Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.12.2016, Az.: 17 Sa 288/16
Ansprüche einer keiner christlichen Konfession angehörigen Bewerberin um eine Stelle einer Personalsachbearbeiterin im Bereich der katholischen Kirche wegen Diskriminierung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 14.12.2016
- Aktenzeichen
- 17 Sa 288/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 34013
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2016:1214.17SA288.16.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 10.02.2016 - AZ: 3 Ca 334/15
Rechtsgrundlagen
- AGG § 1
- AGG § 15
- AGG § 22
- KathKiGrdO Art. 2
- KathKiGrdO Art. 3
- KathKiGrdO Art. 4
Fundstellen
- AE 2017, 96-97
- AuUR 2017, 312
Amtlicher Leitsatz
1. Einzelfallentscheidung zu einem Entschädigungs und Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 und 2 Satz 1 AGG wegen religionsbedingter Benachteiligung.
2. Verlangt eine katholische Arbeitgeberin im Anforderungsprofil der veröffentlichten Stellenausschreibung für eine weder dem pastoralen noch dem erzieherischen Bereich zuzuordnende Stelle einer Personalsachbearbeiterin, die nicht zu dem in Art. 3 Abs. 2 Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (KathKiGrdO) genannten Aufgabenkreis gehört, lediglich eine positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers so kann sie von diesem selbst gesetzten Anforderungsprofil für die Dauer des Bewerbungsverfahrens nicht mehr abweichen.
3. Lehnt in diesem Fall die kirchliche Arbeitgeberin die Einstellung einer Bewerberin mit der Begründung ab, diese gehöre keiner christlichen Konfession an und sei nicht getauft, so kann die abgelehnte Bewerberin gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung und sofern die Bewerberin ohne die benachteiligende Handlung als am besten geeignete Bewerberin eingestellt worden wäre zusätzlich Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 1 AGG verlangen.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 10. Februar 2016 - 3 Ca 334/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich über einen Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz wegen religionsbedingter Benachteiligung der Klägerin in einem Stellenbesetzungsverfahren.
Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der dort gestellten Anträge wird auf die sorgfältige Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 10. Februar 2016 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.846,67 € sowie weitere 3.900 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. August 2015 zu zahlen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 7.756,67 € festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünden sowohl der geltend gemachte Entschädigungsanspruch als auch der erhobene Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG zu, weil die Beklagte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen habe, indem sie die Einstellung der Klägerin von der Taufe bzw. Religionszugehörigkeit abhängig gemacht habe. Die unterschiedliche Behandlung wegen der Religion sei im Streitfall auch nicht nach § 9 AGG zulässig, denn nach der für die Beklagte geltenden "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands vom 27. April 2015 (künftig: Grundordnung) hätten Mitarbeiter, denen weder pastorale noch katechetische sowie erzieherische oder leitende Aufgaben übertragen sind, lediglich die in Art. 4 festgelegten Loyalitätsobliegenheiten. Von nichtchristlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werde lediglich verlangt, dass sie bereit seien, die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen (Art. 4 Abs. 3 Grundordnung). Diese Vorgaben fänden sich im ausgeschriebenen Anforderungsprofil der weder dem pastoralen noch dem erzieherischen Bereich zuzuordnenden Stelle einer Personalsachbearbeiterin wieder. Von diesen selbst bindenden Vorgaben der Grundordnung und des Anforderungsprofils der Stellenausschreibung sei die Beklagte zum Nachteil der Klägerin abgewichen, indem sie die Begründung eines Arbeitsverhältnisses von der Zugehörigkeit zu einer Konfession abhängig gemacht habe. Die Beklagte greife auch zu kurz, wenn sie die geforderte "positive Einstellung" (nur) durch die Taufe bzw. durch eine Konfessionszugehörigkeit als erfüllt betrachte. Denn dann mache die Unterscheidung der Grundordnung zwischen katholischen Mitarbeitern, nicht katholischen christlichen Mitarbeitern und nichtchristlichen, also nicht getauften, Mitarbeitern keinen Sinn. Auch nicht christliche Mitarbeiter, zu denen sowohl die Mitglieder nicht christlicher Konfessionen als auch konfessionslose Mitarbeiter zu rechnen seien, hätten den Zugang zum kirchlichen Arbeitsverhältnis im verkündigungsfernen Bereich, sofern sie bereit seien, ihre Aufgaben im Sinne der katholischen Kirche zu erfüllen. Die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, die Klägerin sei bereits ausgeschlossen, weil sie in ihrer Bewerbung ihre positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers nicht initiativ dargelegt habe. Dem stehe bereits der Umstand der Einladung der Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch entgegen. Auch sei die Einstellung der Klägerin nicht an einer mangelnden Darlegung ihrer positiven Einstellung gescheitert, denn dieser Gesichtspunkt sei nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht Gegenstand des Auswahlgesprächs gewesen. Die Beklagte habe lediglich nach der Konfessionszugehörigkeit/Taufe gefragt und nach Offenbarung der Klägerin, konfessionslos und nicht getauft zu sein, das Gespräch abgebrochen. Wegen der Einzelheiten der Gründe, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen, wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 4. März 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 9. März 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 29. April 2016 begründet. Die Kammer nimmt auf den Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes der Beklagten vom 27. April 2016 sowie ihre weiteren Schriftsätze vom 2. Mai 2016 und 11. August 2016 Bezug.
Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen ihre bereits vor dem Arbeitsgericht vertretene Auffassung, der Klägerin stünden weder Entschädigungs- noch Schadensersatzansprüche nach den Vorschriften des AGG wegen religionsbedingter Benachteiligung zu. Sie beruft sich darauf, dass sie sowohl nach dem AGG wie auch nach der Richtlinie 2000/78/EG verbindlich selbst bestimmen dürfe, dass die Taufe bzw. Konfessionszugehörigkeit nach der Art der Tätigkeit bzw. der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die fehlende Kirchenzugehörigkeit die Verweigerung der Begründung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Kirchenaustritt die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne, müsse entsprechendes für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gelten, um keine systematischen Widersprüche entstehen zu lassen. Auch das Bundesverfassungsgericht habe kirchlichen Arbeitgebern das Recht zuerkannt, selbst und autonom festlegen zu können, ob die von Ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze nur mit Angehörigen der kirchlichen Gemeinschaft besetzt werden sollten. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass nach der Grundordnung Mitarbeiter, denen weder pastorale noch katechetische sowie erzieherische oder leitende Aufgaben übertragen worden seien, lediglich die in Art. 4 Grundordnung festgelegten Loyalitätsobliegenheiten zu wahren hätten, könne nicht überzeugen, denn die Grundordnung normiere genau das Gegenteil. Ausdrücklich lege Art. 3 Abs. 2 Grundordnung lediglich fest, dass der kirchliche Dienstgeber pastorale und katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen könne, die der katholischen Kirche angehöre. Im Umkehrschluss überlasse es die Grundordnung den kirchlichen Dienstgebern festzulegen, ob Mitarbeiter die von Art. 3 Abs. 2 Grundordnung nicht erfasst würden, ebenfalls die Voraussetzung der Konfessionszugehörigkeit erfüllen müssten. Der dem kirchlichen Dienstgeber von der Grundordnung eingeräumte Ermessensspielraum ("kann") könne von der Arbeitsgerichtsbarkeit nur eingeschränkt im Rahmen der verfassungsrechtlich geschützten Autonomie des kirchlichen Dienstgebers überprüft werden. Sofern sich die Beklagte - nachweislich - entschieden habe, für offene Stellen die Konfessionszugehörigkeit zu verlangen, habe sie von dem ihr durch die Grundordnung eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht und nicht gegen etwaige Rechte und Pflichten der Grundordnung oder die Vorschriften des AGG verstoßen. Auch habe die Beklagte die Konfessionszugehörigkeit als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Einstellungsvoraussetzung festlegen dürfen. Dagegen spreche nicht, dass die Beklagte in der Stellenausschreibung lediglich eine "positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers" verlangt habe. Denn die positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers sei eine Zusatzvoraussetzung, die neben der Konfessionszugehörigkeit zu erfüllen gewesen sei. Nach der Grundordnung habe der kirchliche Arbeitgeber bei der Einstellung darauf zu achten, dass der potentielle Arbeitnehmer die Eigenart des kirchlichen Dienstes bejahe. Der Arbeitnehmer müsse geeignet und befähigt sein, die vorgesehene Aufgabe im Einklang mit der Kirche zu erfüllen. Dieses Merkmal sei von der Klägerin nicht erfüllt worden. Falsch sei auch die Unterstellung des Arbeitsgerichts, die Klägerin sei letztlich nur wegen der fehlenden Taufe/Konfessionszugehörigkeit nicht eingestellt worden. Erstinstanzlich (Schriftsatz vom 20. Januar 2016) habe die Beklagte unter Beweisantritt zum Gang der Bewerberauswahl hinsichtlich der seinerzeit ausgeschriebenen Stelle vorgetragen. Aus den dortigen Darlegungen (insbesondere Seite 2f.) gehe hervor, dass die Klägerin keinesfalls deshalb nicht für die Besetzung der Stelle ausgewählt worden sei, weil sie nicht getauft und keiner Konfession zugehörig war. Die Beklagte habe vielmehr darauf hingewiesen, dass die Klägerin gegenüber der Mitbewerberin Frau A. als gleichwertig eingestuft worden sei. Zum Zeitpunkt der Führung der Bewerbungsgespräche sei auf Seiten der Beklagten damit klar gewesen, dass entweder die Klägerin oder Frau A. eine Zusage hätten erhalten sollen. Ausgehend von der Gleichwertigkeit sei der ablehnenden Haltung der Klägerin hinsichtlich Kirche und Konfession nur das Moment eines Züngleins an der Waage zugekommen. Wäre Frau A., die im Ergebnis die Zusage erhalten habe, seitens der Beklagten nicht als der Klägerin fachlich und persönlich ebenbürtig angesehen worden, wäre gegebenenfalls eine andere Entscheidung getroffen worden. Im Übrigen sei unter Berücksichtigung der unklaren Rechtslage sowie dem nachweislichen Fehlen der bösen Absicht der Beklagten die vom Arbeitsgericht zugesprochene Höhe des Entschädigungsanspruchs nicht angemessen. Da die Klägerin nicht über ihre fehlende Konfessionszugehörigkeit rechtzeitig aufgeklärt habe, sei ein Mitverschulden bei der Bemessung der Anspruchshöhe zu berücksichtigen. Auch das kirchenfeindliche Anschlussverhalten der Klägerin in den Medien und die negative Einstellung zu den Grundlagen und Zielen der katholischen Kirche oder eines katholischen Trägers habe das Arbeitsgericht nicht anspruchsmindernd gewürdigt.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen und
wiederklagend die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 7.925,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 15. Juni 2016 sowie ihrer weiteren Schriftsätze vom 5. Juli 2016 und 25. Oktober 2016. Die Kammer nimmt und auf den Inhalt dieser Schriftsätze Bezug.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg und unterliegt der Zurückweisung. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.900 € und Schadensersatz in Höhe von 3.856,67 € gemäß § 15 Abs. 1, 2 AGG wegen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 1 AGG verurteilt. Die Kammer macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach eigener Sachprüfung zu Eigen, verweist auf sie und stellt dies fest, § 69 Abs. 2 ArbGG. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten ist ergänzend lediglich folgendes auszuführen:
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Neben dem mit dem Antrag zu 1 gestellten Leistungsantrag ist auch der auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens gerichtete Klageantrag zu 2 zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass die Klägerin Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 3.000,00 € beziffert (BAG Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 17 mwN).
2.
Die Klägerin hat auch die Fristen zur Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs (§ 15 Abs. 4 AGG) und zur Klageerhebung (§ 61 b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz) eingehalten.
a)
Die Ablehnung ihrer Bewerbung wurde der Klägerin frühestens am 18. Mai 2015 mitgeteilt. Zwar hat die Klägerin ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten nicht gesondert schriftlich geltend gemacht, sie hat jedoch die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG mit der am 29. Juni 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift gewahrt. Denn die nach § 15 Abs. 4 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz - und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1, 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird (BAG Urteil vom 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 9). Der Begriff "demnächst" in § 167 ZPO kennt keine absolute zeitliche Grenze. Ob davon die Rede sein kann, die Zustellung der Klage sei "demnächst" erfolgt, ist durch eine wertende Betrachtung der entsprechenden Umstände festzustellen. Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb dürfen dabei nicht zu Lasten der Klagepartei gehen. Eine durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursachten Aufschub muss die Klagepartei sich grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Dies gilt auch bei längeren Verzögerungen (BAG Urteil vom 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 35).
b)
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Klage im Streitfall innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG bei Gericht eingegangen und gemäß § 167 ZPO "demnächst" zugestellt worden. Zwar erfolgte die Zustellung der Klage ausweislich der Zustellungsurkunde (Blatt 18 d. A.) erst am 24. August 2015, die späte Zustellung ist vorliegend jedoch auf - der Klägerin nicht anzulastende - Verzögerungen im Geschäftsbetrieb des Arbeitsgerichts zurückzuführen. Dies ergibt sich aus der gerichtlichen Mitteilung vom 23. Juli 2015 (Blatt 27 d. A.), mit der das Gericht darauf hingewiesen hat, dass aufgrund eines Versehens der Poststelle die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. Dahinstehen lassen konnte die Kammer deshalb, ob eine Abschrift der Klageschrift der Beklagten zuvor auf dem Postwege seitens des Gerichts übermittelt wurde (vgl. die von der Beklagten nicht bestrittenen Ausführungen in dem gerichtlichen Schreiben vom 23. Juli 2015).
c)
Die am 29. Juni 2015 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage wahrt gleichzeitig auch die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG für den Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Auf den materiellen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG findet § 61b ArbGG ohnehin keine Anwendung (BAG vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 32).
II.
Die Klage ist begründet.
1.
Die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG liegen vor.
a)
Die Klägerin ist "wegen" der Religion benachteiligt worden.
aa)
Gemäß § 3 Abs. Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung liegt bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird (BAG vom 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24).
bb)
Vorliegend hat die Klägerin unstreitig im Rahmen der Auswahlentscheidung aufgrund ihrer fehlenden Konfessionszugehörigkeit eine weniger günstige Behandlung erfahren, als eine andere Person in einer vergleichbaren Lage. Die Beklagte hat damit an das gemäß § 1 AGG verpönte Merkmal der Religion angeknüpft.
b)
Die Benachteiligung ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt.
aa)
Nach § 9 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften und die ihnen zuzuordnenden Einrichtungen unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft zulässig. Bei einem religiös gebundenen Arbeitgeber kann deshalb an die Religion angeknüpft werden. Es entspricht geltender Verfassungsrechtslage und Art. 4 der Richtlinie 2000/78/EG (künftig: Richtlinie), dass die Mitgliedschaft in der jeweiligen Religionsgemeinschaft eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellen kann (Schleusener/Suckow/Voigt, AGG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, Rn. 42 zu § 9). Streitig ist lediglich, ob Art. 4 Abs. 2 Richtlinie in § 9 AGG richtlinienkonform umgesetzt wurde. Denn die Vorschrift des § 9 AGG hält sich nicht wortgetreu an die Vorgaben der Richtlinie, nach der eine Ungleichbehandlung wegen der Religion einer Person keine Diskriminierung darstellt, wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Demgegenüber heißt es in § 9 AGG das eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses der Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. § 9 AGG stellt somit - anders als die Richtlinie - auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ab, dass seine Grundlage in dem durch Art. 140 GG inkorporierten Art. 137 Abs. 3 WRV hat (vgl. hierzu EuGH-Vorlage des 8. Senats des BAG vom 17. März 2016 - 8 AZR 501/14 A-).
bb)
Im vorliegenden Fall kommt es auf diese Streitfrage indes nicht an, weshalb auch eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des 8. Senats nicht geboten war. Denn die Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession stellt im Streitfall auch im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Beklagten keine gerechtfertigte berufliche Anforderung im Sinne von § 9 AGG dar.
(1)
Bei Bewerbungen auf Stellen in der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen sind die Einstellungskriterien des Art. 3 Grundordnung maßgeblich. Nach Art. 3 Abs. 2 Grundordnung kann der kirchliche Dienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. Für die übrigen Tätigkeiten ist nach Art. 3 Abs. 3 Grundordnung durch ein entsprechendes Anforderungsprofil sicherzustellen, dass der Bewerber seinen besonderen Auftrag glaubwürdig erfüllen kann. Dazu gehört neben spezifisch fachlichen Anforderungen eine Zustimmung zu den Zielen der Einrichtung. Der kirchliche Arbeitgeber hat daher nach Art. 3 Abs. 5 Grundordnung vor Abschluss des Arbeitsvertrages durch Befragung und Aufklärung des Bewerbers sicherzustellen, dass er die nach dem Arbeitsvertrag geltenden Loyalitätsobliegenheiten erfüllt. Bei nicht christlichen Mitarbeitern ist dies die Bereitschaft, die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen (Kalb - Imke/Beckmann/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, Rn. 10).
(2)
Im Anforderungsprofil der veröffentlichten Stellenausschreibung verlangt die Beklagte für die ausgeschriebene Stelle neben spezifisch fachlichen Qualifikationen, Engagement, strukturierte, gewissenhafte Arbeitsweise sowie Teamgeist eine "positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers".
An das in einer öffentlichen Stellenausschreibung formulierte Anforderungsprofil bleibt der Arbeitgeber für die Dauer des Bewerbungsverfahrens gebunden (BAG vom 13. Oktober 2011-8 AZR 608/10 - Rn. 27). Im Streitfall hat die Beklagte im Anforderungsprofil der öffentlichen Stellenausschreibung für die streitbefangene Stelle einer Sachbearbeiterin die nicht zu dem in Art. 3 Abs. 2 Grundordnung genannten Aufgabenkreis gehört lediglich eine positive Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers verlangt. Von diesem selbst gesetzten Anforderungsprofil, das zudem in Übereinstimmung mit der Grundordnung steht, konnte die Beklagte für die Dauer des Bewerbungsverfahrens nicht mehr abweichen. Dahinstehen kann demgegenüber die Frage, ob die Beklagte nach der Grundordnung auch für die streitbefangene Stelle eine (bestimmte) Konfessionszugehörigkeit hätte verlangen können. Denn ausweislich des in der veröffentlichten Stellenausschreibung niedergelegten Anforderungsprofils hat sie entsprechendes gerade nicht verlangt. Soweit die Beklagte meint, es habe sich bei der in der Stellenausschreibung formulierten Anforderung einer positiven Einstellung zu den Grundlagen/Zielen eines katholischen Trägers lediglich um eine Zusatzvoraussetzung gehandelt, die neben der Konfessionszugehörigkeit zu erfüllen gewesen sei, war für die Kammer auch nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht nicht nachvollziehbar, woraus sich dies ergeben soll. Aus der veröffentlichten Stellenausschreibung ergibt sich dies jedenfalls nicht.
cc)
Soweit die Beklagte die Benachteiligung der Klägerin damit zu rechtfertigen versucht, diese habe keine positive Einstellung zur Kirche bzw. sogar eine kirchenfeindliche Einstellung, hat sie außer der unstreitigen Tatsache, dass die Klägerin keiner christlichen Konfession angehört und nicht getauft ist, für diese Behauptung substantiierten Tatsachenvortrag nicht erbracht. Zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass nach dem von den Parteien übereinstimmend geschilderten Hergang des Bewerberauswahlverfahrens dieser Gesichtspunkt nicht Gegenstand des Auswahlgesprächs war und die Beklagte nach Offenlegung der Klägerin, konfessionslos zu sein, das Gespräch abgebrochen hat. Die Beklagte hat auch im Berufungsverfahren nicht behauptet, dass die Einstellung der Klägerin zur Beklagten als einer der katholischen Kirche verbundenen Einrichtung überhaupt Gesprächsgegenstand gewesen wäre. Schließlich kann auch den von der Beklagten zitierten Erklärungen der Klägerin gegenüber der Presse (S. 3 des Schriftsatzes vom 6. August 2015, Blatt 32 d.A.) nicht auf eine negative Einstellung oder gar kirchenfeindliches Verhalten der Klägerin geschlossen werden. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Erklärungen im Nachgang zu dem für die Klägerin enttäuschenden Auswahlverfahren erfolgten und ihre Verwunderung über den Gang desselben und der Konfessionszugehörigkeit als Einstellungskriterium angesichts der eigenen Stellenausschreibung der Beklagten nachvollziehbar ist. Die Klägerin kritisiert insoweit den Umgang mit ihr im Einzelfall, nicht aber die Kirche als solche.
c)
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung verlangen. Diese hat das Arbeitsgericht vorliegend zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen wird, in Höhe von insgesamt 3 Monatsverdiensten festgesetzt. Dem schließt sich auch die Berufungskammer an, zumal die Beklagte sich widersprüchlich verhalten und gegen ihr eigenes Anforderungsprofil verstoßen hat, worauf bereits das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat. Da sich der veröffentlichten Stellenausschreibung und dem dort formulierten Anforderungsprofil auch kein Hinweis auf eine verlangte Konfessionszugehörigkeit entnehmen lässt, bestand auch keine "Aufklärungspflicht" auf Seiten der Klägerin, die zur Festsetzung einer geringeren Entschädigungsleistung Anlass hätte geben können.
2.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte auch zum materiellen Schadensersatz in Höhe von 3.856,67 € gemäß § 15 Abs. 1 AGG verurteilt.
a)
Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wäre die Klägerin ohne die benachteiligende Handlung als am besten geeignete Bewerberin eingestellt worden. So hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 20. Januar 2016 (S. 3, Blatt 89 d. A.) vorgetragen, Herr B., der das Bewerbungsgespräch mit der Klägerin und der Mitbewerberin Frau A. geführt hatte, sowie der Verwaltungsdirektor der Beklagten, Herr C., seien im Ergebnis der Bewerbungsgespräche übereingekommen, dass für den Fall, dass mit der Klägerin in dem 2. Bewerbungsgespräch eine Einigung erzielt werde, sie die Stelle bekommen solle. Nur für den Fall, dass mit der Klägerin insoweit keine Einigung erzielt werde, sollte Frau A. als "Nachrückerin" die Stelle erhalten. Der Versuch der Beklagten, im Berufungsverfahren (siehe Schriftsatz der Beklagten vom 2. Mai 2016, Bl. 133 d.A.) hiervon abzurücken, in dem sie nunmehr behauptet, die Klägerin und Frau A. seien als gleichwertig eingestuft worden und ausgehend davon, sei der ablehnenden Haltung der Klägerin hinsichtlich der Konfession nur das Moment des "Züngleins an der Waage" zugekommen, bestätigt gerade, dass die Klägerin ohne die benachteiligende Handlung genommen worden wäre, mithin der Vertragsschluss einzig an der Differenzierung wegen des in § 1 AGG verpönten Merkmals der (fehlenden) Religionszugehörigkeit gescheitert ist.
b)
Die Schlechterstellung der Klägerin wegen des in § 1 AGG verbotenen Merkmals hat auch zu einem kausalen materiellen Schaden, nämlich dem monatlichen Entgelt als entgangenen Gewinn geführt. Einwendungen gegen die geltend gemachte Höhe dieses Schadensersatzanspruchs hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht erhoben. Die Berücksichtigung eines eventuellen Mitverschuldens bei der Schadens Berechnung kommt auch hier - aus den oben bereits dargelegten Gründen (Ziff. II. 1. b)) - nicht in Betracht.
3.
Der Zinsanspruch auf die zugesprochenen Beträge ist gemäß §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB begründet.
III.
Mangels Begründetheit der Berufung ist auch der nach § 717 Abs. 2 ZPO gestellte Widerklageantrag unbegründet.
IV.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte auch die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
V.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 92a ArbGG wird hingewiesen.