Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.10.2013, Az.: 5 ME 220/13

Erforderlichkeit einer unabhängig vom Einzelfall bestehende Planung zur Dokumentation einer strukturellen Veränderungsabsicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.10.2013
Aktenzeichen
5 ME 220/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 47975
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:1029.5ME220.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 12.09.2013 - AZ: 2 B 5908/13

Fundstellen

  • DÖV 2014, 128
  • NdsVBl 2014, 104-106
  • NordÖR 2014, 98
  • RiA 2014, 28-32

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zum Begriff des entgegenstehenden dienstlichen Interesses im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG.

  2. 2.

    Umstände, die mit dem Hinausschieben des Ruhestandes typischerweise verbunden sind, kommen als entgegenstehende dienstliche Interessen im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG jedenfalls imGrundsatz nicht in Betracht.

  3. 3.

    Um eine strukturelle Veränderungsabsicht zu dokumentieren, ist eine generelle d. h. unabhängig vom Einzelfall bestehende Planung erforderlich, die etwa in einem Strukturplan, einer konzeptionellen Stellenplanung, einem personalwirtschaftlichen Konzept oder einer ähnlichen allgemeinen Erklärung ihren Niederschlag finden kann.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt das Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand.

Der am .... Juli 19... geborene Antragsteller ist im Statusamt eines A. (Besoldungsgruppe A 14) bei der Antragsgegnerin als Leiter der Bewilligungsstelle D. tätig. Er beantragte unter dem 9. Januar 2013, seinen mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze zum 1. Oktober 2013 eintretenden Ruhestand um ein Jahr, also bis zum 30. September 2014, hinauszuschieben.

Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit (vorläufigem) Bescheid vom 12. Juli 2013 sowie mit (endgültigem) Bescheid vom 29. August 2013 ab, weil dem Hinausschiebungsbegehren dienstliche Interessen entgegenstünden. So würden, weil der Dienstposten des Antragstellers zum 1. Oktober 2013 neu besetzt werden solle, geplante Personalentwicklungsmöglichkeiten um ein Jahr verschoben. Zudem sei dem Ausschreibungstext für die Neubesetzung seines Dienstpostens zu entnehmen, dass sich nicht nur Angehörige des ehemals höheren landwirtschaftlichen Dienstes bzw. Personen mit einem gleichwertigen Verwaltungs- oder juristischen Abschluss bewerben könnten, sondern - bei Vorliegen langjähriger Berufserfahrung - auch Angehörige des ehemals gehobenen landwirtschaftlichen Dienstes/allgemeinen Verwaltungsdienstes bzw. Personen mit gleichwertigen Kenntnissen. Und schließlich sei unter dem Aspekt der Beschränktheit von Haushaltsmitteln zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ohne die Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit nicht die maximal möglichen Versorgungsbezüge erhielte und dass sich zudem Einspareffekte ergäben, wenn der Dienstposten des Antragstellers zum 1. Oktober 2013 mit einem Bewerber besetzt werde, der einer niedrigeren Entgelt- bzw. Besoldungsgruppe als der Antragsteller angehöre.

Der Antragsteller hatte bereits am 2. August 2013 Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 12. September 2013 stattgegeben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 29. August 2013, längstens indes bis zum Ablauf des 30. September 2014, hinauszuschieben. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht.

1. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung (Nds. GVBl. S. 422) ist auf Antrag eines Beamten der Eintritt in den Ruhestand um bis zu ein Jahr hinauszuschieben, wenn dienstliche Interessen nicht entgegenstehen.

Bei dem Begriff des (entgegenstehenden) dienstlichen Interesses, der das Interesse des Dienstherrn an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenerfüllung bezeichnet, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (Nds. OVG, Beschluss vom 16.3.2011 - 5 ME 43/11 -, [...] Rn. 11), der als solcher grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ohne dass dem Dienstherrn insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt. Allerdings hängt das Interesse des Dienstherrn an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenerfüllung in erheblichem Maße von vorausgegangenen organisatorischen und personellen Entscheidungen seinerseits ab und richtet sich nach den gesetzlichen Aufgaben der Dienststelle sowie den dort vorhandenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten. Da es in erster Linie Aufgabe des Dienstherrn ist, in Ausübung des ihm zugewiesenen Personal- und Organisationsrechts zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Prioritäten zu bestimmen, sie auf die einzelnen Organisationseinheiten zu verteilen und ihre Erfüllung durch den bestmöglichen Einsatz von Personal und Sachmitteln sicherzustellen, gewährt die Voraussetzung des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG, dass dienstliche Interessen dem Hinausschieben des Ruhestandes nicht entgegenstehen dürfen, dem Dienstherrn eine Entscheidungsprärogative dahingehend, dass er seine dienstlichen Interessen und Aufgaben nach den Gesetzen definieren und sie durch einen ihm als geeignet erscheinenden Einsatz von Personal- und Sachmitteln umsetzen kann. Die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen ist auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Organisationsermessens überschritten sind und ob von diesem in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 16.3.2011, a. a. O., Rn. 11; vgl. auch OVG M.-V., Beschluss vom 19.8.2008 - 2 M 91/08 -, [...] Rn. 7; VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 28.3.2013 - 4 S 648/13 -, [...] Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 29.5.2013 - 6 B 443/13 -, [...] Rn. 11).

Das (negative) Tatbestandsmerkmal der entgegenstehenden dienstlichen Interessen hindert das Entstehen des Anspruchs in der Art einer Einwendung (vgl. VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 28.3.2013, a. a. O., Rn. 6). Da die Frage, ob "entgegenstehende dienstliche Interessen" gegeben sind, wesentlich von den Festlegungen des Dienstherrn abhängt, trifft diesen die Darlegungs- und ggf. auch Beweislast für das Vorliegen solcher Umstände (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012 - 6 B 522/12 -, [...] Rn. 20; VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 28.3.2013, a. a. O., Rn. 6). Die dienstlichen Interessen müssen darüber hinaus so gewichtig sein, dass sie dem grundsätzlich eingeräumten Rechtsanspruch "entgegenstehen". Das erfordert - nicht zuletzt im Hinblick auf das Erfordernis der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -) - eine entsprechende Konkretisierung, Festlegung und Dokumentation. Nicht jede vage und frei veränderbare Personalplanung oder Absichtserklärung genügt daher zur Annahme eines entgegenstehenden dienstlichen Interesses, denn das würde die Überprüfung des Regelanspruchs auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand weitgehend leerlaufen lassen (vgl. VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 28.3.2013, a. a. O., Rn. 6, 8). Erforderlich ist vielmehr eine verfestigte organisatorische und personelle Entscheidung des Dienstherrn (Nds. OVG, Beschluss vom 26.9.2013 - 5 ME 198/13 -).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (Beschlussabdruck - BA -, S. 7f.). Seine Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall begegnet - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - keinen rechtlichen Bedenken.

a) Soweit die Antragsgegnerin geltend macht (Beschwerdebegründung - BB -, S. 3), dass der Antragsteller bei einer Verlängerung seiner Dienstzeit einen höheren Versorgungsanspruch erhielte und dass die Nachbesetzung seines Dienstpostens mit dem in Aussicht genommenen - einer niedrigeren Besoldungsgruppe (A 12) angehörenden -Nachfolger mit einer Kostenersparnis verbunden sei, ist das Verwaltungsgericht dieser Argumentation zu Recht nicht gefolgt (BA, S. 9).

Wie sich aus Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte ergibt, kommen als entgegenstehende dienstliche Interessen im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG nur solche Gegebenheiten in Betracht, die mit dem Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand nicht stets oder regelmäßig verbunden sind. Denn im Gegensatz zu der als Ermessensvorschrift ausgestalteten Vorgängerregelung - § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NBG in der vom 1. April 2009 (Nds. GVBl. S. 72) bis zum 30. November 2011 geltenden Fassung sah vor, dass der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Beamten um bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden konnte, wenn dienstliche Interessen nicht entgegenstanden - hat der Gesetzgeber mit § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung im Interesse einer wirksamen Flexibilisierung des Ruhestandseintritts (vgl. LT-Drs. 16/3207, S. 138) einen gebundenen Anspruch geschaffen. Damit sollte die Rechtsposition von Beamtinnen und Beamten, die ihre Dienstzeit insbesondere aus persönlichen Gründen verlängern möchten, gestärkt werden (LT-Drs. 16/3207, S. 138). Dadurch, dass der Gesetzgeber dem Beamten einen Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Dienstzeit für den Fall eingeräumt hat, dass dienstliche Interessen nicht entgegenstehen, hat er die antragsgemäße Hinausschiebung des Ruhestandes zum Regelfall erklärt (vgl. auch VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 28.3.2013, a. a. O., Rn. 4). Dieser Rechtsanspruch liefe faktisch leer und das gesetzgeberische Ziel der Flexibilisierung des Eintritts in den Ruhestand auch nach der Vorstellung des Beamten würde unterlaufen, wenn Folgen, welche typischerweise mit dem Hinausschieben des Ruhestandes verbunden sind, ein dienstliches Interesse zu begründen vermöchten (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012, a.a.O., Rn. 20; Beschluss vom 22.4.2013 - 6 B 277/13 -, [...] Rn. 10; Beschluss vom 29.5.2013, a. a. O., Rn. 13).

Da die Höhe des Ruhegehalts an die ruhegehaltfähige Dienstzeit anknüpft (§ 16 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes - NBeamtVG -) und die ruhegehaltfähige Dienstzeit diejenige Zeitspanne umfasst, die der Beamte vom Tag der ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG), liegt es in der Natur der Verlängerung der aktiven Dienstzeit durch Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand, dass damit ggf. auch eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Versorgungsbezüge einhergeht. Auch der Effekt der fehlenden Kostenersparnis durch Neubesetzung des entsprechenden Dienstpostens mit einem jüngeren, ggf. einer niedrigeren Besoldungsgruppe angehörenden Beamten ist die regelmäßige Folge der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit der Dienstzeitverlängerung über die Regelaltersgrenze hinaus. Der Umstand, dass der Antragsteller mit einer derzeit vollzeitbeschäftigten Beamtin im Niedersächsischen Landesdienst (Besoldungsgruppe A 12) verheiratet ist, spielt - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin (BB, S. 3) - in diesem Zusammenhang keine Rolle.

b) Im Hinblick auf das von der Antragsgegnerin geltend gemachte Interesse, den Altersdurchschnitt bei den Leiterinnen/Leitern der Bewilligungsstellen zu senken, genügt ihr entsprechendes Vorbringen (BB, S. 3) bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO.

Der Begriff des "Darlegens" im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO ist durch das Darlegungserfordernis im (Berufungs-)Zulassungsrecht (§ 124a Abs. 4 VwGO) vorgeprägt (vgl. VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 1.7.2002 - 11 S 1293/02 -, [...] Rn. 5). Das Darlegungserfordernis verlangt von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Erforderlich ist, dass die Beschwerdebegründung an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpft und aufzeigt, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss (OVG M.-V., Beschluss vom 7.9.2010 - 1 M 210/09 -, [...] Rn. 8). Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses (Nds. OVG, Beschluss vom 31.5.2012 - 5 ME 86/12 -), an denen es hier fehlt. Denn mit den diesbezüglichen - auch auf obergerichtliche Rechtsprechung gestützten - Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA, S. 8) setzt sich die Beschwerde nicht ansatzweise auseinander.

Dessen ungeachtet begegnet die verwaltungsgerichtliche Argumentation keinen rechtlichen Bedenken. Da das (weitere) Ansteigen des Durchschnittsalters bzw. des Anteils älterer Beamter eine Folge darstellt, welche mit dem Hinausschieben des Ruhestandes typischerweise verbunden ist, kommt dieser Aspekt nach den oben angeführten Maßstäben - jedenfalls im Grundsatz - als entgegenstehendes dienstliches Interesse nicht in Betracht (vgl. auch Hamb. OVG, Beschluss vom 5.6.2012 - 1 Bs 98/12 -, [...] Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012, a. a. O., Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 29.5.2013, a. a. O., Rn. 20). Das Interesse an einer ausgeglichenen Altersstruktur kann allenfalls dann das Gewicht eines entgegenstehenden dienstlichen Interesses erreichen, wenn einer besonders ungünstigen Altersstruktur entgegengewirkt werden soll (Hamb. OVG, Beschluss vom 5.6.2012, a. a. O., Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012, a. a. O., Rn. 25). Eine solche vermag der Senat indes - ebenso wie das Verwaltungsgericht - nicht zu erkennen. Denn die Antragsgegnerin hat das derzeitige Durchschnittsalter der Leiterinnen/Leiter der Bewilligungsstellen mit 53,7 Jahren benannt (Antragserwiderung vom 6. September 2013, S. 2, Bl. 89/Gerichtsakten - GA -).

c) Auch das Begehren der Antragsgegnerin, jungen Nachwuchskräften die Chance zu geben, eine Führungsposition zu besetzen (BB, S. 3), vermag ohne Hinzutreten weiterer Umstände ein entgegenstehendes dienstliches Interesse im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG nicht zu begründen. Denn der Umstand, dass eine sonst zur Verfügung stehende Beförderungsmöglichkeit einstweilen blockiert wird bzw. dass sich die berufliche Weiterentwicklung eines potentiellen (regelmäßig jüngeren) Nachfolgers verzögert, stellt ebenfalls eine typische Folge des Hinausschieben des Ruhestandes eines älteren Beamten dar und wird daher vom Gesetzgeber, der die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG als gebundenen Rechtsanspruch des eine Hinausschiebung des Ruhestandes beantragenden Beamten ausgestaltet hat, gerade in Kauf genommen (vgl. auch Hamb. OVG, Beschluss vom 5.6.2012, a. a. O., Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012, a. a. O., Rn. 22). Dass die Antragsgegnerin hier einer besonders angespannten Beförderungs- bzw. Nachbesetzungssituation hat entgegenwirken wollen (vgl. Hamb. OVG, Beschluss vom 5.6.2012, a. a. O., Rn. 10), wird mit der Beschwerde nicht dargetan.

d) Auch das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie wolle den Angehörigen des vormals gehobenen Dienstes die Möglichkeit eröffnen, sich auf (freiwerdende) Dienstposten der Bewilligungsstellenleiterinnen/-leiter zu bewerben (BB, S. 2), verhilft ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Eine organisatorische Entscheidung des Dienstherrn, im Hinblick auf bestimmte Dienstposten eine höhere Durchlässigkeit der Verwaltung schaffen zu wollen, ist zwar - unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden Einschätzungsprärogative und der entsprechend eingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Verwaltungsgerichte - im Grundsatz geeignet, ein entgegenstehendes dienstliches Interesse im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 NBG zu begründen. Ob einer solchen Entscheidung indes die - für ihre Glaubhaftmachung erforderliche - Verbindlichkeit bzw. Verfestigung zukommt, ist eine Frage des Einzelfalls und hier mit großer Wahrscheinlichkeit zu verneinen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich das Vorliegen einer verbindlichen bzw. verfestigten organisatorischen Entscheidung des Inhalts, die Durchlässigkeit der Verwaltung im Hinblick auf die Dienstposten der Bewilligungsstellenleiterinnen und -leiter erhöhen zu wollen, nicht mit dem Text einer konkreten Stellenausschreibung belegen, zumal diese gerade den Dienstposten des Antragstellers betrifft, der seine aktive Dienstzeit verlängern will. Um eine strukturelle Veränderungsabsicht zu dokumentieren, ist vielmehr eine generelle - d. h. unabhängig vom Einzelfall bestehende - Planung erforderlich, die etwa in einem Strukturplan (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 26.9.2013 - 5 ME 198/13 -), einer konzeptionellen Stellenplanung (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.3.2011, a. a. O., Rn. 12), einem personalwirtschaftlichen Konzept (vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 19.8.2008, a. a. O., Rn. 7) oder einer ähnlichen allgemeinen Erklärung ihren Niederschlag finden kann. Dass die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Absicht, durch Erhöhung der Durchlässigkeit der Verwaltung im Hinblick auf die Dienstposten der Bewilligungsstellenleiterinnen und -leiter einer strukturelle Neuausrichtung herbeizuführen, entsprechend dokumentiert wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht eine verfestigte organisatorische (Grund-)Entscheidung dieses Inhalts nicht festgestellt.

Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, das Vorhalten einer Personalentwicklungsplanung stoße "bei einer Dienststelle mit derzeit rund 550 Beamten [....] im Sinne einer flexiblen Handhabung an Grenzen", ist dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar. Warum es nicht möglich sein sollte, in einer Behörde von der Größe der Antragsgegnerin personalwirtschaftliche Grundstrukturen - und nur um diese geht es im vorliegenden Zusammenhang - zu entwickeln und entsprechend zu dokumentieren, erschließt sich dem Senat nicht. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Antragsgegnerin selbst vorträgt, derzeit ein - Grobstrukturen enthaltendes - Personalentwicklungskonzept zu erarbeiten (BB, S. 2; vgl. auch Anlage Ag 13, Bl. 98ff./GA).

Nicht nachvollziehbar - weil widersprüchlich - bleibt auch der weitere Vortrag der Antragsgegnerin (BB, S. 2), dass es im Rahmen des in Erstellung befindlichen Personalentwicklungskonzepts angesichts der Vielzahl der bei ihr bestehenden Dienststellen Vorgaben hinsichtlich der Besetzung einzelner Dienstposten nicht geben könne und werde; das Ziel des zu erstellenden Personalentwicklungskonzepts bestehe vielmehr darin, die Qualifizierung der Mitarbeiter zu standardisieren, um durch Ergänzung der schulischen und beruflichen Ausbildung um arbeitsplatzspezifische Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ein gleichmäßiges Bildungsniveau zu erreichen; außerdem sei beabsichtigt, dass die Mitarbeiter künftig "Bildungsbausteine" erlangen müssten, um ggf. Führungspositionen erlangen zu können. Mit der Festschreibung innerbehördlicher Voraussetzungen für die Besetzung von Führungspositionen werden gerade "Vorgaben in Bezug auf die Besetzung bestimmter Dienstposten" gemacht. Auch aus der Information der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2012 (Bl. 98ff./GA) über das bei ihr einzurichtende Sachgebiet "Personalentwicklung" und dessen Aufgaben, die u. a. in der Erstellung eines Personalentwicklungskonzepts bestehen sollen, ergibt sich ohne weiteres, dass der Aspekt der Erhöhung der Durchlässigkeit der Verwaltung dem dort zugrunde gelegten Begriff der Personalentwicklung ("Verwendungsplanung und -steuerung", "Aufstiegsplanung und -steuerung") unterfiele.