Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 06.11.2008, Az.: 2 S 67/08

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
06.11.2008
Aktenzeichen
2 S 67/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 43957
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2008:1106.2S67.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Soltau - 27.05.2008 - AZ: 4 C 6/08
nachfolgend
BGH - 09.07.2009 - AZ: VII ZB 111/08

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag des Klägers vom 17.09.2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 27.05.2008wird auf seine Kosten verworfen.

  3. 3.

    Wert des Berufungsverfahrens: 2 027,17 €

Gründe

1

Die Berufung des Klägers gegen das ihm am 03.06.2008 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Soltau ging am 03.07.2008 beim Landgericht ein. Mit Schriftsatz vom 30.07.08 hatte der Kläger zunächst wegen Arbeitsüberlastung sowie wegen der Notwendigkeit, andere fristgebundene Schriftsätze zu fertigen, deren Einreichungsfrist bereits verlängert worden sei, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Dem Antrag wurde entsprochen und die Frist bis zum 03.09.2008 verlängert.

2

Mit Schriftsatz vom 03.09.2008 bat er - in versichertem Einverständnis mit dem Herrn Beklagtenvertreter - die Frist zur Begründung der Berufung um weitere sieben Tage zu verlängern. Dieser Antrag wurde von der Vorsitzenden mit der Begründung abgelehnt, der Antrag sei nicht begründet worden.

3

Die Berufungsbegründung ging am 17.09.2008 beim Landgericht ein.

4

Der Kläger begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist mit der Begründung, er habe darauf vertrauen dürfen, dass die Frist verlängert werde, da nach eindeutiger Gesetzeslage in § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO der Fristverlängerungsantrag keiner Begründung bedürfe, wenn der Gegner eingewilligt habe. Deshalb sei er ohne Verschulden verhindert gewesen, die Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten, zumal die Mitteilung des Gerichts über die Ablehnung der Fristverlängerung erst am 04.09.2008, also nach Fristablauf, erfolgt sei.

5

1.

Der zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.

6

Mit § 520 Abs. 2 ZPO ist lediglich die Voraussetzung geschaffen, dass die gesetzliche Frist zur Begründung der Berufung von zwei Monaten verlängert werden kann (§ 224 Abs. 2 ZPO).

7

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht zwingend ein Anspruch auf eine Fristverlängerung, wenn der Anspruchsgegner einer entsprechenden Fristverlängerung zustimmt. Gemäß § 520 Abs. 2 ZPOkann auf Antrag von der Vorsitzenden die Frist verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Aus dem Wort "kann" ergibt sich, dass es sich dabei um eine Ermessensentscheidung handelt. Grundsätzlich sind gesetzliche Fristen nur aus erheblichen Gründen zu verändern (§ 224 Abs. 2 ZPO). Eine Parteivereinbarung ist kein erheblicher Grund, was sich ohne weiteres aus § 227 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO ergibt.

8

Eine Ausübung des Ermessens ist nur möglich, wenn Gründe vorgebracht werden, die eine Fristverlängerung rechtfertigen können. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 04.11.2008 zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Leitsatz, wonach der Berufungsführer nach neuem Recht grundsätzlich nicht darauf vertrauen könne, dass ihm ohne Einwilligung des Gegners eine zweite Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bewilligt werde, ist nicht so zu verstehen, dass durch die Einwilligung des Gegners das Ermessen der Vorsitzenden auf null reduziert wird. Vielmehr ergibt sich aus den Gründen dieser Entscheidung, dass der Rechtsanwalt in aller Regel lediglich darauf vertrauen darf, dass einem ordnungsgemäß begründeten ersten Verlängerungsantrag stattgegeben wird. Dass bei einem zweiten Verlängerungsantrag eine ordnungsgemäße Begründung entbehrlich ist, ergibt sich aus den Gründen dieser Entscheidung nicht.

9

Dem Kläger ist auch nicht deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihm die Ablehnung der Fristverlängerung erst am 04.09.2008 mitgeteilt wurde. Auf die Bewilligung einer zweiten Fristverlängerung darf ein Rechtsanwalt möglicherweise dann vertrauen, wenn dem Gericht die Einwilligung des Gegners mitgeteilt wurde und außergewöhnliche, nicht von ihm zu vertretende Umstände vorliegen, die ihn an der rechtzeitigen Rechtsmittelbegründung gehindert haben. Ohne das Vorbringen erheblicher Gründe muss sich der Rechtsanwalt rechtzeitig vor Fristablauf vergewissern, ob sein Antrag Erfolg hat.

10

2.

Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, denn sie wurde nicht innerhalb der ihm gemäß § 520 Abs. 2 ZPO gewährten Begründungsfrist begründet.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.