Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.08.2003, Az.: 8 ME 129/03

Einziehung; Jagdschein; Waffenmissbrauch; Zuverlässigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.08.2003
Aktenzeichen
8 ME 129/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48206
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 18.07.2003 - AZ: 2 B 63/03

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.

2

Denn das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. April 2003, durch den der ihm am 13. Mai 2002 ausgestellte Jagdschein unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für ungültig erklärt und eingezogen worden ist, zu Recht abgelehnt.

3

Die gerichtliche Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO setzt eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das zumeist öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung voraus. Diese Abwägung fällt in der Regel zu Lasten des Antragstellers aus, wenn bereits im Aussetzungsverfahren zu erkennen ist, dass sein Rechtsbehelf offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet (BVerfG, Beschl. v. 11.2.1982 - 2 BvR 77/82 - NVwZ 1982 S. 241; BVerwG, Beschl. v. 9.9.1996 - 11 VR 31/95 -; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn. 858). Dagegen überwiegt das Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in aller Regel, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich begründet erweist (BVerwG, Beschl. v. 20.10.1995 - 1 VR 1/95 -). Bleibt der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache bei der im Aussetzungsverfahren nur möglichen summarischen Prüfung (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 11.9.1998 - 11 VR 6/98 -) jedoch offen, kommt es auf eine bloße Abwägung der widerstreitenden Interessen an (BVerwG, Beschl. v. 29.4.1974 - IV C 21.74 - DVBl. 1974 S. 566; Senatsbeschl. v. 11.4.2002 - 8 ME 66/02 -; Senatsbeschl. v. 26.9.2002 - 8 MA 18/02 -; Finkelnburg/Jank, Rn. 864).

4

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen, unter denen die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs wiederherzustellen ist, nicht erfüllt, weil sich der angefochtene Bescheid, dessen sofortige Vollziehung der Antragsgegner mit einer den Maßgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.

5

Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Voraussetzungen für die Einziehung und Ungültigkeitserklärung des Jagdscheins nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BJagdG vorliegen, weil die vom Antragsteller in den Jahren 1993 und 1994 begangenen Straftaten die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Antragsteller vom Amtsgericht B. am 6. Februar und 4. April 1995 wegen vorsätzlichen Vergehens gegen das Waffengesetz und gemeinschädlicher Sachbeschädigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und Nötigung rechtkräftig verurteilt worden ist. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Antragsteller ein Kleinkalibergewehr in seiner Wohnung aufbewahrt, ohne die erforderliche Waffenbesitzkarte besessen zu haben. Darüber hinaus hat er am 1. Januar 1994 in einem mittelschweren Alkoholrausch mit einem Schrotgewehr, für das er keinen Waffenschein besaß, eine Straßenlampe und ein Verkehrszeichen zerschossen, danach mit der Waffe auf eine Leuchtröhre in einem Fußgängertunnel geschossen, dabei einen Passanten verletzt, anschließend die Waffe auf diesen gerichtet und ihn zur Flucht gezwungen. Dieses Verhalten rechtfertigt selbst nach Ablauf von fast 10 Jahren die Befürchtung, dass der Antragsteller auch in Zukunft Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird, weil es seine charakterliche Eignung auch über die 5-Jahres-Frist des § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG hinaus nachhaltig in Frage stellt. Damit fehlt dem Antragsteller, der 1993 und 1995 auch wegen Diebstahls und vorsätzlichen Vergehens gegen das Pflichtversicherungsgesetz rechtkräftig verurteilt worden ist, nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BJagdG die für die Erteilung eines Jagdscheins notwendige Zuverlässigkeit, an die im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit strenge Anforderungen zu stellen sind.

6

Die Einwände, die der Antragsteller dagegen erhoben hat, überzeugen nicht. Dass er seit 1995 strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, steht der Annahme, dass er die erforderliche Zuverlässigkeit für die Erteilung eines Jagdscheins nicht besitzt, ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass er in geordneten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller inzwischen die Meisterprüfung im Kraftfahrzeugmechaniker-Handwerk abgelegt hat, eine Kfz-Werkstatt betreibt und zwei Arbeitnehmer beschäftigt, lässt sich auch nicht hinreichend sicher darauf schließen, dass die in den begangenen Straftaten deutlich zum Ausdruck gekommenen Eignungs- bzw. Zuverlässigkeitsmängel nicht mehr bestehen.