Landgericht Hannover
Beschl. v. 11.01.2005, Az.: 13 T 84/04

Zahlungspflichten nach Ersteigerung eines Grundstücks i.R.e. Zwangsversteigerungsverfahrens; Verzinsung eines wirksam abgegebenen Bargebotes ab dem Verteilungstermin

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
11.01.2005
Aktenzeichen
13 T 84/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 38314
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2005:0111.13T84.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 25.11.2004 - AZ: 731 K 16/03

Fundstelle

  • Rpfleger 2005, 324-325

Verfahrensgegenstand

Der im Grundbuch von ... Blatt ... eingetragener Grundbesitz

In der Zwangsversteigerungssache
...
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
am 11.01.2005
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...
die Richterin am Landgericht ... und
die Richterin am Landgericht ...
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 02.12.2004 wird der Beschluss des Amtsgerichts vom 25.11.2004 teilweise wie folgt abgeändert:

Der Teilungsplan wird weiter dadurch ausgeführt, dass die Forderung gegen die Ersteherin, ... gemäß §118 Abs. 1 ZVG in Höhe eines Betrages von 331.725,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2004 auf die ... übertragen wird (für 331.725,37 € Zinsen aus der Grundschuld Abt. III Nr. 6 über 3.067.751,29 €).

Das Grundbuchamt wird zu gegebener Zeit ersucht werden, an rangerster Stelle folgende Sicherungshypothek einzutragen:

Sicherungshypothek für 331.725,37 € (i.B. dreihunderteinunddreißigtausendsiebenhundertfünfundzwanzig 37/100 Euro) im Zwangsversteigerungsverfahren 731 K 16/03 des Amtsgerichts Hannover übertragene Forderung gegen die Ersteherin mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2004 für die ... Der übertragenen Forderung liegen zu Grunde 331.725,37 € Zinsen aus der vormaligen Buchgrundschuld Abt. III Nr. 6 über 3.067.751,29 €.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Ersteherin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.650,- ? festgesetzt.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 16.09.2004 hat das Amtsgericht der Ersteherin den Zuschlag für das im Rubrum genannte Grundstück erteilt unter der Bedingung, dass das Bargebot von 380.000,- ? vom 16.09.2004 mit 4 % zu verzinsen und mit den Zinsen vom Ersteher im Verteilungstermin zu zahlen ist. Im Verteilungstermin vom 25.11.2004 wurde die restliche Zahlung von 331.725,37 € von der Ersteherin nicht geleistet. Das Amtsgericht hat daraufhin beschlossen, dass die Forderung gegen die Ersteherin gemäß §118 Abs. 1 ZVG in Höhe des Betrages von 331.725,37 € nebst 4 % Zinsen seit dem 25.11.2004 auf die Gläubigerin übertragen wird und dass das Grundbuchamt zu gegebener Zeit ersucht werden soll, an rangerster Steile eine Sicherungshypothek für eine in Höhe von 331.725,37 €übertragene Forderung gegen die Ersteherin mit 4 % Zinsen seit dem 25.11.2004 für die Gläubigerin einzutragen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Beschwerde vom 02.12.2004. Sie meint, der übertragene Anspruch in Höhe von 331.725,37 € und damit auch die zur Eintragung gelangende Sicherungshypothek seien mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Gläubigerin und Beschwerdeführerin steht die beantragte Verzinsung zu.

3

Bei der Versteigerung eines Grundstücks hat der Ersteher das Bargebot im Verteilungstermin gemäß §107 Abs. 2 ZVG an das Vollstreckungsgericht bar zu zahlen. Dabei ist das Bargebot ab dem Tag der Wirksamkeit gemäß §49 Abs. 2 ZVG zu verzinsen. Der Zinssatz beträgt nach insoweit übereinstimmender Auffassung gemäß §246 BGB 4 %, denn es handelt sich um einen gesetzlichen Zinssatz. Dies spricht aber nicht dagegen, auch §288 Abs. 1 BGB anzuwenden, wenn sich der Ersteher in Verzug befindet.

4

Mit den Landgerichten Kempten, Berlin, Augsburg und Cottbus (LG Kempten und LG Berlin, Rpfl. 2001, 192; LG Augsburg, Rpfl. 2002, 374; LG Cottbus, Rpfl. 2003, 256) ist die Kammer der Auffassung, dass bei Übertragung der Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten gemäß §118 ZVG die übertragene Forderung nicht mehr nur mit 4 % Zinsen sondern ab dem Zeitpunkt des Verteilungstermins gemäß §288 Abs. 1 S. 2 BGB mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist, wenn der Ersteher im Verteilungstermin das Meistgebot nicht zahlt. Denn Verzug ist deshalb eingetreten, weil die Ersteherin im Verteilungstermin nicht gezahlt hat. Der Verteilungstermin ist am Tag des Zuschlagsbeschlusses durch das Gericht festgesetzt und der Ersteherin zusammen mit dem Zuschlagsbeschluss bekannt gemacht und auf deren Antrag hin vom 04. auf den 25.11.2004 verlegt worden, so dass unter Berücksichtigung von §49 Abs. 1 ZVG, durch den das Fälligwerden des Bargebots im Verteilungstermin bestimmt wird, ein Verzugseintritt nach §286 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorliegt. Nach dieser Vorschrift bedarf es für den Eintritt des Verzuges einer Mahnung dann nicht, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Das der Zahlung des Meistgebots als Leistung vorausgehende Ereignis liegt in der Bestimmung des Verteilungstermins. Die der Ersteherin mit diesem Termin bekannt gegebene Frist ist angemessen und lässt sich nach dem Kalender berechnen.

5

Demgegenüber wird in der Literatur (Stöber, ZVG, 17. Aufl., 2002, §118 Rdnr. 5; Streuer, Rpfl. 2001, 401; Wilhelm, Rpfl. 2001, 166, 169; Prof. Hintzen, Rpfl. 2004, 69, 77) die Meinung vertreten, dass der Anspruch der Verzinsung der gemäß §118 ZVGübertragenen Forderung seinen Grund in §49 Abs. 2 ZVG habe und deshalb nur 4 % betrage. Es sei nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, den Verzug des Erstehers herbeizuführen und zu überprüfen. Der Verzugsschaden müsse außerhalb des Versteigerungsverfahrens geltend gemacht werden, weil die übertragene Forderung nicht der frühere Anspruch sei.

6

Diese Auffassung vermag die Kammer nicht zu überzeugen, denn aus §49 Abs. 2 ZVG folgt nicht, dass im Falle des Verzuges nicht auch §288 Abs. 1 BGB angewendet werden kann. Soweit Stöber (a.a.O.) meint, die Zahlungspflicht des Erstehers sei aufgrund ihrer Entstehung durch den Zuschlag öffentlich-rechtlicher Natur, weshalb zivilrechtliche Verzugsregeln nicht griffen, verkennt er, dass auch im öffentlichen Recht, wenn dieses - wie hier - keine Regelungen enthält, die Verzugsvorschriften des Privatrechts entsprechend angewendet werden können, wenn zwischen den Parteien ein Verhältnis der Gleichordnung besteht (Palandt, BGB, 63. Aufl., §286 Rdnr. 8 m.w.N.). Dies ist im Verhältnis zwischen Schuldner, Gläubiger und Ersteher der Fall. Im übrigen lässt sich der Verzugseintritt bei Nichtzahlung im Verteilungstermin zweifelsfrei feststellen, so dass es zu formal wäre, den oder die Gläubiger wegen der Verzugszinsen auf einen Zivilprozess zu verweisen.

7

Das Eintragungsersuchen folgt aus §130 ZVG. Insoweit wird auf die Entscheidung des Landgerichts Kassel (Rpfl. 2001, 176) verwiesen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO; die Streitwertfestsetzung auf §3 ZPO (Zinsdifferenz für 6 Monate).

9

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß §574 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.