Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.06.2013, Az.: 6 LD 1/13

Vorliegen des Disziplinarmaßes im Fall der Ausübung einer zunächst genehmigten Nebentätigkeit als Musiker während Zeiten einer Erkrankung und über den genehmigten Umfang hinaus; Versagung des Unterhaltsbeitrags wegen Unwürdigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.06.2013
Aktenzeichen
6 LD 1/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 40354
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0611.6LD1.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 12.12.2012 - AZ: 9 A 1/12

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zum Disziplinarmaß im Falle der Ausübung einer zunächst genehmigten Nebentätigkeit als Musiker während Zeiten einer Erkrankung und über den genehmigten Umfang hinaus sowie nach dem Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung.

  2. 2.

    Versagung des Unterhaltsbeitrags wegen Unwürdigkeit.

Tatbestand

Der Beklagte wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Der ... geborene Beklagte wurde im August 1986 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeihauptwachtmeisteranwärter im Bundesgrenzschutz ernannt. Im September 1989 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister im Bundesgrenzschutz z. A. und im Januar 1991 zum Polizeihauptwachtmeister im Bundesgrenzschutz ernannt. Im September 1995 erfolgte seine Beförderung zum Polizeiobermeister im Bundesgrenzschutz und im Jahr 1996 seine Verbeamtung auf Lebenszeit. Nach erfolgtem Laufbahnwechsel aus gesundheitlichen Gründen wurde der Beklagte im Jahr 2006 zum Regierungssekretär und im Jahr 2007 zum Regierungsobersekretär (A 7) ernannt.

Nach der Laufbahnausbildung versah der Beklagte seinen Dienst u. a. in verschiedenen Bundesgrenzschutzabteilungen und Grenzschutzämtern - u. a. in C. -; außerdem war er im Wege zweier Abordnungen insgesamt über 4 Jahre lang im Stab des damaligen Grenzschutzpräsidiums Mitte in D. tätig. Nachdem er im Jahr 2006 zur Unterweisung in die Aufgaben der Laufbahn des mittleren nichttechnischen Dienstes in der allgemeinen und inneren Verwaltung des Bundes für ein halbes Jahr an das Bundesverwaltungsamt in E. abgeordnet worden war, erfolgte nach dem Laufbahnwechsel mit Wirkung zum 1. Juli 2006 seine Versetzung zur Bundespolizeiabteilung in F.; dort wurde ihm der Dienstposten eines Bürosachbearbeiters im Sachgebiet "Haushalt/Personalkosten" übertragen. Innerhalb der Bundespolizeiabteilung F. war er zuletzt im Bereich "zentrale Dienste" als Bürosachbearbeiter eingesetzt. Seit dem 8. August 2011 ist der Beklagte durchgehend dienstunfähig erkrankt.

Die letzte Regelbeurteilung des Beklagten zum Stichtag 1. Oktober 2010 (Beurteilungszeitraum: 1. Oktober 2008 bist 30. September 2010) wies auf der neun Punkte umfassenden Beurteilungsskale die Gesamtnote 5 ("entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht") aus.

Der Beklagte, der im Jahr 1992 geheiratet hatte, ist seit September 2000 geschieden. Aus seiner Ehe gingen zwei Töchter - geboren in den Jahren 1994 und 1997 - hervor.

Disziplinarrechtlich ist der Beklagte bis zu den hier in Rede stehenden Vorwürfen einmal in Erscheinung getreten. Mit Disziplinarverfügung vom 7. Mai 2010 ist gegen ihn wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst (Zeitraum 15. bis 17. Februar 2010) ein Verweis ausgesprochen worden.

Der Beklagte hatte erstmals auf entsprechenden Antrag hin im Jahr 1987 eine Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als Organist bei der "G." Tanz- und Showband für 6 Stunden wöchentlich erhalten. Mit Bescheid vom 13. März 2002 wurde dem Beklagten - befristet bis zum 1. März 2007 - die Ausübung einer Nebentätigkeit als Musiker für 7 Stunden pro Woche rückwirkend ab dem 22. Mai 2001 erteilt. Mit Bescheid vom 30. Januar 2007 erfolgte sodann die erneute - bis zum 1. März 2012 befristete - Nebentätigkeitsgenehmigung, welche u. a. mit den Auflagen versehen war, dass die Tätigkeit wöchentlich 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (derzeit 8,2 Stunden) nicht überschreiten und dass die Nebentätigkeit grundsätzlich nicht während des Erholungsurlaubs oder einer Erkrankung ausgeübt werden dürfe.

Mit Bescheid vom 29. August 2011 widerrief die Klägerin die Nebentätigkeitsgenehmigung des Beklagten zum 1. Oktober 2011 mit der Begründung, der Beklagte habe seine Tätigkeit als Musiker an 4 Terminen im Jahr 2009 trotz einer in dem entsprechenden Zeitraum bestehenden Erkrankung ausgeübt. Unter dem 10. Oktober 2011 ordnete die Klägerin die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheides an, weil der Beklagte trotz einer seit dem 8. August 2011 bestehenden Erkrankung seiner Nebentätigkeit weiterhin nachgehe. Gegen den Widerrufsbescheid hatte der Beklagte bereits unter dem 26. September 2011 Widerspruch eingelegt; am 21. Oktober 2011 beantragte er im Wege des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Diesen Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht Göttingen mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 (3 B 243/11) ab; die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Februar 2012 (5 ME 1/12) zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2012 wies die Klägerin den Widerspruch des Beklagten gegen den Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung zurück; diesen Bescheid hat der Beklagte mit Rechtsmitteln nicht angegriffen.

Bereits am 26. April 2011 hatte die Klägerin gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, dass der Beklagte zumindest an 4 Terminen seine Nebentätigkeit während einer bestehenden Dienstunfähigkeit ausgeübt habe. Das Disziplinarverfahren wurde sodann mit Verfügungen vom 19. August 2011 und vom 31. Oktober 2011 um weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit der Nebentätigkeitsausübung erweitert. Mit Bescheid vom 24. April 2012 hat die Klägerin den Beklagten unter Einbehalt von 25 % seiner Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben; auch dieser Bescheid ist mangels Rechtsmitteleinlegung bestandskräftig geworden.

Am 7. Juni 2012 hat die Klägerin gegen den Beklagten Disziplinarklage erhoben. Sie hat ihm - erstens - vorgeworfen, im Zeitraum vom 11. September 2009 bis zum 30. Januar 2011 in insgesamt 20 Fällen trotz attestierter Dienstunfähigkeit seiner genehmigten Nebentätigkeit als Musiker in der Öffentlichkeit nachgegangen zu sein; die entsprechenden Auftritte hätten

  • im Jahr 2009 am 11. bis 13. September, am 18., 24. und 30. Oktober, am 8., 14., 27. und 28. November sowie am 19. Dezember,

  • im Jahr 2010 am 30. und 31. Januar, am 6. und 15. Februar, am 7. und 20. März sowie am 18. Dezember sowie

  • im Jahr 2011 am 29. und 30. Januar

stattgefunden. Zweitens habe der Beklagte in 24 Fällen den zulässigen Umfang der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung überschritten, indem er seine Nebentätigkeit länger als 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (8,2 Stunden) - z. T. auch während Zeiten attestierter Dienstunfähigkeit - ausgeübt habe; im Einzelnen schlüssele sich der Vorwurf wie folgt auf:

  • - im Jahr 2009:

    Mo., 9. März und Do., 12. März 10 Std.

    Mo., 16. März und Do., 19.März 10 Std.

    Fr., 4. Sept. bis So., 6. Sept. 25 Std.

    Fr., 11. Sept. bis So., 13. Sept. 15 Std.

    Fr., 18. Sept. und Sa., 19. Sept. 16 Std.

    Fr., 25. Sept. und Sa., 26. Sept. 16 Std.

    Fr., 2. Okt. und Sa., 3. Okt. 16 Std.

    Fr., 30. Okt. und Sa., 31. Okt. 11 Std.

  • - im Jahr 2010:

    Sa., 30. Jan. und So., 31. Jan. 12 Std.

    Mo., 15. Febr. und Di., 16. Feb. 10 Std.

    Do., 13. Mai und Fr., 14. Mai 11 Std.

    Fr., 10. Sept. bis So., 12. Sept. 16 Std.

    Fr., 17. Sept. und Sa., 18. Sept. 11 Std.

    Fr., 1. Okt. und Sa., 2. Okt. 11 Std.

    Fr., 8. Okt. und Sa., 9. Okt. 11 Std.

    Fr., 29. Okt. und Sa., 30. Okt. 11 Std.

  • - im Jahr 2011:

    Sa., 29. Jan. und So., 30. Jan. 12 Std.

    Sa., 5. März bis Di., 8. März 16,5 Std.

    Sa., 6. Aug. und So., 7. Aug. 10 Std.

    Fr., 16. Sept. und Sa., 17. Sept. 11 Std.

    Fr., 23. Sept. und Sa., 24. Sept. 11 Std.

    Do., 29. Sept. und Fr., 30. Sept. 11 Std.

    Fr., 7. Okt. und Sa., 8. Okt. 11 Std.

    Fr., 21. Okt. und Sa., 22. Okt. 11 Std..

Und drittens sei der Beklagte auch nach dem - mit Bescheid vom 29. August 2011 erfolgten - Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung beharrlich der nunmehr nicht mehr genehmigten Nebentätigkeit nachgegangen, obwohl er nach wie vor dienstunfähig erkrankt sei. So habe er im Jahr 2012 etwa am 3. Februar, am 2., 9., 16., 23., 30. und 31. März gespielt. Auch nach Erhebung der Disziplinarklage sei der Beklagte seiner Tätigkeit als Musiker weiter nachgegangen, etwa am 29. September, am 2., 6., 7. und 20. Oktober sowie am 4. und 23. November 2012; am 14. Dezember 2012 sei ein weiterer Auftritt geplant. Der dem Beklagten vorgeworfene Sachverhalt sei von diesem nicht bestritten worden; davon abgesehen liege es in der Natur der Sache, dass es für öffentliche Auftritte Zeugen gebe. Es sei somit als erwiesen anzusehen, dass der Beklagte schuldhaft seine Dienstpflichten - seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes aus § 61 Abs. 1 Satz 3 des Bundesbeamtengesetzes (BBG), die Folgepflicht aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG und die aus § 99 Abs. 1 BBG resultierende Pflicht, eine Nebentätigkeit nicht ohne Genehmigung durchzuführen - verletzt habe und weiterhin verletze. Das vorliegende Dienstvergehen wiege so schwer, dass nur auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, seine dauernde Dienstunfähigkeit sei von der Klägerin zu vertreten, weil er sich im Rahmen seiner Dienstausübung eines systematischen Mobbings durch seine Dienstvorgesetzten ausgesetzt gesehen habe. Die Klägerin habe es zudem dienstrechtswidrig unterlassen, ihn wegen bestehender dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen. Außerdem stelle die Ausübung seiner musikalischen Nebentätigkeit für ihn eine therapeutische Maßnahme zur positiven Gestaltung des Heilungsverlaufs seiner Erkrankung dar. Aus diesen Gründen habe die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass er seine Nebentätigkeit - ungeachtet des Umstandes der bestehenden Dienstunfähigkeit - einstelle.

Mit Urteil vom 12. Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn deshalb aus dem Beamtenverhältnis entfernt. In der Begründung heißt es, die Kammer sei aufgrund der in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen enthaltenen Beweismittel sowie der Einlassung des Beklagten überzeugt, dass diesem das in der Disziplinarklageschrift bezeichnete Verhalten zur Last zu legen sei. Der Beklagte sei in voller Kenntnis, dass sein Verhalten dem Nebentätigkeitsrecht nicht entspreche, tätig gewesen. Er habe somit vorsätzlich gehandelt und schuldhaft seine Dienstpflichten aus §§ 61 Abs. 1 und 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verletzt.

Sein Dienstvergehen sei als besonders schwerwiegend einzustufen. Der Beklagte habe aus Frustration über seinen beruflichen Werdegang bei der Polizei seine Arbeitskraft zunehmend darauf verwandt, sich unter Missachtung seiner Dienstpflichten außerhalb des Dienstes eine anderweitige Existenz aufzubauen. Er sei seiner Nebentätigkeit sogar während Erkrankungszeiten und während des gesamten Widerrufsverfahrens nachgegangen. Selbst der negative Ausgang des Eilverfahrens durch Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2012 (5 ME 1/12), das auf alle vom Beklagten vorgebrachten Argumente eingegangen sei, habe ihn nicht zur Einsicht gebracht. Gegen den Widerspruchsbescheid habe er keinen Rechtsbehelf eingelegt, sich aber den Folgen des bestandskräftig gewordenen Bescheides nicht gestellt. Vielmehr habe er das Recht in die eigene Hand genommen und auf Veranstaltungen weiter Musik gemacht, obwohl er von Bediensteten der Klägerin dort persönlich auf seinen Verstoß gegen die Nebentätigkeitsauflagen hingewiesen worden sei. Nach alledem habe der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren.

Schuldausschließungsgründe, Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit oder Milderungsgründe seien nicht erkennbar. Soweit sich der Beklagte mit seinen Mobbingvorwürfen bei seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten missverstanden gefühlt habe, rechtfertige dies nicht den permanenten vorsätzlichen Verstoß gegen beamtenrechtliche Pflichten. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass er ohne das fürsorgewidrige Verhalten der Klägerin nicht erneut erkrankt wäre, denn die Ursache für seine Dienstunfähigkeit spiele für die Verletzung der Dienstpflichten keine Rolle. Dass sein Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit noch nicht beschieden worden sei, führe ebenfalls nicht zu einem Milderungsgrund, weil sich der Beklagte bis zum Abschluss dieses Verfahrens im aktiven Dienst befinde und sich an die beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsvorschriften halten müsse. Schließlich dringe er auch mit seiner Argumentation nicht durch, in einer Art Zwangslage gewesen zu sein und seine Nebentätigkeit des Musizierens als therapeutische Maßnahme zur Gesunderhaltung habe durchführen müssen; insoweit werde auf die Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 2. Februar 2012 (5 ME 1/12) Bezug genommen.

Mit seiner am 21. Januar 2013 - einem Montag - eingelegten Berufung wiederholt und vertieft der Beklagte seine bereits erstinstanzlich vorgetragene Argumentation. Weil die Klägerin durch Mobbing-Attacken seine Dienstunfähigkeit verursacht habe, könne sie ihm sein Verhalten nicht vorwerfen, zumal das Musizieren für ihn - neben dem Umstand, dass es auch der materiellen Sicherung diene - eine therapeutische Maßnahme darstelle und er zudem bisweilen auch auf Feierlichkeiten des Dienstherrn musiziert habe. Außerdem hätte bereits im Jahr 2009 Veranlassung bestanden, ihn wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen. Wäre dies erfolgt, so wäre es auch zu den weiteren Dienstpflichtverstößen nicht gekommen. Nunmehr liege das von der Klägerin im Zurruhesetzungsverfahren eingeholte fachpsychiatrische Gutachten des H. vom 4. Mai/19. Dezember 2012 zur Frage der Dienstfähigkeit vor. Durch das Gutachten werde eindeutig belegt, dass seine Dienstunfähigkeit bereits vor den fraglichen Dienstverfehlungen vorgelegen habe. Außerdem ergebe sich daraus, dass Auslöser für seine Erkrankung gerade die vom Dienstherrn zu vertretenden Missstände auf der Dienststelle gewesen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der in § 64 Abs. 1 Satz 2 des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) festgeschriebenen Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt und begründet worden. Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist das Urteil am 19. Dezember 2012 zugestellt worden, so dass die Monatsfrist des § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG gemäß § 3 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sowie § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 20. Dezember 2012 zu laufen begann und an sich gemäß § 3 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 VwVfG, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 19. Januar 2013 geendet hätte. Da dieser Tag jedoch auf einen Samstag fiel, endete die Frist gemäß § 3 BDG in Verbindung mit § 31 Abs. 3 VwVfG mit Ablauf des nächsten Werktages, also des 21. Januar 2013 (Montag). Dementsprechend ist der an diesem Tag per Telefax übersandte Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz des Beklagten rechtzeitig eingegangen.

II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte ein Dienstvergehen begangen hat (dazu unter 1.), welches die Zuerkennung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - erfordert (dazu unter 2.).

1. Der Beklagte hat ein Dienstvergehen begangen, also schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

a) Der Senat legt seiner berufungsgerichtlichen Überprüfung den vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Disziplinarklageschrift festgestellten Sachverhalt (Urteilsabdruck - UA -, S. 7) zugrunde.

Danach hat der Beklagte im Zeitraum vom 11. September 2009 bis zum 30. Januar 2011 in 20 Fällen seine genehmigte Tätigkeit als Musiker in der Öffentlichkeit ausgeübt, obwohl er in diesem Zeitraum dienstunfähig erkrankt und seine Nebentätigkeitsgenehmigung vom 30. Januar 2007 mit der Auflage versehen worden war, dass die Nebentätigkeit nicht während einer Erkrankung ausgeübt werden dürfe. Dass der Beklagte an den in der Disziplinarklageschrift im einzelnen benannten 20 Terminen öffentlich aufgetreten ist, ergibt sich aus der entsprechenden Terminaufstellung der Frau I. vom 15. Juli 2011 (Bl. 21-24/Beiakte - BA - B), deren Künstler- und Veranstaltungsagentur den Beklagten seinerzeit vertreten hatte. Ausweislich entsprechender Krankmeldungen bzw. ärztlicher Atteste war der Beklagte im maßgeblichen Zeitraum auch dienstunfähig erkrankt (vgl. Bl. 94-121/BA A, Unterordner - UO - E). Zudem hat der Beklagte im Rahmen des behördlichen Disziplinarverfahrens ausdrücklich eingeräumt, an allen von der Klägerin bezeichneten Terminen seiner Nebentätigkeit nachgegangen zu sein (Bl. 85/BA B), und auch im erstinstanzlichen Verfahren hat der Beklagte diesen Sachverhalt nicht in Abrede gestellt. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte ebenfalls bestätigt, an den bezeichneten Terminen öffentlich aufgetreten zu sein.

Darüber hinaus hat der Beklagte im Zeitraum vom 9. März 2009 bis zum 22. Oktober 2011 in 24 Fällen gegen den Umfang der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung verstoßen, indem er mehr als 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit - d. h. in seinem Fall mehr als 8,2 Stunden pro Woche - für seine Nebentätigkeit aufwandte; dabei war er zudem jedenfalls in 5 Fällen dienstunfähig erkrankt. Auch dieser Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus den in den Beiakten befindlichen ärztlichen Bescheinigungen (Bl. 132ff./BA A, UO E), der Aufstellung der Frau I. vom 15. Juli 2011 (Bl. 21-26/BA B), die auch den zeitlichen Umfang der öffentlichen Auftritte des Beklagten angegeben hat, sowie ergänzend aus den schriftlichen Auskünften der J. Touristik GmbH & Co. KG vom 7. September 2011 (Bl. 78/BA B) und des K. Hotel L. vom 9. September 2011 (Bl. 80/BA B). Der Beklagte hat diesen Sachverhalt mit seinen Einlassungen vom 14. Oktober 2011 (Bl. 85/BA B) und vom 1. Dezember 2011 (Bl. 109/BA B) größtenteils eingeräumt; in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat er dann erklärt, der gesamte Vorwurf treffe so zu.

Und schließlich ist der Beklagte auch nach dem mit Verfügung vom 29. August 2011 erfolgten Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung bis zur Erhebung der Disziplinarklage am 7. Juni 2012 weiterhin öffentlich aufgetreten. So fand beispielsweise am 21. und 22. Oktober 2011 ein Auftritt statt (vgl. die Aufstellung der Frau I., Bl. 26/BA B), obwohl die Klägerin bereits unter dem 10. Oktober 2011 die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheides angeordnet hatte. Auch vor Abschluss des - den Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung betreffenden - verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens (3 B 243/11, Beschluss vom 15. Dezember 2011) fanden öffentliche Auftritte des Beklagten statt, etwa am 29. Oktober 2011 (vgl. den Feststellungsbericht vom 29. Oktober 2011 [Bl. 100f./BA B] sowie die Einlassung des Beklagten vom 1. Dezember 2011 [Bl. 109/BA B]) sowie am 25. November 2011 (vgl. die Zeugenvernehmung des Polizeivollzugsbeamten M., Bl. 111f./BA B). Ferner ist der Beklagte am 3. Februar 2012 öffentlich aufgetreten (vgl. Sachstandsbericht vom 6. Februar 2012, Bl. 19f./BA C) und damit zu einem Zeitpunkt, als das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Beklagten gegen den verwaltungsgerichtlichen Eilbeschluss bereits unanfechtbar zurückgewiesen hatte; der Beschluss des Senats vom 2. Februar 2012 (5 ME 1/12) war dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 3. Februar 2012 um 10.01 Uhr vorab per Fax übersandt worden (Bl. 107/BA F). Weitere öffentliche Auftritte des Beklagten nach Zugang der Beschwerdeentscheidung des Senats folgten etwa am 2., 9., 16., 23. und 30. März 2012 (Ermittlungsbericht, Bl. 78f./BA B). Mit seinen weiteren Auftritten etwa am 29. April 2012 sowie am 3. Mai 2012 (vgl. BA E) hat der Beklagte zudem zu einem Zeitpunkt öffentlich musiziert, als der Widerruf seiner Nebentätigkeitsgenehmigung bereits bestandskräftig war (Bestandskraft war am 23. April 2012 eingetreten, vgl. Bl. 106/BA D). Auch diese Vorwürfe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat eingeräumt.

b) Der Beklagte hat durch die Ausübung der (genehmigten) Nebentätigkeit während Zeiten der Erkrankung sowie über den genehmigten Umfang hinaus gegen Auflagen des Nebentätigkeitsrechts (vgl. § 99 Abs. 4 Satz 2 BBG/ § 65 Abs. 2 BBG a. F.) verstoßen und damit seine Pflicht, sich an die geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen zu halten, verletzt, ebenso seine Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BBG/ § 54 Satz 1 BBG a. F.). Die Ausübung der Nebentätigkeit während Zeiten der Erkrankung stellt zugleich eine Verletzung der in § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG (§ 54 Satz 3 BBG a. F.) normierten Pflicht dar, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.6.1999 - BVerwG 1 D 49.97 -, [...] Rn. 51).

Durch die Ausübung der Nebentätigkeit, nachdem die Klägerin den Widerrufsbescheid vom 29. August 2011 unter dem 10. Oktober 2011 mit Sofortvollzugsanordnung versehen hatte, sowie während und nach Abschluss des verwaltungs- und oberverwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens, jedenfalls aber durch Ausübung der Nebentätigkeit nach bestandskräftigem Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung hat der Beklagte seine Nebentätigkeit ohne entsprechende Genehmigung ausgeübt und damit gegen § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG (§ 65 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F.) verstoßen; hinzu kommt auch insoweit ein Verstoß gegen § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG (§ 54 Satz 3 BBG a. F.) wegen des Ausübens der Nebentätigkeit trotz bestehender Dienstunfähigkeit.

c) Der Beklagte hat hinsichtlich aller Anschuldigungspunkte vorsätzlich gehandelt. Ihm war bekannt, dass seine Nebentätigkeitsgenehmigung vom 30. Januar 2007 mit entsprechenden Auflagen versehen war; ebenso war ihm die Genehmigungsbedürftigkeit seiner entgeltlichen Tätigkeit als Musiker bekannt. Nach alledem hat der Beklagte vorsätzlich ein innerdienstliches Dienstvergehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.2.1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, [...] Rn. 58; Urteil vom 1.6.1999 - BVerwG 1 D 49.97 -, [...] Rn. 52; BVerwG, Urteil vom 6.6.2007 - BVerwG 1 D 8.06 -, [...] Rn. 23; Beschluss vom 20.11.2008 - BVerwG 2 B 30.08 -, [...] Rn. 4) begangen.

2. Das durch mehrere einzelne Pflichtverletzungen gekennzeichnete einheitliche Dienstvergehen des Beklagten wiegt so schwer, dass das Verwaltungsgericht zur Recht auf die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis (vgl. § 10 BDG) erkannt hat.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) und des Umfangs, in dem der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beschädigt hat (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG). Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese drei Bemessungskriterien - Schwere des Dienstvergehens, Persönlichkeitsbild, Vertrauensbeeinträchtigung - mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, [...] Rn. 22).

Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte, z. B. materieller Schaden (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005, a. a. O., Rn. 24; Urteil vom 11.1.2007 - BVerwG 1 D 16.05 -, [...] Rn. 55; Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, [...] Rn. 13; Urteil vom 7.2.2008 - BVerwG 1 D 4.07 -, [...] Rn. 14).

Die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) bedeutet, dass es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen ankommt, insbesondere soweit es mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005, a. a. O., Rn. 25; Urteil vom 3.5.2007, a. a. O., Rn. 14). Ein Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch die tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007, a. a. O., Rn. 14).

Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und auf dessen konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007, a. a. O., Rn. 15). Ob und ggf. inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, d. h. es ist die Frage zu stellen, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Ebenso ist zu fragen, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (BVerwG, Urteil vom 25.10.2010, a. a. O., Rn. 26).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nicht zu beanstanden. Das schuldhaft begangene Dienstvergehen wiegt unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beklagten so schwer, dass dieser das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in eine zukünftige pflichtgemäße Amtsausübung endgültig verloren hat.

a) Der Beklagte hat ein Dienstvergehen von erheblichem Gewicht begangen.

aa) Bei der innerdienstlichen Verletzung des Verbots der Ausübung ungenehmigter (bzw. nicht genehmigungsfähiger) Nebentätigkeiten handelt es sich zwar nicht um die Verletzung einer Kernpflicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.6.2007 - BVerwG 1 D 8.06 -, [...] Rn. 23); gleichwohl lassen aber die objektiven Umstände der Tatbegehung das Dienstvergehen des Beklagten als sehr gravierend erscheinen.

(1) Insoweit sind zunächst die Dauer der musikalischen Betätigung und deren Umfang zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen. Der Beklagte hat vom 11. September 2009 bis zur Erhebung der Disziplinarklage im Juni 2012 - und damit über einen Zeitraum von fast 3 Jahren hinweg - gegen die für ihn maßgeblichen Nebentätigkeitsbestimmungen verstoßen. Darüber hinaus hat er die Nebentätigkeit mit großer Häufigkeit ausgeübt. Zu dem im zweiten Anschuldigungspunkt bezeichneten Vorwurf der Überschreitung des Umfangs seiner Nebentätigkeitsgenehmigung konnte es nur kommen, weil der Beklagte regelmäßig mehrmals wöchentlich, und dies nicht nur an den Wochenenden, öffentlich aufgetreten ist. Dabei wurde der genehmigte Tätigkeitsumfang von 8,2 Stunden pro Woche in insgesamt 7 Fällen mit 15, 16, 16,5 bzw. 25 Stunden) ganz erheblich überschritten. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Beklagte gewerbsmäßig - d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht - gehandelt hat. Er ist nach außen als "Bandleader" aufgetreten (vgl. Feststellungsberichte vom 7. Oktober 2011, Bl. 98f./BA B sowie vom 29. Oktober 2011, Bl. 100f./BA B), und auch auf der Internetplattform "N.", bei der die "O." seit dem 26. August 2010 angemeldet ist und auf der sie sich - mittels eines Fotos und unter Benennung ihres Repertoires - präsentiert, ist der Beklagte mit seinen Kontaktdaten als Ansprechpartner angegeben (vgl. www. P.). Wenn es dort heißt:

"Die G. Showband ist eine bundesweit gefragte Tanz-, Show- und Gala Band. Sie verfügt über ein Duo sowie ein Trio im Partybereich mit aktuellen Hits der Charts, Oldies, Rock, Pop und allen Stimmungskrachern (...). Zu dieser Besetzung gehört eine stimmgewaltige Sängerin, so dass Superhits wie 'Let's get loud', 'I will survive', 'Let's have a party' oder' Symply the best' zusätzlich den Stimmungspegel in die Höhe treiben werden.

Ein Auszug aus unseren Referenzen: Auftritte in den Hotels von Q., R., S. und T., (...),U. Tanztreffs, Landesgartenschau, (...), bundesweite Stadtfeste, Partyband bei den Veranstaltungen von J. -Touristik, (...), Ärzte- und Pressebälle u. v. m., Mitwirkung bei der TV-Produktion 'Schlager des Jahres 2009' in V., mit dabei: W. X., Y., Z., die AA., AB., AC., AD., AE.",

so wird damit - dem Beklagten zurechenbar - um öffentliche Auftritte geworben. Hieraus wird deutlich, dass der Beklagte darum bemüht war und ist, sich außerdienstlich ein zweites berufliches Standbein aufzubauen.

(2) In objektiver Hinsicht ebenfalls erschwerend wirkt, dass die Nebentätigkeit größtenteils während Zeiten ausgeübt worden ist, in denen der Beklagte dienstunfähig erkrankt war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit aber einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht, ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 1.6.1999, a. a. O., Rn. 58; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - BVerwG 1 D 16.05 -, [...] Rn. 59; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 20.11.1998 - 10 A 10013/98 -, [...] Rn. 2; OVG NRW, Beschluss vom 11.10.2010 - 6 B 1057/10 -, [...] Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 1.2.2012 - 5 ME 1/12 -). Gerade durch die Alimentierung auch während der Dienstunfähigkeit wird sichergestellt, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.6.1999, a. a. O., Rn. 58; vgl. auch Urteil vom 12.2.1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, [...] Rn. 38 und vom 14.11.2001 - BVerwG 1 D 60.00 -, [...] Rn. 27). Wer in Zeiten der Dienstunfähigkeit ohne zwingende Notwendigkeit aus Eigennutz einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist, dass er also seine Dienstbezüge erhält, ohne zugleich seine wiederhergestellte Arbeitskraft seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen (BVerwG, Urteil vom 1.6.1999, a. a. O., Rn. 58; vgl. auch OVG Rh.-Pf., a. a. O., Rn. 2).

(3) Die Betätigung als Musiker über den Umfang von 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit hinaus sowie während Zeiten der Erkrankung war auch materiell rechtswidrig. Die Ausübung einer Nebentätigkeit, welche 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet, stellt unter dem Gesichtspunkt der Annahme eines Zweitberufs regelmäßig einen Versagungsgrund für die Genehmigungserteilung dar (§ 99 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 BBG bzw. § 65 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 BBG a. F.). Hinsichtlich der Ausübung einer Nebentätigkeit während Zeiten der Erkrankung gilt, dass diese aus den o. g. Gründen dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann, so dass der Versagungsgrund des § 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BBG (§ 65 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BBG a. F.) eingreift (vgl. auch die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 2. Februar 2012 - 5 ME 1/12 -, BA, S. 7ff.). Insofern stellen die Auflagen in der Nebentätigkeitsgenehmigung des Beklagten vom 30. Januar 2007 nur das sicher, was ohnehin von Gesetzes wegen galt und gilt.

bb) Auch in subjektiver Hinsicht wiegt das Dienstvergehen schwer.

(1) Insoweit ist zunächst zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen, dass dieser mit direktem Vorsatz gehandelt hat. Ihm war bewusst, dass er mit seiner musikalischen Tätigkeit gegen die Auflagen seiner Nebentätigkeitsgenehmigung verstieß, und ihm war bekannt, dass er nach Bestandskraft des Widerrufsbescheides seiner gewerblichen Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung nachgegangen ist.

(2) Der Senat erblickt zudem in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht (UA, S. 10) einen weiteren belastenden Umstand darin, dass der Beklagte sein Verhalten auch nach Abschluss des - den Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung betreffenden - gerichtlichen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht in Frage gestellt hat. Obwohl er mit seiner Rechtsauffassung in zwei Instanzen nicht durchgedrungen ist, hat er sich unter bewusster Missachtung der verwaltungs- und oberverwaltungsgerichtlichen Eilentscheidungen nicht an den sofort vollziehbaren Widerruf der Nebentätigkeit gehalten, sondern ist seiner musikalischen Betätigung auch weiterhin nachgegangen. Es blieb dem Beklagten zwar unbenommen, an seiner abweichenden Rechtsauffassung festzuhalten; der gebotene Weg hierzu wäre jedoch das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren gewesen. Ein solches hat der Beklagte aber gerade nicht angestrengt, sondern - nach Erhalt des Widerspruchsbescheides der Klägerin vom 21. März 2012 - den Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung bestandskräftig werden lassen, und seine Nebentätigkeit als ungenehmigte Nebentätigkeit fortgesetzt. Ein Verwaltungsbeamter, der rechtskräftige gerichtliche und bestandskräftige behördliche Entscheidungen in einer beamtenrechtlichen Frage derart beharrlich ignoriert, zeigt eine Uneinsichtigkeit, die seine Dienstpflichtverletzung als besonders gravierend erscheinen lässt. Als weiterer Erschwernisgrund tritt hinzu, das sich der Beklagte weder durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens (vgl. Einleitungsverfügung vom 26. April 2011, Bl. 5/BA A) und dessen Ausdehnung (vgl. Ausdehnungsverfügung vom 19. August 2011 [Bl. 70f./BA A] sowie vom 31. Oktober 2011 [Bl. 102ff./BA A]) noch von der vorläufigen Dienstenthebung unter Einbehalt von 25 % seiner Dienstbezüge (vgl. Verfügung vom 24. April 2012, Bl. 85/BA C) von der Ausübung seiner Nebentätigkeit hat abhalten lassen. Mit seinem Verhalten hat der Beklagte deutlich gemacht, kein Interesse mehr an seinem Amt zu haben. Er hat seine Arbeitskraft vielmehr darauf verwandt, sich unter Hintansetzung seiner Dienstpflichten eine andere Existenz aufzubauen. Im Übrigen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat zum Ausdruck gebracht, seiner musikalischen Betätigung auch derzeit weiterhin nachzugehen.

(3) Zu den Beweggründen seines Verhaltens hat der Beklagte stets dreierlei vorgetragen, nämlich - erstens -, dass ihm die Ausübung seiner Nebentätigkeit trotz bestehender Dienstunfähigkeit von der Klägerin nicht vorgehalten werden dürfe, weil sie selbst es sei, die durch Mobbing-Attacken seine dauernde Dienstunfähigkeit verursacht habe, und weil - zweitens - das Musizieren für ihn eine therapeutische Maßnahme darstelle; schließlich sei - drittens - zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er bereits im Jahr 2009 wegen dauernder Dienstunfähigkeit hätte in den Ruhestand versetzt werden müssen. Mit diesem Vorbringen hat sich schon das Verwaltungsgericht umfassend auseinandergesetzt (UA, S. 11f.). Ebenso wie dieses ist auch der Senat der Auffassung, dass sich hieraus den Beklagten entlastende Gesichtspunkte nicht ergeben.

(a) Was die Argumentation des Beklagten betrifft, die Klägerin habe durch Mobbing-Attacken seine dauernde Dienstunfähigkeit herbeigeführt und könne daher aus der Ausübung seiner Nebentätigkeit während Zeiten der Erkrankung keinen disziplinarischen Vorwurf ableiten, so greift diese aus mehreren Gründen nicht durch.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Klägerin mit den Mobbingvorwürfen des Beklagten sehr wohl auseinandergesetzt hat, jedoch nach der Durchführung von entsprechenden Verwaltungsermittlungen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beklagte nicht gemobbt worden sei (vgl. das Ergebnisprotokoll des Personalgesprächs mit dem Beklagten am 30. September 2010, Bl. 152/BA A, UO A); der Beklagte selbst hat in dem Personalgespräch vom 30. September 2010 angegeben, aktuell nicht gemobbt zu werden (Bl. 153/BA A, UO E). Wenn der Beklagte mit diesen Ermittlungsergebnissen nicht einverstanden gewesen ist, hätte er auf dem Dienstwege bzw. notfalls gerichtlich weitere Schritte zur Klärung der von ihm als belastend empfundenen Situation ergreifen müssen. Das Gleiche gilt hinsichtlich des vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hervorgehobenen Vorwurfs, die Klägerin habe ihm in der Dienststelle in F. jegliche Tätigkeitsmöglichkeit genommen, ihn noch nicht einmal ein Büro zur Verfügung gestellt und ihm die Erfüllung unterwertiger Aufgaben (Shreddern von Akten) angetragen. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30.6.2011 - BVerwG 2 C 19.10 -, [...] Rn. 27). Diesen Anspruch hätte der Beklagte seinem Dienstherrn gegenüber geltend machen und notfalls einklagen müssen. Dass er all dies nicht getan hat, sich aber nach wie vor auf "Mobbing-Attacken" der Klägerin beruft, zeigt seine fehlende Bereitschaft, die eigene Position kritisch zu hinterfragen und die Interessen des Dienstherrn in den Blick zu nehmen.

Hinzu kommt, dass sich die Behauptung des Beklagten - die Klägerin habe durch "Mobbing-Attacken" seine dauerhafte Dienstunfähigkeit herbeigeführt; Auslöser für die Erkrankung des Beklagten seien gerade vom Dienstherrn zu vertretende Missstände auf der Dienststelle gewesen - dem vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten fachpsychiatrischen Gutachten gerade nicht entnehmen lässt. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie H. hat hierin festgestellt, dass der Beklagte an einer somatoformen Störung (ICD 10 F45.0), einer abhängigen Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F60.7), einer histrionischen Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F60.4) sowie einer Angst- und depressiven Störung gemischt (ICD 10 F41.2) leide (Bl. 14/Gutachtens), und dass die Somatisierungsstörung, die histrionische Persönlichkeits- und die abhängige Persönlichkeitsstörung bleibenden Charakter und deshalb seine dauerhafte Dienstunfähigkeit zur Folge hätten (Gutachten, S. 23f.). Der Gutachter hat indes an keiner Stelle seines Gutachtens dargelegt, dass die vom Beklagten als "Mobbing-Attacken" beschriebenen Sachverhalte allein seine Erkrankung ausgelöst hätten. Im Gutachten wird vielmehr ausführlich erläutert, dass eine Reihe von inneren und äußeren Faktoren zur Entstehung des Krankheitsbildes beigetragen habe. Als entscheidend für die ausgeprägte psychische und körperliche Symptomatik im Sinne der Somatisierungsstörung sei gewiss die berufliche Situation der Versetzung nach AF. und dem täglichen Hin- und Herfahren und damit auch dem Ende seiner Ehe zu werten (Gutachten, S. 17), hinzu seien die Stresssituationen mit seinem Arbeitgeber (Gutachten, S. 16) sowie eine individuelle Disposition und Vulnerabilität des Beklagten (Gutachten, S. 17) gekommen; die histrionische Persönlichkeitsstörung habe sich erstmals in den 90er Jahren manifestiert (Gutachten, S. 17) und sei auch durch die Konflikte am Arbeitsplatz aktualisiert worden (Gutachten, S. 19); massive aggressive Impulse gegenüber Vater wie Mutter in der Kindheit seien stark gehemmt, eine auslösende Situation (Überforderung durch tägliches Fahren von AG. nach AF. und zurück) habe den Konflikt reaktiviert (Gutachten, S. 22).

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen (UA, S. 11f.), dass es auf die Ursachen für die (dauernde) Dienstunfähigkeit des Beklagten nicht ankomme, weil er sich - solange er sich im aktiven Beamtenverhältnis befinde - an die für dieses geltenden Nebentätigkeitsbestimmungen halten müsse.

(b) Der Senat tritt ferner auch der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, in einer Art Zwangslage (gewesen) zu sein und seine Nebentätigkeit des Musizierens als therapeutische Maßnahme zur Gesunderhaltung durchführen zu müssen (UA, S. 11). Bereits dem in diesem Zusammenhang vom Beklagten in Bezug genommenen Attest des Medizinaldirektors Dr. AH. vom 28. Dezember 2001 (B. 89/BA B) lässt sich eine solche Aussage nicht entnehmen. Denn wenn es dort heißt,

"Es besteht aus ärztlicher Sicht kein Zusammenhang zwischen den musikalischen Freizeitaktivitäten und der Auslösung der Herzsynkopen. Diese Einschätzung teilen alle 4 Kardiologen, die Herrn AI. im Rahmen der Diagnostik und Behandlung seines Herzleidens betreut haben. Es sind im Gegenteil eher positive Effekte von der Ausübung eines kreativen, Herz-Kreislauf anregenden Hobbys wie Musikantentätigkeit zu erwarten",

so ist damit gerade nicht von einer zwingenden therapeutischen Maßnahme die Rede. Außerdem geht Dr. AH. offenkundig von der Ausübung der musikalischen Nebentätigkeit im Umfang eines Hobbys aus, was hier aber aufgrund des erheblichen Umfanges gerade nicht mehr der Fall ist (s. o.).

Auch das vom Beklagten vorgelegte fachpsychiatrische Gutachten des H. führt zwar - im Rahmen der Benennung einiger Beispiele zur Illustration dessen, dass beim Beklagten eine erhöhte Verwundbarkeit vorgelegen habe, auf die er mit Krankheitssymptomen und Autonomieverlust und daraus folgend mit einer abhängigen Beziehungsgestaltung reagiert habe (Gutachten, S. 20) - aus, dass der Beklagte die so sehnlichst gewünschte Unterstützung nur innerhalb seiner Musikgruppe erleben könne und dass ihn nur die Musik einigermaßen habe stabilisieren können, weil er dort etwas gefunden habe, was er die ganze Zeit vermisst habe (Gutachten, S. 19). Davon, dass das Musizieren für den Beklagten eine zwingende therapeutische Maßnahme darstelle, ist jedoch auch dort keine Rede.

Im Übrigen gilt, dass - soweit die Betätigung als Musiker in einer Band für den Beklagten gesundheitsfördernde Wirkung hat - jedenfalls nicht ersichtlich ist, warum es nicht ausreichen sollte, wenn diese Betätigung im privaten Kreis und außerhalb öffentlicher Auftritte erfolgt. An dieser Auffassung, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 2. Februar 2012 (5 ME 1/12) vertreten hat, hält er auch weiterhin fest (ebenso etwa OVG NRW, Beschluss vom 11.10.2010 - 6 B 1057/10 -, [...] Rn. 16.)

(c) Auch die weitere Argumentation des Beklagten - aus dem fachpsychiatrischen Gutachten ergebe sich, dass für die Klägerin bereits seit dem Jahr 2009 Veranlassung bestanden hätte, ihn in den Ruhestand zu versetzen; wäre dies geschehen, dann hätten die streitgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen nicht stattgefunden - vermag einen ihn entlastenden Umstand nicht zu begründen.

Richtig ist zwar, dass die Nebentätigkeitsvorschrift des § 99 BBG nur aktive Beamte betrifft, während Ruhestandsbeamte lediglich den - weitaus weniger strikten - Bestimmungen des § 105 BBG unterworfen sind. Es trifft jedoch bereits nicht zu, dass das fachpsychiatrische Gutachten vom 4. Mai/19. Dezember 2012 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beklagten aufgrund seiner psychischen Erkrankung bereits im Jahr 2009 als gegeben angesehen hat. Der Gutachter ist vielmehr davon ausgegangen, dass aufgrund der beschriebenen psychodynamischen Entwicklung und der dadurch verursachten Hemmnisse in der Leistungs- und Anpassungsfähigkeit des Beklagten schon eine dauerhafte Dienstunfähigkeit "zum Zeitpunkt der Begutachtung vor einem Jahr" angenommen werden könne (Gutachten, S. 23). Da die erste Exploration am 29. Juli 2011 stattgefunden hatte und damit im Zeitpunkt der (ersten) Gutachtenabfassung (4. Mai 2012) etwa ein Jahr zurücklag, ist davon auszugehen, dass der Gutachter die dauernde Dienstunfähigkeit zum 29. Juli 2011 festgestellt hat. Schon angesichts dessen ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte meint, für die Klägerin habe bereits im Jahr 2009 Veranlassung bestanden, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Kläger seine Zurruhesetzung erst mit Schreiben vom 8. Juli 2010 (Bl. 147/BA A UO A) beantragt hat.

Letztlich kann jedoch im vorliegenden Zusammenhang die Frage nach dem exakten Zeitpunkt der dauerhaften Dienstunfähigkeit des Beklagten dahinstehen. Denn selbst wenn er davon ausgegangen sein sollte, bereits im Jahr 2009 die Voraussetzungen für eine vorzeitige Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu erfüllen, hätte er den Gang des entsprechenden Verfahrens abwarten und ggf. von den insoweit bestehenden prozessualen Mitteln zur Verfahrensbeschleunigung Gebrauch machen müssen, statt sich - gleichsam in Vorwegnahme einer etwaigen Zurruhesetzungsentscheidung des Dienstherrn - bereits eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Dass sich der Beklagte einerseits darauf beruft, wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden zu müssen, andererseits aber nicht gewillt ist, während des laufenden Zurruhesetzungsverfahrens auf die mit der musikalischen Betätigung verbundenen Verdienstmöglichkeiten zu verzichten, macht deutlich, dass er lediglich seine eigenen Interessen für maßgeblich hält und offenbart deshalb eine innere Lösung aus seiner beamtenrechtlichen Pflichtenstellung.

(d) Schließlich kann auch der Umstand, dass der Beklagte in der Vergangenheit bisweilen auf Feierlichkeiten des Dienstherrn musiziert hat, die hier erhobenen disziplinarischen Vorwürfe nicht relativieren. Denn ein Auftritt auf einer dienstlich veranlassten Feierlichkeit findet gerade nicht in der Öffentlichkeit, sondern während des Dienstes und unter ausdrücklicher Billigung des Dienstherrn statt; im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte diese Auftritte während Erkrankungszeiten absolviert hat.

(4) Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 20 StGB sind nicht ersichtlich.

Es lässt sich auch nicht feststellen, dass ein Fall erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB vorliegt. Die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass bei Begehung der Tat die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne des § 20 StGB, nämlich einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erheblich gemindert gewesen ist. Die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit im vorgenannten Sinne "erheblich" vermindert gewesen ist, ist eine Rechtsfrage, welche die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten (Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010 - 20 LD 7/08 -, [...] Rn. 49). Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne des § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflicht ab (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007, a. a. O., Rn. 33f.; Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010, a. a. O., Rn. 49).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht der Senat nicht davon aus, dass im Falle des Beklagten während der Dauer der Begehung des Dienstvergehens (11. September 2009 bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Disziplinarklage am 7. Juni 2012) eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB als zu berücksichtigender Milderungsgrund gegeben gewesen ist. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus dem vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten fachpsychiatrischen Gutachten des AJ., welches die Frage der Dienstunfähigkeit des Beklagten zum Gegenstand hat.

Das Gutachten ist zwar zu dem Schluss gelangt, dass der Beklagte aufgrund der bei ihm vorliegenden somatoformen Störung, der histrionischen sowie der abhängigen Persönlichkeitsstörung dauerhaft dienstunfähig ist; zur Frage der verminderten Schuldfähigkeit trifft es indes keine Aussage. Die gutachterlichen Ausführungen sind auch nicht geeignet, Zweifel an der vollen Schuldfähigkeit des Beklagten zu begründen, so dass die Einholung eines entsprechenden gerichtlichen Gutachtens veranlasst wäre.

Allein das Vorliegen einer psychischen Erkrankung reicht zur Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit nicht aus (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 12.3.2013 - 6 LD 4/11 -, [...] Rn. 57). Im Falle des Beklagten ist zudem zu berücksichtigen, dass er an einer Vielzahl körperlicher Symptome leidet, die letztlich psychisch bedingt sind bzw. verstärkt werden. Charakteristisch für die Somatisierungsstörung sind multiple, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Symptome, die mindestens zwei Jahre lang andauern und für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden werden kann (Gutachten, S. 15). Diese körperliche Symptomatik besteht beim Beklagten in erster Linie in einer Herzproblematik, die in zwei "Herzstillständen" gemündet ist und sich durch wiederholte Synkopen äußert (Gutachten, S. 16f.), aber auch in einer Somatisierungstendenz im Allgemeinen im Hinblick auf fast jeden Körperteil und jedes Körpersystem, etwa in körperlicher Schwäche, Antriebsmangel und vegetativen Symptomen wie Stolpern oder Hinfallen (Gutachten, S. 17f.).

Die besondere Beharrlichkeit, mit der der Beklagte über einen langen Zeitraum hinweg trotz entgegenstehender gerichtlicher und behördlicher Entscheidungen seinem eigenen Interesse am öffentlichen, entgeltlichen Musizieren mit seiner Band gegenüber den Interessen des Dienstherrn den Vorrang gibt und dies auch weiterhin tut, mag zwar neben seinem Interesse an "materieller Sicherung" (vgl. Berufungsbegründung vom 21. Januar 2013, S. 4) auch Ausdruck seiner histrionischen und abhängigen Persönlichkeitsstörung sein. So beschreibt der Gutachter etwa,

  • dass sich die Abhängigkeitswünsche des Beklagten voll auf seine Familie und seine Musikgruppe richteten (Gutachten, S. 16),

  • dass bei ihm eine deutliche Unausgeglichenheit in seinen Einstellungen, seinem Verhalten, den Funktionsbereichen Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmung und Denken sowie in den Beziehungen zu anderen feststellbar sei (Gutachten, S. 17),

  • dass er bei persönlichen und beruflichen Problemen organisch und depressiv kompensiert habe und ihm eigentlich nur die Musik im Nebenberuf geblieben sei, die ihn habe einigermaßen stabilisieren können und die ihm etwas gegeben habe, dass er die ganze Zeit vermisst habe (Gutachten, S. 19),

  • dass er die so sehnlichst gewünschte Unterstützung von irgendeinem Familienmitglied oder Freund - bis auf seine Musikgruppe - bis heute nicht habe erleben können (Gutachten, S. 19),

  • dass als Überlebensstrategie die Sichtweise wirke, eigene Vorstellungen von Gerechtigkeit durchsetzen zu müssen (Gutachten, S. 20),

  • dass er in einer masochistischen Weise seinem Vorgesetzten deutlich mache, dass er für seinen Zustand verantwortlich ist, weil er ihn in der Vergangenheit schon allzu oft gekränkt habe (Gutachten, S. 22),

  • und dass beim Beklagten ein narzisstischer Rückzug gerade auf die Ebene der kommunikativen Fähigkeiten bestehe (Gutachten, S. 23).

Dass der Beklagte indes für den gesamten Zeitraum des streitgegenständlichen Dienstvergehens (11. September 2009 bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 7. Juni 2012) aufgrund der bei ihm vorliegenden histrionischen und abhängigen Persönlichkeitsstörung in seiner Handlungs- und Steuerungsfähigkeit im Hinblick auf die Einhaltung der für ihn maßgeblichen Nebentätigkeitsbestimmungen erheblich beschränkt gewesen wäre, vermag der Senat - abgesehen davon, dass der fachpsychiatrische Gutachter beide Erkrankungen erst ab dem 29. Juli 2011 diagnostiziert hat (s. o.) - nicht zu erkennen. Dagegen, dass sich der Beklagte seit dem 11. September 2009 in einer besonderen Ausnahmesituation im Sinne einer extremen Zwangslage befunden hat, in der von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht zu erwarten gewesen wäre, sprechen bereits seine Äußerungen anlässlich seines öffentlichen Auftritts am 3. Februar 2012. Dort hat er gegenüber Mitarbeitern der Klägerin sinngemäß erklärt, man müsse sich keine Gedanken machen, er sei bis 2013 ausgebucht, er wünsche mit der Bundespolizei eine saubere Lösung, es sei doch klar, dass er auf Zeit spiele (Feststellungsbericht vom 6. Februar 2012, Bl. 19f./BA C). Und gegenüber einem weiteren Mitarbeiter der Klägerin, der den Beklagten anlässlich seines Auftritts am 28. April 2012 zur Rede gestellt und ihm ausdrücklich das Weiterspielen untersagt hatte, hat der Beklagte sinngemäß ausgedrückt, dass jener ja wisse, was auf ihn - den Beklagten - zukomme und er deshalb noch mehr spielen würde (BA E). In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat der Beklagte schließlich sinngemäß erklärt, er könne, wenn er auf der Bühne stehe, die gesamte Konfliktsituation in seiner Dienststelle hinter sich lassen; er denke dann nicht darüber nach, ob er eine Nebentätigkeitsgenehmigung habe. Die Steuerungsfähigkeit ist nur erheblich vermindert, wenn die Fähigkeit des Betreffenden erheblich vermindert ist, nach seiner Unrechtseinsicht zu handeln, nicht aber, wenn der Betreffende seiner Unrechtseinsicht lediglich deshalb nicht folgt, weil er die mit den Auftritten verbundene öffentliche Anerkennung erhalten, seinen "guten Ruf" als zuverlässiger Musiker bewahren, finanzielle Nachteile verhindern und für die Zeit nach Ausgang eines für ihn negativen Disziplinarverfahrens vorsorgen will.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, wegen der allein von der Klägerin zu vertretenden Mobbing-Attacken dienstunfähig geworden und deshalb in seinem Handeln "gerechtfertigt" zu sein (Berufungsbegründung vom 18. März 2013, S. 1), unterliegt er sowohl in tatsächlicher Hinsicht als auch in rechtlicher Hinsicht einem Irrtum. Denn zum einen sind "Mobbing-Attacken" von Mitarbeitern der Klägerin nicht nachweisbar (s.o.). Und zum anderen existiert der vom Beklagten angenommene Rechtfertigungsgrund, wonach eine Nebentätigkeit während Zeiten der Dienstunfähigkeit jedenfalls dann ausgeübt werden darf, wenn die Dienstunfähigkeit durch ein Verhalten des Dienstherrn (mit)verursacht worden ist, nicht. Dem Wesen nach macht der Beklagte mit diesem Vorbringen einen Rechtsirrtum geltend. Ein solcher Irrtum berührt aber die Schuld nicht und schließt diese auch nur dann aus, wenn der Irrtum vermeidbar war (§ 17 StGB; vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1990 - BVerwG 1 D 63.89 -, [...] Rn. 24). Dies war hier aber nicht der Fall. Denn der Beklagte hätte sich ohne weiteres bei seinem Dienstherrn nach der Rechtslage erkundigen können. Im Übrigen war ihm diese spätestens nach Abschluss des den Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung betreffenden Eilverfahrens, im Rahmen dessen sich zwei Instanzen mit seiner Argumentation auseinandergesetzt hatten, bekannt.

cc) Das Dienstvergehen des Beklagten hat auch nachhaltige Auswirkungen auf den dienstlichen Betrieb und das öffentliche Ansehen der Verwaltung. Da Kern der Nebentätigkeit des Beklagten die Durchführung öffentlicher Auftritte vor großem Publikum ist, liegt es nahe, dass nicht nur eine Reihe von Kollegen des Beklagten, sondern auch außerhalb der Verwaltung stehende Personen erfahren, dass sich der Beklagte zwar außerstande sieht, seinen Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage ist, öffentliche Auftritte als Musiker und Sänger wahrzunehmen (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11.10.2010, a. a. O., Rn. 13). Dass das Verhalten des Beklagten demnach geeignet ist, den Dienstfrieden zu stören und dem öffentlichen Ansehen der Verwaltung entgegensteht, liegt auf der Hand, zumal die Öffentlichkeit gegenüber der Nebentätigkeit von Verwaltungsbediensteten ohnehin meist sehr kritisch eingestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1990 - BVerwG 1 D 63.89 -, [...] Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 27.1.1991 - BVerwG 1 D 17.91 -, [...] Rn. 38).

b) Aus der Gesamtpersönlichkeit des Beklagten lassen sich entlastende Umstände ebenfalls nicht ableiten.

Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt (UA, S. 10), dass der Beklagte disziplinarrechtlich vorbelastet ist. Auch der Umstand, dass er im Rahmen seiner letzten - den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2008 bist 30. September 2010 umfassenden - Regelbeurteilung mit der Gesamtnote 5 ("entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht") beurteilt worden ist, fällt angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb seines Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (BVerwG, Urteil vom 7.2.2008 - BVerwG 1 D 4.07 -, [...] Rn. 28).

Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sein Dienstvergehen stelle sich als persönlichkeitsfremde Tat dar. Der von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgrund der im Grunde persönlichkeitsfremden Augenblicks- bzw. Gelegenheitstat eines ansonsten tadelsfreien und im Dienst bewährten Beamten setzt ein unbedachtes und kurzschlussartiges Versagen voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.3.1977 - BVerwG 1 D 99.76 -, [...] Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010 - 20 LD 7/08 -, [...] Rn. 54). Dies wird insbesondere in Betracht kommen, wenn der Beamte in einer plötzlich auftretenden besonderen Versuchungssituation gehandelt hat, in der ihm eine echte Motiv-abwägung nicht möglich war. Hierzu gehören ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und Unüberlegtheit des Handelns (Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010, a. a. O., Rn. 54). Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt. Denn der Beklagte hat nicht in einer plötzlich auftretenden Versuchungssituation, sondern über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg gehandelt.

c) Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass sich der Beklagte im Hinblick auf die Erfüllung seiner Dienstpflichten in so hohem Maß als unzuverlässig erwiesen hat, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn endgültig verloren ist. Aus Häufigkeit, zeitlicher Dauer und Umfang seiner musikalischen Betätigung und der Beharrlichkeit, mit der er diese trotz entgegenstehender behördlicher und gerichtlicher Entscheidungen weiter wahrgenommen hat und auch derzeit noch wahrnimmt, muss geschlossen werden, dass der Beklagte auch in Zukunft keine Gewähr dafür böte, seinen Dienstpflichten als Beamter uneingeschränkt nachzukommen. Dadurch, dass der Beklagte insbesondere Zeiten der Krankschreibung dazu genutzt hat, sich in beträchtlichem Umfang seiner musikalischen Betätigung zu widmen und außerdienstlich eine neue Existenz aufzubauen, ohne die nachhaltigen Auswirkungen dieses Verhaltens auf seine Kollegenschaft sowie auf das Ansehen des Berufsbeamtentums in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, hat er sich innerlich von seinem Dienstherrn gelöst. Wer - wie der Beklagte - über einen langen Zeitraum trotz mehrfacher Hinweise des Dienstherrn grundlegenden Dienstpflichten beharrlich zuwiderhandelt, lässt erkennen, dass er für erzieherische Maßnahmen nicht mehr zugänglich ist, und macht sich für den öffentlichen Dienst untragbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.11.2001 - BVerwG 1 D 60.00 -, [...] Rn. 31). Deshalb kann er im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität der öffentlichen Verwaltung nicht mehr im Beamtenverhältnis verbleiben.

d) Die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt auch nicht gegen den auch im Disziplinarverfahren geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ist ein Beamter - wie hier der Beklagte - durch ihm vorwerfbares Verhalten achtungs- und vertrauensunwürdig geworden und fehlt damit eine entscheidende Grundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses, dann ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig, weil sie auf ihm zurechenbarem Verhalten beruht (BVerwG, Urteil vom 12.2.1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, [...] Rn. 60).

III. Der Senat hat die Gewährung des Unterhaltsbeitrags gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2, 1. Fall BDG ausgeschlossen. Da das Gesetz trotz Vorliegens eines schweren Dienstvergehens durch die Gewährung des Regel-Unterhaltsbeitrags eine Vermutung für die Würdigkeit des Beamten im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 BBG enthält, führen bei der somit gebotenen engen Auslegung nur solche Umstände zum Ausschluss, die nach der Art und dem Gewicht des Fehlverhaltens sowie nach der Persönlichkeit des verurteilten Beamten und dem Maß seiner Schuld jeden Grund für die nachsorgende Fürsorgepflicht des Dienstherrn entfallen lassen (Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2011, § 10 Rn. 16). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Unwürdigkeit im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 BDG anzunehmen, wenn feststeht, dass sich der Beamte vom Dienstherrn dauerhaft gelöst hat (BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, [...] Rn. 45). Unter diesem Gesichtspunkt hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem ein Beamter zwei Jahre lang während Zeiten der Krankschreibung einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen ist, die Versagung des Unterhaltsbeitrags wegen Unwürdigkeit für rechtmäßig erachtet (BVerwG, Urteil vom 1.6.1999 - BVerwG 1 D 4.97 -, [...] Rn. 61). Aus Sicht des Senats liegt der Streitfall vergleichbar, weil sich auch der Beklagte aufgrund der Häufigkeit und Dauer der Ausübung seiner Nebentätigkeit gerade auch in Zeiten der Erkrankung dauerhaft von seinem Dienstherrn gelöst hat (s. o.).