Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.08.2003, Az.: 12 OB 351/03
Investitionsaufwendungen; Rechtsweg; Zustimmung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.08.2003
- Aktenzeichen
- 12 OB 351/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48178
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - AZ: 4 A 1192/03
Rechtsgrundlagen
- § 82 Abs 3 SGB 11
- § 82 Abs 4 SGB 11
- § 51 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG
- § 40 Abs 1 VwGO
Gründe
Die gemäß §§ 146 Abs. 1 VwGO, 17a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit seinem angefochtenen Beschluss den Verwaltungsrechtsweg zu Recht für unzulässig erklärt und die Sache an das Sozialgericht Stade als sachlich und örtlich zuständiges Gericht des zulässigen Rechtsweges verwiesen.
Streitgegenstand in diesem Verfahren ist nach dem Trennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2002 der Antrag zu 2. aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 31. März 2003, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festzustellen, dass die Klägerin berechtigt war/ist, ihren Bewohnern in der Zeit vom 1.7.02 bis 30.06.03 Investitionskosten unter Berücksichtigung geringwertiger Investitionsgüter zu berechnen.
Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.
Als Sonderzuweisung maßgebend ist die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i.d.F. des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl I 2144).
Die frühere, durch Art 33 Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I 1014) geschaffene Fassung des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG (a.F.), nach der die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über Streitigkeiten entscheiden, die "in Angelegenheiten nach dem SGB XI entstehen", ist hier nicht mehr anwendbar, weil die Klage erst nach dem 1. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl. zum Anwendungsbereich der Neufassung BSG, Beschluss v. 1.8.2002 – B 3 SF 1/02 R - , FEVS 54,18).
Nach der Neuregelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, nach der die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind für "öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden", ist für den vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
Es handelt sich hier sowohl um eine "Angelegenheit nach dem SGB XI" als auch um eine "Angelegenheit der sozialen oder privaten Pflegeversicherung" i.S. des § 51 SGG. Die Neufassung des SGG hat keine hier maßgebliche inhaltliche Änderung zur Folge. (vgl. die Begründung der Bundesregierung zu Art. 1 Nr. 22 (§ 51 SGG) des Entwurfes eines SGG-Änderungsgesetzes v. 4.5.2001, BT-Drucks. 14/5943, S. 23: „Mit der Neufassung werden die Zuständigkeitsregelungen übersichtlicher gestaltet und, soweit erforderlich, ergänzt.“).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nur dann gegeben, wenn das Rechtsverhältnis, aus dem der Klaganspruch abgeleitet wird, dem SGB XI unterfällt (vgl. BSG, Beschluss v. 1.8.2002, a.a.O.) bzw. es sich um eine Angelegenheit handelt, die – zumindest im Grundsatz – im SGB XI normiert ist (vgl. BSG, Beschluss v. 31.1.2000 – B 3 SF 1/99 R - , NZS 2000, 523, beide zu § 51 SGG alter Fassung).
Das Bundesverwaltungsgericht vertritt die fast wortgleiche Ansicht, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch liege eine „Angelegenheit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch“ nur vor, wenn der Streitfall zum Regelungsbereich des Elften Buches Sozialgesetzbuch gehöre. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet werde, müsse mithin dem genannten Gesetz unterfallen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 23.12.1998 – 3 B 22/98 - , NVwZ-RR 1999, 316).
Zu Streitigkeiten um die behördliche Zustimmung nach § 82 Abs. 3 und 4 SGB XI hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. April 2002 (- 3 C 41/01 - , NVwZ-RR 2002, 607 – zu § 51 SGG a.F. -) ausgeführt:
„Das Erfordernis der behördlichen Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen ist in § 82 Abs. 3 und 4 SGB XI geregelt. Während § 82 Abs. 3 Satz 3 anordnet, dass bei teilweiser öffentlicher Förderung der Investitionsaufwendungen die Umlegung der restlichen Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen behördlicher Zustimmung bedarf, bestimmt Abs. 4, dass nicht öffentlich geförderte Einrichtungen eine entsprechende gesonderte Berechnung ohne eine solche Zustimmung vornehmen dürfen, dies aber der zuständigen Landesbehörde mitzuteilen haben. Damit sind die Grundlinien des Zustimmungserfordernisses vom Bundesgesetzgeber im Elften Buch SGB festgelegt worden. Zwar hat er im 2. Halbsatz des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI dem Landesgesetzgeber das Recht vorbehalten, das Nähere hierzu, insbesondere auch zu Art, Höhe und Laufzeit sowie zur Verteilung auf die Pflegebedürftigen, zu bestimmen. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine nähere Ausformung der im Grundsatz im SGB XI getroffenen Regelung. Dem Wortlaut nach gehört die streitige Zustimmung mithin eindeutig zu den Angelegenheiten nach dem Elften Buch SGB im Sinne des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG.“
Bereits nach dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sind sowohl eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der Zustimmung zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI als auch eine Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass eine Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 4 SGB XI nicht erforderlich ist (so hier sinngemäß der Antrag), „Angelegenheiten nach dem SGB XI“ und fallen damit in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 27. Mai 2003 (- 3 B 40.03 - ) bestätigt, in dem es ausführt:
„Im Übrigen liegt hier die Voraussetzung, die Vorinstanzen hätten ihre Entscheidungen auf Aussagen gegründet, die originär zum Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit gehörten, eindeutig nicht vor. Das Berufungsurteil ist darauf gestützt, dass die bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüsse nach § 13 NPflegG keine öffentliche Förderung im Sinne des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB IX seien; mit derselben Begründung hat es dem hilfsweisen Feststellungsantrag stattgegeben, dass die bloße Anzeige nach § 82 Abs. 3 Satz 4 SGB XI (Anmerkung: gemeint ist § 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XI) genüge. Die Auslegung dieser Bestimmungen ist aber nach der oben zitierten Rechtsprechung unzweifelhaft Sache der Sozialgerichte.“
Dementsprechend hält der Senat an seiner bereits mit Beschluss vom 18. Juli 2003 (- 12 OB 102/03 - ) vertretenen Ansicht fest, dass auch für Feststellungsklagen auf Nichtbestehen einer Zustimmungspflicht (§ 82 Abs. 4 SGB XI) der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben ist. Auf die Frage eines Sachzusammenhanges zu Streitigkeiten nach den §§ 93 ff. BSHG, aus dem der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg seine für Feststellungsklagen dieser Art abweichende Auffassung zum Rechtsweg ableitet (so zuletzt Beschluss v. 29.7.2003 – 4 OB 268/03), kommt es nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht an. Anders als bei Streitigkeiten um die Investitionsförderung für Pflegeeinrichtungen – nach § 9 SGB XI allein und ausschließlich eine Aufgabe der Länder, nicht aber eine Aufgabe der Pflegeversicherung (vgl. BVerwG, Beschluss v. 23.12.1998, a.a.O.) – und bei Klagen eines Pflegedienstes auf Zahlung der Vergütung für die häusliche Pflege eines Sozialhilfeberechtigten nach § 93 Abs. 7 BSHG (vgl. BSG, Beschluss v. 1.8.2002, a.a.O.) geht es hier im Kern um den Anwendungsbereich des § 82 Abs. 3 SGB XI in Abgrenzung zu § 82 Abs. 4 SGB XI. Nur diese beiden Vorschriften stellen die hier maßgebliche Anspruchsgrundlage dar, so dass eine „Angelegenheit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch“ gegeben ist.
Die Kostenentscheidung ist in entsprechender Anwendung des § 17b Abs. 2 GVG der Schlussentscheidung vorzubehalten.
Die Zulassung der weiteren Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kommt nicht in Betracht, da Zulassungsgründe im Sinne des § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht vorliegen.
Die Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr, da sie durch die o.g. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nach der Auffassung des Senats bereits geklärt ist und der Senat von diesen Entscheidungen auch nicht abweicht.
Der Beschluss ist mithin gemäß § 152 Abs. 1 VwGO nicht anfechtbar.