Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.10.2013, Az.: 2 NB 213/13
Vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin i.R.d. Aufnahmekapazität
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.10.2013
- Aktenzeichen
- 2 NB 213/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 48597
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:1014.2NB213.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Göttingen - 29.04.2013 - AZ: 8 C 399/13
Rechtsgrundlagen
- § 146 Abs. 4 S. 1, 6 VwGO
- § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVVO
Gründe
I.
Durch Beschlüsse vom 29. April 2013, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht unter anderem die Anträge der Beschwerdeführer, die Antragsgegnerin im Wege von einstweiligen Anordnungen zu verpflichten, sie vorläufig zum Studium der Zahnmedizin im 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2013 zuzulassen, abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat für das Bewerbungssemester eine Aufnahmekapazität von 41 Studienplätzen (wie durch die ZZ-VO 2012/13 v. 8.7.2012, Nds. GVBl. S. 221 festgesetzt) errechnet. Nach Mitteilung der Antragsgegnerin in erster Instanz hat sie in dem 1. Fachsemester insgesamt 44 Studierende immatrikuliert.
Gegen diese Entscheidungen richten sich die von den Antragstellern erhobenen Beschwerden, mit denen sie ihr Ziel der vorläufigen Zulassung weiter verfolgen.
II.
Die Beschwerden sind unbegründet. Die von den Antragstellern innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang des Senats bestimmen, greifen hinsichtlich ihres jeweiligen Hauptantrages nicht durch.
Ihren jeweiligen erstinstanzlichen Hilfsantrag auf vorläufige Zulassung zum vorklinischen Ausbildungsabschnitt haben die Antragsteller lediglich in der Betreffzeile ihrer Beschwerdebegründungsschriftsätze vom 29. Mai 2013 angeführt, ohne ihn in der nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Fassung des jeweiligen Beschwerdeantrages in der Beschwerdeinstanz zu wiederholen, sodass sich insoweit eine Überprüfung durch den Senat erübrigt. Ein derartiger Teilstudienplatz wäre im Vergleich zu einem Vollstudienplatz nicht ein "minus", sondern ein "aliud" (vgl. für den Studiengang Humanmedizin: BVerfG, Beschl. v. 21.10.1981 - 2 BvR 802/78 u.a. -, BVerfGE 59, 172 = NJW 1982, 303 [BVerfG 21.10.1981 - 1 BvR 802/78]; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 1: Der Kapazitätsprozess, 1. Aufl. 2011, Rdnr. 33 m.w.N.), sodass der Beschwerdeantrag ihn nicht mitumfasst. Ungeachtet dessen beziehen sich die Beschwerdeangriffe der Antragsteller nicht auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu ihren erstinstanzlich gestellten Hilfsanträgen, sodass dem Senat mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch deshalb insoweit eine Nachprüfung verwehrt ist.
1. Der Senat tritt - wie bereits zuletzt in seinem das Sommersemester 2012 betreffenden Beschluss vom 15. November 2012 (- 2 NB 198/12 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 17 ff.) sowie das Wintersemester 2011/2012 betreffenden Beschluss vom 9. August 2012 (- 2 NB 334/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 20 ff. m.w.N.) - der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, wonach die Lehrverpflichtung der wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. G. und Dr. H. auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVVO wegen der befristeten Beschäftigungen zum Zweck der eigenen Weiterqualifikation trotz der inzwischen langjährigen Beschäftigungsdauer jeweils nur vier LVS beträgt. Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller, spätestens nach Ablauf von 12 Jahren müsse "die Klappe fallen", greift demgegenüber nicht durch. Bei beiden wissenschaftlichen Mitarbeitern ergibt sich aus den vorgelegten dienstlichen Erklärungen ihrer Vorgesetzten vom 6. bzw. 18. September 20 hinreichend deutlich, dass sie ihr Qualifikationsziel der Habilitation noch anstreben und auch davon auszugehen ist, dass dies in absehbarer Zeit zu realisieren ist.
2. Die Einwände der Antragsteller gegen die von dem Verwaltungsgericht akzeptierte Deputatsreduzierung in einem Umfang von 2 LVS für Prof. Dr. I. als Vorsitzender des Prüfungsausschusses für die naturwissenschaftliche und zahnärztliche Vorprüfung sowie als stellvertretender Vorsitzender für die zahnärztliche Prüfung greifen nicht durch.
Der von den Antragstellern in Bezug genommene Beschluss des Senats vom 10. August 2012 (- 2 NB 37/12 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 35 ff.) bezieht sich auf die Verhältnisse an der Medizinischen Hochschule Hannover und betrifft einen dortigen Funktionsträger. Ungeachtet dessen werden die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der Tätigkeit von Prof. Dr. I. um eine umfassendere, insbesondere organisatorische Aufgabenwahrnehmung handele, als sie jedem Mitglied der Hochschule als Dienstaufgabe obliege, durch die Beschwerdeeinwände der Antragsteller nicht erfolgreich in Frage gestellt. Der Hinweis der Antragsteller darauf, dass im Fall ihres Prozessbevollmächtigten, der als Prüfer im juristischen Staatsexamen tätig sei, die Koordination der Prüfer durch Verwaltungskräfte erledigt werde, besagt nichts zu den Verhältnissen bei der Antragsgegnerin. Auch der Einwand, Prof. Dr. I. werde bei Wiederholungsprüfungen nicht als Prüfer tätig, trägt nicht. Denn entscheidend sind insoweit die Koordinierung dieser Prüfungen und die Teilnahme als (stellvertretender) Vorsitzender. Die Antragsteller lassen bei ihrer Kritik unberücksichtigt, dass mit dem Vorsitz in einem Prüfungsausschuss Pflichten verbunden sind, die hinsichtlich des zeitlichen Aufwands die mit dem Abhalten von Prüfungen normalerweise verbunden Belastungen nicht unerheblich übersteigen (so auch OVG Bautzen, Beschl. v. 14.10.2009 - NC 357/09 -, [...] Langtext Rdnr. 10 m.w.N.).
3. Der Senat sieht - wie bereits das Verwaltungsgericht - keinen Anlass, der pauschal erhobenen Frage der Antragsteller nachzugehen, ob es bei der Antragsgegnerin Krankenversorgungsstellen gebe, deren Stelleninhaber ausschließlich für die Krankenversorgung und daher nicht für die Lehre zur Verfügung stünden, sodass diese Stellen gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 KapVO vorab bei der Berechnung des Krankenversorgungsabzuges zu berücksichtigen wären. Die Antragsgegnerin hat zu einem gleichgelagerten Einwand bereits in der Vergangenheit erklärt, derartige Stellen gebe es in ihrem Bereich nicht (vgl. zuletzt Senat, Beschl. v. 15.12.2011 - 2 NB 104/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 15). Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert hätten.
4. Die Antragsteller machen ohne Erfolg geltend, die nach dem zweiten Abschnitt der KapVO errechnete jährliche Aufnahmekapazität sei gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 1 KapVO deshalb zu erhöhen, weil nicht auszuschließen sei, dass die Antragsgegnerin nichtakademische Zahntechniker beschäftige, die nicht nur für die zahntechnische Versorgung der Patienten benötigt würden, sondern auch in der Lehre eingesetzt würden. Eine derartige Entlastung des akademischen Lehrpersonals sei in Deputatsstunden umzurechnen und bei der Berechnung des Bruttolehrdeputates zu berücksichtigen, wobei für dieses zusätzliche Lehrdeputat ein Krankenversorgungsabzug nicht vorzunehmen sei.
Es ist von den Antragstellern bereits nicht hinreichend dargetan, dass die Antragsgegnerin Zahntechniker in der Lehre einsetzt. Die von ihnen vorgelegte Stellenausschreibung der LMU München verhält sich nur zu den dortigen Verhältnissen und besagt nichts über die Antragsgegnerin aus. Ungeachtet dessen ist nicht hinreichend plausibel dargelegt, dass und inwieweit im Fall der Beschäftigung derartiger nichtakademischer Personen das akademische Lehrpersonal (das nach § 8 Abs. 1 KapVO bei der Kapazitätsermittlung allein zu berücksichtigen ist, vgl. dazu Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 2: Verfassungsrechtliche Grundlagen - Materielles Kapazitätsrecht, 1. Aufl. 2013 Rdnr. 286 m.w.N.) tatsächlich in einem kapazitätsrelevanten Umfang entlastet wird (so auch Bayerischer VGH, Beschl. v. 14.5.2013 - 7 CE 13.10049 -, [...] Langtext Rdnr. 219).
5. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Annahme der Antragsteller nicht einen Schwundausgleichsfaktor von 1,0469, sondern einen solchen von 1,0708 in Ansatz gebracht (vgl. S. 24 BU). Dieser AnSatz 1iegt kapazitätsfreundlich über dem von den Antragstellern für richtig gehaltenen Wert von 1,0556, sodass dieser Beschwerdeangriff ins Leere geht.
6. Die Antragsteller rügen zwar auch nach Ansicht der Antragsgegnerin zu Recht, dass der vom Verwaltungsgericht in Ansatz gebrachte CAp in Höhe von 6,1962 deshalb zu überprüfen sei, weil die Lehrveranstaltung (Vorlesung) "Zoologie für Mediziner" (CA von 0,0888) auch in der Lehreinheit Zahnmedizin im streitgegenständlichen Sommersemester 2013 zweistündig an 14 Tagen stattfinde, sodass sich bei einer Gruppengröße von g = 45 ein niedrigerer CA errechne. Die Antragsgegnerin hat hierzu von den Antragstellern unwidersprochen vorgetragen, bei Berücksichtigung dieses Umstandes errechne sich für diese Veranstaltung ein CA von 0,0476 (2,1429 x 1/45) und eine von dem Zentrum ZMK erbrachte Lehrleistung im Studiengang Zahnmedizin von 6,1550 (6,1074 + 0,0476), sodass sich bei einem von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegten bereinigten Lehrangebot von 236,7233 LVS, einer Lehrnachfrage von 6,1550 und einem Schwundausgleichsfaktor von 1,0708 eine jährliche Kapazität von gerundet 82 Studienplätzen (82,3665 = 236,7233 x 2 : 6,1550 = 76, 9206 x 1,0708) ergebe.
Im streitgegenständlichen Sommersemester 2013 stehen daher im Ergebnis wiederum nur 41 Studienplätze zur Verfügung mit der Folge, dass sich weitere außerkapazitäre Studienplätze zugunsten der Antragsteller nicht ergeben. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin diese Kapazität in kapazitätsrechtlich zu berücksichtigender Weise um drei Studienplätze überbucht hat.