Landgericht Hannover
Urt. v. 17.11.2005, Az.: 3 O 554/04
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 17.11.2005
- Aktenzeichen
- 3 O 554/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 42182
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2005:1117.3O554.04.0A
In dem Rechtsstreit
...
wegen Rückabwicklung eines Kreditvertrages zur Fondsfinanzierung
hat die ... Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Harcke,
die Richterin am Landgericht Claus und
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Döpke
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, geleistete Darlehenszinsen in Höhe von 5 092,86 € sowie Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5 092,86 € seit dem 15.1.2005 an die Klägerin zu zahlen,
Zug um Zug gegen Übertragung des Immobilienfondsanteils Nr. ... an der B... Wohnbau KG Fonds III und sämtlicher Schadensersatzansprüche gegen Dritte aus dieser Beteiligung.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, die mit Darlehensvertrag Nr. ... abgetretenen Ansprüche an der Lebensversicherung der ... Lebensversicherungs-AG. Versicherungsnummer ... an die Klägerin rückabzutreten.
- 3.
Die Beklagte wird verurteilt, die mit Darlehensvertrag Nr. ... an sie abgetretenen Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen an die Klägerin rückabzutreten.
- 4.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte keine Ansprüche gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ... vom 15.10.1999 mehr hat.
- 5.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 23 % die Klägerin und zu 77 % die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin klagt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns ... (im folgenden nur: Klägerin). Sie begehrt Rückabwicklung eines bei der Beklagten geschlossenen Kreditvertrages zur Finanzierung einer Beteiligung an der B... Wohnbau KG Fonds III aus den Gesichtspunkten Widerruf nach dem HaustürWG und Falschberatung im Zusammenhang mit einem verbundenen Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKG.
Fondsbeteiligung und Darlehensvertrag kamen durch Vermittlung von Frau ... Mitarbeiterin ... zustande. Mit dieser hatte die Klägerin zunächst die Wirtschaftsberatungsvereinbarung vom 21.3.1999 getroffen (Anlageband K1). Am 25.3.1999 unterzeichnete die Klägerin eine Beitrittserklärung an der B... Wohnbau KG Fonds III über die Treuhänderin ... und ... in Höhe von 35 000,00 DM nebst 1 750,00 DM Agio und das Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Treuhandvertrages (Anlagenband K 5). Hinsichtlich dieses Beitritts unterzeichnete die Klägerin an diesem Tag auch die Widerrufsbelehrung (Bl. 90) und einen Antrag auf Abschluss einer Kapitallebensversicherung. Nach einem Berechnungsbeispiel der Frau ... war die Tilgung eines Finanzierungsdarlehens über 40 833,00 DM durch eine Lebensversicherung vorgesehen (Anlagenband K 3). Am 8.4.1999 unterzeichnete die Klägerin den Kreditvertrag mit der Beklagten über ein am 30.3.2004 endfälliges Darlehen in Höhe von netto 36 750,00 DM, welcher von der Beklagten unter dem 26.4.1999 gegengezeichnet wurde. Zur Kreditsicherheit trat die Klägerin Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen sowie Lebensversicherungsansprüche für den Todesfall an die Beklagte ab. Unter dem 22.8.1999 schrieb die Klägerin an die Beklagte, dass in dem Darlehensvertrag das beantragte 10 %ige Disagio vergessen worden sei. Darauf kam direkt zwischen den Parteien der Darlehensvertrag vom 15.10./1.12.1999 Nr. ... über ein zum 30.10.2004 endfälliges Darlehen in Höhe von netto 40 833,33 DM, brutto 56 044,40 DM, zustande (K 14). Die ursprünglichen Kreditsicherheiten blieben bestehen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 23.11.2004 den Widerruf nach dem HaustürWG erklärt.
Nachdem sie die Klage hinsichtlich des Freistellungsbegehrens für die auf die Lebensversicherung zu zahlenden Prämien zurückgenommen hat, begehrt sie im Wege der Rückabwicklung Rückzahlung der an die Beklagte erbrachten Zahlungen (6 544,10 €) abzüglich Ausschüttungen (1 451,24 €), insgesamt 5 092,86 €, Rückabtretung der Kreditsicherheiten (Lebensversicherung, Arbeitseinkommen und Sozialleistungen), Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsbeteiligung und Feststellung, dass der Beklagten keine Ansprüche mehr zustehen.
Die Klägerin trägt vor, die Zeugin ... habe sie unaufgefordert zunächst am 21.3.1999 zu Hause aufgesucht und sie danach in ihrer Wohnung am 25.3.1999 zur Beitrittserklärung veranlasst. Am 8.4.1999 sei ihr von der Zeugin ... in ihrer Wohnung der vorformulierte Kreditvertrag zur Unterschrift vorgelegt worden. Es liege ein verbundenes Geschäft vor, da sich die Beklagte gegenüber dem Fonds bzw. dem Vertrieb zur Finanzierung bereiterklärt habe und sich des Fonds bzw. des Vertriebes zur Vermittlung der Kreditverträge bedient habe. U.a. habe sie eigene Formulare zur Verfügung gestellt. Alle von der Zeugin ... vermittelten Fondsbeteiligungen seien von der Beklagten finanziert worden. Die Zeugin ... habe mit der Prüfung durch die Beklagte als finanzierende Bank geworben. Die Kreditverträge seien über den Vertrieb und den Fonds an die Beklagte und über den gleichen Weg wieder zurückgelangt.
Die Zeugin ... habe sie hinsichtlich des Fondsbeitritts falsch beraten. Über Risiken sei nicht aufgeklärt worden. Die Zeugin ... habe auch das Bestehen einer Mietgarantie zugesichert, die tatsächlich nicht bestanden habe.
Die Klägerin beantragt nach der oben dargestellten Teilrücknahme,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet eine Haustürsituation mit Nichtwissen und ist der Auffassung, dass eine derartige Haustürsituation ihr nicht zuzurechnen sei. Ein verbundenes Geschäft liege nicht vor, da die Beklagte mit dem Vertrieb ... nichts zu tun habe. Den am 8.4.1999 von der Klägerin unterzeichneten Kreditvertrag habe sie als Darlehensangebot erhalten und das Darlehen aufgrund einer Bonitätsprüfung bewilligt.
Die Zeugin ... habe die Klägerin nicht falsch, sondern anhand des Prospektes richtig beraten und der Klägerin den Immissionsprospekt überlassen.
Im Fall der Rückabwicklung müsse die Rückabwicklung nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft erfolgen.
Im Übrigen sei der erste Kreditvertrag durch den zweiten Kreditvertrag vom 15.10./1.12.1999 vollständig erledigt. Dieser zweite Kreditvertrag sei keinesfalls in eine Haustürsituation zustande gekommen. Jedenfalls sei es rechtsmissbräuchlich, dass sich die Klägerin in Ansehung des zweiten Kreditvertrages auf einen Widerruf nach dem HaustürWG stützt.
Schließlich bestreitet die Beklagte, dass die Fondsbeteiligung mit dem Darlehen finanziert worden sei.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Sofern die Beklagte "ins Blaue hinein" bestreitet, dass die Fondsbeteiligung mit dem von ihr ausgereichten Darlehen finanziert worden ist, ist dieses Bestreiten unerheblich. Wie unten weiter ausgeführt wird, liegt hinsichtlich Fondsbeteiligung und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft vor. Die Beklagte musste sich nach den näheren Umständen selbst erkundigen, so dass das bloße Bestreiten, insbesondere gegenüber den schriftlichen Angaben der Vermittlerin ... in der Anlage K 4 nicht ausreichend ist.
Die Klägerin hat die auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG widerrufen.
Für den Widerruf genügt jede Erklärung, den Vertragsschluss nicht mehr gelten lassen zu wollen ( BGH NJW 1996, 1964 [BGH 25.04.1996 - X ZR 139/94]; BGH vom 31.1.2005, II ZR 200/03 ). Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Der Darlehensvertrag unterfällt dem HaustürWG. Dessen Vorschriften sind durch die vorrangige Regelung des § 5 Abs. 2 HaustürWG hier nicht ausgeschlossen. § 5 Abs. 2 HaustürWG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht durch das Widerrufsrecht nach § 7 Abs. 2 VerbrKG ausgeschlossen oder eingeschränkt wird ( BGH WM 2004, 1521 [BGH 14.06.2004 - II ZR 395/01]).
Die Klägerin (und ihr Ehemann) ist in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG liegen vor, da die Klägerin durch mündliche Verhandlung im Bereich ihrer Privatwohnung zu der Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages veranlasst worden ist. Das Bestreiten durch die Beklagte mit Nichtwissen ist ein Bestreiten "ins Blaue hinein", welches unzulässig ist. Da sich die Beklagte nach den Umständen des Zustandekommens des Kreditvertrages hätte erkundigen müssen (siehe dazu weiter unten), ist das bloße Bestreiten nicht ausreichend. Eine vorherige Bestellung des Besuchs der Frau ... bei der Klägerin im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 HaustürWG hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen.
Für das "Bestimmen" im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziffer 1 HaustürWG genügt Mitursächlichkeit; es reicht aus, wenn die besonderen Umstände der Kontaktaufnahme einen unter mehreren Beweggründen darstellen, sofern nur ohne sie der später abgeschlossene Vertrag nicht oder nicht mit demselben Inhalt zustande gekommen wären ( BGH WM 1996, 387 [BGH 16.01.1996 - XI ZR 116/95]). Dabei muss der Darlehensnehmer in eine Lage gebracht worden sein, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt war, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen ( BGH WM 2004, 521 [BGH 20.01.2004 - XI ZR 460/02]). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HaustürWG und der Vertragserklärung wird vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitliche Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen. Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluss durch einen Verstoß gegen § 1 HaustürWG in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles ( BGH WM 2003, 1370 [BGH 20.05.2003 - XI ZR 248/02]).
Im vorliegenden Fall erfolgte der erste Besuch der Mitarbeiterin ... am 21.3.1999. Die Beitrittserklärung unterzeichnete die Klägerin am 25.3.1999 und den Kreditvertrag am 8.4.1999. Da gar nichts dafür ersichtlich ist, dass bei der Vereinbarung über die Wirtschaftsberatungsvereinbarung am 21.3.1999 der Hausbesuch am 25.3.1999 zur Beratung hinsichtlich des Fondsbeitritts vereinbart worden ist, ist der Zeitablauf vom 25.3. bis zum 8.4.1999 maßgeblich. Ein größerer zeitlicher Abstand liegt insoweit nicht vor. Zwar dürfe sich die Klägerin aufgrund der von ihr am 25.3.1999 unterzeichneten Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beitritts innerhalb der eingeräumten Frist von 1 Woche überlegt haben, ob sie am Beitritt festhält. Nach Ablauf dieser Frist und somit vor dem 8.4.1999 musste ihr dann auch klar sein, dass sie den Beitritt finanzieren musste. Allerdings gibt es keine Automatik dahin, dass nach Zeichnung einer Fondsbeteiligung in einer Haustürsituation und Ablauf der eingeräumten Widerrufsfrist der nachfolgend vereinbarte Kreditvertrag nicht mehr auf die ursprüngliche Haustürsituation zurückgeführt werden kann. Da im vorliegenden Fall der Kreditvertrag der Klägerin von der Beklagten nicht per Post übersandt worden ist, sondern die Mitarbeiterin ... diesen Kreditvertrag der Klägerin zu Hause am 8.4.1999 zur Unterschrift vorgelegt hat, geht die Kammer davon aus, dass die ursprüngliche Überrumpelungssituation noch am 8.4.1999 fortgewirkt hat. Alternativ dazu kommt in Betracht, dass am 8.4.1999 beim Besuch der Zeugin ... zur Unterzeichnung des Kreditvertrages eine neue Haustürsituation eingetreten ist, was hinsichtlich des Ergebnisses kein Unterschied macht.
Die Haustürsituation ist der Beklagten auch zuzurechnen. Insoweit gelten nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze. Ist danach - wie hier - der Verhandlungsführer als Dritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen musste. Für eine fahrlässige Unkenntnis genügt, dass die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassten mussten, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht. Dabei kommt es allein auf die tatsächlichen Umstände an, unter denen die Willenserklärung abgegeben wurde, nicht auf eine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Rechtslage. Für das vor der Veröffentlichung der Entscheidung des BGH vom 13.12.2001 in Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretene Verständnis von § 5 Abs. 2 HaustürWG, das Verbraucherkreditgesetz als das spezielle Gesetz verdränge das Haustürwiderrufsgesetz, wenn der Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes eröffnet ist, wird kein Vertrauensschutz gewährt ( BGH WM 2005, 14087).
Erkundigen musste sich die Beklagten nach den näheren Umständen der Vertragsverhandlungen, wenn sie sich hinsichtlich des Abschlusses der Darlehensverträge die Tätigkeit des für die Vermittlung des Fondsbeitritts tätigen Vertriebs zu Nutze gemacht hat und in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden war (BGH a.a.O.), gleichsam also die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft vorgelegen haben. Dieses ist vorliegend der Fall, da die Fondsbeteiligungen und die zu deren Finanzierung bei der Beklagten abzuschließenden Darlehensverträge über den Fonds vermittelt wurden. Wie sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 19 vorgelegten Schreiben der B... Wohnbau GmbH vom 11.6.1999 an die BVG mbH ergibt, hat die B... der BVG mbH die Darlehensverträge zur Weiterleitung an die Kreditnehmer übersandt. Die Beklagte hat auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 20.5.2005 vorgetragen, dass sie das von der Klägerin am 8.4.1999 unterschriebene Darlehensvertragsformular als Angebot erhalten habe. Diese Umstände lassen sich nur dadurch erklären, dass der von der Klägerin (und ihrem Ehemann) am 8.4.1999 unterschriebene Darlehensvertrag von der Brentana vorformuliert worden ist. Dieser Umstand ist in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 22.9.2005 erörtert worden, ohne dass die Beklagte dazu weitere Angaben machen konnte. Da die Beklagte jedenfalls das unter dem 8.4.1999 unterschriebene Vertragsangebot nicht selbst ausgefertigt, sondern ihrerseits als Angebot erhalten hat, hat die Beklagte entweder dem Fonds oder dem Vertrieb ihre hauseigenen Formulare überlassen oder jedenfalls eine Computersoftware, mit Hilfe derer der Fonds oder der Vertrieb diese Formulare erstellen konnte. Eine derartige Zusammenarbeit zwischen finanzierender Bank und Fonds/Vertrieb begründet die Annahme eines verbundenen Geschäftes ( BGH ZIP 2004, 1402 ff.; Urteil des BGH vom 31.1.2005 - II ZR 200/03 ). Die Beklagte musste sich deshalb wie oben dargestellt nach den näheren Umständen der Vertragsverhandlungen erkundigen, so dass ihr die Haustürsituation zuzurechnen ist.
Ob angesichts der Entscheidung des EuGH vom 25.10.2005 ( WM 2005, 2086 [EuGH 25.10.2005 - C 229/04]) an dem Erfordernis der Zurechnung einer Haustürsituation festzuhalten ist, kann in diesem Fall dahinstehen.
Die Ursächlichkeit der Haustürsituation und auch die Zurechnung der Haustürsituation besteht nicht nur für den Darlehensvertrag vom 8.4./26.4.1999, sondern auch für den Darlehensvertrag vom 15.10./1.12.1999, der den ersten Darlehensvertrag abgelöst hat. Der zweite Kreditvertrag ist als Umschuldung in der Zeit des fortlaufenden Kapitalnutzungsrechts zu werten, der das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers hinsichtlich des in einer Haustürsituation geschlossenen ursprünglichen Darlehensvertrages nicht berührt ( BGH ZIP 2005, 67 ff. [BGH 15.11.2004 - II ZR 375/02]). Diese Entscheidung des BGH bezieht sich auf eine Anpassung der Kreditbedingungen an die zwischenzeitlich eingetretene Marktentwicklung nach Ablauf der Zinsfestschreibung bei fortlaufendem Kapitalnutzungsrecht. Die tragenden Erwägungen dieser Entscheidung gelten auch für den vorliegenden Fall, dass während des laufenden Kapitalnutzungsrechts die Kreditbedingungen auf Wunsch der Kreditnehmer verändert werden. Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn eine Novation vorliegen würde, d.h. wenn nach Ablauf des Kapitalnutzungsrechts und somit nach Beendigung des ursprünglichen Kreditvertrages ein neuer Kreditvertrag geschlossen wird, mit dem beispielsweise der Saldo des ersten Vertrages gezahlt und damit der erste Vertrag abgelöst wird. Diese Umstände für eine Novation liegen nicht vor, so dass das Widerrufsrecht der Klägerin auch hinsichtlich des Darlehensvertrages vom 15.10./1.12.1999 besteht.
Die Widerrufsbelehrung in dem mit der Beklagten geschlossenen Kreditvertrag genügt nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 HaustürWG. Die Widerrufsbelehrung ist vielmehr eine solche nach dem Verbraucherkreditgesetz und enthält die zusätzliche Erklärung, dass der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn der ausgezahlte Kreditbetrag nicht innerhalb zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Empfang des Kreditbetrages an die Bank zurückgezahlt wird. Diese Widerrufsbelehrung genügt nicht den Anforderungen des § 2 HaustürWG, weil sie eine "andere" - zudem noch unrichtige - Erklärung enthält. Dieses gilt auch dann, wenn eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nur wegen der in der Vergangenheit herrschenden Auslegung des § 5 Abs. 2 HaustürWG unterblieben war ( BGH ZIP 2004, 1402 ff. [BGH 14.06.2004 - II ZR 395/01]).
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf eine Verwirkung des Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HaustürWG erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist. Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, lässt keinen Schluss darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen ( BGH WM 2003, 1370 [BGH 20.05.2003 - XI ZR 248/02]).
Als Rechtsfolge des Widerrufs sind die Vertragspartner gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HaustürWG verpflichtet, dem jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für den Fall des hier gegebenen verbundenen Geschäfts zwischen Fondsbeteiligung und Kreditvertrag bedeutet dieses, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der Beklagten die Darlehensvaluta zurückzugewähren. Vielmehr hat sie der Beklagten (nur) den Fondsanteil abzutreten, während die Beklagte verpflichtet ist, die erhaltenen Leistungen zurückzugewähren ( BGH ZIP 2004, 1402 ff. [BGH 14.06.2004 - II ZR 395/01]; Urteil des BGH vom 31.1.2005 - II ZR 200/03 ).
Infolge dieses Rückabwicklungsverhältnisses hat die Beklagte der Klägerin die an sie geleisteten Zahlungen (6 544,10 €) abzüglich der an die Klägerin gezahlten Ausschüttungen (1 451,24 €) zurückzuzahlen, insgesamt 5 092,86 €.
Ferner hat die Beklagte der Klägerin die gewährten Kreditsicherheiten rückabzutreten. Diese Leistungen der Beklagten haben Zug um Zug gegen Übertragung des Fondsanteils an die Beklagte zu erfolgen.
Danach bestehen keine gegenseitigen Ansprüche mehr, was aufgrund des Feststellungsbegehrens der Klägerin auch im Tenor des Urteils festzustellen ist.
Der Streitwert errechnet sich mit insgesamt 37 450,65 €. Er setzt sich zusammen aus dem Bruttokredit in Höhe von 56 044,40 DM = 28 655,05 € und den Kosten für die Lebensversicherung bezogen auf einen Zeitraum von noch 15 Jahren, mithin 8 760,60 € (Gesamtkosten nach Seite 6 der Klageschrift 11 680,80 €).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO. Die Teilrücknahme bezieht sich auf den Freistellungsanspruch mit einem Wert von 8 760,60 €.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.