Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.08.2003, Az.: 2 ME 281/03

Außenstelle; Behörde; Elternzeit; Ortswechsel; Reisezentrum; Umsetzung; Versetzung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.08.2003
Aktenzeichen
2 ME 281/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48134
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.07.2003 - AZ: 3 B 80/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Umsetzung einer nach Beendigung der Elternzeit in einem Reisezentrum der Deutschen Bahn AG zu beschäftigenden Beamtin

Gründe

1

Die Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin, eine Bundesbeamtin, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 2. Juli 2003 wendet, in der es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, der Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz gegen die Übertragung eines Arbeitsplatzes als Reiseberaterin in dem Reisezentrum B. der Beigeladenen ab 12. März 2003 zu gewähren, bleibt erfolglos; denn auch nach Auffassung des Senats kann die Antragstellerin nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens nicht beanspruchen, über den 11. März 2003 hinaus bei dem Reisezentrum C. der Beigeladenen beschäftigt zu werden.

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Der Senat teilt in diesem Eilverfahren die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss vom 2. Juli 2003, wonach es sich bei der Übertragung eines Arbeitsplatzes an die Antragstellerin als Reiseberaterin im Reisezentrum B. ab dem 12. März 2003 nicht um eine Versetzung der Antragstellerin (vom Reisezentrum C. zum Reisezentrum B.), sondern lediglich um eine Umsetzung handelt; auch ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass die Umsetzungsmaßnahme nur in eingeschränktem Maße, und zwar auf Ermessensfehler einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt (BVerwG, Urt. v. 22.5.1980 – BVerwG 2 C 30.78 -, BVerwGE 60, 144(151) = DVBl. 1980, 882 = NJW 1981,67 = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 u. Urt. v. 12.2.1981 – BVerwG 2 C 42.78 -, DVBl. 1981, 495(497)) und dass die Antragstellerin - auch im Beschwerdeverfahren - nicht nach § 123 Abs. 3 VwGO  i. V. m.  den §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO einen Anordnungsanspruch in dem Sinne glaubhaft gemacht hat, die personalbewirtschaftende Stelle müsse ihr Umsetzungsermessen dahingehend ausüben, dass der Antragstellerin weiterhin der ihr vor der Elternzeit und seit dem 1. März 2003 zur Einarbeitung vorübergehend zugewiesen (Voll-)Arbeitsplatz im Reisezentrum C. auf Dauer zugewiesen werde. Der Senat verweist daher gem. 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen auf die tragenden Gründe des Beschlusses vom 2. Juli 2003, zu denen er ergänzend und mit Rücksicht auf das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren Folgendes bemerkt:

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Wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend hervorgehoben hat, ist die umstrittene Übertragung des Arbeitsplatzes bei dem Reisezentrum B. nicht als Versetzung, sondern als Umsetzung der Antragstellerin anzusehen, die Einwände der Antragstellerin gegen die Qualifizierung der Maßnahme lediglich als Umsetzung vermögen nicht zu überzeugen.

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Da der Antragstellerin im Reisezentrum B. lediglich ein anderer Dienstposten (funktionelles Amt im konkreten Sinne) zugewiesen werden soll, ihr statutsrechtliches Amt aber unberührt bleibt, würde gegen die Qualifizierung der Maßnahme als Umsetzung sprechen, dass festgestellt werden könnte, dass es sich bei den Reisezentren C. und B. um verschiedene Beschäftigungsbehörden handelte. Denn eine Umsetzung kann auch – wie hier – mit einem Ortswechsel verbunden sein (Kathke, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 5. Aufl., Stand: Juni 2003,

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RdNr. 36 der Vorbem. vor den §§ 28f.; Kremer, NVwZ 1983, 6(7)), wenn etwa ein Wechsel von einer (unselbständigen) Außenstelle einer Behörde (im beamtenrechtlichen Sinne) zu einer anderen (unselbständigen) Außenstelle derselben Behörde erfolgt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.1.1989 – 5 OVG B 82/88 – sowie Nds. OVG, Beschl. v. 18.7.1991 – 5 M 2626/91 u. Beschl. v. 3.9.1996 – 2 M 4081/96 -); die mit dem Ortswechsel für den Beamten verbundenen Konsequenzen können dann allenfalls bei den im Rahmen der Umsetzungsentscheidung anzustellenden Ermessenserwägungen eine Rolle spielen (Kathke, aaO). Entscheidend kommt es daher darauf an, ob die Reisezentren B. und C. selbständige oder unselbständige Organisationseinheiten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 10.87 -, ZBR 1991, 52(53)).

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Nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens handelt es sich bei den genannten Reisezentren aber organisatorisch lediglich um unselbständige Organisationseinheiten, und zwar Außenstellen der Verkaufsleitung (VL) C. der Beigeladenen, wie dies das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss u. a. unter Hinweis auf das Organigramm der VL C. bereits näher begründet hat. Soweit die Antragstellerin demgegenüber meint, der zu Grunde gelegte weite kaufmännische Zuständigkeitsbereich der VL C., der sich auch auf das von C. 175 km entfernt liegende D. bezieht, lasse es nicht mehr zu, auf die VL C. die Maßstäbe einer Behörde anzuwenden, berücksichtigt sie nicht hinreichend, dass es allein Sache des Dienstherrn ist, den Zuständigkeitsbereich der Behörde nach organisatorischen und Gründen der Zweckmäßigkeit zu bestimmen, so dass ein räumlich weiter Zuständigkeitsbereich für sich genommen nicht gegen die Qualifizierung einer Stelle als der allein für personalwirtschaftliche Maßnahmen zuständigen Organisationseinheit – hier der VL C. - sprechen kann. Auch ist zu berücksichtigen, dass gerade bei unteren Behörden des Bundes räumlich sehr weit geschnittene Zuständigkeitsbereiche, die sich sogar über mehrere Bundesländer erstrecken können, nicht unüblich sind; dies ist etwa bei dem Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg der Fall, dessen Zuständigkeitsbereich sich über Teile der Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern erstreckt.

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Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass die Antragstellerin unter Berücksichtigung des dem Dienstherrn bei einer Umsetzung zustehenden weiten Ermessens (BVerwG, Urt. v. 22.5.1980, aaO, S. 151 u. Urt. v. 12.2.1981, aaO. S. 497) einen Anordnungsanspruch  i. S.  des § 123 VwGO auf Beibehaltung des ihr nur für die Einarbeitungsphase nach Rückkehr aus der Elternzeit vorübergehend zugewiesenen

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(Voll-)Arbeitsplatzes als Reiseberaterin in dem Reisezentrum C. nicht hat glaubhaft machen können, auch das Beschwerdevorbringen gibt zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage Anlass.

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Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt hat, hat die personalbewirtschaftende Stelle die persönlichen Belange der Antragstellerin, insbesondere ihre Verpflichtungen gegenüber ihrer Familie und die sich durch den Wechsel zum Reisezentrum B. für sie ergebenden wesentlich längeren An- und Abfahrtswege - Gesichtspunkte, die im Rahmen der Fürsorge- und Schutzerwägungen zu Gunsten der Antragstellerin bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen waren (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, RdNr. 143) - in die Ermessensentscheidung eingestellt und mit den widerstreitenden dienstlichen Belangen abgewogen. Hierbei hat die personalbewirtschaftende Stelle dem besonderen Schutz von Ehe und Familie (vgl.

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Art. 6 GG) dadurch Rechnung getragen, dass sie die Antragstellerin auf einen freien

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(Voll-)Arbeitsplatz in einem Reiszentrum umgesetzt hat, das noch in einer gewissen Nähe zu dem Wohnort der Antragstellerin in E. liegt, nicht aber etwa in ein von diesem Wohnort weit entfernt liegendes Reisezentrum, das auch zu dem Zuständigkeitsbereich der VL C. gehört. Auch ist der Antragstellerin bedeutet worden, dass sie in dem Reisezentrum C. wieder beschäftigt werden könnte, wenn dort der von ihr gewünschte (Voll-)Arbeitsplatz frei werden würde - dieses Begehren eines Vollarbeitsplatzes hat die Antragstellerin auch in diesem Eilverfahren aufrecht erhalten.

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Soweit die Antragstellerin hierzu die Auffassung vertritt, sie könne beanspruchen, dass sie wie vor der Inanspruchnahme ihrer Elternzeit wieder bei dem Reisezentrum C. (auf einem Vollarbeitsplatz) beschäftigt werde und dass ggf. eine andere Bedienstete oder ein anderer Bediensteter, die/der bisher in dem Reisezentrum C. beschäftigt worden sei, an ihrer Stelle die ihr zugewiesenen Aufgaben bei dem Reisezentrum B. wahrnehme, kann dies ebenfalls nicht zum Erfolg ihrer Beschwerde führen. Die Antragstellerin berücksichtigt bei dieser Argumentation nämlich nicht hinreichend, dass eine Beamtin/ein Beamter, die/der Elternzeit für die Betreuung und Erziehung von Kindern in Anspruch genommen hat, weder nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit, v. 6.12.1985, BGBl. I S. 2154,  i. d. F. d. Bek. v. 7.12.2001, BGBl. I S. 3358) noch nach der auf Grund der Ermächtigung des § 80 Nr. 2 BBG ergangenen Elternzeitverordnung (Verordnung über Elternzeit für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst,  i. d. F. v. 17.7.2001, BGBl. I S. 1669) verlangen kann, nach dem Ende der Elternzeit auf dem Dienstposten wieder verwendet zu werden, den die Beamtin/der Beamte vor Antritt der Elternzeit innegehabt hat; ebenfalls kann die Beamtin/der Beamte nach den genannten Vorschriften nicht beanspruchen, an demselben Dienstort wie vor der Elternzeit verwendet zu werden. Die Elternzeitverordnung und das Bundeserziehungsgeldgesetz vermitteln der Beamtin/dem Beamten nämlich nur einen Anspruch auf Erziehungsgeld und Urlaub ohne Dienstbezüge, weil die Dienstleistungspflicht sowie das Recht auf Beschäftigung und Besoldung suspendiert werden (Bayer, in: Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG/BeamtVG, Stand: Juli 2003, RdNr. 12 zu § 80), nicht aber werden ein bestimmter Dienstposten oder die Verwendung an einem bestimmten Dienstort garantiert. Eine derartige Garantie wäre im Übrigen auch mit den dienstlichen Bedürfnissen und der Organisationsbefugnis des Dienstherrn nicht zu vereinbaren. Die Beigeladene hat auch dargetan (s. den Schriftsatz v. 14.7.2003), dass ein sachlicher Grund, und zwar die Wahrung des Betriebsfriedens, dafür bestand (und besteht), auf ein sog. Durchschubverfahren zu verzichten, bei dem andere Bedienstete, die bisher im Reisezentrum C. auf einem (Voll-)Arbeitsplatz Dienst verrichtet haben, zu Gunsten der aus der Elternzeit zurückkehrenden Antragstellerin in andere Reisezentren umgesetzt werden müssten.

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Soweit zwischen den Beteiligten schließlich streitig ist, ob der Antragstellerin vor Wiederaufnahme ihres Dienstes im März 2003 im Februar 2003 ein Dienstposten mit 50 % der Arbeitszeit im Reisezentrum C. angeboten worden ist, der offenbar nunmehr zum 1. Juli 2003 durch eine andere Bedienstete besetzt worden ist, kann der Senat für dieses Verfahren offen lassen, ob der Antragstellerin ein derartiges Angebot tatsächlich gemacht worden ist. Denn Gegenstand dieses Eilverfahrens ist nach dem Beschwerdeantrag weiterhin eine Vollzeitbeschäftigung in dem Reisezentrum C. - ein auf eine Halbtagsbeschäftigung gerichteter Hilfsantrag ist nicht gestellt worden, auch bestand für den Senat keine Veranlassung, auf eine entsprechende Antragstellung nunmehr hinzuwirken, weil dieser Dienstposten seit dem 1. Juli 2003 anderweitig besetzt ist. Im Übrigen wäre eine zeitaufwendige Beweisaufnahme durch die Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises mit dem Charakter dieses Eilverfahrens nicht zu vereinbaren - eine Versicherung an Eides statt ist insoweit durch die Antragstellerin nicht beigebracht worden.