Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.06.2013, Az.: 7 ME 30/13

Anwendung der Bestimmungen des § 10 der 3. DV LuftGerPV über die Rücknahme und den Widerruf der Anerkennung als Musterprüfstelle für Luftsportgerät auf die gem. § 17 Abs. 2 LuftGerPV übergangsweise fortgeltenden Anerkennungen (Luftfahrtgerät)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.06.2013
Aktenzeichen
7 ME 30/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 39202
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0604.7ME30.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 08.05.2013 - AZ: 2 B 677/13

Fundstelle

  • DÖV 2013, 742

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Bestimmungen des § 10 der 3. DV LuftGerPV über die Rücknahme und den Widerruf der Anerkennung als Musterprüfstelle für Luftsportgerät sind auf die gemäß § 17 Abs. 2 LuftGerPV übergangsweise fortgeltenden Anerkennungen weiter anzuwenden.

  2. 2.

    Die zu den personellen Voraussetzungen der Anerkennung als Musterprüfstelle zählende Qualifikation des verfügbaren Personals erschöpft sich nicht in fachlichen Kenntnissen, sondern erfordert auch die Fähigkeit und Bereitschaft, Musterprüfungen entsprechend den einschlägigen Bestimmungen durchzuführen und behördlich vorgegebene Änderungen oder "Widerrufe" zu Recht beanstandeter Prüfbescheinigungen so zu handhaben, dass derartige Korrekturen unverzüglich eine effektive Wirksamkeit entfalten.

  3. 3.

    Die mangelnde Qualifikation des verantwortlichen Personals einer Musterprüfstelle kann sich auch daraus ergeben, dass dieses unbelehrbar an unrichtigen, von denjenigen der Behörde abweichenden Rechtsauffassungen über den gebotenen Umfang vorzunehmender Musterprüfungen festhält.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Widerruf ihrer Anerkennung als Musterprüfstelle für Luftfahrtgerät.

Dem vormaligen A. e. V. wurde mit Bescheid des Luftfahrtbundesamtes (LBA) vom 15. Mai 2007 die Anerkennung als Musterprüfstelle für Luftsportgerät nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 LuftVZO befristet bis zum 20. September 2013 erteilt. Die Anerkennung umfasst die Berechtigung zur Durchführung von Musterprüfungen gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät (LuftGerPV) für Sprungfallschirmsysteme, Gleitsegel, Motorschirme und Motorschirmtrikes.

Im Zeitraum vom April bis Juni 2012 führte der A. e. V. im Auftrag der Firmen B. GmbH (vgl. dazu Bl. 39 bis 44 Beiakte - BA - A, "Überprüfung Musterprüfungen") und C. (vgl. Bl. 55 bis 59 BA A, "Überprüfung Musterprüfungen") Musterprüfungen für die Motorschirmtragwerke "Scorpio" bzw. "Nucleon" durch und stellte hierüber Musterprüfbescheinigungen aus (vgl. Bl. 36 und 47 bis 50 BA A "Überprüfung Musterprüfungen"). Er legte aber auf Anforderung dem Luftfahrt-Bundesamt keine Nachweise über (weitere) Flugtests vor, welche nach Auffassung der Behörde hätten durchgeführt werden müssen, um die erstellten Musterprüfbescheinigungen erteilen zu dürfen.

Mit ihrer Neueintragung im Handelsregister am 21. Juni 2012 ging die Antragstellerin durch formwechselnde Umwandlung aus dem A. e. V. hervor (vgl. Bl. 26 f. BA A, "Vorgang Umwandlung"). Über die rechtlichen Konsequenzen dieser Umwandlung für die Anerkennung als Musterprüfstelle haben die Beteiligten über zwei Instanzen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestritten (vgl. Bl. 94 bis 98 BA A, "Vorgang Umwandlung" und Nds. OVG Beschl. v. 31. 1. 2013 - 7 ME 197/12 -).

Schließlich genehmigte das Luftfahrt-Bundesamt zwar unter dem 23. November 2012 (Bl. 116 f. BA A, "Vorgang Umwandlung") die Formumwandlung als eine "Änderung" der Anerkennung als Prüfstelle; dies aber nur unter der aufschiebenden Bedingung, dass für alle mustergeprüften Varianten der Motorschirmtragwerksmuster "Nucleon" und "Scorpio" für die von den Herstellern beantragten Betriebsarten die in den anzuwendenden Lufttüchtigkeitsforderungen geforderten Flugtestnachweise nachgeliefert würden oder dass entsprechende Einschränkungen in die Bescheinigungen der Musterprüfung für alle mustergeprüften Varianten der Motorschirmtragwerksmuster "Nucleon" und "Scorpio" aufgenommen würden. Am 27. November 2012 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen diese Bedingung (Bl. 147 f. BA A, "Vorgang Umwandlung").

Gleichwohl teilte sie bereits mit Schreiben vom 23. November 2012 (Bl. 136 und 138 BA A, "Vorgang Umwandlung") den beiden betroffenen Unternehmen mit, dass sie auf Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes gehalten sei, die Nutzung des Trimmers in geschlossener und offener Stellung sowie des Fußbeschleunigers in offener und geschlossener Stellung des Trimmers mit sofortiger Wirkung zu untersagen bzw. die Musterprüfung der Baumuster, die sie in den Schreiben im Einzelnen aufgeführt hatte, entsprechend einzuschränken. Sie bat dies in der Betriebsanleitung des Musters unverzüglich zu vermerken.

Daraufhin unterrichtete das Luftfahrt-Bundesamt am 27. November 2012 die Antragstellerin davon, dass es nunmehr die "Auflage" aus seinem Bescheid vom 23. November 2012 als erfüllt erachte (Bl. 146 BA A, "Vorgang Umwandlung").

Gemäß einer internen Einschätzung innerhalb des Luftfahrt-Bundesamtes (Bl. 143 BA A "Vorgang Umwandlung") vom 27. November 2012 hatte die Antragstellerin durch ihre Mitteilung vom 23. November 2012 an die Hersteller der Baumuster "Nucleon" und "Scorpio" den Betrieb der betroffenen Schirme so weit eingeschränkt, dass dieser Betrieb faktisch ausgeschlossen war. Mit undatiertem Schreiben bzw. Schreiben vom 29. November 2012 (Bl. 27 und 28 der Gerichtsakte - GA -) erhoben die B. GmbH ("Scorpio") und die Firma C. ("Nucleon") bei der Antragstellerin "Widerspruch" gegen deren Mitteilung vom 23. November 2012.

Auf entsprechende Anforderung legte die Antragstellerin dem Luftfahrt-Bundesamt am 10. Dezember 2012 unter dem 28. November 2012 neu erstellte Musterprüfbescheinigungen für die in Rede stehenden Luftsportgeräte vor (Bl. 170 ff. BA A, "Vorgang Umwandlung") und teilte zugleich (Bl. 178 BA A, "Vorgang Umwandlung") mit, dass die Hersteller der betroffenen Baumuster mittlerweile "Einspruch gegen den Bescheid" bei ihr eingelegt hätten und sie mit ihren Anwälten nun die rechtliche Situation prüfe, um darauf in juristisch einwandfreier Form reagieren zu können. Unter dem 13. Dezember 2012 (Bl. 187 - 204 BA A, "Vorgang Umwandlung") reichte die Antragstellerin zu den neuen Musterprüfbescheinigungen gehörenden Erklärungen über Bauausführung und Leistung (EBL) vom 10. Dezember 2012 vor, in denen die Zeilen "Fußbeschleuniger" und "Trimmer" jeweils mit einem "nein" versehen waren.

Im Folgenden stellte das Luftfahrt-Bundesamt jedoch anhand der Technikdatenbank der Antragstellerin fest, dass diese die den Unternehmen unter dem 23. November 2012 mitgeteilten Einschränkungen ohne vorherige Anzeige oder Vorlage der weiterhin fehlenden Flugtestnachweise nicht weiter umgesetzt und insbesondere in den veröffentlichten Datenblättern, welche die technischen Inhalte der EBL wiedergeben, die Betriebsarten "mit Trimmer" und "mit Fußbeschleuniger" wieder mit "ja" deklariert hatte. Auf Nachfrage äußerte die Antragstellerin hierzu unter dem 8. Februar 2013 (Bl. 231 f. BA A, "Vorgang Umwandlung"), dass sie bereits vor Wochen mitgeteilt habe, die B. GmbH und die Firma C. hätten Widerspruch bezüglich der Einschränkung zu den Musterprüfungen eingelegt. Diese Widersprüche hätten aufschiebende Wirkung. Sie sehe sich daher rechtlich verpflichtet, den ursprünglichen Status (vgl. dazu Bl. 157 bis 167 BA A, "Vorgang Umwandlung") der Musterprüfungen einstweilen wiederherzustellen.

Nachdem das Luftfahrt-Bundesamt die Antragstellerin davon unterrichtet hatte, dass es erwäge, ihre Anerkennung als Musterprüfstelle zu widerrufen, legte die Antragstellerin mit einem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2013 dem Luftfahrt-Bundesamt die "Widerspruchschreiben" der beiden Unternehmen dem Luftfahrt-Bundesamt zu Bearbeitung und Verbescheidung vor.

Durch Bescheid vom 8. März 2013 (Bl. 39 ff. GA) widerrief das Luftfahrt-Bundesamt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Anerkennung der Antragstellerin als Musterprüfstelle für Luftfahrtgerät und führte zur Begründung aus, die Anerkennung sei gemäß § 10 Abs. 2 der 3. DV LuftGerPV zu widerrufen, weil ihre Voraussetzungen nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen seien; denn die von einer anerkannten Prüfstelle gemäß § 3 Abs. 1 der 3. DV LuftGerPV zu fordernde ordnungsgemäße Durchführung von Musterprüfungen werde von der Antragstellerin nicht mehr gewährleistet. Diese habe noch immer nicht alle notwendigen Unterlagen für den Nachweis der ordnungsgemäßen und vollständigen Musterprüfung der Motoschirmtragwerke "Nucleon" und "Scorpio" vorgelegt. Insbesondere decke der Festigkeitsnachweis für das Tragwerk "Swing Scorpio 24" die vom Hersteller angegebene Startmasse nicht ab und es fehlten Nachweise zu Flugversuchen unter Beachtung aller denkbaren Betriebsarten (mit offenem Trimmer/Fußbeschleuniger), die nach den Lufttüchtigkeitsforderungen vorgeschrieben seien. Auch verwende die Antragstellerin seit Februar 2013 "Inspektionsberichte", die nicht ihrem Prüfstellenhandbuch - mit Stand der letzten Änderungsanzeige im November 2012 - entsprächen. Es fehlten Aussagen über die Konformität zu den bei der Musterprüfung angewendeten Lufttüchtigkeitsforderungen.

Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. März 2013 Widerspruch erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie hat u. a. vorgetragen, das Luftfahrtbundesamt sei für den Widerruf ihrer Anerkennung nicht mehr zuständig gewesen. Abgesehen davon seien auch die Voraussetzungen für einen solchen Widerruf nicht gegeben. Die Betriebseinschränkungen seien nicht aufgehoben worden, sondern sie habe lediglich den ursprünglichen Zustand wiederhergestellt. Die Entscheidung über die von den Herstellern eingelegten Widersprüche obliege der Antragsgegnerin. Die streitgegenständlichen Datenblätter habe sie inzwischen auch wieder von ihrer Homepage entfernt. Der Sachverhalt beruhe auf unterschiedlichen Rechtsauffassungen und rechtfertige keinesfalls den Widerruf ihrer Anerkennung als Prüfstelle. Für das Tragwerk "Swing Scorpio 24" sei bereits ein zweiter Festigkeitsnachweis eingereicht worden. Soweit die Angaben zur Startmasse im Inspektionsbericht für das Tragwerk "Chronos 25" nicht mit den Angaben im Chronos-Handbuch übereinstimmten, sei festzustellen, dass sie auf die Handbücher der Hersteller nur einen mittelbaren Einfluss habe. Eine Genehmigung des Handbuchs sei nicht erfolgt, leichte Abweichungen wegen der textilen Materialien und des Alterungsprozesses ohnehin nicht auszuschließen. In diesem Fall habe sich bei der sehr eingehenden Prüfung ergeben, dass eine Einschränkung des Startgewichts auf 108 kg bis 135 kg notwendig gewesen sei, um die Vorgaben der Lufttüchtigkeitsforderungen zu erfüllen. Die Entscheidung des Luftfahrt-Bundesamtes erweise sich zudem als unverhältnismäßig, da auch konkrete Einzelanordnungen hätten getroffen werden können, anstatt durch einen vollständigen Widerruf der Anerkennung mit Sofortvollzug ihre wirtschaftliche Existenz zu bedrohen.

Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren ergänzend vorgetragen, die Antragstellerin habe unter dem 31. Januar 2013 - diesmal bezogen auf das Tragwerk "Chronos 25" erneut eine Musterprüfung bescheinigt, obwohl die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei (Bl. 68 f. GA).

Das Verwaltungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 8. Mai 2013 den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 14. März 2013 wiederherzustellen, als unbegründet abgelehnt und dies im Wesentlichen begründet wie folgt:

Der Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin begegne keinen rechtlichen Bedenken. Seine Rechtsgrundlage sei § 10 Abs. 2 der 3. DV LuftGerPV. Das Luftfahrt-Bundesamt sei weiterhin zuständig. Es habe die Prüfstellenanerkennung zu Recht widerrufen, weil die Voraussetzungen für die Anerkennung im Widerrufszeitpunkt nicht mehr vorgelegen hätten. Die von dem Luftfahrt-Bundesamt aufgezeigten Verstöße seien jedenfalls in der Summe geeignet, die Annahme zu begründen, dass die Antragstellerin nicht über ausreichende organisatorische Voraussetzungen verfüge, um eine ordnungsgemäße Musterprüfung durchzuführen. Eine solche Musterprüfung setze voraus, dass die Prüfung nach den Vorgaben der anzuwenden Lufttüchtigkeitsforderungen und des im Prüfstellenhandbuch festgelegten Verfahrens erfolge. Die Antragstellerin habe jedoch in mehreren Fällen Musterprüfbescheinigungen ausgestellt, obwohl die Prüfung nicht den Vorgaben der gemäß § 1 Nr. 7 b) bb) der 2. DV LuftGerPV anzuwendenden Lufttüchtigkeitsforderungen für schwerkraftgesteuerte Ultraleicht-Flugzeuge Bauart: Motorschirm und Motorschirmtrike vom 3. Februar 2005 (NfL II-23/05) - LFT 23/05 - entsprochen hätten. Wie die Antragstellerin selbst eingeräumt habe, stimmten die Angaben zur Startmasse im Inspektionsbericht für das Tragwerk "Chronos 25" (108 kg bis 135 kg) nicht mit den Angaben im Chronos-Handbuch (maximale Startmasse von 150 kg) überein. Dies entspreche eindeutig nicht den Festigkeitsvorgaben gemäß Nr. 4.2.2. [des Besonderen Teils - BT -] der LFT 23/05. Zwar habe die Antragstellerin angegeben, die maximale Startmasse habe angepasst werden müssen, um die erforderlichen Flugtests überhaupt durchführen zu können. Wegen des abweichenden Startgewichts hätte sie dann aber keine positive Musterprüfbescheinigung ausstellen dürfen. Gleiches gelte für das Tragwerk "Scorpio 24". Auch hier habe ein entsprechender Festigkeitsnachweis gefehlt, der erst später nachgereicht worden sei.

Der Umstand, dass die Aufhebung der von dem Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 23. November 2012 angewiesenen Betriebseinschränkungen für die Motorschirmtragwerke "Nucleon" und "Scorpio" auf einem (ggf. vermeidbaren) Rechtsirrtum der Antragstellerin beruhe, entbinde diese nicht von ihrer Verpflichtung, nur ordnungsgemäß durchgeführte Musterprüfungen zu bescheinigen. Die gemäß Ziff. 4.3.3. BT der LFT 23/05 erforderlichen Nachweise für die Prüfung der Tragwerke unter den Betriebsbedingungen "mit geschlossenem Trimmer/mit und ohne Fußbeschleuniger" habe die Antragstellerin nicht erbracht. Flugtests, die nicht nachgewiesen worden seien, seien als nicht durchgeführt anzusehen. Die Antragstellerin hätte deshalb die trotz fehlender Nachweise erteilten Musterprüfbescheinigungen nach Aufhebung der Betriebseinschränkungen zurücknehmen/aufheben müssen, weil diesen keine vollständige Musterprüfung zugrunde gelegen hätte.

Die Kammer gehe auch davon aus, dass die von dem Luftfahrt-Bundesamt beanstandeten Vorfälle mit erheblichen Risiken für die Luftsicherheit verbunden sein könnten. Die Antragstellerin habe für die betroffenen Muster Prüfbescheinigungen ausgestellt, obwohl die Prüfparameter nicht in allen Punkten mit den Herstellerangaben in den Produkthandbüchern übereinstimmten. Zwar möge zutreffend sein, dass sie auf die Herstellerangaben in den Produkthandbüchern selbst keinen direkten Einfluss nehmen könne. Insbesondere im Fall des Chronos-Tragwerks liege jedoch nicht, wie die Antragstellerin meine, nur eine leichte Abweichung zwischen den Angaben im Handbuch und den von ihr ermittelten Daten vor. Vielmehr handele es sich um eine Abweichung von 15 kg im Hinblick auf die maximale Startmasse. Dies könne für Tragwerkspiloten, die sich bei Nutzung der Produkte an den Herstellerangaben orientierten und davon ausgingen, dass diese Gegenstand der positiven Musterprüfung gewesen seien, zu nicht unerheblichen Gefahren für Leib und Leben führen. Gleiches gelte hinsichtlich der Betriebseinschränkungen für die Motorschirmtragwerke. Diesbezüglich genüge es zur Vermeidung jeglicher Gefahren für die Sicherheit potentieller Tragwerkspiloten nicht, dass die Antragstellerin die "Widersprüche" der Hersteller gegen die Aufhebung der Betriebseinschränkungen an das Luftfahrt-Bundesamt weitergeleitet habe. Nach Auffassung der Kammer hätte sie vielmehr die entsprechenden Prüfbescheinigungen ausdrücklich für unwirksam erklären müssen, um zu gewährleisten, dass die Hersteller nicht in der Annahme einer vermeintlich aufschiebenden Wirkung ihrer "Widersprüche" weiterhin Produkte am Markt anböten, die nicht in allen ihren möglichen Betriebsmodalitäten getestet worden seien.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 8. Mai 2013 ist unbegründet, weil sich aus den dargelegten Beschwerdegründen, die allein der Senat zu prüfen hat, nicht ergibt, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO).

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der angefochtene Bescheid vom 8. März 2013 nichtig oder zumindest rechtswidrig sei, weil es an der sachlichen Zuständigkeit des Luftfahrt-Bundesamtes für seinen Erlass gefehlt habe und die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 2 der 3. DV LuftgerätePV, auf die der Widerruf der Anerkennung gestützt werde, nicht mehr angewendet werden könne.

Es ist unerheblich, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 21 Satz 1 der LuftGerPV a. F. (d. h. i. d. F. vom 3. August 1998 [BGBl. I S. 2010, 2011] zuletzt geändert durch Art. 6 der Verordnung vom 18. Januar 2010 [BGBl. I S.11]), auf welche die 3. DV LuftGerPV bei ihrem Erlass gestützt war, durch Art. 6 der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über die Prüfung, die Zulassung und den Betrieb von Luftfahrtgerät über das Luftfahrtpersonal und die Kosten der Luftfahrtverwaltung vom 15. Februar 2013 (BGBl. I S. 293) - im Folgenden als LuftRÄndV bezeichnet - aufgehoben wurde; denn durch den Wegfall der Ermächtigungsnorm wird die Wirksamkeit einer auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnung grundsätzlich - und so auch hier - nicht in Frage gestellt (vgl. Sächs. OVG. Urt. v. 27. 1. 2011 - 3 C 2/09 -, GewArch 2011, 371 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 31, m. w. N.). Die Regelungen der 3. DV LuftGerPV über die Zurücknahme und den Widerruf der Anerkennung als Musterprüfstelle sind auch nicht als "obsolet" unanwendbar gewordenen. Vielmehr ist es nicht nur geboten, sondern auch sinnvoll, sie auf die gemäß § 17 Abs. 2 LuftGerPV n. F. (d. h. i. d. F. des Art. 1 LuftRÄndV) übergangsweise fortgeltenden Anerkennungen als Prüfstelle anzuwenden, da es bis zum Ablaufen der Übergangsfristen (selbstverständlich) notwendig werden kann, solche Anerkennungen aufzuheben, und die 3. DV LuftGerPV hierfür Normen enthält, die sich kraft ihrer Spezialität zur Bewältigung der Problematik besser eignen als andere Vorschriften, deren subsidiäre Anwendung in Betracht gezogen werden könnte. Die Zuständigkeit des Luftfahrt-Bundesamtes ergibt sich daraus, dass die sachliche Zuständigkeit für den Widerruf eines Verwaltungsaktes grundsätzlich bei der Ausgangsbehörde liegt, die den zu widerrufenden Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 49 Rn. 77a i. V. m. § 48 Rn. 164). Eine hiervon abweichenden (neue) sachliche Zuständigkeit einer nationalen Akkreditierungsstelle lässt sich aus Art. 5 Abs. 4 VO (EG) Nr. 765/2008 vom 9. Juli 2008 (ABl. L 218 v. 13. 8. 2008) nicht herleiten, weil die dort geregelte Zuständigkeit nur die Aufhebung der Akkreditierung einer Konformitätsbewertungsstelle betrifft.

Zu Recht beanstandet die Antragstellerin zwar, dass das Verwaltungsgericht in einem Zwischenschritt seiner Gedankenführung davon ausgegangen ist, es seien speziell die organisatorischen Voraussetzungen für die Erteilung der Anerkennung nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen. Die organisatorischen Voraussetzungen für eine Anerkennung als Prüfstelle ergeben sich aus § 6 der 3. DV LuftGerPV. Hiernach muss für die Musterprüfung eine Leitung der Prüfstelle benannt sein (Abs. 1), müssen die Zuständigkeiten für alle Aufgaben im Rahmen der Musterprüfung eindeutig festgelegt sein (Abs. 2) und muss der Antragsteller zur Anerkennung ein Prüfstellenhandbuch für die Durchführung von Musterprüfungen vorlegen (Abs. 3). Es ist nicht ersichtlich, dass eine dieser Voraussetzungen entfallen wäre. Insbesondere fehlt es nicht etwa an einem Prüfstellenhandbuch für die Durchführung von Musterprüfungen, wenn sich die Antragstellerin an ein in ihrem Prüfstellenhandbuch vorgegebenes Verfahren nicht hält.

Gleichwohl ist die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung nicht in der begehrten Weise abzuändern; denn dem Verwaltungsgericht und der Antragsgegnerin ist darin zuzustimmen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Anerkennung als Prüfstelle nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen sind; als entfallen zu betrachten sind hier allerdings nicht die organisatorischen, sondern die personellen Voraussetzungen der Erteilung:

Die Antragstellerin muss gemäß § 4 Abs. 1 der 3. DV LuftGerPV über ausreichendes und qualifiziertes Personal verfügen, um die Prüfung eines Musters zur Erfüllung der anwendbaren Lufttüchtigkeitsforderungen, unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Technik und neuer Erfahrungen, in angemessener Zeit sicherzustellen. Ausweislich des § 4 Abs. 2 der 3. DV LuftGerPV setzt die erforderliche Qualifikation (d. h. Befähigung) des Personals zwar "insbesondere" bestimmte fachliche Kenntnisse voraus. Darin erschöpft sie sich aber nicht. Vielmehr erfordert sie auch die Fähigkeit und Bereitschaft, Musterprüfungen entsprechend den einschlägigen Bestimmungen durchzuführen und behördlich vorgegebene Änderungen oder "Widerrufe" zu Recht beanstandeter Prüfbescheinigungen so zu handhaben, dass derartige Korrekturen unverzüglich eine effektive Wirksamkeit entfalten. Damit nicht zu vereinbaren ist eine Haltung innerer Opposition, aus der heraus das verantwortliche Personal der Prüfstelle an unrichtigen Vorgehensweisen festhält, behördlich geforderte Korrekturen fehlerhafter Prüfbescheinigungen nur formal oder dilatorisch umsetzt und in vorwerfbarer Weise Raum oder Vorwände dafür bietet, dass sich die Hersteller betroffener Baumuster den Rechtswirkungen solcher Korrekturen entziehen könnten. Dabei ist eine Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Personals der Prüfstelle bereits dann gegeben, wenn dieses es unterlässt, in unklaren Rechtsfragen unverzüglich die bereits durch Beanstandungen tätig gewordene zuständige Behörde zu Rate zu ziehen, und stattdessen - sei es auch anderweitig rechtskundig beraten - einer eigenen fehlerhaften Rechtsmeinung folgt. Die mangelnde Qualifikation des verantwortlichen Personals einer Prüfstelle kann sich auch - und gerade - daraus ergeben, dass dieses unbelehrbar an unrichtigen, von denjenigen der Behörde abweichenden "rechtlichen Sichtweisen zur Frage des Umfangs der Prüfungen" festhält.

Die Argumentation der Antragstellerin, Zweck der Vorschrift könne es nicht sein, charakterliche Eigenschaften des Personals zu bewerten oder im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen der Prüfstelle und dem Luftfahrt-Bundesamt als eine Art Sanktionsnorm herangezogen zu werden, verwechselt den Zweck der Norm mit den Erfordernissen und Folgen ihrer Anwendung. Der Zweck der Vorschrift besteht darin sicherzustellen, dass das Personal der Prüfstelle über die erforderliche Befähigung verfügt, um seine Aufgaben zu bewältigen. Dazu kann es durchaus notwendig werden, auch charakterliche Eigenschaften, wie etwa Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein oder Einsichtsfähigkeit zu bewerten. Das Erfordernis solcher Bewertungen ergibt sich aus dem Wesen der Qualifikation; denn es liegt auf der Hand, dass ein etwa unzuverlässiges, pflichtvergessenes oder uneinsichtiges Personal nicht befähigt ist, die Aufgaben der Prüfstelle wahrzunehmen. Ist die Anerkennung als Prüfstelle mangels hinreichender Qualifikation ihres Personals zu widerrufen, werden dem nicht selten "Meinungsverschiedenheiten" mit dem Luftfahrt-Bundesamt vorangegangen sein. Das bedeutet aber nicht, dass sich ein als "Sanktionierung" einzuordnenden rechtlicher Zusammenhang zwischen den "Meinungsverschiedenheiten" und dem Widerruf der Anerkennung herstellen lässt. Vielmehr ist es schlicht unerheblich, ob eine nicht ordnungsgemäße Tätigkeit der Prüfstelle, die auf fehlende Befähigung ihres Personals zurückgeführt werden muss, auch oder bereits zu "Meinungsverschiedenheiten" mit dem Luftfahrt-Bundesamt geführt hat.

Gemessen an den Maßstäben, die an die Qualifikation des Personals anzulegen sind, spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin in der Person des Leiters ihrer Prüfstelle, Herrn D., dauerhaft nicht mehr über das erforderliche qualifizierte Personal verfügt, um die Prüfung eines Musters zur Erfüllung der anwendbaren Lufttüchtigkeitsforderungen sicherzustellen. Denn es bestehen aufgrund der von diesem Leiter der Prüfstelle zu verantwortenden Rechtsverstöße der Antragstellerin durchgreifende Zweifel daran, dass er - und unter seiner Leitung auch das übrige Personal der Prüfstelle - weiterhin die ausreichende Fähigkeit und Bereitschaft besitzt, Musterprüfungen entsprechend den einschlägigen Bestimmungen durchzuführen und behördlich vorgegebene Änderungen oder "Widerrufe" zu Recht beanstandeter Prüfbescheinigungen so zu handhaben, dass derartige Korrekturen unverzüglich eine effektive Wirksamkeit entfalten.

Der Antragstellerin ist nicht darin zu folgen, es sei ihrem Personal im Hinblick auf die Umsetzung der in der Bedingung des Bescheides vom 23. November 2012 enthaltenen behördlichen Vorgaben kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Sie kann sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht auf eine vermeintlich aufschiebenden Wirkung der "Widerspruchsschreiben" der B. GmbH der Firma C. berufen, die sie unter Hinweis auf Urteile des Bundesgerichthofes (Urt. v. 22. 3. 2001 - III ZR 394/99 -, BGHZ 147, 169 ff., hier zitiert nach [...]) und des Verwaltungsgerichts Braunschweig (Urt. v. 26. 8. 2008 - 2 A 309/07 -) bejaht; denn beide zitierten Entscheidungen sind nicht unmittelbar einschlägig. Selbst wenn die Musterprüfungen - die ihrerseits als Realakte ohnehin nicht Verwaltungsakte sein könnten - eine schlicht hoheitliche Tätigkeit wären, stünde damit nicht fest, dass die ausgestellten Prüfbescheinigungen die Merkmale des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllten und deshalb ihrerseits als Verwaltungsakte zu betrachten wären. Letzteres hat die Antragstellerin in der Begründung ihrer Beschwerde mithin schon nicht schlüssig dargelegt.

Dagegen lässt sich einem ihrer Schreiben (vom 18. Juli 2012) an das Luftfahrt-Bundesamt (Bl. 43 f. [44] BA "Nachprüfung Musterprüfungen") entnehmen, dass dieses Amt bereits in der Vergangenheit bestrebt war, den Eindruck zu vermeiden, die von der Antragstellerin benutzten und ausgestellten Formulare hätten den Charakter einer behördlichen Ausstellung. Hieraus ist zu folgern, dass die Antragstellerin zumindest damit rechnen musste, dass jedenfalls das Luftfahrt-Bundesamt ihre Prüfbescheinigungen nicht als Verwaltungsakte betrachtete. Gleichwohl hat der Leiter ihrer Prüfstelle die Behörde nicht unverzüglich wegen der Behandlung der eingegangenen "Widerspruchsschreiben" zu Rate gezogen. Er hat das Luftfahrt-Bundesamt insbesondere nicht frühzeitig darüber informiert, dass die Antragstellerin die gegen ihre Mitteilungen vom 23. November 2012 gerichteten Schreiben der B. GmbH und die Firma C. als Rechtsbehelfe zu behandeln gedachte, denen aufschiebende Wirkung beizulegen sei. Damit hat er das zu erwartende Eingreifen der Behörde gegen eine solche Behandlung vereitelt. Seine Mitteilung vom 10. Dezember 2012, die Hersteller der betroffenen Baumuster hätten mittlerweile "Einspruch gegen den Bescheid" eingelegt, war - schon infolge der Vermeidung des von den Herstellern ausdrücklich gewählten Begriffs "Widerspruch" - so ungenau formuliert, dass es sogar möglich erscheint, der Leiter der Prüfstelle habe sie nur vorgenommen, um sich so - vermeintlich - besser gegen Vorwürfe verteidigen zu können, die er bereits damals erwartete, weil er schon damit rechnete, dass sein beabsichtigter oder erwogener dilatorischer Umgang mit den "Widerspruchsscheiben" der Hersteller von der Behörde als fehlerhaft betrachtet werden würde. Hierfür könnte sprechen, dass seine spätere Mitteilung vom 8. Februar 2013 mit dem Hinweis auf die Mitteilung 10. Dezember 2012 begann und Letzterer eine Deutlichkeit beilegte, die diese gerade nicht besessen hatte.

Vorwerfbar wär das Verhalten des Leiters der Prüfstelle jedoch selbst dann, wenn es sich bei den Schreiben der Hersteller um Widersprüche handeln würde, die aufschiebende Wirkung entfalteten. Denn in diesem Falle wäre die Antragstellerin als erlassende Ausgangsbehörde gehalten gewesen, im Rahmen des Vorverfahrens (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ein Abhilfeverfahren (vgl. Funke-Kaiser in: Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 72 Rn. 7 ff.) durchzuführen, in dem zu prüfen gewesen wäre, ob sie dem jeweiligen Widerspruch abhilft (§ 72 VwGO) oder ihn der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vorlegt (§ 73 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO). Das Abhilfeverfahren hätte sie gemäß den §§ 79 Halbsatz 2, 10 Satz 2 VwVfG z ü g i g durchführen müssen. Sie hat jedoch erst mit dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2013 die "Widerspruchschreiben" der beiden Unternehmen dem Luftfahrt-Bundesamt zu Bearbeitung und Verbescheidung vorlegen lassen.

Der Leiter ihrer Prüfstelle hat vor diesem Hintergrund durch das zwischenzeitliche Festhalten an der Veröffentlichung von Datenblättern, die nicht entsprechend den behördlichen Vorgaben korrigiert waren, in vorwerfbarer Weise Raum oder Vorwände dafür geboten, dass sich die Hersteller der betroffenen Baumuster - etwa unter Berufung auf eine vermeintlich aufschiebenden Wirkung ihrer "Widersprüche" - den Rechtswirkungen der Korrekturen der beanstandeten Prüfbescheinigungen entziehen könnten.

Zu Unrecht macht die Antragstellerin geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die beanstandeten Prüfbescheinigungen über die Musterprüfung der Baumuster "Nucleon" und "Scorpio" sowie des im erstinstanzlichen Verfahren angesprochenen Baumusters "Chronos 25" zu Recht ausgestellt worden seien; denn dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Gemäß § 10a Satz 1 LuftGerPV a. F. (d. h. in d. F. der VO vom 3. August 1998 [BGBl. I S. 2010, 2011], die zuletzt durch Art. 6 der VO v. 18. 1. 2010 [BGBl. I S. 1] geändert worden war) hat bei Luftfahrtgerät nach § 1 Abs. 4 LuftVZO der Hersteller die Musterprüfung in einer vom Luftfahrt-Bundesamt hierfür anerkannten Prüfstelle vor Auslieferung des ersten Luftfahrtgeräts dieses Musters an den Kunden entsprechend § 10 Abs. 1 LuftGerPV a. F. durchführen und von dieser bescheinigen zu lassen. Nach § 10 Abs. 1 LuftGerPV a. F. wird in der Musterprüfung geprüft, ob das Muster den Bauvorschriften für Luftfahrtgerät entspricht und nicht Merkmale oder Eigenschaften aufweist, die einen sicheren Betrieb beeinträchtigen. Ferner wird geprüft, ob die Musterunterlagen sowie die Betriebsanweisungen, die für Wartung, Überholung und Reparatur (Instandhaltung) und den Betrieb des Luftfahrtgeräts erforderlich sind, vollständig sind und die notwendigen Angaben enthalten, um für das Muster und das dem Muster nachgebaute Luftfahrtgerät einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Gemäß § 1 Nr. 7 b) bb) der 2. DV LuftGerPV i. V. m. Nr. 4.1 Sätze 1 und 2 des Allgemeinen Teils (AT) der LFT 23/05 muss die Betriebsanweisung mindestens die im 4. Abschnitt des AT oder dem BT der LFT 23/05 festgelegten Angaben enthalten. Sind weiter Angaben für den sicheren Betrieb notwendig, so müssen sie aufgenommen werden. Nach § 1 Nr. 7 b) bb) der 2. DV LuftGerPV i. V. m. Nr. 4.4.1 des Allgemeinen Teils (AT) der LFT 23/05 muss die Betriebsanweisung alle Betriebsgrenzen und die wesentlichen technischen Daten enthalten, insbesondere über Massegrenzen, Geschwindigkeitsbereiche, unzulässige Flugmanöver und Triebwerksgrenzwerte.

Hieraus ergibt sich Folgendes: Gegenstand der Musterprüfung sind stets nur diejenigen Betriebsanweisungen, die der Hersteller im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgelegt hat. Die Musterprüfstelle kann ihm Gelegenheit geben, in diese Betriebsanweisungen weitere Angaben aufzunehmen. Daraus mag man herleiten, dass sie ihm vor Abschluss des Prüfungsverfahrens auch ermöglichen darf, veränderte - also etwa hinsichtlich Massegrenzen weiter eingeschränkte - Betriebsanweisungen vorzulegen, umso durch einen (teilweisen) Austausch des Prüfungsgegenstandes einen positiven Abschluss des Prüfungsverfahrens zu ermöglichen. Hingegen ist es gemäß § 10a Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftGerPV a. F. ausgeschlossen, dass eine Musterprüfung bescheinigt wird, die nur im Rahmen engerer Massegrenzen zu einem günstigen Prüfungsergebnis geführt hat als denjenigen Massegrenzen, welche die unveränderte Betriebsanweisung des Herstellers ausweist. Dementsprechend hätte in dem Fall des Motorschirmtragwerks "Chronos 25", in dem es - wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift selbst darlegt - "dringend notwendig" war, den ursprünglich zur Erprobung gestellten Gewichtsbereich von 105 kg bis 150 kg auf 108 kg bis 135 kg "einzuschränken", um die Vorgaben der Lufttüchtigkeitsanforderungen zu erfüllen, keine positive Bescheinigung der Musterprüfung ausgestellt werden dürfen. Denn die in dem Betriebshandbuch(-entwurf) des Herstellers enthaltenen Betriebsanweisungen enthielten zu weite Massegrenzen und damit nicht die notwendigen Angaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftGerPV a. F., um für das Muster und das dem Muster nachgebaute Luftfahrtgerät einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Gerade weil die Musterprüfstelle - wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung selbst geltend macht - einen unmittelbare Einfluss auf den Inhalt der Betriebsanweisung in den Handbüchern der Hersteller nicht nehmen kann, muss sie auf unzureichende Angaben in diesen Betriebsanweisungen mit der Verweigerung einer Prüfbescheinigung reagieren.

Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin ferner gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die beanstandeten Erstfassungen der Prüfbescheinigungen für die Baumuster "Nucleon" und "Scorpio" seien nicht korrekt gewesen.

Es erschließt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen, die insoweit entsprechend gelten, dass es nicht zulässig gewesen ist, eine positive Bescheinigung der Musterprüfung für das Baumuster "Scorpio 24" zu erteilen, solange die in den vorgelegten Betriebsanweisungen des Betriebshandbuch(-entwurfs) des Herstellers genannten (Start-) Massegrenzen (von bis zu 160 kg) weiter waren, als diejenigen Startmassegrenzen von 137,5 kg bis zu welcher der geführte Festigkeitsnachweis lediglich ausreichend gewesen wäre. Die nochmalige Nachreichung eines identischen Festigkeitsnachweises hat hieran nichts geändert.

Der Senat teilt auch die Auffassung der Antragsgegnerin, aus dem Umstand, dass in den beanstandeten Erstfassungen der Prüfbescheinigungen für die Baumuster "Nucleon" und "Scorpio" die Betriebsarten "Trimmer" und "Fußbeschleuniger" mit "ja" deklariert wurden, ergebe sich, dass die beanstandeten Erstfassungen der Prüfbescheinigung eine Musterprüfung vorausgesetzt hätten, die sich uneingeschränkt auch auf das Flugverhalten der Luftsportgeräte bei Tragwerkstörungen ("Einklapper") bei gleichzeitigem Einsatz von "Trimmer" und "Fußbeschleuniger" bezogen hätte. Die Entgegnung der Antragstellerin in der Beschwerdebegründungsschriftschrift, diese Kombination sei "durch die Prüfstelle in den Daten zum Tragwerk ausdrücklich "ausgeschlossen" worden", ist nicht überzeugend. Denn aus den Daten ergibt sich lediglich die teilweise unterlassene Prüfung.

Als unrichtig betrachtet der Senat die Einlassung der Antragstellerin in der Beschwerdebegründungsschrift, die Kombination der Betriebsarten "Trimmer" und "Fußbeschleuniger" sei schon seitens der Hersteller ausgeschlossen gewesen. Denn es ergibt sich ein abweichender Sachverhalt nicht nur aus der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 8. März 2013, sondern auch aus einem Schreiben des Luftfahrt-Bundesamtes vom 4. Juli 2012 an die A. (Bl. 28 f. BA A, "Überprüfung Musterprüfungen"), der entsprechenden Reaktion der A. mit Schreiben vom 18. Juli 2012 (Bl. 43 f. BA A, "Überprüfung Musterprüfungen") sowie schließlich aus bereits am 7. Mai 2012 zwischen dem Leiter der Prüfstelle der Antragstellerin und dem Luftfahrt-Bundesamt gewechselten E-Mails (Bl. 131 BA A, "Vorgang Umwandlung") samt dem nachfolgenden Schreiben der Antragstellerin vom 9. Mai 2012 (Bl. 15 bis 17 BA A "Überprüfung Musterprüfungen"):

Anhand dieses Schriftwechsels wird deutlich, dass die Hersteller der in Rede stehenden Tragwerke lediglich die Auffassung vertraten, die gemäß § 1 Nr. 7 b) bb) der 2. DV LuftGerPV i. V. m. Nr. 4.3.7 BT der LFT 23/05 vorgesehene Prüfung, ob bei jeder Form des Einklappens des Tragwerks zu erwarten ist, dass erstens durch das Einklappen kein irreversibler Flugzustand auftritt, dass zweitens in eingeklapptem Zustand durch Steuerleinenzug geradeaus gehalten werden kann und dass drittens ohne Zutun des Piloten (z. B: durch Steuerleinenzug des Piloten) das Einklappen beendet wird, sei teilweise nicht durchführbar. Die Antragstellerin, die sich dieser Auffassung anschloss, sah bereits darin eine Rechtfertigung dafür, auf bestimmte Flugtests zu verzichten und gleichwohl eine positive Musterprüfung zu bescheinigen.

Indessen beruhte dies auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung der Prüfstelle und ihres Leiters. Gemäß § 10a Satz 1 LuftGerPV a. F. i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 LuftGerPV a. F. wird nämlich in der Musterprüfung u. a. geprüft, ob das Muster nicht Merkmale oder Eigenschaften aufweist, die einen sicheren Betrieb beeinträchtigen. Solche Merkmale oder Eigenschaften weist es auf, wenn Tragwerkstörungen in Gestalt "jeder Form des Einklappens des Tragwerks" nicht mit den in Nr. 4.3.7 BT der LFT 23/05 konkretisierten günstigen Erwartungen auf eine "gutmütige" Reaktion des Luftsportgeräts verbunden werden können. Lässt sich dies aus Gründen der Konstruktion des Tragwerks nicht oder nicht hinreichend gefahrlos in Flugtests prüfen, kann der in der Prüfung zu führende Nachweis nicht erbracht werden. Eine positive Prüfbescheinigung ist nicht zu erteilen; denn der Inhalt der Lufttüchtigkeitsforderungen darf von der Prüfstelle nicht relativiert werden.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass mit der fehlerhaften Rechtsanwendung der Antragstellerin Gefahren für den Luftverkehr verbunden gewesen sind. Denn die Leitung der Prüfstelle ist dafür verantwortlich, dass mehrfach für nicht ordnungsgemäß geprüfte Baumuster eines Luftsportgeräts eine Prüfbescheinigung erteilt wurde und es nicht ausgeschlossen werden konnte, dass Benutzer der entsprechenden Luftsportgeräte, sich im Vertrauen auf zu weite Massegrenzen in den Betriebsanweisungen bzw. in der Erwartung einer "gutmütigen" Reaktion des Luftsportgeräts auf Tragwerkstörungen Betriebsrisiken aussetzen, die durch die Musterprüfung gerade vermieden werden sollen. Es ist für den Senat durchaus nachvollziehbar, dass solche Risiken bei einer "Überladung" des Luftsportgeräts über die mustergeprüften Massegrenzen hinaus bzw. im Zuge eines Betriebs des Geräts bei Witterungsbedingungen, unter in denen verstärkt Turbulenzen auftreten, die zu Tragwerkstörungen ("Einklapper") führen können, ganz erheblich sind. Hierfür spricht auch das glaubhafte Vorbringen der Antragsgegnerin, dass von einer anderen anerkannten Prüfstelle Flugtests für eine Größenvariante des Tragwerkmusters "Nucleon" nicht im ganzen Betätigungsbereich des "Trimmers" durchgeführt wurden, weil bestimmte "Einklapper" zu solchen Reaktionen des Motorschirmtragwerks führten, dass selbst Testpiloten eine weitergehende Prüfung verweigerten.

Der Senat ist der Auffassung, dass die hiernach erheblichen und wiederholten Fehlleistungen der Prüfstelle ihre wesentliche Ursache in einer mangelnden Qualifikation ihres Leiters haben, der trotz mehrfacher Hinweise des Luftfahrt-Bundesamtes unbelehrbar an seinen unrichtigen Rechtsauffassungen festhielt. Es ist bezeichnend, dass die Antragstellerin selbst im Beschwerdeverfahren die Einsicht vermissen lässt, dass sie Gefahren für den Luftverkehr zu verantworten hat.

Da sich die in Rede stehenden Fehlleistungen des Leiters der Prüfstelle gerade auch auf die Bestimmung des Umfangs der Prüfungen bezieht, die "zur Erfüllung der der anwendbaren Lufttüchtigkeitsforderungen" geboten sind, teilt der Senat nicht die Zweifel der Antragstellerin daran, dass § 4 Abs. 1 der 3. DV LuftGerPV schon seinem Wortlaut nach einschlägig ist. Im Übrigen wäre die Vorschrift ihrem Sinn und Zweck nach auch dann (entsprechend) anwendbar, wenn sich die Fehlleistungen allein auf das Ausstellen unrichtiger Bescheinigungen beschränkten, ohne dass ein Zusammenhang gerade mit dem Umfang der Musterprüfungen bestünde.

In dem hiernach gebotenen Widerruf der Anerkennung als Prüfstelle liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Luftfahrt-Bundesamt ist nicht gehalten gewesen, durch "Einzelanweisungen" eine rechtskonforme Prüfungspraxis der Antragstellerin zu gewährleisten, nachdem dieser die Fehlerhaftigkeit ihrer Rechtsanwendung mehrfach erläutert worden war. Denn von einer Prüfstelle darf erwartet werden, dass sie sich - zumindest nach entsprechenden Hinweisen - aus eigenem Antrieb objektiv rechtmäßig verhält, ohne hierzu wiederholt durch behördliches Einwirken in gleich oder ähnlich gelagerten Einzelfällen angehalten werden zu müssen. Es mag dahinstehen, ob für solche Einzelanweisungen überhaupt eine hinreichende Rechtsgrundlage bestünde; denn Einzelanweisungen wären nicht geeignet, jenes eigenständige ordnungsgemäße Arbeiten der Prüfstelle herbeizuführen, das deren Funktion entspricht. Im Übrigen bleibt es der Antragstellerin unbenommen - etwa dadurch, dass sie umgehend einen bisher bei ihr nicht tätigen anderen qualifizierten Fachmann zum Leiter ihrer Prüfstelle beruft - eine Änderung des Sachverhalts herbeizuführen, die eine Aufhebung des Widerrufs ihrer Anerkennung im Widerspruchsverfahren ermöglichen könnte.

Die offenbar nicht zuletzt unter dem Druck des Widerrufsverfahrens vorgenommenen Änderungen ihrer Vorgehensweisen, welche die Antragstellerin im Rahmen des anderweitig geführten Akkreditierungsverfahrens in Aussicht stellt, sind unerheblich. Sie lassen die durchgreifenden Zweifel an der Qualifikation des Leiters ihrer Prüfstelle nicht entfallen.

Im Hinblick auf zum einen die Heilungsvorschriften des § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 VwVfG sowie zum anderen die Regelung des § 46 VwVfG i. V. m. dem Umstand, dass die nach § 10 Abs. 2 der 3. DV LuftGerPV zu treffende Entscheidung gebunden ist (sodass der Behörde ein Ermessen nicht zukommt), können die seitens der Antragstellerin gerügten Defizite ihrer Anhörung im Verwaltungsverfahren zu einer Erfolgsaussicht des Widerspruchs gegen den Widerruf der Anerkennung nicht führen.

Der Senat hält die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung des Luftfahrt-Bundesamtes (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) für ausreichend auf den Einzelfall bezogen.

Die als Darlegung von Beschwerdegründen nicht statthaften pauschalen Bezugnahmen der Antragstellerin (am Ende ihrer Beschwerdebegründungsschrift) auf ihren erstinstanzlichen Vortrag erfordern kein weiteres obergerichtliches Eingehen auf das Vorbringen im ersten Rechtszug.