Landgericht Lüneburg
Urt. v. 14.10.2008, Az.: 5 O 103/08
Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Auszahlungen von Lebensversicherungsleistungen des Insolvenzschuldners gegenüber der Versicherung; Anforderungen an die Ermittlung der Insolvenzmasse; Berücksichtigung der Anmeldung einer Forderung zur Insolvenzmassse
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 14.10.2008
- Aktenzeichen
- 5 O 103/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 47319
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2008:1014.5O103.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 02.04.2009 - AZ: 8 U 206/08
- BGH - 21.10.2010 - AZ: IX ZR 84/09
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.2008 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der klagende Insolvenzverwalter geht gegen die Beklagte als Lebensversicherer des Insolvenzschuldners vor und begehrt die Auszahlung von Lebensversicherungsleistungen. Die Beklagte ist mit der ehemaligen Vertragspartnerin des Klägers, xxx, verschmolzen.
Der Insolvenzschuldner hatte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Beklagte) Lebensversicherungen. Aus den Verträgen 1237610 und 1302348 hat die Beklagte eine Ablaufleistung i.H.v. 22.989,83 EUR entnommen und mit ihren Forderungen verrechnet. Dem war Folgendes vorausgegangen:
Am 26.11.1986 pfändete das Finanzamt Celle die Forderungen aus insgesamt drei Lebensversicherungen, nämlich zusätzlich zu den benannten Lebensversicherungen aus der Lebensversicherung 1722163. Die Beklagte hatte am 02.10.2003 einen Vollstreckungsbescheid erwirkt und diesbezüglich am 13.06.2007 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausgebracht, und zwar in Höhe der Klageforderung (Bl.18 d.A.).
Am 12.12.2007 meldete die Beklagte ihre Forderung zur Insolvenztabelle an. Am 11.02.2008 erklärte das Finanzamt den Verzicht bezüglich der am 04.04.2007 erneut gepfändeten Forderung.
Der Kläger ist der Meinung, die entsprechenden Beträge stünden der Insolvenzmasse zu. Das ergäbe sich schon daraus, dass die Beklagte die Forderung auch zur Insolvenztabelle angemeldet habe. Im Übrigen stehe ihr kein Aufrechnungsrecht zu, dies wäre anfechtbar. Die Pfändung seitens der Beklagten hätte erst am 11.12.2008, nämlich zum Zeitpunkt des Verzichts der Pfändung des Finanzamtes gegenüber der Klägerin wirksam werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch das Insolvenzverfahren bereits eröffnet gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.989,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2008 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, am 13.06.2007 wirksam gepfändet zu haben. Diese Pfändung sei vor Insolvenzeröffnung erfolgt. Aufrechnung sei nicht erklärt worden. Wegen des Verzichts des Finanzamtes sei ihre Pfändung wirksam geworden. Die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle sei lediglich vorsorglich erfolgt.
Mit der vorgenommenen Pfändung handele es sich um eine Anschlusspfändung. Das Pfandrecht sei durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entstanden und komme nach dem Verzicht des Finanzamtes zur Wirkung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Irgendwelche Rechte an den seitens der Beklagten verrechneten 22.989,83 EUR aus der Ablaufleistung der Lebensversicherung 1237610 und 1302348 stehen dem Kläger nicht zu. Bezüglich der Lebensversicherung 1722163 ist unstreitig geworden, dass diese ausgezahlt ist und daher im Rechtsstreit nicht anhängig ist (siehe Protokoll zur mündlichen Verhandlung, 23.09.2008, Bl.74 d.A.). Auf Grund des im Tatbestand näher dargestellten Zeitablaufs kommt die Pfändung der Beklagten zum Zuge. Die Pfändung ist, wie die Beklagte zutreffend vorträgt, mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 15.06.2007 wirksam geworden. Zu diesem Zeitpunkt war das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet, die Eröffnung erfolgte erst am 06.11.2007. Durch den Verzicht des Finanzamtes am 11.02.2008 trat anstelle der Pfändung des Finanzamtes die Pfändung der Beklagten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Pfändung erst zum Zeitpunkt des Verzichts des Finanzamtes wirksam geworden ist, vielmehr kann eine Forderung mehrfach wirksam gepfändet werden, so dass jeweils auf die zunächst wirksame Pfändung die folgende Pfändung wirksam wird, wenn auf die erste Pfändung verzichtet wird. So ist es hier. Durch den Verzicht des Finanzamtes wurde die Pfändung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 13.06.2007 seitens der Beklagten wirksam, so dass sie die streitigen Beträge aus den Lebensversicherungen auf ihre Ansprüche verrechnen durfte.
Eine Aufrechnung liegt nicht vor.
Die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen.
Die Klage ist daher unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.