Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 14.05.2013, Az.: S 12 SF 45/12 E
Einigungsgebühr für eine nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens getroffene Regelung hinsichtlich einer Kostentragungspflicht
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 14.05.2013
- Aktenzeichen
- S 12 SF 45/12 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 43061
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2013:0514.S12SF45.12E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 03.02.2012 - AZ: S 34 R 526/10
Rechtsgrundlage
- Nr. 1000 VV-RVG
Tenor:
Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 3. Februar 2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. Januar 2012 - S 34 R 526/10 - werden die von der Erinnerungsführerin an die Erinnerungsgegnerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 237,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit dem 30. November 2011 festgesetzt. Bereits erfolgte Zahlungen sind dabei in Abzug zu bringen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß § 197 Abs. 2 SGG zulässige Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 3. Februar 2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. Januar 2012 - S 34 R 526/10 - ist begründet.
Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin geltend gemachte Einigungsgebühr nach Nr. 1006, 1005, 1000 VV-RVG berücksichtigt. Diese ist nicht angefallen. Der Gebührentatbestand kommt zur Anwendung bei einer Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen. Für die Gebühr nach Nr. 1000 VV-RVG ist dann ein Gebührenrahmen von 30,00 bis 350,00 EUR vorgesehen.
Eine Einigungsgebühr entsteht nach Nr. 1000 Abs. 1 VV-RVG für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Vorliegend hat die Erinnerungsgegnerin am 3. November 2010 Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2010 erhoben. Sie begehrte in der Hauptsache die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diesem Begehren entsprach die Erinnerungsführerin nach der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme mit Bescheid vom 22. Juli 2011. Die Erinnerungsgegnerin nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 101 Abs. 2 SGG). Eine Einigung lag nicht vor.
Die nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens zwischen den Beteiligten getroffene übereinstimmende Regelung hinsichtlich der Kostentragungspflicht konnte eine Einigungsgebühr nicht mehr auslösen, da der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bereits durch das angenommene Anerkenntnis beseitigt war. Hinsichtlich der zu treffenden Kostenentscheidung, die das Gericht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG auf Antrag durch Beschluss zu treffen hat, wenn das Verfahren anders beendet wird als durch Urteil, handelt es sich nicht um einen neuen Streit bzw. ein neues Rechtsverhältnis, sondern lediglich um eine prozessuale Nebenentscheidung zu dem abgeschlossenen Klageverfahren. Eine Einigung über Nebenfragen nach Beendigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis löst eine Einigungsgebühr nicht aus (vgl. auch Sozialgericht Hannover, Beschl. v. 31. März 2008 - S 34 SF 41/08; Beschl. v. 8. Januar 2007 - S 34 SF 36/06).
Entgegen der Auffassung der Erinnerungsgegnerin wäre auch eine Erledigungsgebühr nicht angefallen. Nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG entsteht eine Erledigungsgebühr in Verfahren nach § 183 SGG, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes oder durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes durch anwaltliche Mitwirkung erledigt.
Der Anfall dieser Gebühr setzt ein zusätzliches über die allgemeine Prozessführung hinausgehendes, auf die unstreitige Erledigung gerichtetes anwaltliches Handeln voraus, das mitursächlich für die unstreitige Erledigung ist. Nach übereinstimmender Rechtsprechung in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten ist das Mitwirken des Rechtsanwalts bei der formellen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens für den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG nicht ausreichend. Gefordert wird eine über die durch die Tätigkeitsgebühren (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Geschäftsgebühr) abgegoltene Prozess- oder Verfahrensführung hinausgehende Tätigkeit. Das Mitwirken des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin durch die Annahme des Anerkenntnisses ist für den Anfall der Gebühr nicht ausreichend (vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30. März 2012 - L 19 AS 2092/11 B). Handlungen in Bezug auf Nebenentscheidungen nach Abschluss des Verfahrens lösen die Gebühr, wie oben ausgeführt, nicht aus.
Da die übrigen Gebührenpositionen nicht streitig sind, ergibt sich für den festgesetzten Betrag folgende Berechnung:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV-RVG 250,00 EUR Terminsgebühr, Nr. 3106 VV-RVG 100,00 EUR Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR Kopien, Nr. 7000 Nr. 1 VV-RVG 29,80 EUR Zwischensumme 399,80 EUR Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG 75,96 EUR Gesamt 475,76 EUR davon 1/2 237,88 EUR
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG endgültig.