Landgericht Hannover
Urt. v. 22.03.2005, Az.: 18 S 86/04

Voraussetzungen für die Gewährung von Versicherungsschutz bei der Wegnahme eines Gebisses durch einen Hund

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
22.03.2005
Aktenzeichen
18 S 86/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 33220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2005:0322.18S86.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 02.09.2004 - AZ: 563 C 9961/04

Fundstellen

  • JurBüro 2006, 162 (Kurzinformation)
  • NJW-RR 2005, 1391-1392 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 2. September 2004 (563 C 9961/04) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger aus dem Vorfall vom Herrn ...aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag vom l.1.1992, Versicherungsschein-Nr. ... Schadens-Nr. ... Versicherungsschutz zu gewähren.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Berufung ist zulässig, jedoch mit Ausnahme hinsichtlich der Präzisierung des Tenors des Urteils unbegründet.

2

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 2.9.2004 Bezug genommen (§ 540 ZPO).

3

Die Parteien streiten darüber, ob die Wegnahme des Gebisses durch den Hund des Klägers ein Entwenden oder aber eine Beschädigung oder Vernichtung von Sachen darstellt, wobei nur letzteres gemäß § 1 AHB Versicherungsschutz genießt.

4

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist hierbei nicht in erster Instanz unstreitig gewesen, dass der Hund den Zahnersatz des Bruders des Klägers in der Reinigungsbüchse weggetragen hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben des Bruders des Klägers an die Beklagte vom 30.9.2003, dass der Hund den Zahnersatz in seinem Maul hatte. Der Bruder des Klägers hat den Vorfall in der Schadensanzeige u.a. Wie folgt geschildert:

"Als ich wieder kam, musste ich mit Entsetzen feststellen, dass der Hund ... am Nachttisch war und meine Reinigungsbüchse für meinen Zahnersatz herunterriss und meinen Zahnersatz aus dem Haus trug und im Garten irgendwo vergrub."

5

Da der Zahnersatz auch 11/2 Jahre nach dem Vorfall bisher nicht wieder aufgetaucht ist, ist zur Überzeugung des Gerichts von einer Zerstörung des Gebisses i.S.d. Versicherungsbedingungen auszugehen.

6

Es spricht zum einen die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein Hund mit einem Zahngebiss im Maul nicht derart vorsichtig umgeht, dass dieses unbeschädigt nach einer entsprechenden Reinigung wieder verwandt werden kann.

7

Zum anderen besteht jedoch auch dann Versicherungsschutz, wenn eine zerstörte Sache zuvor abhanden gekommen ist, gleichgültig ob die Zerstörung oder Beschädigung die adäquate Folge des Abhandenkommens war (BGH VersR 1959, 499; Bruck/Möller/Johannsen, AHB 8. Aufl. Anm. G 77; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz 27. A. § 2 AHB RN 26).

8

So hat auch das OLG München den Verlust eines Halskette bei einem Skiunfall schließlich als Zerstörung bzw. Beschädigung angesehen (OLG München VersR 1980 1139), obwohl sie ursprünglich nur abhanden gekommen war.

9

Bei einem Gebiss, das 11/2 Jahre unauffindbar im Garten des Klägers liegt, kann daher ernsthaft nicht mehr nur von einem bloßen Besitzverlust gesprochen werden, der zum Beispiel bei einer gestohlenen Sache auch nach einem Zeitablauf von 11/2 Jahren noch gegeben ist. Vielmehr ist auf Grund der Witterungseinflüsse von einer dauerhaften Beschädigung des Zahngebisses auszugehen, so dass eine objektive Zerstörung vorliegt.

10

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 Nr. 10 ZPO.

11

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

12

Die Frage der grundsätzlichen Abgrenzung von Zerstörung und Abhandenkommen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Vorliegend geht es nur um einen Einzelfall, dem keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.