichung handelt.

14

Das Gericht geht davon aus, dass der sogenannte Pumpenraum, der eine nur geringe Durchgangshöhe hat, eine Deckenhöhe von 1,75 m und auch nur der Versorgung dient, nicht als vermietete Fläche zu zählen ist. Der Raum dient ausschließlich dem Gebäudebetrieb und ist nicht als nutzbare Fläche anzusetzen.

15

Darüber hinaus ist die vom Sachverständigen ... ermittelte Terrassenfläche von 49,38 m2 nur mit ?, also mit einer Fläche von 11,85 m2 in Ansatz zu bringen. Hinsichtlich dieses Ansatzes hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich um eine sogenannte Freifläche handelt, die erstens nicht das ganze Jahr genutzt werden kann und darüber hinaus auch wetterbedingt eingeschränkt nutzbar ist. Diese Freifläche ist auch nicht überdacht, woraus sich eine höhere Berücksichtigung finden würde. Sowohl nach dem geltenden Baurecht und der Bemessung der bebauten Flächen, als auch nach der zum Wohnraummietrecht ergangenen Rechtsprechung i.V.m. § 4 Nr. 4 Wohnflächenverordnung ist von keiner höheren Bemessung auszugehen. Auch aus praktischen Erwägungen hinsichtlich der Nutzbarkeit dieses Gewerbeobjekts ist eine Berücksichtigung von ? gerechtfertigt.

16

Mit der Überschreitung von 21,89 % ist der maximale Grenzwert, der zu einer Nichtberücksichtigung bei der Bemessung des Mietzinses führen würde i.H.v. 10 %, sehr weit überschritten.

17

Auf eine Differenz zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Fläche kommt es nach der Rechtsprechung des BGH nicht an, wenn die Abweichung unerheblich ist, das heißt nicht mehr als 10 % beträgt (vergl. BGH in NJW 2008, Seite 142, 143 und in NJW 2007, Seite 2626).

18

Insoweit führt die anteilige Reduktion zu Mietzinszahlungen vom 01.11.2005 bis einschließlich 31.12.2006 i.H.v. 1 223,20 € monatlich und ab dem 01.01.2007 i.H.v. 1 254,84 € monatlich. Der sich hieraus ergebenden Forderung der Klägerin i.H.v. 20 889,32 € stehen Zahlungen des Beklagten an die Klägerin mit 7 208,00 € und 2 488,00 € gegenüber, so dass sich eine Restforderung i.H.v. 11 193,32 € rein rechnerisch ergebe.

19

Hiervon sind die zwischen den Parteien unstreitig vereinbarte Zahlung i.H.v. 2 188,00 € für die vom Beklagten geleisteten Reparaturrechnungszahlungen für das Kühlaggregat in Abzug zu bringen, so dass rein rechnerisch 9 092,44 € verblieben.

20

Weiter ist der Beklagte berechtigt, für den Zeitraum vom 01.11.2003 bis einschließlich 31.10.2005 die verminderte Gewerbemietfläche mietmindernd zu berücksichtigen, so dass sich hier ein Rückforderungsbetrag in einer Gesamthöhe von 8 227,20 € ergibt (24 Monate × 342,80 €).

21

Zu weiteren Abzügen hinsichtlich der verbleibenden Restforderung der Klägerin i.H.v. 865,24 € ist der Beklagte nicht berechtigt.

22

Die von dem Beklagten gemäß den Anlagen B2 und B3 vorgelegten Rechnungen (162,28 € und 189,37 €) kann der Beklagte von der Klägerin nicht erstattet verlangen. Die Klägerin hat diese Forderung sowohl dem Grunde als der Höhe nach bestritten. Der Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass diese Mängel nicht von ihm verursacht worden seien und dass sie auch bei Beginn des Mietverhältnisses nicht vorhanden gewesen seien und er diese gegenüber der Verwaltung der Klägerin geltend gemacht habe. Er hat aber nicht vorgetragen, dass er die Klägerin zur Abhilfe ordnungsgemäß und beweisbar aufgefordert habe.

23

Die Klägerin kann von dem Beklagten vorliegend hinsichtlich der Nebenkosten sowohl keine Nachzahlung als auch keine Vorauszahlungen wegen fehlender Fälligkeit begehren.

24

Hinsichtlich der oben ausgeführten Gründe für die Abweichung der Gewerbemietfläche von 21,89 % ergibt sich hieraus, dass keine ordnungsgemäße Abrechnung gegenüber dem Beklagten vorliegt, weil sich die Nebenkosten auch an der vermieteten Fläche orientieren und nicht von diesen isoliert dargestellt und vereinbart worden sind. Vergleiche hierzu die höchstrichterliche Rechtssprechung, nach der für die Abrechnung der Betriebskosten nichts anderes gilt als für die Miete selbst (s.o. BGH in NJW 2008, 142, 143 [BGH 31.10.2007 - VIII ZR 261/06] mit weiteren Nachweisen).

25

Die Klägerin kann von dem Beklagten auch nicht im Rahmen eines Schadensersatzes die von ihr geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren begehren. Selbst im Hinblick auf die verbleibende Forderung i.H.v. 865,24 € kann die Klägerin keine vorgerichtlichen Kosten verlangen, weil sie auch nicht vorgetragen hat, dass der Schaden bereits bei ihr entstanden sei durch erfolgte Begleichung der Rechnung gegenüber ihren Verfahrensbevollmächtigten.

26

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

27

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.