Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.02.2016, Az.: 6 Sa 421/15 E

Stufenzuordnung eines Lehrers unter Berücksichtigung einschlägiger Vorbeschäftigungszeiten; Zahlungsklage bei fehlender Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber; Stufenzuordnung einer Lehrerin unter Berücksichtigung einschlägiger Vorbeschäftigungszeiten; Unbegründete Zahlungsklage bei fehlender Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.02.2016
Aktenzeichen
6 Sa 421/15 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 20834
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2016:0211.6SA421.15E.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Lüneburg - 12.03.2015 - AZ: 4 Ca 318/14 E

Fundstellen

  • AE 2016, 207
  • ZTR 2016, 633-636
  • öAT 2016, 190

Amtlicher Leitsatz

Die unterschiedliche Berücksichtigung von einschlägiger Berufserfahrung bei demselben Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV L und bei einem fremden Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV L verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG noch gegen Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 der Verordnung (EU) No. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Lüneburg vom 12.03. 2015 - 4 Ca 318/14 E - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach dem TV-L.

Die am 19.01.1967 geborene Klägerin verfügt über die Lehrbefähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen mit dem Schwerpunkt Hauptschulen und den Lehrbefähigungsfächern evangelische Religion und Geschichte.

Vom 01.08.2005 bis 31.07.2013 war die Klägerin in der A-Schule, einer staatlich anerkannten Förderschule in freier Trägerschaft mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, beim B-Werk. Zuletzt erhielt sie dort in Anlehnung an den TV-L Vergütung nach Entgeltgruppe 11 Stufe 5.

In der Zeit vom 01.11.2012 bis zum 08.02.2014 absolvierte die Klägerin erfolgreich eine Weiterbildung "Systemisches Arbeiten in Sozialarbeit, Pädagogik, Beratung und Therapie".

Im Jahr 2013 schrieb das beklagte Land eine Stelle als Lehrkraft mit der Lehrbefähigung für Sonderpädagogik und dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung für das Förderzentrum C-Schule in C-Stadt aus. Hierauf erfolgte lediglich eine Bewerbung, die jedoch später zurückgezogen wurde. Daraufhin wurde die Planstelle für Lehrkräfte mit anderen Lehrbefähigungen - aus dem allgemeinbildenden Bereich - geöffnet, und, weil die Klägerin sowohl der Schulleiterin des Förderzentrums C-Schule in C-Stadt, Frau D., als auch dem zuständigen schulfachlichen Dezernenten der Niedersächsischen Landesschulbehörde, Herrn E., bereits bekannt war, als Bezirksstelle mit den Lehrbefähigungsfächern der Klägerin (evangelische Religion und Geschichte) ausgeschrieben. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle und erhielt den Zuschlag.

Seit dem 05.08.2013 ist die Klägerin daraufhin bei dem beklagten Land im Förderzentrum C-Stadt als vollbeschäftigte Lehrkraft tätig. Die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 31.07./13.08.2013 (Bl. 9 und 10 d. A.). Nach dessen § 3 gilt für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Der - vom beklagten Land bereits unterzeichnete - Arbeitsvertrag ist der Klägerin vorab mit einem Begleitschreiben vom 31.07.2013 übersandt worden. Darin hieß es u. a.:

"..Für das Arbeitsverhältnis ist der schriftliche Arbeitsvertrag maßgeblich, den Sie vor Dienstantritt bei der Schulleitung unterzeichnen. Wie Sie dem Arbeitsvertrag entnehmen können, sind Sie in Entgeltgruppe EG 11 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) eingruppiert. Sie werden zunächst der Stufe 3 zugeordnet. Die Stufenlaufzeit der Stufe 4 beginnt am 05.08.2016. ... Bezüglich der Gewährung einer Zulage (Qualifizierung "Systemisches Arbeiten in Sozialarbeit, Pädagogik, Beratung und Therapie") habe ich den Vorgang an das Kultusministerium in F-Stadt mit der Bitte um Klärung vorgelegt."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 11 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 07.08.2013 bat die Direktorin der C-Schule beim beklagten Land um Überprüfung der für die Klägerin geplanten Einstufung. Am 13.08.2013 unterzeichnete die Klägerin den schriftlichen Arbeitsvertrag. Im Schreiben vom 20.08.2013 erklärte sie dem beklagten Land, mit der Stufenzuordnung in Stufe 3 nicht einverstanden zu sein. Es folgte weiterer Schriftwechsel der Parteien zur Frage der richtigen Einstufung (vgl. Bl. 18 bis 23 d. A.).

Erstinstanzlich hat die Klägerin die Auffassung vertreten, anstelle von Stufe 3 müsse sie richtigerweise der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 TV-L zugeordnet werden. Sie habe zwar keine Lehrbefähigung für das Lehramt Sonderpädagogik, ihre Tätigkeit im Förderzentrum C-Schule setze aber Qualifikationen voraus, die nicht von der Lehrbefähigung im Lehramt Grund-, Haupt- und Realschule abgedeckt seien, sondern nur mit Zusatzqualifikation erfüllt werden könnten. Über diese verfüge sie. Das ergebe sich aus der inzwischen abgeschlossenen Weiterbildung im Systemischen Arbeiten sowie aus ihrer langjährigen Erfahrung an der Förderschule A-Schule. Ihre aktuelle Tätigkeit im Förderzentrum der C-Schule entspreche derjenigen einer Förderschullehrerin. Dieses Aufgabengebiet sei nicht mit dem einer Lehrerin an Grund- und Hauptschulen in den Unterrichtsfächern evangelische Religion und Geschichte vergleichbar. Zudem sei ihre Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L erfolgt. Für die von ihr nunmehr ausgeübte Tätigkeit als Förderschullehrerin habe ein konkreter Personalbedarf bestanden. Das beklagte Land habe die Klägerin als Förderschullehrerin an sich binden wollen. Bereits im Januar 2012 habe sie sich an Frau G. von der Niedersächsischen Landesschulbehörde gewandt und um Überprüfung einer möglichen Einstufung gebeten, falls sie in dem Staatsdienst eingestellt würde. Vor ihrer Einstellung habe sie Frau H. von der Niedersächsischen Landesschulbehörde wiederholt mitgeteilt, dass der Niedersächsische Schuldienst für sie nur in Frage komme, wenn sie dasselbe Gehalt wie bei ihrem damaligen Arbeitgeber erhalte. Hierauf habe Frau H. sinngemäß erwidert, dass "das schon gehen/klappen" würde. Die Klägerin habe der Aussage von Frau H. vertrauen dürfen.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, ihr ab dem 05.08.2013 Vergütung nach der Vergütungsgruppe 11 Stufe 4 TV-L zu zahlen,

hilfsweise,

das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin ab dem 05.08.2013 eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 3 und der Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TV-L zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Einstufung der Klägerin in Stufe 3 der Entgeltgruppe 11 TV-L sei zutreffend. Die Zahlung einer Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Stufen 3 und 4 komme nicht in Betracht. Die Einstellung der Klägerin sei nicht zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L erfolgt. Es habe lediglich ein normales Einstellungsinteresse bestanden. Die für das Förderzentrum C-Stadt ausgeschriebene Stelle habe mit jeder anderen Lehrkraft mit der Lehrbefähigung für Haupt- und Realschulen besetzt werden können. Angesichts des Mangels an Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für Sonderpädagogik würden auch Lehrkräfte mit anderen Lehrbefähigungen an Förderschulen eingesetzt. Die Vorerfahrung der Klägerin und ihre Zusatzqualifikation seien nicht Voraussetzungen für ihre Einstellung gewesen. An Lehrkräften mit der Lehrbefähigung der Klägerin für Grund- und Hauptschulen einschließlich ihrer Lehrbefähigungsfächer evangelische Religion und Geschichte habe im Einstellungszeitraum kein Mangel bestanden. Soweit sich die Klägerin auf etwaige Zusagen von Mitarbeitern der Landesschulbehörde beziehe, hätten diese zum einen eine solche nicht erteilt, und seien zum anderen auch dazu nicht befugt gewesen.

Mit Urteil vom 12.03.2015 hat das Arbeitsgericht Lüneburg die Klage abgewiesen. Wegen der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Seiten 5 bis 9 desselben, Bl. 85 bis 89 d. A.) Bezug genommen.

Das Urteil ist der Klägerin am 28.04.2015 zugestellt worden. Mit am 04.05.2015 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin hiergegen Berufung eingelegt und diese, nachdem ihr zuvor Fristverlängerung gewährt worden war, unter dem 09.07.2015 begründet.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TV-L zu haben. Das beklagte Land habe von Anfang an Kenntnis davon gehabt, dass sie bei ihrem vorherigen Arbeitgeber die Entgeltgruppe 11 Stufe 5 erhalten habe. Um die Klägerin dazu zu bewegen, das langjährige Vorbeschäftigungsverhältnis aufzugeben und den Qualifikationsbedarf an der eigenen Schule zu gewährleisten, sei der Klägerin mehr als deutlich in Aussicht gestellt worden, das Problem der Eingruppierung werde letztlich in ihrem Sinne gelöst. Auf diese Zusage habe die Klägerin vertraut. Unabhängig davon habe die Klägerin einen tariflichen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 11 Stufe 4. Das beklagte Land habe eine einschlägige Berufserfahrung von drei Jahren berücksichtigt, obwohl die Klägerin unstreitig nach dem Dienstzeugnis des vorherigen Arbeitgebers dort seit 2005 als Lehrerin tätig gewesen sei. Zudem habe die Klägerin eine Ausbildung als systemische Beraterin absolviert. Zwar differenziere § 16 Abs. 2 TV-L bei der Anrechnung von einschlägiger Berufserfahrung ausdrücklich danach, ob diese bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber erworben sei. Diese Differenzierung verstoße jedoch gegen die europarechtlichen Freizügigkeitsvorschriften und sei deshalb nichtig. Nach dem Grundsatz der "Anpassung nach oben" habe die Klägerin deshalb Anspruch darauf, dass ihre bei anderen Arbeitgebern erworbene einschlägige Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung voll angerechnet werde. Legitime Ziele oder zwingende Gründe des Allgemeinwohles, die es rechtfertigen würden, Vorbeschäftigungszeiten unterschiedlich danach zu berücksichtigen, ob sie bei demselben oder bei einem anderen Arbeitgeber erbracht worden seien, seien nicht gegeben. Unabhängig davon sei die Einstellung der Klägerin zur Deckung eines Personalbedarfs im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L erfolgt. Unstreitig bestehe ein Mangel an Lehrkräften mit der Lehrbefähigung Sonderpädagogik. Um zumindest auf eine Lehrkraft zurückgreifen zu können, die zwar nicht die Lehrbefähigung für Sonderpädagogik habe, aber weitestgehend entsprechende Qualifikationsmerkmale aufweise, sei die Stellenausschreibung dann so konzipiert worden, dass sie allein auf die Klägerin zugetroffen habe. Deren besondere Kenntnisse und Fähigkeiten habe sich das beklagte Land offenkundig zunutze machen wollen. Schließlich eröffne § 16 Abs. 5 TV-L die Möglichkeit, sowohl vorhandenen als auch neu eingestellten Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Einstufung ein höheres Entgelt zu zahlen. Das sei nicht nur in Einzelfällen, sondern auch in Bezug auf bestimmte Tätigkeitsgruppen möglich. Dazu gehöre die Bindung von Fachkräften aufgrund ihrer Qualifikation und/oder ihrer Eigenschaft als Leistungsträger. Die Zahlung dieser Zulage stehe nicht im freien, sondern im billigen Ermessen des Arbeitgebers. Die vom beklagten Land vorgenommene Stufenzuordnung in die Stufe 3 lasse jegliches billige Ermessen vermissen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Lüneburg vom 12.03.2015 - 4 Ca 318/14 E - abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 05.08.2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TV-L zu zahlen;

hilfsweise,

das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin ab dem 05.08.2013 eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 3 und der Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TV-L zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Zunächst verstoße § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L nicht gegen europarechtliche Vorgaben, weil darin zwischen einer voll anzurechnenden einschlägigen Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber und einer in geringerem Umfang anzurechnenden einschlägigen Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber differenziert werde. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt im EU-Ausland gearbeitet. Es fehle deshalb an einem sog. grenzüberschreitenden Element. Selbst wenn man das anders bewerten wolle, sei die Differenzierung durch legitime Ziele in Gestalt der Honorierung der Bindung zu einem bestimmten Arbeitgeber, der Schaffung eines Anreizes zur Rückkehr zu diesem Arbeitgeber und der Nutzbarmachung von in den Strukturen des Arbeitgebers erworbener Berufserfahrung legitimiert. § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L könne das Begehren der Klägerin nicht rechtfertigen. Die Klägerin sei nicht zur Deckung eines Personalbedarfs im Sinne dieser tariflichen Vorschrift eingestellt worden. Zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin habe allein ein Mangel an Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für Sonderpädagogik bestanden. Diese Qualifikation weise die Klägerin nicht auf. Die ausgeschriebene Stelle habe mit Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschule besetzt werden können. An solchen Lehrkräften habe seinerzeit kein Mangel bestanden. Im Hinblick auf die Klägerin habe lediglich ein "normales" Einstellungsinteresse vorgelegen, das jeder Einstellung zugrunde liege. Daran ändere weder die an der A-Schule erworbene Berufserfahrung der Klägerin noch die von ihr absolvierte Weiterbildung etwas. Hierdurch erlange die Klägerin nicht die formale Qualifikation der Lehrbefähigung für Sonderpädagogik. Gleiches gelte im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragene Einsatzmöglichkeit im mobilen Dienst. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Zulage gemäß § 16 Abs. 5 TV-L. Ihre Einstellung sei weder zur Deckung eines besonderen Personalbedarfs noch zur Bindung einer qualifizierten Fachkraft erfolgt. Letztere seien nur solche, die nicht in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt verfügbar seien und für die ein Mangel festgestellt werden könne. Tatsächlich habe es jedoch bei Einstellung der Klägerin eine ausreichende Anzahl von Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen auf dem Arbeitsmarkt gegeben. Das sei aktuell nicht anders. Schließlich sei der Klägerin eine Einstufung in Stufe 4 nicht individualvertraglich zugesagt worden. Die schriftlichen Unterlagen beinhalteten sämtlichst eine Einstufung in Stufe 3. Eine mündliche Zusage durch Frau H. habe es nicht gegeben. Ohnehin wäre Frau H. hierzu nicht befugt gewesen. Die Voraussetzungen für eine Rechtsscheinhaftung seien nicht erfüllt. Dagegen spreche bereits die schriftliche Mitteilung der Niedersächsischen Landesschulbehörde vom 31.07.2013.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 03.07.2015, 05.08.2015, 14.12.2015 und 15.12.2015 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 29.10.2015 und 11.02.2016 wechselseitig abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

A

Die Berufung ist zwar zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG und §§ 519, 520 ZPO.

B

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin kann vom beklagten Land ab dem 05.08.2013 weder auf Grundlage des § 16 Abs. 2 TV-L höhere Vergütung als nach Entgeltgruppe 11 Stufe 3 verlangen noch hat sie Anspruch auf Zahlung einer Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Stufen 3 und 4 der Entgeltgruppe 11 TV-L gemäß § 16 Abs. 5 TV-L.

I.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet unstreitig der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung.

§ 16 TV-L hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

Absatz 1

Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen 5 Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 6 6 Stufen. ...

Absatz 2

Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2 bzw. - bei Einstellung nach dem 31.01.2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

Protokollerklärungen zu § 16 Abs. 2:

1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder eine auf die Aufgabe bezogene entsprechende Tätigkeit.

...

3. Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens 12 Monate.

...

Absatz 5

Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweggewährt werden. Beschäftigte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 50 v. H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. Die Zulage kann befristet werden. Sie ist auch als befristete Zulage widerruflich.

II.

Danach hat das beklagte Land die Klägerin bei ihrer Einstellung zum 05.08.2013 zutreffend der Stufe 3 Entgeltgruppe 11 zugeordnet.

1.

Eine höhere Stufenzuordnung ergibt sich zunächst nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 in Verbindung mit Ziffer 3 der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L.

a)

Die Klägerin verfügte zum 05.08.2013 nicht über die für die Stufe 4 geforderte einschlägige Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber, also dem beklagten Land. Ihre vorherige einschlägige Berufserfahrung seit dem 01.08.2005 bei dem B-Werk in der A-Schule als einem anderen Arbeitgeber hat das beklagte Land entsprechend § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L im maximalen Umfang durch die Zuordnung in Stufe 3 berücksichtigt.

b)

Die unterschiedliche Berücksichtigung von einschlägiger Berufserfahrung bei demselben Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L und bei einem fremden Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 GG.

aa)

Zwar sind die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte gebietet es den Arbeitsgerichten jedoch, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dessen Reichweite hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab. Die Tarifvertragsparteien haben in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative (BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12).

bb)

Bei Zugrundlegung dieser Vorgaben wird Art. 3 Abs. 1 GG durch die Unterscheidung bei der Stufenzuordnung in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 2 TV-L nicht verletzt. Die Tarifvertragsparteien durften bei typisierender Betrachtung annehmen, dass zwischen den von § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L erfassten Beschäftigungsgruppen Unterschiede bestehen, die die unterschiedliche Berücksichtigung der erworbenen Berufserfahrung rechtfertigen. Sie konnten davon ausgehen, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl von Fällen eine nicht länger als sechs bzw. 12 Monate zurückliegende Tätigkeit beim selben Land eine Berufserfahrung vermittelt, die den Beschäftigten dazu befähigt, diese nach seiner Wiedereinstellung schneller in vollem Umfang einzusetzen, als dies einem Arbeitnehmer möglich ist, der seine Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber mit oftmals andersartigen Strukturen erworben hat. Außerdem ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien so einen Anreiz zur Rückkehr solcher Beschäftigten schaffen wollen, die bereits zuvor eine einschlägige Berufserfahrung bei demselben öffentlichen Arbeitgeber erworben haben (BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 18).

c)

Der unterschiedlichen Behandlung von einschlägiger vorheriger Berufserfahrung bei demselben und einem anderen Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 TV-L stehen auch nicht Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 der Verordnung (EU) No. 492/2011 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union entgegen.

aa)

Art. 45 Abs. 2 AEUV verbietet jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Bezug auf die Beschäftigung, die Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 492/2011 beinhaltet eine besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV normierten Diskriminierungsverbotes in Bezug auf Beschäftigungsbedingungen und die Arbeit. Beide Vorschriften sind identisch auszulegen (EuGH 5. Dezember 2013 - C-514/12 - Rn. 23). Dabei ist hervorzuheben, dass der AEUV nur Sachverhalte erfasst, die einen relevanten Auslandsbezug aufweisen. Die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit können nicht auf Konstellationen erstreckt werden, die keine Berührung zu irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinausreichen (EuGH 15. November 2011 - C-256/11 - Rn. 60). Eine rein innerstaatliche Maßnahme genügt deshalb für die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht aus (Walter Frenz Handbuch Europarecht Europäische Grundfreiheiten 2. Aufl. Bd. 1 § 483 Rn. 1450). Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates, der niemals von seinem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch gemacht hat, kann sich nicht auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen. Die Ausgestaltung der innerstaatlichen Bewegungsfreiheit von Arbeitnehmern ist keine Kategorie für den Umfang der grenzüberschreitenden Freizügigkeit (Steinmeyer Kommentar zum Europäischen Arbeitsrecht Art. 45 AEUV Rn. 35). Auch die rein hypothetische Aussicht auf die Ausübung und/oder Beeinträchtigung des Rechtes auf Freizügigkeit ist unzureichend, um die Anwendung der Unionsbestimmungen zu rechtfertigen (EuGH 8. November 2012 - C-40/11 - Rn. 77).

bb)

Danach kann sich die Klägerin nicht auf das Unionsrecht berufen. Es fehlt im vorliegenden Streitfall an dem grenzüberschreitenden Element. Die Klägerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Weder hat sie die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedsstaates, noch hat sie Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedsstaat erworben, deren Anerkennung sie im vorliegenden Prozess geltend macht. Die im Streit stehenden Beschäftigungszeiten sind von der Klägerin ausschließlich im Inland zurückgelegt worden. Die Klägerin hat von ihrem Recht auf Freizügigkeit - soweit für den Streitfall von Bedeutung - also nie tatsächlich Gebrauch gemacht. Allein die bloße Möglichkeit, die Klägerin könne in Zukunft irgendwann von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, stellt keinen ausreichenden Bezug zum Unionsrecht her.

cc)

Selbst wenn man den Anwendungsbereich von Art. 45 AEUV, 7 Abs. 1 Verordnung (EU) No. 492/2011 als eröffnet betrachtet, wäre der Anspruch der Klägerin gleichwohl unbegründet. Die in § 16 Abs. 2 TV-L enthaltene Differenzierung wäre gleichwohl nicht wegen Verstoßes gegen Unionsrecht nichtig. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien mit der in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L geregelten differenzierten Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung in geeigneter Weise unionsrechtlich legitime Ziele sowie zwingende Allgemeininteressen verfolgt und sind nicht über das hinausgegangen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

(1)

Mit der Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung wollen die Tarifvertragsparteien einerseits die Besitzstände bereits zuvor bei dem Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer wahren, andererseits diesen Arbeitnehmern einen Anreiz zur Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber geben und schließlich die in den Strukturen des bisherigen Arbeitgebers erworbene einschlägige Berufserfahrung honorieren. Den Besitzstand einer Personengruppe zu wahren (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - Rn. 90), stellt ebenso ein legitimes Ziel dar wie die Bindung an einen bestimmten Arbeitgeber (EuGH 30. September 2003 - C-224/01 - Rn. 83). Das gilt im besonderen Maße für den öffentlichen Arbeitgeber. Es liegt im Allgemeininteresse, dass Verwaltungsaufgaben von Beschäftigten ausgeführt werden, die bereits länger in die speziellen Abläufe und die Organisation eingegliedert sind und aufgrund der dadurch gewonnenen Erfahrung typischerweise zuverlässige Dienstleistungen erbringen. Die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L vorgenommene Differenzierung knüpft nicht allein an die Einschlägigkeit der Berufserfahrung, sondern gerade auch daran an, bei wem diese absolviert worden ist. Die Bestimmung beinhaltet damit einen Anreiz, zum selben öffentlichen Arbeitgeber zurückzukehren, und prämiert zugleich die Betriebstreue.

(2)

§ 16 Abs. 2 TV-L geht nicht über das zur Besitzstandswahrung und Honorierung der Betriebstreue Erforderliche hinaus. Für beides sind zusätzliche Leistungen nur dann zu erbringen, wenn sie erbracht worden sind oder erreicht werden sollen. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, diese Leistungen denjenigen vorzuenthalten, die bislang keinen Besitzstand aufgebaut und keine Betriebstreue gezeigt haben. Dabei begrenzt § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L die Benachteiligung der Personen ohne Besitzstand/Betriebstreue auf einen überschaubaren Zeitraum. Spätestens mit Erreichen der letzten Stufe entfallen die Entlohnungsnachteile der nicht zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer (LAG Berlin-Brandenburg 8. Oktober 2015 - 5 Sa 660/15 - Rn 75).

(3)

Die differenzierende Regelung in § 16 Abs. 2 TV-L ist auch geeignet, die angestrebte Honorierung der Betriebstreue einschließlich der Besitzstandswahrung zu erreichen. Die Tarifvertragsparteien haben im Rahmen der ihnen obliegenden typisierenden Betrachtungsweise zulässigerweise berücksichtigt, dass dem Arbeitgeber innerhalb seiner vorgegeben Strukturen erworbene Berufserfahrung generell schneller zugutekommt als die bei anderen Arbeitgebern mit ggf. anderen Strukturen erlangte. Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien die zeitnah in Strukturen des jeweiligen Arbeitgebers erworbene Berufserfahrung in vollem Umfang, bei anderen Arbeitgebern erworbene Berufserfahrung hingegen nur in begrenztem Umfang honorieren (LAG Berlin-Brandenburg 6. Oktober 2015 - 7 Sa 773/15 - Rn. 34).

(4)

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 05.12.2013 (C-514/12) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Danach ist die unterschiedliche Berücksichtigung von Dienstzeiten, die bei oder außerhalb einer Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind, mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) No. 492/2011 unvereinbar ist. Diese Rechtsprechung ist auf § 16 TV-L nicht übertragbar, weil auf dessen Grundlage die unterschiedliche Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten davon abhängt, ob sie für die wahrgenommenen Aufgaben einschlägig sind oder nicht; anders als in der oben zitierten Entscheidung des EuGH ist allein die Dienstzeit als solche nicht maßgeblich. In dem vom EuGH entschiedenen Fall musste die Dienstzeit zudem nicht bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt worden sein, sondern wurde bereits dann bevorzugt berücksichtigt, wenn sie allgemein bei der Gebietskörperschaft erbracht worden war. Aussagen dazu, ob die Differenzierung zwischen einschlägiger Berufserfahrung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber auf einem legitimen Ziel beruhen kann, sind der Entscheidung des EuGH deshalb ebenso wenig zu entnehmen wie dazu, ob die in § 16 Abs. 2 TV-L enthaltenen Regelung zur Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich ist (Spelge Aktuelle Probleme des Rechts der Überleitung in den TVöD und TV-L sowie der Stufenzuordnung in der Rechtsprechung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts Teil II ZTR 2015 S. 243, 247).

2.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land ihre berufliche Tätigkeit beim B-Werk in der A-Schule nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L bei der Stufenzuordnung ab dem 05.08.2013 in vollem Umfang als förderlich anerkennt.

a)

Nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L kann das beklagte Land bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit förderlich sind.

b)

Diese tarifvertraglichen Voraussetzungen sind nicht gegeben.

aa)

Insoweit kann zugunsten der Klägerin ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ihre bisherige berufliche Tätigkeit für die Tätigkeit beim beklagten Land förderlich ist.

bb)

Die Berücksichtigung ihrer vorherigen beruflichen Tätigkeit war aber nicht zur Deckung des Personalbedarfs erforderlich. Vielmehr konnte das beklagte Land den Personalbedarf an der C-Schule ohne Rückgriff auf die Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L befriedigen.

(1)

Unstreitig bestand bei der Einstellung der Klägerin am 05.08.2013 kein Mangel an Lehrkräften mit ihrer Lehrbefähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen, dem Schwerpunkt Hauptschulen sowie den Lehrbefähigungsfächern evangelische Religion und Geschichte. Mangel bestand für die Lehrbefähigung Sonderpädagogik. Über diese Qualifikation verfügt die Klägerin nicht. Da das beklagte Land als Förderschullehrer nicht nur Lehrkräfte für Sonderschulpädagogik, sondern u. a. auch solche mit der Lehrbefähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen einsetzt, unabhängig davon, ob diese über die Zusatzqualifikation der Klägerin verfügen, bestand im Hinblick auf die Besetzung der Stelle im Förderzentrum C-Schule kein Mangel an Lehrkräften.

(2)

Dass für die C-Schule eine freie Stelle im Haushaltsplan ausgewiesen, diese mangels Bewerber mit der Lehrbefähigung für Sonderschulpädagogik für Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt-und Realschulen geöffnet und dann speziell auf die Klägerin zugeschnitten ausgeschrieben worden ist, rechtfertigt die Annahme, die Klägerin sei zur Deckung eines Personalbedarfs im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L eingestellt worden, nicht. Das Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L "zur Deckung des Personalbedarfs" ist nicht schon dann erfüllt, wenn es um die Besetzung einer freien im Haushaltsplan ausgewiesenen Stelle geht (Spelge Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 28). Vielmehr setzt es Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in dem Sinne voraus, dass ein Personalbedarf anderenfalls quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend abgedeckt werden könnte (BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29). Einer Ermessensentscheidung des beklagten Landes über die stufenmäßige Berücksichtigung der vorherigen Tätigkeit der Klägerin hätte dementsprechend es nur bedurft, wenn die Klägerin als bestqualifizierte Bewerberin nicht bereit gewesen wäre, ohne Berücksichtigung ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit die zu besetzende Stelle zu übernehmen (LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - Rn. 102; BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Unabhängig davon, welche Gespräche im Vorfeld des schriftlichen Arbeitsvertrages geführt worden sind, hat das beklagte Land der Klägerin mit Schreiben vom 31.07.2013, bevor diese den Arbeitsvertrag ihrerseits unterschrieben hatte, unmissverständlich mitgeteilt, dass für das Arbeitsverhältnis der schriftliche Arbeitsvertrag und danach der TV-L maßgeblich sei und sie nach Entgeltgruppe 11 und der anfänglichen Zuordnung in Stufe 3 entlohnt werde. Allein im Hinblick auf die Zulage, und nicht auf eine höhere Einstufung, ist die Klägerin zudem darauf hingewiesen worden, dass der Vorgang dem Kultusministerium vorgelegt worden sei. Die Klägerin wusste aufgrund des Schreibens vom 31.07.2013, dass in dieser Hinsicht noch keine Entscheidung getroffen war. Gleichwohl hat sie den Arbeitsvertrag unterzeichnet, ohne ihre Unterschrift von einer höheren Einstufung abhängig zu machen bzw. diese verbindlich einzufordern. Das beklagte Land brauchte also die frühere Tätigkeit der Klägerin bei der Stufenzuordnung nicht vollständig zu berücksichtigen, um den Personalbedarf an der C-Schule zu befriedigen. Das Tatbestandsmerkmal der Schwierigkeit bei der Personalgewinnung im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist danach nicht gegeben.

cc)

Das beklagte Land hat der Klägerin eine übertarifliche Einstufung oder Zulage nicht verbindlich zugesagt. Eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien mit diesem Inhalt hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Das beklagte Land hat sowohl im Schreiben vom 31.07.2013 als auch in dem bereits unterzeichneten und der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht für den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und damit ebenfalls für die Vergütung allein die Vorgaben des Tarifvertrages TV-L maßgeblich sein sollten. Unabhängig davon, ob die von der Klägerin genannten Personen überhaupt dazu berechtigt waren, verbindlich übertarifliche Zusagen im Hinblick auf die Einstufung abzugeben, ist etwaigen dahingehenden Erklärungen jedenfalls durch den zeitlich nachfolgenden Arbeitsvertrag - auch für die Klägerin erkennbar - die Grundlage entzogen worden. Aus dem Begleitschreiben vom 31.07.2013 ergibt sich eindeutig, dass das beklagte Land keine anfängliche Zuordnung der Klägerin in Stufe 4, sondern in Stufe 3 vornehmen wollte. Allein im Hinblick auf eine Zulage, nicht eine Höherstufung, hat das beklagte Land darin erklärt, den Vorgang dem Kultusministerium vorgelegt zu haben. In diesem Wissen hat die Klägerin den Arbeitsvertrag unterzeichnet und damit zur maßgeblichen Grundlage für das Arbeitsverhältnis gemacht. Dabei ist hervorzuheben, dass ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes aufgrund der Festlegungen im Haushaltsplan grundsätzlich davon auszugehen hat, dass ihm der Arbeitgeber nur Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich - tarifvertraglich und/oder gesetzlich - verpflichtet ist (BAG 1. November 2005 - 1 AZR 355/04 - Rn. 28).

3.

Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Zulage gemäß § 16 Abs. 5 TV-L.

a)

§ 16 Abs. 5 TV-L eröffnet dem Arbeitgeber eine Ermessenentscheidung darüber, ob er sowohl vorhandenen als auch neu eingestellten Beschäftigten abweichend von der tariflichen Einstufung ein höheres Entgelt zahlt oder nicht. Voraussetzung für die Eröffnung dieses Ermessensspielraums ist zunächst das Vorliegen einer der Tatbestände des § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L in Gestalt der regionalen Differenzierung, der Deckung des Personalbedarfs, der Bindung von qualifizierten Fachkräften oder des Ausgleichs höherer Lebenshaltungskosten (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 822/12 - Rn. 24).

b)

Keiner dieser Tatbestände ist gegeben.

aa)

Die Aspekte der regionalen Differenzierung oder des Ausgleichs höherer Lebenshaltungskosten werden weder von der Klägerin noch von dem beklagten Land thematisiert. Für das Vorliegen entsprechender Sachverhalte bestehen auch ansonsten keine begründeten Anhaltspunkte.

bb)

Die Tatbestandsmerkmale "Deckung des Personalbedarfs" und "Bindung von qualifizierten Fachkräften" ermöglichen es dem Arbeitgeber nach § 16 Abs. 5 TV-L, ein ein bis zwei Stufen höheres Entgelt vorweg zu gewähren, um einen ansonsten schwierig abzudeckenden Personalbedarf zu erfüllen oder Mitarbeiter mit individuell hoher Qualifikation zu halten. Diese Kriterien stehen im Kontext mit § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L und sind dementsprechend auszulegen. Es reicht also auf der Tatbestandsseite des § 16 Abs. 5 TV-L ebenso wenig wie bei § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L allein das Bedürfnis aus, eine offene Stelle zu besetzen. Vielmehr ist erforderlich, dass ohne die Gewährung einer Zulage entweder ein bestehender Personalbedarf nicht gedeckt oder eine qualifizierte Fachkraft nicht eingestellt oder gehalten werden kann. Erst wenn diese Situation gegeben ist, eröffnet sich dem Arbeitgeber ein Ermessensspielraum. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land vorbehaltlos abgeschlossen, ohne von diesem eine Zusage für die von ihr begehrte Einstufung zu verlangen. Die Klägerin macht auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht verbindlich davon abhängig, dass ihr eine entsprechende Einstufung vorzeitig als Zulage gewährt wird. Dementsprechend besteht für das beklagte Land keine Veranlassung, zur Bindung der Klägerin als qualifizierter Fachkraft oder zur Deckung eines Personalbedarfs von seinem Ermessen nach § 16 Abs. 5 TV-L Gebrauch zu machen.

C

Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

D

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.