Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.06.2016, Az.: 13 TaBV 13/15
Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats zur Personalplanung der Arbeitgeberin; Antrag des Betriebsrats einer psychiatrischen Klinik auf Übergabe von Unterlagen zum ermittelten Personalbedarf
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 01.06.2016
- Aktenzeichen
- 13 TaBV 13/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 21048
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2016:0601.13TABV13.15.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 24.10.2017 - AZ: 1 ABR 45/16
Rechtsgrundlagen
- BetrVG § 40 Abs. 1 S. 1
- BetrVG § 80 Abs. 2 S. 2
- BetrVG § 92 Abs. 1 S. 1
- BetrVG § 92 Abs. 2
Fundstellen
- ArbR 2016, 416
- AuUR 2017, 83
- EzA-SD 17/2016, 14
Amtlicher Leitsatz
1. Gemäß § 92 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle Tatsachen bekannt geben, die er zur Grundlage seiner jeweiligen Personalplanung machen will. Der Betriebsrat soll sich vergewissern können, ob die vom Arbeitgeber zur Personalplanung gemachten Angaben auch tatsächlich zutreffen (vgl. BAG 19.06.1984 - 1 ABR 6/83 -).
2. Die Verwirklichung des Vorschlagsrechts gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG setzt eine umfassendere Unterrichtung des Betriebsrats als nach § 92 Abs. 1 BetrVG voraus. Dem Betriebsrat sind hierzu nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG auf Verlangen die erforderlichen Unterlagen schon dann zur Verfügung zu stellen, wenn erst ihre Prüfung ergeben kann, ob der Betriebsrat aus eigener Initiative zur Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben tätig werden soll oder kann, sofern nur wahrscheinlich ist, dass die geforderten Unterlagen eine solche Überprüfung überhaupt erst ermöglichen.
3. Zur Frage, ob und inwieweit der Betreiber eines psychiatrischen Krankenhauses verpflichtet ist, den bei ihm gebildeten Betriebsrat anhand von Unterlagen über den aufgrund der sogenannten Psychiatrie Personalverordnung (Psych PV) ermittelten Personalbedarf für Ärzte, Krankenpflegepersonal und sonstiges therapeutisches Fachpersonal zu informieren.
Redaktioneller Leitsatz
1. Zur Personalplanung im Sinne des § 92 BetrVG gehören die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung, die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung.
2. Die Psychiatrie Personalverordnung (Psych PV) regelt die Grundsätze zur Ermittlung des Personalbedarfs für Ärzte, Krankenpflegepersonal und sonstiges therapeutisches Fachpersonal in psychiatrischen Einrichtungen; die Unterlagen der L2-Statistik und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung mit der Krankenkasse enthalten aufgeschlüsselt nach Berufs- oder Personalgruppen die unter Einbeziehung der Behandlungsbereiche und deren durchschnittlicher Zahl der Patienten sowie unter Berücksichtigung der tariflichen Arbeitszeit oder entsprechender Arbeitszeitregelungen und zu erwartender Ausfallzeiten ermittelten Personalstellen.
3. Der Anspruch des Betriebsrats gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beinhaltet das Zurverfügungstellen der Unterlagen, so dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat entweder das Original, eine Durchschrift oder Fotokopie für eine angemessene Zeit auszuhändigen hat; soweit mit einem auf "Übergabe" gerichteten Antrag weitergehend eine dauerhafte Herausgabe etwa von Fotokopien geltend gemacht wird, ist er zurückzuweisen.
4. Der Anspruch gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG und § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist zeitlich begrenzt, da sich die Personalplanung insbesondere auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf bezieht; selbst wenn sich aus der Entwicklung in der Vergangenheit für die Ausübung des Vorschlagsrechts des Betriebsrats bedeutsame Rückschlüsse/Schlussfolgerungen für die zukünftige Personalentwicklung ergeben können, rechtfertigt dies ohne konkrete nähere Begründung keine weitergehende Unterrichtung als über die beiden dem aktuellen Planungsjahr vorangegangenen Jahre.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Göttingen vom 06.01.2015 (2 BV 13/14) teilweise abgeändert.
a) Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller über den Inhalt der Übersicht "L2 Personal des Krankenhauses" und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus den jeweiligen Pflegesatzvereinbarungen mit der Krankenkasse für die Jahre 2014 bis 2016 durch Vorlage von Unterlagen zu unterrichten.
b) Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, den Antragsteller über den Inhalt der Übersicht "L2 Personal des Krankenhauses" und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus der Pflegesatzvereinbarung mit der Krankenkasse für das Jahr 2017 durch Vorlage von Unterlagen zu unterrichten.
c) Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller von den Kosten seiner Vertretung durch die Rechtsanwälte G. für die erste Instanz in Höhe von 931,18 € und für die zweite Instanz in Höhe von 1.128,60 € freizustellen.
Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Anträge zu 1 und zu 2 zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über den Umfang von Unterrichtungsansprüchen des Antragstellers im Zusammenhang mit der Personalplanung.
Die Beteiligte zu 2 betreibt psychiatrische Fachkliniken in G-Stadt und T-Stadt. Der Antragsteller ist der für diese Kliniken gewählte Betriebsrat.
Die Beteiligte zu 2 führt jährlich mit der Krankenkasse auf der Grundlage des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung Budgetverhandlungen durch, die zum Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung entsprechend dem vom Antragsteller zur Akte gereichten Muster (Anlage AS8 = Bl. 140 - 148 d.A.) führen. Für die Personalbemessung haben die Parteien der Pflegesatzvereinbarung dabei die Maßstäbe und Grundsätze der Psychiatrie-Personalverordnung (im Folgenden kurz: Psych-PV) zugrunde zu legen. Diese Verordnung legt das Verfahren für die Personalbemessung für den Regeldienst psychiatrischer Einrichtungen fest. Hierzu gehören u.a. vier Stichtagserhebungen jährlich zur Ermittlung der durchschnittlichen Anzahl der Patienten in den einzelnen Behandlungsbereichen. Die Personalstellen für eine psychiatrische Einrichtung werden ermittelt, indem für jede Berufsgruppe die durch die Verordnung festgelegten Minutenwerte der Behandlungsbereiche mit der entsprechenden durchschnittlichen Zahl der Patienten vervielfacht werden. Beim Krankenpflegepersonal ist der Minutenwert je Station mit der Anzahl der Stationen zu vervielfältigen und hinzuzurechnen. Die sich ergebende Gesamtstundenzahl je Berufsgruppe ist in Personalstellen umzurechnen, indem sie durch die Zahl der Arbeitsstunden geteilt wird, die unter Berücksichtigung der tariflichen Arbeitszeit oder entsprechender Arbeitszeitregelungen sowie der zu erwartenden Ausfallzeiten durchschnittlich je Mitarbeiter zu leisten sind. Die Höhe der Ausfallzeiten wird für die einzelnen Berufsgruppen von den Vertragsparteien unter Zugrundelegung einer angemessenen Arbeitsorganisation vereinbart. Die Berechnung der Personalstellen ist ebenso Bestandteil der Pflegesatzvereinbarung, wie die sogenannte Leistungs- und Kalkulationsaufstellung (LKA) nach der Anlage 1 zur Bundespflegesatzverordnung. Bestandteil der LKA ist wiederum die Übersicht "L2 Personal des Krankenhauses". Wegen der darin enthaltenen Angaben wird auf das vom Antragsteller zur Akte gereichte Blankoformular (AS 9 = Bl. 149 d.A.) verwiesen.
Bis etwa Mitte 2012 stellte die Beteiligte zu 2 dem Wirtschaftsausschuss die vierteljährlichen Stichtagserhebungen nach der Psych-PV zur Verfügung. Nachdem dies in der Folgezeit unterblieb, verfolgte der Antragsteller im Beschlussverfahren 1 BV 3/13 vor dem Arbeitsgericht Göttingen die Vorlage der Stichtagserhebungen bis einschließlich Juli 2013. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 17.10.2013 statt. Mit Beschluss vom 10.11.2014 (8 TaBV 120/13) änderte das Landesarbeitsgericht den Beschluss ab und wies den Antrag zurück. Derzeit ist das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 1 ABR 64/14 anhängig.
Mit Schreiben vom 01.07.2014 (Anlage AS 1 = B. 13 d.A.) teilte der Antragsteller der Beteiligten zu 2 Folgendes mit:
"in seiner heutigen Sitzung hat der Betriebsrat den Bericht des Wirtschaftsausschusses gehört und beraten. In diesem Zusammenhang hat der BR folgenden Beschluss gefasst:
Der Betriebsrat beschließt, auf Grundlage des BetrVG § 80, 90 und 92, die Daten des Verhandlungsergebnisse der Budgetverhandlungen incl. der Protokollnotizen mit den Krankenkassen ab 2011 bis zum 11.7. einzufordern."
Im Antwortschreiben der Beteiligten zu 2 (Anlage AS 2 = Bl. 14 d.A.) heißt es:
"über den aktuellen Stand der Budgetverhandlungen wird im Rahmen des monatlichen Wirtschaftsausschusses mündlich berichtet.
Weitergehende Unterlagen werden nicht zur Verfügung gestellt."
Mit dem am 21.08.2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller die Übergabe der Daten der Verhandlungsergebnisse der Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen für die Zeit von Januar 2008 bis Juli 2014 sowie die Feststellung der Kostentragungspflicht für seine anwaltliche Vertretung begehrt.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, er habe ein Recht, anhand von Unterlagen über die Personalplanung der Beteiligten zu 2 informiert zu werden. Die Personalplanung der Beteiligten zu 2 sei gesetzlichen Grundlagen, insbesondere der Psych-PV unterworfen. Aus den begehrten Unterlagen ergäben sich u.a. die tatsächlich verhandelten (Soll-) Personalbestände. Ohne deren Kenntnis sei es ihm nicht möglich, die Interessen der Beschäftigten wahrzunehmen. So ergebe sich aus der durch den Wirtschaftsausschuss veranlassten Analyse zur Erlössteigerung und Personalkosten bei der Beteiligten zu 2 (Anlage AS 3 = Bl. 15 bis 22 d.A.) auch, dass mit der Steigerung der Anzahl der Betten und Behandlungsplätze keine angemessene Steigerung des medizinischen bzw. nicht medizinischen Personals einhergegangen sei. Auf der Grundlage der Psych-PV erfolge jedoch entsprechend der Anzahl der Patienten sowie der Art und Schwere ihrer Erkrankung eine quantitative und qualitative Aufschlüsselung des vorzuhaltenden/anzustrebenden medizinischen Personals unter Berücksichtigung der einzelnen Behandlungsbereiche.
Es sei zudem zu berücksichtigen, dass er das Recht habe, der Beteiligten zu 2 Vorschläge für die Durchführung der Personalplanung zu machen.
Ferner benötige er die Unterlagen, um seiner Kontroll- und Überwachungsfunktion nachkommen zu können. Die Vorgaben bezüglich der Personalplanung nach der Psych-PV seien auch Regelungen zu Gunsten der Arbeitnehmer.
Er benötige die Informationen und Unterlagen seit 2008. Aus den zurückliegenden Zeiträumen habe er die Möglichkeit, Schlussfolgerungen für die aktuelle und auch künftige weitere Personalentwicklung zu ziehen. Auch benötige er die Angaben über die zurückliegenden Zeiträume im Rahmen der Kontroll- und Überwachungsfunktion.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. die Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Betriebsrat die Daten der Verhandlungsergebnisse der Budgetverhandlungen inklusive der Protokollnotizen und insbesondere die dazugehörigen jeweiligen Pflegesatzvereinbarungen mit den Krankenkassen ab Januar 2008 bis zum Juli 2014 zu übergeben.
2. Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Betriebsrat die Kosten für die außergerichtliche Vertretung des Betriebsrates durch die verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwälte G. zu tragen, da der Betriebsrat bei pflichtgemäßer und vollständiger Abwägung der Umstände die Vertretung für erforderlich halten durfte, sodass eine Hinzuziehung der Rechtsanwälte erforderlich war.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Antragsteller bezwecke mit der hier verlangten Herausgabe von Unterlagen das Gleiche, wie mit der Herausgabe der Stichtagserhebungen nach der Psych-PV. Ein solcher Anspruch bestehe aber nicht, da nach der Psych-PV ein allein finanzkalkulatorischer Bedarf rechnerisch ermittelt werde, der dann als Maßstab für die Personalkosten als Teil der Pflegesatzvereinbarung Berücksichtigung finde. Erst recht bestehe damit kein Anspruch auf Herausgabe von Pflegesatzvereinbarungen bzw. einzelner Unterlagen hieraus.
Ihre tatsächliche Personalplanung basiere nicht auf der Psych-PV. Die Psych-PV sei als Grundlage der tatsächlichen Personalplanung ungeeignet. Die durchzuführenden Erhebungen erfassten nur den Regeldienst. Die Grundlagen der Psych-PV seien seit 1997 nicht mehr aktualisiert worden. Wie sie tatsächlich ihre Personalplanung durchführe, habe sie im vorangegangenen Beschlussverfahren 1 BV 3/13 im Einzelnen vorgetragen. Sie stelle dem Antragsteller sämtliche Informationen zur Personalplanung zur Verfügung.
Der Antragsteller wisse, welche Daten er von ihr benötige, um ihr in Ausübung seines Initiativrechts Vorschläge für die Durchführung einer Personalplanung machen zu können. Der Wirtschaftsausschuss sei jeweils mündlich über den aktuellen Stand der Budgetverhandlungen informiert worden.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Unterlagen für die Zeit ab Januar 2008 übergeben werden sollten.
Wenn überhaupt bestehe nur ein Einsichtsrecht des Antragstellers und keines zur Überlassung von Unterlagen.
Das Arbeitsgericht hat mit einem dem Antragsteller am 19.01.2015 zugstellten Beschluss vom 06.01.2015 (Bl. 183 - 191 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, die Anträge zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 02.02.2015 eingelegte und am 16.04.2015 innerhalb verlängerter Frist begründete Beschwerde des Antragstellers. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller sein Begehren einerseits auf die Personalberechnung nach Psych-PV und die sogenannte L2 Statistik beschränkt, andererseits auf die Jahre 2015 bis2017 erweitert.
Der Antragsteller macht unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere geltend, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er berechtigt sei, gleichberechtigt neben dem Arbeitgeber eine Personalplanung durchzuführen. Ohne Kenntnis der Personalplanungsvorgaben aus den vertraglichen Verpflichtungen sei es ihm nicht möglich, gleichberechtigt eine Personalplanung durchzuführen und vorzuschlagen, die sich nicht lediglich als Folgeplanung der Planung durch das Unternehmen darstelle. Aus den von ihm begehrten Unterlagen lasse sich hinsichtlich des Personal-Sollbestandes im Vergleich zu dem Personal-Istbestand die Anzahl der Arbeitnehmer ermitteln, die im jeweiligen Bereich benötigt werde. Es lasse sich der Belastungsgrad der Mitarbeiter auf den jeweiligen Stationen ablesen. Hieraus ergebe sich der neutrale Personalbedarf.
Anhand der Unterrichtung werde er ermitteln, ob und wie er auf eigene Initiative tätig werde. Dies könne beispielsweise Vorschläge zur Belegung und den Personaleinsatz umfassen. Hierzu müsse es ihm auch möglich sein, Bedarfe und Besetzungen in der Vergangenheit bei der laufenden Personalplanung einzubeziehen.
Der Freistellungsanspruch betreffe das streitgegenständliche Verfahren. Der Beauftragung seiner Bevollmächtigten lägen seine ordnungsgemäßen Beschlüsse vom 15.07.2014 und 27.01.2015 (Bl. 412 f u. 414 d.A.) zugrunde.
Eine Bezifferung der Kosten sei zunächst mangels Wertfestsetzung nicht möglich gewesen. Zwischenzeitlich habe die Beteiligte zu 2 die Rechnungen vom 22.12.2015 (Bl. 408 f. u. 410 f. d.A.) erhalten. Ein Zahlungsausgleich sei nicht erfolgt.
Der Antragsteller beantragt zuletzt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Göttingen vom 06.01.2015
(2 BV 13/14)
1. Die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, dem Antragsteller die L2-Statistik und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung mit der Krankenkasse für die Jahre 2008 bis 2016 zu übergeben,
hilfsweise festzustellen, dass die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, dem Antragsteller die sogenannte L2-Statistik und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung mit der Krankenkasse für die Jahre 2008 bis 2016 zu übergeben.
2. festzustellen, dass die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, dem Antragsteller die sogenannte L2-Statistik und die Personalstellenberechnung nach Psych-PV aus der Pflegesatzvereinbarung mit der Krankenkasse auch für das Jahr 2017 zu übergeben.
3. Die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, den Beteiligten zu 1 von den Kosten für die Vertretung des Beteiligten zu 1 durch die Verfahrensbevollmächtigten, die Rechtsanwälte G. für die
I. Instanz mit RG Nr. 1500906 vom 22.12.2015 in Höhe von 931,18 €
und nunmehr auch die
II. Instanz mit RG Nr. 1500905 vom 22.12.2015 in Höhe von 1.128,60 €
freizustellen.
Die Beteiligte zu 2 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung als zutreffend. Sie nehme die Personalplanung auf der Basis des tatsächlichen Leistungsbedarfs nach näherer Maßgabe der Darstellung auf Seite 3 bis 6 des Schriftsatzes vom 09.09.2013 im Verfahren 1 BV 3/13 (Kopie Bl. 295 - 300 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 301 - 308 d.A.) vor.
Der Antragsteller wisse, welche Mittel sie zur Verfügung habe, um ihre Leistungen zu bestreiten und lege nicht dar, inwieweit die geforderten Unterlagen weitere Erkenntnisse bringen würden, zumal andere Arbeitgeber, auch Krankenhäuser, auf Personalbedarfsermittlungen nach der Psych-PV nicht zurückgreifen könnten.
Insbesondere seien dem Antragsteller Organisationspläne, Stellenpläne, Stellenbeschreibungen und Stellenbesetzungspläne bekannt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
II.
Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde des Antragstellers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 89, 87 Abs. 2, 66 ArbGG eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig und teilweise begründet.
1.
Der Antrag zu 1. ist hinsichtlich des Hauptantrags teilweise begründet. Soweit der Hilfsantrag zur Entscheidung angefallen ist, ist er unzulässig.
a)
Der Hauptantrag ist in seiner zuletzt gestellten Fassung zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Antragsteller begehrt die Übergabe der Personalstellenberechnung nach Psych-PV und der sogenannten L2 Statistik für bestimmte Jahre, die - unstreitig - Bestandteil der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung zwischen der Beklagten und den Krankenkassen sind. Der Antragsteller hat zudem durch Vorlage der Anlage AS 9 (Bl. 149 d.A.) verdeutlicht, um welche Angaben es ihm bei der sogenannten L2 Statistik geht. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten inhaltlich auch keine Unklarheit.
Die Erweiterung des Antrags auf die Jahre 2015 und 2016 ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO im Rahmen der Beschwerde des Antragstellers zulässig.
b)
Der Antrag ist hinsichtlich der Jahre 2014 bis 2016 gemäß § 92 Abs. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG auch begründet.
aa)
Vorschläge des Betriebsrats können sich gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG nicht nur auf die Einführung sondern auch auf die Durchführung einer Personalplanung und damit auch auf eine Änderung einer bestehenden Personalplanung beziehen (vgl. GK-Raab, BetrVG, 10. Aufl., § 92 Rn. 35). Solche Vorschläge haben nur dann Aussicht, vom Arbeitgeber in Erwägung gezogen und mit dem Betriebsrat beraten zu werden, wenn sie von tatsächlichen Gegebenheiten ausgehen und fundiert erscheinen (vgl. BAG, 31.01.1989 - 1 ABR 72/87 - juris Rn. 24; 15.12.1998 - 1 ABR 9/98 - juris Rn. 40). Die Reichweite eines Unterrichtungsanspruchs in diesem Zusammenhang ist streitig. Teilweise wird angenommen, dass sich der Betriebsrat zur Verwirklichung seines Vorschlagsrechts gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG nur auf eine Unterrichtung über die Personalplanung anhand von Unterlagen im Sinne des § 92 Abs. 1 BetrVG stützen kann (vgl. Hess/Schlochauer/Rose, BetrVG, 8. Aufl., § 92 Rn. 100) und damit nur auf solche Umstände, die der Arbeitgeber zur Grundlage seiner Personalplanung machen will (vgl. BAG 19.06.1984 - 1 ABR 6/83). Nach zutreffender, wohl herrschender, Meinung setzt die Verwirklichung des Initiativrechts gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG eine umfassendere Unterrichtung als nach § 92 Abs. 1 BetrVG voraus. Dem Betriebsrat sind hierzu nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG auf Verlangen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (vgl. Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 28. Aufl., § 92 Rn. 36; DKKW-Homburg, BetrVG, 14.Aufl. § 92 Rn. 47; wohl auch BAG 15.12.1998, a.a.O., Rn. 37; vgl. auch BAG 31.01.1989, a.a.O., Rn. 21 ff; ferner GK-Raab, a.a.O., § 92 Rn. 36). Die Verpflichtung zur Unterrichtung nach § 80 Abs. 2 BetrVG besteht nicht erst dann, wenn feststeht, dass sich für den Betriebsrat bestimmte Aufgaben schon ergeben haben, denn die Vorschrift soll ihn in die Lage versetzen, in eigener Verantwortung selbst zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden soll. Deshalb hat der Betriebsrat schon dann einen Anspruch auf Unterrichtung, wenn erst die Prüfung dieser Unterlagen ergeben kann, ob er aus eigener Initiative zur Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben tätig werden soll oder kann, sofern nur wahrscheinlich ist, dass die geforderten Unterlagen eine solche Prüfung überhaupt erst ermöglichen (vgl. BAG 20.09.1990 - 1 ABR 74/89 - juris Rn. 11 f.).
bb)
Danach kann der Antragsteller zunächst Unterrichtung über die Berechnung der Personalstellen nach Psych-PV und über den Inhalt der sogenannten L2 Statistik aus der Pflegesatzvereinbarung für das laufende Jahr 2016 verlangen. Die begehrte Unterrichtung betrifft die Personalplanung.
(1)
Zur Personalplanung im Sinne des § 92 BetrVG gehören die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung, die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 81/08 -, Rn. 23, juris, m.w.N.).
(2)
Die vom Antragsteller verlangten Informationen betreffen den Personalbedarf der Beteiligten zu 2. Die Psych-PV regelt die Grundsätze zur Ermittlung des Personalbedarfs für Ärzte, Krankenpflegepersonal und sonstiges therapeutisches Fachpersonal in psychiatrischen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Psych-PV). Die begehrten Unterlagen enthalten, aufgeschlüsselt nach Berufs- bzw. Personalgruppen, die unter Einbeziehung der Behandlungsbereiche und deren durchschnittlicher Zahl der Patienten sowie unter Berücksichtigung der tariflichen Arbeitszeit oder entsprechender Arbeitszeitregelungen und zu erwartender Ausfallzeiten ermittelten Personalstellen (§ 6 Psych-PV). Bei der Ermittlung des Personalbedarfs nach Psych-PV werden auch Art und Schwere der Krankheit sowie Behandlungsziele und -mittel berücksichtigt (§ 4 Psych-PV). Die begehrten Informationen können damit dem Antragsteller für den Regeldienst etwa Rückschlüsse auf den Belastungsgrad bestimmter Berufsgruppen in bestimmten Beschäftigungsbereichen ermöglichen. Selbst wenn die nach der Vorgabe der Psych-PV ermittelten Personalstellen bzw. der so ermittelte Personalbedarf der tatsächlichen Personalplanung der Beteiligten zu 2 nicht zugrunde liegen und aus Sicht der Beteiligten zu 2 (ausschließlich) der Erlangung eines möglichst hohen Pflegesatzes dienen, ist es wahrscheinlich, dass die geforderten Unterlagen dem Antragsteller doch die Gewinnung von Erkenntnissen gestatten, die ihn in die Lage versetzen, darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt er der Beteiligten zu 2 Vorschläge für die Personalplanung machen will. Jedenfalls hindert die Psych-PV nicht, die auf ihrer Grundlage erhobenen Daten ganz oder teilweise auch im Rahmen tatsächlicher Personal(bedarfs)planung zu berücksichtigen. Gegenüber den hier begehrten Informationen stellen die Stichtagserhebungen lediglich einen Zwischenschritt zur Ermittlung der Personalstellen dar. In die Personalstellenberechnung fließen zudem die zu erwartenden Ausfallzeiten für die einzelnen Beschäftigungsgruppen ein. Die Übersicht "L2 Personal des Krankenhauses" enthält neben der nach Beschäftigtengruppen aufgeschlüsselten Zahl der durchschnittlich beschäftigten Vollkräfte für den laufenden Pflegesatzzeitraum die für den neuen Pflegesatzzeitraum geforderte und vereinbarte Beschäftigtenzahl.
cc)
Der Anspruch geht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG auf das Zurverfügungstellen der Unterlagen. Dies bedeutet, dass die Beteiligte zu 2 dem Antragsteller entweder das Original, eine Durchschrift oder Fotokopie für eine angemessene Zeit auszuhändigen hat (vgl. ErfK-Kania, 16. Aufl., § 80 Rn. 24 m.w.N.). Soweit der auf "Übergabe" gerichtete Antrag weitergehend zu verstehen sein sollte, insbesondere auf dauerhafte Herausgabe etwa von Fotokopien, ist er zurückzuweisen.
dd)
Der Anspruch gemäß §§ 92 Abs. 2, 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG besteht auch für die Jahre 2014 und 2015, nicht jedoch für die Jahre 2008 bis 2013. Personalplanung bezieht sich insbesondere auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf (BAG 23.03.2010 - 1 ABR 81/08, Rn. 23). Selbst wenn man dem Antragsteller zugesteht, dass sich aus der Entwicklung in der Vergangenheit für die Ausübung des Vorschlagsrechts bedeutsame Rückschlüsse/Schlussfolgerungen für die zukünftige Personalentwicklung ergeben können, so rechtfertigt dies ohne konkrete nähere - hier fehlende - Begründung keine weitergehende Unterrichtung als über die beiden dem aktuellen Planungsjahr vorangegangenen Jahre. Soweit der Antragsteller die Unterlagen auch für die Jahre 2008 bis 2013 begehrt, war der Antrag deshalb von vornherein unbegründet. Jedenfalls hat er sich durch Zeitablauf während des Verfahrens erledigt. Hierauf hatte die Kammer mit Beschluss vom 11.01.2016 hingewiesen.
ee)
Ein Anspruch für die Jahre 2008 bis 2013 ergibt sich nicht aus § 92 Abs. 1 bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Auch insoweit hat sich das Begehren des Antragstellers jedenfalls durch Zeitablauf erledigt.
c)
Der hilfsweise zu dem Hauptantrag zu 1 gestellte, auf Feststellung gerichtete Antrag ist bezüglich der Jahre 2008 bis 2013 zur Entscheidung angefallen, jedoch unzulässig, weil das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO stets von Amts wegen zu prüfende besondere Feststellungsinteresse fehlt. Aus der begehrten Feststellung können sich keine Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft mehr ergeben. Soweit das Begehren des Antragstellers für die Vergangenheit Ausdruck einer generellen Streitfrage war, wird diese durch die Entscheidung zu den Jahren 2014 bis 2016 geklärt.
2.
Der Feststellungsantrag (Hauptantrag zu 2) ist zulässig. Auch insoweit handelt es sich um eine gemäß § 264 ZPO zulässige Erweiterung des Antrags im Rahmen der eigenen, zulässigen Beschwerde des Antragstellers. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil der anspruchsbegründende Sachverhalt (Pflegesatzvereinbarung für 2017) zum Zeitpunkt der Antragserweiterung bzw. bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch in der Entwicklung bzw. Zukunft lag. Hinsichtlich der Begründetheit des Antrags gelten die Ausführungen unter II 1. a bis c entsprechend.
3.
Der Freistellungsantrag (Antrag zu 3) ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BetrVG begründet. Zu den Geschäftsführungskosten des Betriebsrats gehören auch die Kosten, die durch Beauftragung eines Rechtsanwalts bei der gerichtlichen Durchsetzung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte entstehen. Der Antragsteller hat dargelegt, dass der Beauftragung der Rechtsanwälte G. ordnungsgemäß gefasste Beschlüsse zugrunde lagen. Dies hat die Beteiligte zu 2 nicht bestritten. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durfte der Antragsteller unter pflichtgemäßer Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten und unter Würdigung aller Umstände - auch des Kosteninteresses der Beteiligten zu 2 - die Beauftragung für erforderlich halten. Die Beteiligte zu 2 hatte die Herausgabe der begehrten Unterlagen abgelehnt. Insoweit bestand Streit zwischen den Beteiligten über den Umfang betriebsverfassungsrechtlicher Unterrichtungsrechte des Antragstellers. Der Antragsteller war nicht gehalten, den Ausgang des um die Stichtagserhebungen nach Psych-PV geführten Beschlussverfahrens abzuwarten. Zum einen bestand keine Vorgreiflichkeit jenes Verfahrens im Sinne des § 148 ZPO. Auf den Beschluss der Kammer vom 11.01.2016 über die Zurückweisung des Aussetzungsantrags der Beteiligten zu 2 (Bl. 381 d.A.) wird verwiesen. Zum anderen lag bezüglich jenes Verfahrens zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Antragstellers am 15.07.2014 (allein) eine stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts vor.
Gegen die Höhe der Freistellungsverpflichtung gemäß den zur Akte gereichten Rechnungen vom 22.12.2015 hat die Beteiligte zu 2 keine Einwände erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich.
4.
Die mit den Anträgen zu 1 und zu 2 aufgeworfenen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung, weshalb insoweit die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zuzulassen war.