Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 15.04.2013, Az.: S 2 U 135/10

Umfang des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung während einer Dienstreise

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
15.04.2013
Aktenzeichen
S 2 U 135/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 41942
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2013:0415.S2U135.10.0A

Tenor:

  1. 1.)

    Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 29.09.2010 werden aufgehoben.

  2. 2.)

    Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 09.05.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

  3. 3.)

    Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Der im Jahr 1954 geborene Kläger absolvierte von 1978 - 1980 eine Ausbildung zum Imkermeister. Von 1980 - 1987 war er Nebenerwerbsimker und seit dem 01.01.1988 Betriebsleiter seiner Berufsimkerei. Im Jahr 2009 hatte er einen Bestand von ca. 100 Bienenvölkern. Nach seinen Angaben transportierte er zwischen März und Mai eines jeden Jahres - insbesondere nach einem harten Winter - die Bienen in wärmere Gegenden zum sog. Durchlenzen. Dort würden sie dann einige Zeit verbringen, um sich zu erholen und zu wachsen. Hierfür sei es erforderlich, geeignete Bienenplätze auszukundschaften, wobei er hierfür jedes Jahr andere Teile der Bundesrepublik Deutschland begutachten würde. Hierbei werde er auch von wechselnden Helfern begleitet (Gesprächsnotiz Bl. 45 der Akte der Beklagten (= UA)). Auch die Lebenspartnerin des Klägers, Frau G., führte in der Erklärung vom 24.02.2010 aus, dass er im Rahmen des Imkereibetriebs eine jährliche Fahrstrecke von ca. 35.000 km zurücklegen würde, um in ihm geeignet erscheinenden Regionen Deutschlands neue Bienenstellplätze ausfindig zu machen, um mit einer entsprechenden Erntemenge und Honigsortenvielfalt wirtschaftlich marktfähig zu sein. Derartige Erkundungstouren würden regelmäßig im Mai stattfinden (Bl. 145 UA).

Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung begann der Kläger im März/April 2009 mit den Planungen für eine Fahrt an die Mosel bzw. den Hunsrück im Mai 2009. Er habe sich hierüber mit mehreren Freunden und Bekannten unterhalten, von denen einige ihr Interesse daran bekundet hätten, an der Reise teilzunehmen. Hierunter seien einige Personen gewesen, die ihn bereits bei früheren Exkursionen unterstützt hätten (die Zeugen H., I. und J.), aber auch andere, die keine oder nur wenig Erfahrung mit der Imkerei hätten (die Herren K., L. und M.). Er habe jedoch allen Teilnehmern unmissverständlich klargemacht, dass es ihm bei der Reise ausschließlich darum gehen würde, geeignete Plätze für seine Bienenstöcke zu finden. Letztlich sei es dann zu dem Teilnehmerkreis gekommen, mit dem die Reise auch tatsächlich durchgeführt worden sei. Er habe daraufhin die Reise selbst bei einem Reisebüro gebucht und auch zunächst vollständig bezahlt, wobei beabsichtigt gewesen sei, dass die anderen Reiseteilnehmer danach ihren Anteil an ihn zurückerstatten.

Am Donnerstag, den 07.05.2009, fuhren sodann der Kläger und die o. g. Personen mit dem Zug nach N., welches sie gegen Abend erreichten. Nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der gehörten Zeugen bezog die Gruppe an diesem Tag noch die Zimmer in der reservierten Pension und ging Abendessen. Am Freitag, den 08.05.2009, fand eine ganztägige Radtour Mosel aufwärts statt. Nach den Angaben des Klägers und des Zeugen I. führte die Tour auch zwei- oder dreimal abseits der Mosel in das Hinterland, wobei der Zeuge I. ausgeführt hat, dass der Kläger die Tour immer wieder unterbrochen habe, um sich mit der einen oder anderen ortsansässigen Person über Imkereifragen zu unterhalten. Die anderen Reiseteilnehmer habe dies sogar schon etwas genervt. Demgegenüber konnte sich der Zeuge K. nicht mehr daran erinnern, dass die Fahrt in das Hinterland des Moseltals führte. Nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen I. und K. fand an diesem Tag auch eine Burgbesichtigung statt.

Am Samstag, den 09.05.2009, war für den Nachmittag in der Nähe der Ortschaft O. eine landschaftskundliche Führung unter Leitung des ortsansässigen Inhabers eines Weinbaubetriebs, Herrn P., vereinbart. Während der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, dass er sich mit Herrn P. bereits vor der Reise mehrfach telefonisch über den Zweck der landschaftskundlichen Führung ins Benehmen gesetzt habe, hatte Herr P. in der Mitteilung vom 09.04.2010 ausgeführt, dass ihn der Kläger über die Mosellandtouristik bei Frau Q. gebucht habe und vor der Wanderung keine Absprachen über den Verlauf der Wanderung oder sonstige Details getroffen worden seien (Bl. 161 UA). Nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen K., I. und H. sei man nach dem Frühstück zu einer ähnlichen Tour wie am Vortag mit den Rädern losgefahren. Zwischenzeitlich habe man ein Lokal aufgesucht und dort etwas getrunken und eine Kleinigkeit gegessen. Da es dort sehr schön gewesen sei, habe man beabsichtigt, auch zum Abendessen dort wieder einzukehren. Gegen 14:00 Uhr habe man sich mit Herrn P. im Stadtzentrum von O. getroffen, die Fahrräder dort abgestellt und sei mit ihm in seinen Weinberg gegangen. Nach den Aussagen der Zeugen I. und H. habe man sich dabei auch Brachflächen angesehen. Nach Einschätzung der Zeugen dauerte die Führung ca. vier Stunden, wobei sich der Kläger und Herr P. fast die ganze Zeit miteinander unterhalten hätten. Dabei habe die Thematik des Aufstellens von Bienenstöcken fast 90 % der Gespräche in Anspruch genommen. Danach habe Herr P. die Reisegruppe noch zu sich herein gebeten und eine Brotzeit und einen Schoppen Wein angeboten. Während der Reiseteilnehmer J. in der Aussage vor der Polizei am 19.06.2009 angegeben hatte, dass Herr P. den Teilnehmern seinen Weinberg und seine Firma erklärt habe sowie eine Weinprobe durchgeführt worden sei (Bl. 100, 111 UA), hat nach der Aussage des Klägers und der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen eine Weinprobe im eigentlichen Sinn nicht stattgefunden. Demgegenüber hatte Herr P. in der schriftlichen Aussage vom 09.04.2010 wiederum ausgeführt, dass im Anschluss an die Wanderung bei ihm im Betrieb eine Kellerbesichtigung mit Erklärungen zur Wein- und Sektzubereitung und in diesem Rahmen auch eine kleine Weinprobe im Keller stattgefunden habe. Er könne allerdings nicht angeben, wann genau Anfang und Ende der Besichtigung der Gruppe des Klägers gewesen seien. Die Besichtigung seines Betriebs in Verbindung mit der kleinen Weinprobe würden in 90 % der von ihm geleiteten Führungen i. d. R. zwischen 17:00 und 17:30 Uhr beginnen und meist gegen 19:00 Uhr enden. Herr P. hat allerdings bestätigt, dass er sich während der Wanderung mit dem Kläger über die Möglichkeiten, an der Mosel Bienenkörbe aufzustellen, unterhalten hat (Bl. 161 UA). Dies ergibt sich auch aus seiner an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 13.12.2009 (Bl. 62 UA).

Nach Beendigung des Aufenthalts bei Herrn P. fuhr die Reisegruppe mit den Fahrrädern auf dem Radweg wieder zurück in Richtung N ... Nach der Verkehrsunfallanzeige der Polizeiinspektion O. vom 10.05.2009 und den Angaben der Zeugen fuhren die Ausflugsteilnehmer in zwei Gruppen, wobei sich der Kläger zunächst in der hinteren Gruppe befand. Ca. 3 km nach der Ortschaft O. trat er plötzlich kräftig in die Pedale, um zur vorderen Gruppe aufzuschließen. Dabei verhakte sich sein Fahrrad mit dem Fahrrad des Zeugen K., worüber beide zu Fall kamen. Nach der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige ereignete sich der Unfall um 19:32 Uhr. Der Kläger erlitt schwere Kopfverletzungen und wurde zunächst in das Krankenhaus in O. und danach mit dem Hubschrauber in ein Klinikum in R. verlegt. Im Durchgangsarztbericht von Dr. S., ebenda, wurden als Diagnosen u. a. "eine Schädelbasisfraktur und eine traumatische subdurale Blutung" angegeben (Bl. 7 UA). Nach dem Bescheid des niedersächsischen Landesamts für Soziales, Jugend und Familie vom 16.12.2010 besteht aufgrund eines "hirnorganischen Psychosyndroms mit Wesensänderung nach Schädelhirntrauma mit Armschwäche links" ein Grad der Behinderung von 50 (Bl. 43 UA). Nach dem Polizeibericht wurde der Zeuge K. auf Alkoholgenus hin überprüft. Der Alkoholtest ergab 0,0 ‰. Beim Kläger konnte aufgrund der Schwere der Verletzungen kein Alkoholtest durchgeführt werden. Im Polizeibericht wurde jedoch ausgeführt, dass er nach den Angaben der Zeugen verkehrstüchtig gewesen sei (Bl. 66 UA).

Mit dem Bescheid vom 26.01.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 09.05.2009 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorliegen eines Versicherungsfalls nicht erwiesen sei. Die Reiseteilnehmer hätten gegenüber der Polizei übereinstimmend ausgesagt, dass es sich um einen Ausflug bzw. eine Radtour an die Mosel gehandelt habe, wobei man sich am Unfalltag vor Ort einen Weinbaubetrieb angesehen, eine Weinprobe durchgeführt und dort auch zu Abend gegessen habe. Es habe sich daher um eine Vergnügungsreise gehandelt, bei dem die Erkundigungen des Klägers zur Aufstellung von Bienenstöcken nur einen rechtlich unwesentlichen Nebenzweck dargestellt hätten (Bl. 127 UA). Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wurde geltend gemacht, dass die Beklagte die betriebliche Bedeutung der Reise an die Mosel unzutreffend gewichtet habe. Hierbei stützte sich der Kläger u. a. auf eine gemeinsame Erklärung der Reiseteilnehmer, in der ausgeführt wurde, dass es ihm bei der gesamten Planung und Durchführung der Tour ganz entscheidend und stets um seine Imkerei und die Suche nach geeigneten Bienenstellplätzen gegangen sei. Der Schwerpunkt habe selbst beim Schlussgespräch im Weingut von Herrn P. eindeutig im Imkereibereich gelegen. Herr P. habe auch zu verstehen gegeben, dass er sich mit Eigentümern von bestimmten, nicht auf seinem Grundbesitz befindenden Arealen, die dem Kläger als Stellplätze geeignet erschienen seien, zwecks Einholung einer Aufstellungsgenehmigung in Verbindung setzen werde. An einem Vergnügungsausflug oder einer Besichtigung eines Weinbaubetriebs mit anschließender Weinprobe habe der Kläger kein Interesse gehabt (Bl. 143 UA). Der Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 29.09.2010 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 29.10.2010 beim Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage erhoben.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend ausgeführt, dass er nach dem Unfall seinen Betrieb habe abmelden müssen und nur noch eine Hobby- bzw. Nebenerwerbs-Imkerei bestehen würde. Seine Erinnerung an den Unfalltag würde bis zum Verlassen des Hofes von Herrn P. reichen. An die Rückfahrt mit dem Fahrrad habe er keine Erinnerung. Mit den Teilnehmern des Ausflugs sei er befreundet. Die Zeugen I. und H. hätten ihm schon öfters in seinem Betrieb bzw. beim Aufstellen von Bienenstöcken geholfen. Sie seien jedoch keine Angestellten gewesen. Insbesondere mit Herrn J., der selbst Landwirt sei, habe er schon viele Wanderungen im Hinblick auf die Suche nach geeigneten Stellen zum Aufstellen der Bienenstöcke unternommen. Entgegen der Mitteilung von Herrn P. habe er vor der Reise mehrfach mit diesem telefoniert und ihm den Zweck der Reise ausdrücklich mitgeteilt. Er habe ihn insbesondere darauf hingewiesen, dass er keinesfalls eine übliche Weinbergbesichtigung bzw. Weinprobe durchführen wolle. Es habe sich aber schon bei den Telefonaten gezeigt, dass Herr P. ein ausgesprochener Kenner der dortigen Landschaft bzw. des Klimas gewesen sei, was sich später auch bei der landschaftskundlichen Führung voll bestätigt habe. Die gewonnenen Informationen seien sehr wertvoll gewesen. Der Grund dafür, eine Pension in N. zu wählen, sei die Tatsache gewesen, dass man von dort aus besser ins Hinterland des Hunsrück gelangen könne. An dem Gebiet direkt an der Mosel habe er kein Interesse gehabt, weil sich Weinberge nicht für das Aufstellen von Bienenstöcken eignen würden. Demgegenüber würden im Mosel-Hinterland sehr viele geeignete Flächen existieren, die nicht mehr landwirtschaftlich genutzt würden. Darauf würde es entscheidend ankommen. Während des gesamten Ausflugs habe er sich immer wieder Notizen gemacht, die er auf Verlangen auch vorlegen könne. Dabei habe er sich lediglich die Ortschaften, in deren Nähe er interessante Areale entdeckt habe, notiert. Weitere Notizen bzw. Eintragungen auf Karten seien in dieser Phase noch nicht notwendig gewesen. Bei dem Treffen mit Herrn P. sei es ihm in erster Linie darum gegangen, Informationen hinsichtlich der allgemeinen Landschafts- und Klimabedingungen in diesem Raum zu erhalten. Es wäre zwar auch möglich gewesen, einen Imker vor Ort zu fragen. Er bezweifle jedoch, ob ihm ein Imker die für ihn notwendigen spezifischen Informationen hätte vermitteln können. Mit Herrn P. habe er darüber diskutiert, ob bestimmte Areale von ihm genutzt werden könnten. Eine konkrete Kontaktanbahnung mit Grundstückseigentümern habe es jedoch nicht gegeben. Die landschaftskundliche Führung mit Herrn P. habe ca. 4 - 5 Stunden gedauert, wobei er den Eindruck gewonnen habe, dass Herr P. hinsichtlich des Themas "Aufstellen von Bienenstöcken" auch Feuer gefangen habe. Er habe sich mit ihm während der ganzen Zeit, d. h. auch später im Anwesen von Herrn P., unterhalten.

Der Zeuge K. hat ausgeführt, dass er mit dem Kläger befreundet sei und ihn seit ca. 10 - 12 Jahren kennen würde. Beruflich hätte er nichts mit dem Kläger zu tun. Er selbst habe zwar ein allgemeines Interesse am Imkerbetrieb, da er in einer landwirtschaftlichen Region wohnen würde. Eigene Sachkunde hinsichtlich des Aufstellens von Bienenstöcken habe er jedoch nicht. Mit einigen Teilnehmern des Mosel-Ausflugs 2009 habe er auch schon zuvor Ausflüge unternommen. Man habe vor ca. 15 - 16 Jahren angefangen, alle zwei bis drei Jahre einen Ausflug zu unternehmen. Anfänglich seien es Städtereisen, in letzter Zeit mehr Reisen in landschaftliche Regionen gewesen. Der Kläger sei anfänglich nicht dabei gewesen. Ihn habe er erst später kennengelernt. Es sei im Wesentlichen immer derselbe Teilnehmerkreis gewesen, wobei bisweilen eine Person gefehlt habe, aber auch eine andere Person dazugekommen sei. Etwa ein Viertel- bis ein halbes Jahr vor dem Moselausflug hätten sich die Teilnehmer bei einer Veranstaltung getroffen. Thema sei auch gewesen, dass wieder einmal ein Ausflug anstehen würde. Die Organisation des Ausflugs habe der Kläger übernommen. Dieser habe auch betont, dass es ihm darum ginge, Areale für seine Bienenstöcke zu finden. Seine eigene Motivation, an dieser Reise teilzunehmen, sei weniger in der Imkerei begründet gewesen. Er habe Lust gehabt, Fahrrad zu fahren, Spaß mit den Freunden zu haben und einfach mal rauszukommen. Am Freitag sei eine Radtour Mosel aufwärts unternommen worden, wobei man die ganze Zeit an der Mosel entlang gefahren sei. Am Samstag sei die Gruppe ebenfalls mit den Rädern aufgebrochen. Später sei man in einem Lokal eingekehrt und habe dort eine Brotzeit gemacht. Sie seien dann weiter nach Zell gefahren, wo sie Herrn P. getroffen hätten und in dessen Weinberg gegangen seien. Man sei fast die ganze Zeit durch die Weinberge geklettert, was ihm fast schon zu viel gewesen sei. Der Kläger und Herr P. hätten sich während der ganzen Zeit unterhalten. Zwar habe Herr P. für die anderen Reiseteilnehmer auch allgemeine Ausführungen zum Weinbau getätigt. Wenn sich Herr P. mit dem Kläger unterhalten habe, sei jedoch der Akzent darauf gelegen, wo man Bienenstöcke aufstellen könne. Er wisse, dass der Kläger mit Herrn P. einen Termin vereinbart habe und dass dies den Hauptprogrammpunkt für den Samstag dargestellt habe. Von einer beabsichtigten Weinprobe sei ihm nichts bekannt gewesen. Im Übrigen habe die Gruppe nicht bei Herrn P., sondern im gleichen Lokal, in dem sie schon die Brotzeit eingenommen hätten, zu Abend essen wollen. Mit ihm persönlich habe sich der Kläger während ihrer Gespräche zu ca. 20 - 25 % über die Thematik der Bienenstöcke unterhalten. Mit anderen Teilnehmern des Ausflugs sei dies aber sicherlich zu einem größeren Prozentsatz der Fall gewesen.

Der Zeuge I. hat ausgeführt, dass sein Vater und sein Großvater Hobby-Imker gewesen seien und er daher auch eine gewisse Sachkunde für das Aufstellen von Bienenstöcken habe. Er interessiere sich für die Natur und habe vor allem Interesse an der Pflanzenwelt. Den Kläger kenne seit ca. 20 Jahren und sei mit ihm befreundet. Er habe dem Kläger auch früher geholfen, Bienenstöcke auf bestimmten Grundstücken aufzustellen. Seiner Erinnerung nach habe er sich mit dem Kläger hinsichtlich der Moselreise das erste Mal im Januar 2009 unterhalten. Der Kläger habe ihm mitgeteilt, dass er wieder Plätze für seine Bienen suchen und dieses Mal an die Mosel fahren wolle. Er sei sofort damit einverstanden gewesen. Zwar hätten die Reiseteilnehmer auch schon früher gemeinsame Ausflüge unternommen hätten. Seinerzeit seien jedoch im Wesentlichen Städtereisen durchgeführt worden. Die Reiseteilnehmer hätten gerne den Vorschlag des Klägers, an die Mosel zu fahren, aufgenommen, so dass es dann zu dieser Fahrt gekommen sei. Für den Kläger habe sicherlich die Frage nach geeigneten Plätzen zum Aufstellen der Bienenstöcke ganz im Vordergrund gestanden. Der Kläger habe die ganze Reise organisiert und alles, d. h. die Buchung der Pension und der Fahrt etc., in die Hand genommen. Der Kläger habe zunächst auch die ganze Reise bezahlt. Die Teilnehmer hätten später ihren Anteil zurückgezahlt.

Am Freitag hätten sie eine Radtour unternommen und seien dabei im Wesentlichen an der Mosel entlang gefahren. Nach der Rückkehr nach N. hätten sie zu Abend gegessen und noch gemütlich zusammen gesessen. Der Kläger habe sich an diesem Abend schon auf die Tour am nächsten Tag gefreut und gesagt, dass dies das Wesentliche der Reise sei. Am Samstag seien sie nach dem Frühstück wieder mit den Rädern losgefahren. Gegen 14:00 Uhr hätten sie dann Herrn P. im Stadtzentrum von O. getroffen. Während der ca. vierstündigen landschaftskundlichen Führung habe man sich auch einige Brachflächen angesehen und darüber diskutiert, was damit geschehen würde. Der Kläger und Herr P. hätten sich fast die ganze Zeit miteinander unterhalten, wobei die Thematik "Aufstellen von Bienenstöcken" fast 90 % der Gespräche in Anspruch genommen habe. Eine Weinprobe im eigentlichen Sinne sei nicht durchgeführt worden. Herr P. habe die Gruppe nach der anstrengenden Führung vielmehr zu sich herein gebeten und eine Brotzeit und einen Schoppen Wein angeboten. Dies habe nach seiner Einschätzung jedoch maximal eine halbe Stunde gedauert, wobei zu beachten sei, dass die meisten Teilnehmer des Ausflugs auch keine Weintrinker seien.

Der Zeuge H. hat ausgesagt, dass er den Kläger schon seit mehr als 20 Jahren kennen würde und mit ihm befreundet sei. Er selbst würde einen Biohof betreiben und habe dem Kläger habe auch schon öfters in der Imkerei geholfen. Der Kläger würde wiederum regelmäßig Bienenstöcke in seine Obstgärten stellen, damit die Obstbäume bestäubt würden. Bei diesen Gelegenheiten habe er sich auch einiges Wissen erworben, was für die Aufstellung von Bienenstöcken erforderlich sei. Er habe den Kläger auf seinen Erkundungstouren auch öfters begleitet, z. B. in den Raum Frankfurt/Oder bzw. Berlin, und ihm auch dabei geholfen, Bienenstöcke aufzustellen. Zwar hätten die Teilnehmer der Moselreise auch früher schon gemeinsame Reisen unternommen. Dabei seien jedoch Städte besichtigt worden, wobei man sich bestimmte Programmpunkte, wie z. B. den Besuch eines Museums, vorgenommen habe. Etwa im April 2009 habe ihm der Kläger mitgeteilt, dass er wieder eine Erkundungsfahrt für die Aufstellung von Bienenstöcken unternehmen und sich dieses Mal das Gebiet an der Mosel ansehen wolle. Daraufhin habe er dem Kläger mitgeteilt, dass er daran gerne teilnehmen würde.

Am Tag nach der Ankunft sei man nach dem Frühstück mit den vom Kläger zuvor reservierten Fahrrädern zu einer Tour entlang der Mosel aufgebrochen. Bisweilen sei der Radweg nicht direkt am Fluss verlaufen, so dass man auch oberhalb der Mosel verlaufende Wege benutzt habe. Dabei habe die Gruppe immer wieder angehalten haben, um zu sehen, was dort wächst. Sie hätten sich auch mit einheimischen Personen unterhalten und diesen mitgeteilt, dass sie aus der Lüneburger Heide kommen würden und auf der Suche nach Stellplätzen für Bienenstöcke seien. Am Samstag seien sie nach dem Frühstück wieder mit den Rädern aufgebrochen. Der Kläger hätte sich an diesem Tag für 13:30 Uhr oder 14:00 Uhr mit Herrn P. verabredet. Sie seien dann langsam mit den Fahrrädern nach O. gefahren und zwischendurch in einem Lokal eingekehrt. Auch diese Tour hätten sie immer wieder unterbrochen, um sich die Natur anzusehen. Herrn P. hätten sie am Rathausplatz in O. getroffen, wo dieser ihnen zunächst kurz erklärt habe, was er ihnen zeigen wolle. Danach seien sie für ca. drei bis vier Stunden in die Weinberge gegangen und hätten sich dort auch Brachflächen angesehen. Herr P. sei dem Anliegen des Klägers gegenüber sehr aufgeschlossen gewesen. Es hätten sich äußerst interessante Gespräche über die hier wachsenden Pflanzen und die Möglichkeit, Bienenstöcke aufzustellen, ergeben. Diese Aspekte hätten ca. 70 % der gesamten Gesprächsthematik beherrscht. Danach habe Herr P. die Gruppe noch zu sich gebeten. Hierzu hätten sie zunächst von den Weinbergen zu seinem Anwesen gehen müssen, wo sie ca. noch eineinhalb bis zwei Stunden verbracht hätten. Er habe der Gruppe eine Brotzeit und ein Gläschen Wein angeboten. Eine Weinprobe im eigentlichen Sinn sei nicht durchgeführt worden. Herr P. habe allerdings bei der Wanderung zwei Flaschen Wein dabei gehabt.

Hinsichtlich des genauen Wortlauts der Aussagen des Klägers und der Zeugen wird vollinhaltlich auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

  1. 1.)

    den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 29.09.2010 aufzuheben,

  2. 2.)

    festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 09.05.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Entscheidung wurden die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten und die Zeugenaussagen zugrunde gelegt. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (= SGG)) zulässig. Der Kläger begehrt unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung, dass es sich bei dem Ereignis vom 09.05.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass es sich bei einem bestimmten Ereignis nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, kann dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage klären lassen (Bundessozialgericht (= BSG), Urt. v. 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung i. S. des § 55 Abs. 1 SGG. Darunter ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse zu verstehen, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (BSGE 98, 12 [BSG 07.12.2006 - B 3 KR 5/06 R] = SozR 4-2500 § 132a Nr. 2, jeweils Rz. 17 m. w. N). Der Kläger hat ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse an dieser Feststellung, weil die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls durch Verwaltungsakt verneint hat und er daher seine möglichen Rechtsansprüche nur durch Klage wahren kann (BSGE 68, 128, 130).

Die Klage ist auch begründet, da es sich bei dem Ereignis vom 09.05.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Die angefochtenen Bescheide sind daher rechtswidrig und waren aufzuheben. Gem. des § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Dabei muss insbesondere sicher feststehen, dass zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist es dabei erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere oder sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu der der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 [BSG 30.04.1985 - 2 RU 24/84]; 61, 127, 128). Entscheidend für die Bedeutung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 31). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, die sog. Handlungstendenz, d. h. die Überlegungen nach dem Zweck des Handelns im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Insbesondere kommt es darauf an, ob die Tätigkeit den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war.

Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen grundsätzlich auch Geschäfts- und Dienstreisen, die dazu bestimmt sind, den betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen (s. u. a.: BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19, 21, st. Rspr.). Allerdings besteht auf einer Dienstreise nicht während der gesamten Dauer schlechthin bei jeder Betätigung Versicherungsschutz. Vielmehr sind die o. g. Grundsätze auch insoweit zu beachten. Es ist daher zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehen und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Dienstreisenden angehören, zu unterscheiden. Letztere sind grundsätzlich unversichert (Landessozialgericht (=LSG) Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 13.12.2007 - L 14 U 96/05, m. w. N.).

Oft lassen sich allerdings private und dienstliche Besorgungen nicht zerlegen. Zu bewerten ist dann, ob die gemischte Tätigkeit dem versicherten Bereich wesentlich - nicht notwendig überwiegend - zu dienen bestimmt ist. Entscheidendes Abgrenzungskriterium hierfür ist die Frage, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Dabei ist weniger Gewicht auf den Zeitaufwand der betrieblichen Tätigkeit im Verhältnis zur privaten Verrichtung zu legen, sondern die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen festzustellen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Es genügt, wenn der Versicherte der Meinung sein durfte, dass die fragliche Unternehmung geeignet sei, den betrieblichen Interessen zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet. Betriebsnützliche Handlungen, die nur bei Gelegenheit einer im Übrigen privaten Reise vorgenommen werden bzw. nur einen rechtlich unwesentlichen Nebenzweck darstellen, begründen für diese Reise dabei keinen Versicherungsschutz (Bereiter Hahn/Mehrtens, Unfallversicherung, Kommentar, § 8 SGB VII, Rz. 7.21). Weiterhin ist zu beachten, dass auf einer solchen Reise der Versicherungsschutz durch eine Unterbrechung des betrieblichen Zusammenhangs im Allgemeinen weniger leicht erlischt, als auf Wegen nach und von der Arbeitsstelle. Ob die Dienstreise durch die private Verrichtung lediglich unterbrochen oder aber endgültig beendet wurde, hängt davon ab, wie sich unter Berücksichtigung der jeweiligen Zeitdauer und aller sonstigen Umstände die Bedeutung der Reise zu der Bedeutung der unversicherten privaten Tätigkeit verhält. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a. a. O., § 8 SGB VII Rz. 7.15 ff.) Schließlich ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BSG während einer Dienstreise auch der Weg zu und von der Nahrungsaufnahme grundsätzlich zu den Verrichtungen gehört, die im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, die den Versicherten in die fremde Stadt geführt hat (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a, a. O., § 8 Rz. 7.15.2 und 7.15.5 m. w. N.; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 50).

Bei Anwendung dieser Kriterien war hier zwischen der zum Unfall führenden Tätigkeit ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gegeben. Nach Auffassung der Kammer hat es sich bei der Moselreise 2009 für den Kläger um eine Dienstreise gehandelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass die Imkerei für ihn nicht nur ein gewöhnlicher Beruf ist, sondern er diesen auch mit großer Leidenschaft betreibt. Die Kammer hält es auch für betriebsdienlich, dass die Bienenvölker nach der Winterzeit zum sog. Durchlenzen zunächst in eine geeignete wärmere Gegend gebracht werden, wobei hierbei auch eine größere Honigsortenvielfalt erzielt werden kann. Da beim Aufstellen von Bienenstöcken eine Vielzahl von Kriterien zu beachten ist, müssen hierfür vorher entsprechend geeignete Areale ausfindig gemacht worden sein, um bei der Entscheidung über die Verbringung der Bienen an einen anderen Ort eine gewisse Auswahl an geeigneten Stellen parat zu haben. Hierzu ist wiederum eine Inaugenscheinnahme der Areale vor Ort unbedingt erforderlich. Die Kammer geht daher davon aus, dass der Kläger - bisweilen auch unter Mithilfe einiger Teilnehmer der Moselreise vom Mai 2009 - hierfür schon vorher entsprechende Exkursionen unternommen bzw. seine Bienenvölker zum Durchlenzen in wärmere Landesteile verbracht hat, so dass derartige Reisen Bestandteil seines normalen Geschäftsbetriebs waren. Nach den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Reiseteilnehmer in der Erklärung auf Bl. 143 UA sowie der Zeugen in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Moselreise 2009 auch zu diesem Zweck organisiert und klargestellt, dass es ihm selbst dabei ausschließlich darum ging, geeignete Plätze für das Aufstellen der Bienenstöcke zu finden. Der Umstand, dass der Kläger mit dem Teilnehmerkreis der Moselreise 2009 zuvor schon mehrfach private Ausflüge bzw. Städtereisen durchgeführt hat, kann hier zu keiner abweichenden Beurteilung führen, zumal er diese Reisen nicht selbst organisiert hat. Bei der Moselreise im Jahr 2009 hatte der Kläger demgegenüber die gesamte Organisation und den Ablauf der Reise in seiner Hand und konnte daher auch die für ihn wichtigen Akzente in Bezug auf die Thematik "Suche nach Stellplätzen für Bienenstöcke" setzen. Hiermit waren die anderen Reiseteilnehmer - auch diejenigen, die kein oder nur wenig Interesse an der Imkerei hatten - einverstanden gewesen.

Auch der Ablauf der Moselreise vor Ort stand ganz im Zeichen dieser Thematik. So wurde bereits die Radtour am Freitag immer wieder aus diesen Gründen unterbrochen, wobei die Zeugen übereinstimmend ausgesagt haben, dass sich der Kläger dabei auch mit Personen vor Ort über diese Thematik unterhalten hat. Der Kläger hat auch glaubhaft ausgeführt, dass er sich immer wieder entsprechende Notizen gemacht hat. Auch die landschaftskundliche Führung durch Herrn P. am Unfalltag hat diesem Zweck wesentlich gedient. Die Zeugen I. und K. konnten bestätigen, dass der Kläger am Abend zuvor betont hatte, dass diese landschaftskundliche Führung der Hauptprogrammpunkt am Samstag bzw. der gesamten Reise sei. Weiterhin haben die Zeugen übereinstimmend ausgeführt, dass es bei den Gesprächen des Klägers mit Herrn P. größtenteils um die Bienenthematik ging. Der Kläger hat wiederum in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass die Gespräche mit Herrn P. für ihn bzw. seine betrieblichen Belange äußerst wertvoll gewesen sind. Die Fragen des Weinbaubetriebs standen dabei im Hintergrund, wobei die Kammer auch die Aussagen der Zeugen für glaubhaft hält, dass eine Weinprobe im eigentlichen Sinne nicht stattgefunden, sondern Herr P. der Gruppe nach der anstrengenden Führung lediglich einen Imbiss und einen Schoppen Wein angeboten hat. Für eine komplette Betriebsbesichtigung inklusive einer Weinprobe wäre im Übrigen der noch zur Verfügung stehende zeitliche Rahmen sehr knapp bemessen gewesen. Wenn man davon ausgeht, dass sich die Reiseteilnehmer gegen 14:00 Uhr mit Herrn P. getroffen und danach eine vierstündige Tour absolviert hatten, dürfte sich der Aufenthalt im Anwesen von Herrn P. auf maximal 1 Stunde beschränkt haben, wenn man berücksichtigt, dass die Gruppe zuvor noch dorthin laufen und danach in Zell die Fahrräder holen musste und der Unfall sich laut Polizeibericht um 19:32 Uhr ca. 3 km hinter O. ereignet hat. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass entsprechend den o. g. Grundsätzen zur gemischten Tätigkeit der Kläger die Moselreise auch dann durchgeführt hätte, wenn denkbare private Zwecke der Teilnehmer - Tourismus, Freizeit, Herrenausflug - entfallen wären. Ebenso wäre die landschaftskundliche Führung (als betriebliche Tätigkeit) hypothetisch auch dann vorgenommen worden, wenn der private Zweck - Besichtigung eines Weinbaubetriebs/Weinprobe - entfallen wäre (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Darüber hinaus stand sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die Bedeutung der betriebsdienlichen Tätigkeit die landschaftskundliche Führung gegenüber einer wie auch immer gearteten Weinprobe/Betriebsbesichtigung für den Kläger deutlich im Vordergrund. Dies ergibt sich aus den intensiven Gesprächen, die der Kläger mit Herrn Bienert über die Möglichkeit, Bienenstöcke aufzustellen, geführt hat, die alle der gehörten Zeugen bestätigt haben.

Zwar hat sich der Unfall nicht während der landschaftskundlichen Führung, sondern auf dem Rückweg zur Unterkunft bzw. zum Abendessen ereignet. Wie bereits ausgeführt stehen jedoch auf einer Dienstreise auch die Wege zu Unterkunft bzw. zur Nahrungsaufnahme unter Versicherungsschutz (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a, a. O., § 8 Rz. 7.15.2 und 7.15.5 m. w. N.).

Die Kammer hält die Aussage des Klägers für glaubhaft. Soweit sich seine Aussage, nach der er bereits im Vorfeld mit Herrn P. mehrfach hinsichtlich der für ihn wesentlichen Punkte telefoniert habe, von derjenigen des Herrn P. unterscheidet, führt dies die Kammer darauf zurück, dass Herr P. in der Saison eine Vielzahl von Gruppen zu Besuch hat und daher die Erinnerung an Details bei der einen oder anderen Gruppe verblasst. Dies ergibt sich insbesondere aus seiner schriftlichen Aussage vom 09.04.2010, nach der er sich bereits seinerzeit nicht mehr daran erinnern konnte, wie lange der Aufenthalt der Gruppe des Klägers in seinem Betrieb gedauert hat. Er konnte stattdessen vielmehr nur die üblichen Zeiten der von ihm geführten Gruppen nennen.

Auch die Zeugen hält die Kammer für glaubhaft. Soweit sich deren Aussagen voneinander und von der des Klägers unterscheiden (etwa hinsichtlich der gewählten Wegstrecke bei den Touren oder der Zeitdauer des Aufenthalts im Anwesen von Herrn P.) führt dies die Kammer einerseits darauf zurück, dass seit dem Unfall schon vier Jahre vergangen sind und andererseits eine unterschiedliche Motivationslage der Reiseteilnehmer vorlag. Beides kann im Nachhinein dazu führen, dass nur spezifische, für die jeweilige Person selbst bedeutsame Aspekte in der Erinnerung haften bleiben und auch die Dauer bestimmter Programmpunkte unterschiedlich empfunden wird. Im wesentlichen Punkt, d. h. dem betrieblichen Charakter der Reise und der landschaftskundlichen Führung für den Kläger, waren sich die Zeugen jedoch einig. Bei Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls und der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrücke geht die Kammer daher davon aus, dass die Reiseteilnehmer den Kläger auf einer von ihm selbst initiierten, organisierten und wesentlich seinen betrieblichen Belangen dienenden Reise begleitet haben. Der Kläger konnte der Meinung sein, dass die Unternehmung geeignet war, den betrieblichen Interessen zu dienen wobei diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet. Demgegenüber hat die Kammer keine Hinweise dafür gefunden, dass der Kläger Teilnehmer einer Vergnügungsreise war, bei dem seine betrieblichen Belange nur einen rechtlich unwesentlichen Nebenzweck darstellten. Schließlich fanden sich auch keine Hinweise dafür, dass ein vorangegangener Alkoholgenuss bei dem Unfall eine wesentliche Rolle gespielt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.