Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 01.02.2012, Az.: S 42 AY 177/10 ER

Abschiebestopp; zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis; Beeinflussung der Aufenthaltsdauer; Aufenthaltsdauer; Grundleistung; verfassungskonforme Gewährung; Haushaltsenergie; Kosovo; Mischform der Leistungsgewährung; Leistungsgewährung; ethnische Minderheit; fehlende Mitwirkung; PTBS; Passbeschaffung; Rechtsmissbrauch; Reiseunfähigkeit; Roma; Sachleistungsprinzip; Stromkosten; verschwenderischer Stromverbrauch; missbräuchlicher Stromverbrauch; Stromverbrauch; Zustimmung der UNMIK; UNMIK; dezentrale Unterbringung; Untertauchen; Unzumutbarkeit; inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis

Bibliographie

Gericht
SG Hildesheim
Datum
01.02.2012
Aktenzeichen
S 42 AY 177/10 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 44289
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die ausländerrechtlich geforderte Mitwirkung bei der Beschaffung kosovarischer Reisepässe war seit Gründung der Republik Kosovo nicht von vorn herein erkennbar aussichtslos und damit unzumutbar.

2. Mangelnde Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus tatsächlichen Gründen kann bei einem Angehörigen der ethnischen Minderheiten aus dem Kosovo nur angenommen werden, wenn dieser von der Ausländerbehörde zur Rückführung in den Kosovo angemeldet wurde und hierauf die UNMIK ihre Zustimmung endgültig verweigert hat. Ein genereller, auf dem sog. Memorandum of Understanding basierender Abschiebestopp für Angehörige der ethnischen Minderheiten aus dem Kosovo existierte in Niedersachsen nicht.

3. Nach Gründung der Republik Kosovo kann jedenfalls seit Mitte 2009 auch in den Fällen der verweigerten Zustimmung durch die UNMIK von einer Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht ausgegangen werden.

4. Die Befugnis der Behörde des Leistungsträgers zur selbständigen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG berechtigt diese nicht, hierbei entgegen anderslautender bestandskräftiger Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis auszugehen.

5. Auch bei dezentraler Unterbringung muss der Bedarf des Grundleistungsberechtigten an Haushaltsenergie unter Wahrung des Sachleistungsprinzips gedeckt werden. Der Leistungsträger selbst hat deshalb den Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Stromversorger nachzukommen. Die Frage, ob und in welcher Höhe im Gegenzug Einbehalte von den Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG vorgenommen werden dürfen, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geklärt werden.

6. Mischformen der Leistungsgewährung mit dem Ziel der weitestgehenden Deckung der in § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG genannten Bedarfsgruppen durch Sachleistungen sind geeignet und erforderlich, um eine verfassungskonforme Gewährung von Grundleistungen sicherzustellen.

Tenor:

Die Antragsgegnerin wird einstweilen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die gegen ihre Leistungsgewährung ab November 2010 eingelegten Widersprüche der Antragsteller verpflichtet, diesen vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung sowie unter Anrechnung bereits ausgehändigter Wertgutscheine monatlich ab Dezember 2010 Gutscheine im Wert von 430,46 €, für den Monat November 2010 hiervon anteilig 9/30, nachträglich auszuhändigen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der zuständigen Antragsgegnerin zur vorläufigen Gewährung von Leistungen in besonderen Fällen (sog. Analog-Leistungen) nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), hilfsweise die vorläufige Gewährung von höheren als in § 3 Abs. 2 AsylbLG gesetzlich festgelegten Grundleistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.

Die im Jahre 1961 geborenen Antragsteller zu 1.) und 2.) sowie der im Jahre 1997 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Antragsteller zu 3.) sind kosovarische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1.) ist - zwischen den Beteiligten unstreitig - Volkszugehörige der Ashkali, der Antragsteller zu 2.) Volkszugehöriger der Ashkali oder der Minderheit der Roma, was zwischen den Beteiligten, soweit ersichtlich, bislang nicht abschließend geklärt ist (vgl. zum Streit über die Volkszugehörigkeit des Antragstellers zu 2.) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 16. September 2005 - 3 B 479/05 -, Bl. 511 ff. der Ausländerakten).

Die Antragsteller zu 1.) und 2.) reisten im Jahre 1991 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten mit der Einlassung, Volkszugehörige der Albaner zu sein, erfolglos Asyl sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen, vgl. Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 5. April 1994 (Bl. 40 ff. bzw. 50 ff. der Ausländerakten), mit dem auch das Nichtvorliegen eines Abschiebungshindernisses gem. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich Jugoslawien/Serbien festgestellt wurde, sowie nachgehend das durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 1997 - 9 B 701.97 - über die Nichtzulassung der Revision rechtskräftig gewordene Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1997 - 4 L 6173/96 - (Bl. 133 ff. der Ausländerakten der Antragsgegnerin). In der Folgezeit wurden die Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland geduldet; Asylfolgeanträge der Antragsteller blieben ebenso erfolglos.

Nachdem die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 15. August 2003 und 19. Mai 2005 (Bl. 331 ff. der Ausländerakten) Anträge der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen abgelehnt hatte, leitete sie ein Verfahren zur Abschiebung der Antragsteller in den Kosovo ein (vgl. das Schreiben der Ausländerbehörde vom 31. Mai 2005 an das Nds. Landeskriminalamt (LKA), Bl. 442 ff. der Ausländerakten). Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht Göttingen geführten zahlreichen Klage- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Antragsteller blieben allesamt ohne Erfolg (vgl. Urteil des VG Göttingen vom 25. Juli 2006 - 1 A 3/06 -, Bl. 618 ff. der Ausländerakten, und Beschluss des VG Göttingen vom 16. September 2005 - 3 B 479/05 -, Bl. 511 ff. der Ausländerakten, sowie nachgehend Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2005 - 10 ME 203/05 -, Bl. 528 f. der Ausländerakten). Allerdings stimmte die UNMIK der für den 29.September 2005 geplanten Rückführung der Antragsteller in den Kosovo seinerzeit nicht zu. Ausweislich der Beanstandung vom 8. September 2005 (Bl. 521 der Ausländerakten) war die UNMIK seinerzeit nicht in der Lage, die Antragsteller mit ihrer im Rückführungsersuchen angegebenen früheren Adresse im Kosovo zu lokalisieren. Versuche der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin, über das Nds. Innenministerium (MI) durch Übermittlung weiterer Informationen zum früheren Aufenthaltsort der Antragsteller die für den 29. September 2005 geplante Abschiebung doch noch zu ermöglichen, blieben ohne Erfolg (vgl. Schreiben des Nds. MI vom 26. September 2005 sowie Vermerk des Sachbearbeiters der Ausländerbehörde vom 28. September 2009, Bl. 520 und 522 der Ausländerakten).

Zur Abschiebung der Antragsteller kam es hiervon unabhängig nicht, da die Antragsteller ausweislich des Reports der Polizeiinspektion Göttingen vom 29. September 2005 (Bl. 531 f. der Ausländerakten) am Tag der Abschiebung in ihrer Wohnung nicht angetroffen wurden. Wie sich später herausstellte, waren die Antragsteller zuvor durch illegale Ausreise nach Schweden untergetaucht.

Nachdem die untergetauchten Antragsteller in Schweden aufgegriffen und ein Verfahren zur Rückübernahme in die Bundesrepublik Deutschland nach der sog. Dublin-II-Verordnung eingeleitet worden war, wurden sie am 10. Januar 2006 in die Bundesrepublik rücküberstellt (vgl. die Mitteilungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Dezember 2005 und der Bundespolizeiinspektion Flughafen Hannover vom 10. Januar 2006, Bl. 568 ff. der Ausländerakten). Seither wurden die Antragsteller von der Antragsgegnerin wieder geduldet.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 (Bl. 605 der Ausländerakten) teilte die zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Düsseldorf dem Nds. LKA mit, dass die UNMIK im Falle der Antragsteller im Rahmen des im April 2006 erneut eingeleiteten Verfahrens zur Rückführung Bedenken geäußert habe. Danach werde die Familie der Antragsteller bei ihrer Rückkehr in den Kosovo Probleme mit ihrer Sicherheit bekommen. Es scheine auch, dass sie der Roma-Minderheit angehöre. Zur Zeit könne OCRM einer Rückführung nicht zustimmen. Ergänzend hierzu führte die ZAB Düsseldorf aus, eine Rückführung der Antragsteller sei aufgrund der Beanstandung derzeit nicht möglich. Nur sofern der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin neue Erkenntnisse vorlägen, könne eine erneute Überprüfung erfolgen.

In der Folgezeit machte die Antragstellerin zu 1.) ihre Rückführung in den Kosovo ausschließende gesundheitliche Störungen psychischer Art geltend; diesbezüglich attestierte das G. krankenhaus H. mit Schreiben vom 6. Juli 2006 das Bestehen einer mittelgradigen depressiven Episode und verwies zur Aufklärung der Frage des Vorliegens einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens (Bl. 615 der Ausländerakten). Aufgrund dieses Attestes beantragte die Antragstellerin zu 1. am 20. September 2006 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolglos das Wiederaufgreifen des Verfahrens mit dem Ziel der Feststellung von Abschiebungshindernissen gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo, vgl. den ablehnenden Bescheid des BAMF vom 4. Oktober 2006 (Bl. 215/224 ff. der Ausländerakten) sowie nachgehend das klageabweisende Urteil des VG Göttingen vom 19. März 2009 - 4 A 2/09 - (Bl. 240 ff. der Ausländerakten).

Nachdem sich die Republik Kosovo am 17. Februar 2008 für unabhängig erklärt und die Bundesrepublik Deutschland derselben am 20. Februar 2008 ihre Anerkennung ausgesprochen hatte, forderte die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin die Antragsteller mit Schreiben vom 25. September 2008 (Bl. 640 und 235 der Ausländerakten der Antragsteller) unter Bezugnahme auf den Erlass des Nds. MI vom 10. September 2008 - 42.12-12230.1-8 (§ 3) - zur Erfüllung der Passpflicht auf. Danach stelle die Republik Kosovo seit dem 21. Juli 2008 Nationalpässe für ihre Staatsangehörigen aus. Zwar habe die Republik Kosovo noch keine konsularischen Vertretungen im Ausland eingerichtet, ihren Staatsangehörigen sei die Passbeantragung im Heimatland jedoch zumutbar. Die Antragsteller kamen dieser Aufforderung der Antragsgegnerin bislang nicht nach.

Auf Grundlage des Erlasses des Nds. MI vom 14. April 2009 - 42.12-12231.3-6.XXK -forderte die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin die Antragsteller mit Schreiben vom 14. August 2009 (Bl. 653 und Bl. 245 der Ausländerakten) zur freiwilligen Ausreise in den Kosovo auf und drohte für den Fall der Weigerung aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Mangels freiwilliger Ausreise meldete die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 8. Februar 2010 (Bl. 665 der Ausländerakten) die Antragsteller beim Nds. LKA zur Abschiebung in den Kosovo an. Einer weiteren Aufforderung zur freiwilligen Ausreise vom 22. April 2010 (Bl. 670 f. und Bl. 257 f. der Ausländerakten) nach vorangegangener Zustimmung zur Rückführung durch die kosovarischen Stellen kamen die Antragsteller nicht nach, sondern führten mit Schreiben vom 31. Mai 2010 gesundheitliche Beeinträchtigungen an, die im Kosovo nicht behandelbar seien und zudem ihrer Reisefähigkeit entgegen stünden. Die Antragstellerin zu 1. verwies auf das Vorliegen einer PTBS und der Antragsteller zu 2. machte geltend, sich 2009/2010 eine behandlungsbedürftige Lungenerkrankung zugezogen zu haben (vgl. Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Antragsgegnerin vom 1. März 2010, Bl. 678 der Ausländerakten = Bl. 2.724 ff. der Leistungsakten).

Nachdem die Bezirksregierung Düsseldorf mit Schreiben vom 9. Juni 2010 (Bl. 730 der Ausländerakten) den Abschiebetermin für die Antragsteller auf den 22. Juni 2010 festgesetzt und die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 10. Juni 2010 (Bl. 694 ff. und Bl. 280 ff. der Ausländerakten) die den Antragstellern zuvor erteilten Duldungen widerrufen hatte, gab das VG Göttingen mit Beschluss vom 21. Juni 2010 - 4 B 110/10 - (Bl. 736 ff. Ausländerakten) dem einstweiligen Rechtsschutzersuchen der Antragsteller statt und untersagte der Antragsgegnerin die Abschiebung mit der Begründung, die Antragstellerin zu 1. habe beim BAMF unter dem 18. Juni 2010 (Bl. 773 ff. Ausländerakten) einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit dem Ziel der Zuerkennung eines Abschiebungshindernisses gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG aufgrund ihres problematischen Gesundheitszustandes gestellt (dieser ist beim BAMF zur Entscheidung anhängig, vgl. die von der Kammer am 12. April 2011 telefonisch eingeholte Auskunft, Bl. 209 der Gerichtsakte) und der Antragsteller zu 2. befinde sich wegen seiner Lungenerkrankung seit dem 18. Juni 2010 in stationärer Behandlung, sodass der minderjährige Antragsteller zu 3. nicht isoliert abgeschoben werden könne.

In der Folgezeit erteilte die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin den Antragstellern wieder Duldungen. Mit Verfügungen vom 22. September 2010 (Bl. 807 Ausländerakten) und 26. Januar 2011 (Bl. 821 Ausländerakten) leitete sie u.a. durch Einschaltung des Gesundheitsamtes ein Verfahren zur Prüfung der Reisefähigkeit der Antragsteller zu 1. und 2. sowie zur Klärung der Behandelbarkeit der Erkrankungen des Antragstellers zu 2. im Kosovo ein (vgl. die Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Antragsgegnerin vom 2. März 2011, Bl. 344 Ausländerakten, und vom 17. März 2011, Bl. 827 Ausländerakten, wonach diese beiden Antragsteller nur eingeschränkt reisefähig seien). Seither sah sie ausweislich der von der Kammer eingeholten Stellungnahme vom 26. April 2011 (Bl. 236 der Gerichtsakte) von weiteren Abschiebungsversuchen ab.

In leistungsrechtlicher Hinsicht stellt sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt wie folgt dar:

Für die Zeit ab Wiedereinreise in die Bundesrepublik erfolgte die Leistungsgewährung durch die Antragsgegnerin in der Regel monatlich durch Aushändigung von Wertgutscheinen sowie Auszahlung des Taschengeldes. Lediglich für den Fall, dass sich die Berechnungsgrundlagen änderten oder aber einmalige Leistungen gewährt wurden, erließ die Antragsgegnerin schriftliche Bescheide über die Höhe der bewilligten Grundleistungen.

Die Antragsteller erhielten während der Zeit ihres ersten Aufenthalts in der Bundesrepublik zunächst bis zum Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes Leistungen für Ausländer nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), anschließend in den Jahren 1993 bis 1997 sog. Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG, ab Oktober 1997 bis Mai 2001 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, ab Juni 2001 bis Juni 2005 wieder Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG sowie ab dem 1. Juli 2005 bis zur Einstellung des Leistungsbezugs wegen Untertauchens zum 30. September 2005 erneut Grundleistungen nach § 3 AsylbLG.

Nach Rückübernahme der Antragsteller aus Schweden bezogen diese in der Zeit vom 10. Januar 2006 bis 10. Juli 2007 nach § 1a AsylbLG eingeschränkte und anschließend uneingeschränkte Grundleistungen (vgl. die Darstellung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 22. April 2010 im beigezogenen Verfahren S 39 AY 101/10 ER). Ein am 19. April 2010 bei der 39. Kammer des erkennenden Gerichtes eingeleitetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren zur vorläufigen Gewährung von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG blieb für die Antragsteller ohne Erfolg. Zur Begründung verwies die 39. Kammer in ihrem Beschluss vom 28. Mai 2010 - S 39 AY 101/10 ER - u.a. darauf, dass mit der Wiedereinreise der Antragsteller am 10. Januar 2006 ein neuer Leistungsfall begonnen habe und demzufolge die Vorbezugszeit von 48 Monaten nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erneut erfüllt werden müsse und zudem die Antragsteller ihre Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik durch ihr Untertauchen nach Schweden im September 2005 und ihre anschließende Rückführung im Januar 2006 in rechtsmissbräuchlicher Weise selbst beeinflusst hätten.

Die Leistungseinschränkung für die Zeit vom 10. Januar 2006 bis 10. Juli 2007 hob die Antragsgegnerin auf einen Überprüfungsantrag der Antragsteller durch Bescheid vom 24. August 2010 (Bl. 2.899 ff. der Leistungsakten) nachträglich auf, verwehrte den Antragstellern indes die Nachzahlung des einbehaltenen Taschengeldes und der sog. Bekleidungspauschale unter Verweis auf eine nicht mehr zu deckende Bedarfslage. Den hiergegen wegen der verweigerten Nachzahlung und der Höhe der gesetzlichen Grundleistungen nach § 3 AsylbLG eingelegten Widerspruch der Antragsteller wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2011 (Bl. 145 ff. der Gerichtsakte = Bl. 3.225 ff. der Leistungsakten) als unbegründet zurück. Hiergegen haben die Antragsteller am 24. Februar 2011 die bei der 40. Kammer des erkennenden Gerichtes unter dem Aktenzeichen S 40 AY 18/11 weiterhin anhängige Klage mit dem Ziel der Gewährung von Analog-Leistungen rückwirkend ab dem 10. Januar 2006 erhoben, hilfsweise der Gewährung weitergehender Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in verfassungsmäßiger Höhe. Dieses Begehren ist, soweit rückwirkend höhere Leistungen erstrebt werden, nicht Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens (vgl. Erklärung der Antragsteller vom 18. Februar 2011, Bl. 156 der Gerichtsakte).

Die Antragsteller waren seit ihrer Wiedereinreise in die Bundesrepublik - zeitweise mit weiteren Familienangehörigen - in einer für 7 bis 8 Personen ausgelegten, mit Kohleöfen, einem Elektroherd zum Kochen (vgl. die Bewilligung einer Beihilfe zur Anschaffung desselben vom 9. September 2009, Bl. 2649 ff. der Leistungsakten) und ohne zentrale Warmwasserversorgung ausgestatteten, für die Unterbringung von Obdachlosen vorgehaltenen Wohnung der Wohnanlage I., 1. Obergeschoss links, in H. unentgeltlich untergebracht, für die die Antragsgegnerin jedoch verwaltungsintern eine Nutzungsentschädigung kopfteilig verrechnete und auf ihren Leistungsbescheiden als „Grundmiete“ auswies (vgl. Bescheid über die Zuweisung einer Unterkunft vom 15. Dezember 2005, Bl. 58 ff. und 91 ff. der Gerichtsakte). Nach Angaben der Antragsteller bereiteten diese dort ihr Warmwasser u.a. durch Nutzung des Elektroherdes in der Küche auf (vgl. Schriftsatz vom 18. April 2011, Bl. 227, 231 der Gerichtsakte). Für die Versorgung der Wohnung der Antragsteller mit Haushaltsstrom meldete die Antragsgegnerin dem Energieversorger J. einen Anschluss auf den Namen des Antragstellers zu 2. an. Die vom Energieversorger J. gegenüber dem Antragsteller zu 2. festgesetzten monatlichen Abschlagszahlungen (vgl. Jahresrechnung Februar 2008 bis Januar 2009 vom 15. Februar 2009 mit monatlichen Abschlägen i.H.v. 110,- €, Bl. 2.663 f. der Leistungsakte) legte die Antragsgegnerin kopfteilig auf die in der Wohnung der Antragsteller untergebrachten Personen um, wies dem Energieversorger den festgesetzten Abschlag an und händigte den Antragstellern ihre Wertgutscheine vermindert um den an den Stromversorger angewiesenen Betrag aus (vgl. dazu exemplarisch der Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. November 2009, Bl. 2.666 ff. der Leistungsakte).

Gegen die laufende Leistungsgewährung legten die Antragsteller in Vorbereitung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 39 AY 101/10 ER mit Schreiben vom 18. Februar 2010 Widerspruch ein (Bl. 2.839 ff. der Leistungsakten) und beantragten gleichzeitig die Überprüfung der Leistungsgewährung für bestandskräftig geregelte Zeiträume rückwirkend bis zur Wiedereinreise im Jahre 2006 (Bl. 2.842 ff. der Leistungsakten). Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2010 als unbegründet zurück (Bl. 2.905 ff. der Leistungsakten); die Bescheidung des Überprüfungsantrages mündete in den o.g. Bescheid vom 24. August 2010.

Nachdem die Jahresrechnung des Energieversorgers für Februar 2009 bis Januar 2010 vom 10. Februar 2010 neben der Erhöhung der monatlichen Abschläge auf 133,- € einen Nachzahlungsbetrag von 352,36 € auswies (vgl. Bl. 2.725 f. der Leistungsakte), vermittelte die Antragsgegnerin den Antragstellern eine ratenweise Begleichung dieses Rückstandes gemäß Schreiben der J. vom 19. April 2010 (Bl. 2.748 und 2.774 der Leistungsakten) i.H.v. 71,36 (einmalig) bzw. 50,- € in den Folgemonaten; der Antragsteller zu 2. erklärte sich hierzu mit einem Einbehalt dieser Raten im Wege des wertmäßigen Abzugs von den auszuhändigenden Wertgutscheinen einverstanden (vgl. Bl. 2.727 ff., 2.730 R, 2.748 der Leistungsakten). Mit Bescheid vom 23. April 2010 (Bl. 2.749 ff. der Leistungsakten) änderte die Antragsgegnerin die Leistungsgewährung für die Monate Januar bis Mai 2010 durch Erhöhung des Einbehalts von den Wertgutscheinen zugunsten des Stromversorgers ab. Dieser Bescheid ist ebenso wie weitere Bescheide für Folgemonate ab Juni 2010 - soweit ersichtlich - bestandskräftig geworden.

Aufgrund zweier Mahnungen des Stromversorgers vom 30. August (Bl. 2.921 der Leistungsakten) und vom 9. September 2010 (Bl. 2.932 f. der Leistungsakten) erhöhte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. September 2010 (Bl. 2.942 ff. der Leistungsakten) den Einbehalt von den Wertgutscheinen zur Tilgung der Stromrückstände gegenüber dem Stromversorger für die Monate September und Oktober 2010 auf 166,- € bzw. 183,00 €; von den bewilligten Gutscheinleistungen i.H.v. 501,07 € händigte die Antragsgegnerin den Antragstellern für Oktober 2010 lediglich Wertgutscheine i.H.v. 212,- € aus (Bl. 2.950 der Leistungsakten).

Hiergegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 (Bl. 2.992 der Leistungsakten) Widerspruch mit der Begründung ein, die ausgehändigten Wertgutscheine und das gezahlte Taschengeld i.H.v. 102,42 € genügten zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht. Über den Widerspruch ist - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden worden. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 (Bl. 2.996 f. der Leistungsakten) den Eingang des Widerspruchs und bat um Aufklärung der Ursachen für die hohen Abschlagsforderungen des Stromversorgers.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2010 (Bl. 2.998 ff. der Leistungsakten) änderte die Antragsgegnerin zudem ihre Leistungsgewährung ab Juli 2010 ab; für November 2010 erließ sie unter dem 9. November 2010 einen Bewilligungsbescheid (Bl. 3.012 ff. der Leistungsakten), der u.a. Einbehalte zugunsten des Stromversorgers i.H.v. 50,- € und 183,- € und zugunsten der Versorgung des Antragstellers zu 3. mit Schulspeisung i.H.v. 6,70 € von den bewilligten Wertgutscheinen regelt. An die Antragsteller wurden 190,45 € Bargeld (Taschengeld i.H.v. 102,25 € zzgl. Verdienst aus einer Arbeitsgelegenheit des Antragstellers zu 2. i.H.v. 88,20 €) sowie Wertgutscheine i.H.v. 261,- € ausgehändigt (vgl. Empfangsbestätigung Bl. 3.008 der Leistungsakten).

Zum 1. Dezember 2010 zogen die Antragsteller in eine 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss der Wohnanlage K. (Zimmer 4 und 5) in H. um (vgl. Zuweisungsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2010, Bl. 123 ff. der Gerichtsakte). Hierfür verrechnet die Antragsgegnerin verwaltungsintern eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 462,61 € monatlich. Die Wohnung wird über eine Erdgas betriebene Zentralheizung der Wohnanlage beheizt; Haushaltsstrom ist u.a. zum Betrieb eines Durchlauferhitzers für die Warmwasseraufbereitung in der Wohnung (Bad und Küche) erforderlich (vgl. dazu die Niederschrift über den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit Ortstermin vom 13. April 2011, Bl. 211 ff. der Gerichtsakte; insoweit ist die Mietbescheinigung vom 1. Dezember 2010, Bl. 122 der Gerichtsakte, zu Ziffer 6.12 der Rückseite unrichtig). Ausweislich der Zugangs- und Abgangsverfügung der Antragsgegnerin vom 30. November bzw. 1. Dezember 2010 (Bl. 126 f. der Gerichtsakte) meldete der zuständige Sachbearbeiter des Sozialamtes der Antragsgegnerin für die neue Wohnung beim Stromversorger einen Anschluss auf den Namen des Antragstellers zu 2. an und den bisherigen Anschluss für die Wohnung I. entsprechend ab.

Bereits am 22. November 2010 haben die Antragsteller im vorliegenden Verfahren erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren der vorläufigen Gewährung von Analog-Leistungen, hilfsweise der Gewährung von Grundleistungen ohne Abzüge bzw. Einbehalte und in einer das menschenwürdige Existenzminimum gewährleistenden Höhe ab Antragstellung beantragt. Sie sind der Ansicht, sie hätten ihre Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik nicht selbst in rechtsmissbräuchlicher Weise beeinflusst. Abschiebungen von ethnischen Minderheiten wie ihnen in den Kosovo seien nach dem Runderlass des Nds. MI vom 24. Oktober 2008 und der Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen nach wie vor nicht möglich; eine freiwillige Ausreise in den Kosovo sei ihnen nicht zumutbar. Gesundheitliche bzw. humanitäre Gründe - insbesondere die von Dipl.-Psych. L. im Gutachten vom 16. Juni 2010 (Bl. 11 ff. der Gerichtsakte) attestierten psychischen Störungen der Antragstellerin zu 1., die im Kosovo jedenfalls für Roma ohne finanzielle Mittel nicht ausreichend behandelbar seien - stünden ihrer Rückkehr in den Kosovo entgegen. Ihr - der Antragstellerin zu 1. - sei aufgrund der unzumutbaren sozialen und wirtschaftlichen Lage der ethnischen Minderheiten im Kosovo - diese beschreiben die Antragsteller ausführlich mit Quellangaben - ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzuerkennen. Sie hätten auch alles ihnen Mögliche und Zumutbare getan, um ihrer Passpflicht zu genügen. Eine Aufforderung der Antragsgegnerin vom 25. September 2008 zur Passbeschaffung sei ihnen nicht zugegangen. Dessen ungeachtet habe die kosovarische Auslandsvertretung in Deutschland auch keine kosovarischen Reisepässe ausgestellt; hierfür fehlten ihnen zudem die finanziellen Mittel, die die Antragsgegnerin nicht bereitgestellt habe, und entsprechende ausländerbehördliche Erlaubnisse zum Verlassen des Aufenthaltsbereichs. Ein Verweis auf die Beschaffung serbischer Reisepässe beim serbischen Generalkonsulat sei nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo rechtlich nicht mehr zulässig. Mangels Reisefähigkeit sei ihnen die Passbeschaffung vor Ort im Kosovo nicht möglich gewesen; die ausländerrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Reise seien seitens der Antragsgegnerin auch nicht geschaffen worden.

Jedenfalls seien die nach § 3 Abs. 2 AsylbLG gewährten Grundleistungen aufgrund fehlender Anpassung an die Teuerung in den vergangenen Jahren verfassungswidrig zu niedrig bemessen; insoweit bezögen sie sich auf den Vorlagebeschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Juli 2010 - L 20 AY 13/09 -. Sie seien mit den bisher ausgehändigten Wertgutscheinen aufgrund der Einbehalte durch die Antragsgegnerin nicht in der Lage, ausreichend jahreszeittypische Bekleidung zu beschaffen, ihre Ernährung ausgewogen zu gestalten, am öffentlichen Personennahverkehr und kulturellen Angeboten teilzunehmen und den Bedarf des Antragstellers zu 3. an Schulmitteln zu decken. Unterlagen über die Begründung der Vertragsbeziehungen mit dem Stromversorger J. lägen ihnen für beide Wohnungen nicht vor; der Haushaltsstrom sei schlicht genutzt worden. Die im Januar 2011 von der Antragsgegnerin vorgenommenen Einbehalte von Gutscheinleistungen zur Bedienung von Forderungen des Stromversorgers, die die alte Wohnung I. beträfen, seien nicht gerechtfertigt. Ein Anordnungsgrund sei gegeben, weil ihnen wegen der existenziellen Notlage nicht zugemutet werden könne, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Antragsgegnerin einstweilen bis zur Entscheidung über ihre in der Hauptsache anhängigen Widersprüche vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückzahlung zur Gewährung von Analog-Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, hilfsweise zur Gewährung höherer Grundleistungen i.S.d. § 3 AsylbLG in verfassungsmäßiger, mindestens dem im SGB II geltenden Regelsatz angeglichener Höhe - jeweils monatlich der Antragstellerin zu 1. 123,60 €, dem Antragsteller zu 2. 98,03 € und dem Antragsteller zu 3. 73,05 € höhere Grundleistungen - unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Ansicht, die Antragsteller erfüllten nach Erlass des abhelfenden Überprüfungsbescheides vom 24. August 2010 seit dem 10. Januar 2010 zwar die 48-monatige Vorbezugszeit des § 2 Abs. 1 AsylbLG, sie hätten ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik jedoch in rechtsmissbräuchlicher Weise selbst beeinflusst. Ihr Untertauchen nach Schweden im September 2005 und die anschließende Rücküberstellung nach Deutschland im Januar 2006 sei nach wie vor ursächlich für die lange Aufenthaltsdauer. Insoweit nehme sie auf die Gründe des Beschlusses der 39. Kammer des erkennenden Gerichtes vom 28. Mai 2010 - S 39 AY 101/10 ER - Bezug. Der pauschale Vortrag der Antragsteller reiche nicht aus, um von einer mangelnden Bedarfsdeckung aufgrund zu geringer Gutscheinleistungen auszugehen. Den Antragstellern werde das Taschengeld sowie die durch die Arbeitsgelegenheit des Antragstellers zu 2. verdiente Mehraufwandsentschädigung vollständig ausgezahlt. Hiervon seien die Bedürfnisse des täglichen Lebens (ÖPNV, kulturelle Teilhabe) zu befriedigen. Einmalige Beihilfen seien etwa für die Anschaffung von Heiz- und Schulmaterial gewährt worden. Die gewährten Gutscheinleistungen enthielten einen Teilbetrag von 15,34 € pro Person für Bekleidung, der angespart werden könne. Im Übrigen stünden für die Antragsteller 3 Kleiderkammern in H. zur Nutzung bereit. Dass die von den Gutscheinleistungen einbehaltenen Beträge zur Überweisung an den Stromversorger die in den gesetzlich festgelegten Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG enthaltenen Teilbeträge für Haushaltsenergie i.H.v. 23,01 (für den Antragsteller zu 2.) bzw. 20,45 € (für die Antragsteller zu 1. und 3.) überstiegen, liege am nicht nachvollziehbaren unwirtschaftlichen Verbrauchsverhalten der Antragsteller, sodass sie Einschränkungen bei der Deckung des Ernährungsbedarfs hinnehmen müssten; diese würden ohnehin durch die Entschädigung des Antragstellers zu 2. aus dessen Arbeitsgelegenheit ausgeglichen. Die Direktüberweisung an den Stromversorger sei in Absprache mit den Antragstellern erfolgt, um eine drohende Unterbrechung der Stromversorgung wegen Zahlungsrückständen abzuwenden. Die Anmeldung von Asylbewerberleistungsberechtigten nach deren Wohnungsbezug beim Stromversorger erfolge zur Vermeidung zusätzlicher Kosten für die Zählerummeldung regelmäßig durch sie; sie - die Antragsgegnerin - trete dabei gegenüber dem Stromversorger als vorläufiger Kunde auf und sehe hierin eine bloße Hilfestellung. Nach Zugang der Abschlagsfestsetzung des Stromversorgers sprächen die Leistungsberechtigten bei ihr vor, um die Weiterleitung der Abschläge an den Versorger durch entsprechenden Einbehalt von den Gutscheinleistungen umzusetzen. Die Zahlungsrückstände der Antragsteller gegenüber dem Stromversorger seien per 30. November 2010 bis auf einen Restbetrag von 28,00 € zurückgeführt gewesen (vgl. dazu die Zahlungsübersicht Bl. 3.080 der Leistungsakten); der Abzug von den Gutscheinleistungen habe sich ab Januar 2011 demzufolge auf die Höhe des vom Stromversorger für die frühere Wohnung I. festgesetzten Abschlags i.H.v. 133,- € vermindert und sei nach Abmeldung dieses Anschlusses am 6. Dezember 2010 ganz entfallen. Die Endabrechnung des Stromversorgers für die frühere Wohnung sei zur abschließenden Prüfung abzuwarten. Für die Versorgung der im Dezember 2010 bezogenen neuen Wohnung der Antragsteller mit Haushaltsstrom sei von ihr - der Antragsgegnerin - mangels entsprechender Vorsprache der Antragsteller - jedenfalls bis Juni 2011 - kein Abschlag an den Stromversorger gezahlt und demzufolge keine Einbehalte von den Gutscheinleistungen vorgenommen worden.

Im Verlauf des vorliegenden Verfahrens hat die Antragsgegnerin neben der Bewilligung einmaliger Beihilfen (Winterbrandhilfe, Erstausstattung der neuen Wohnung) weitere Leistungsbescheide gegenüber den Antragstellern wie folgt erlassen:

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 (Bl. 3.101 ff. der Leistungsakten) bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern für Dezember 2010 Ersatzleistungen in Form von Wertgutscheinen i.H.v. 501,07 €, von denen sie aufgrund der Einbehalte zugunsten des Stromversorgers und der Versorgung des Antragstellers zu 3. mit Schulspeisung lediglich Gutscheine i.H.v. 261,37 € sowie einen Barbetrag i.H.v. 194,65 aushändigte. Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 (Bl. 3.198 f. der Leistungsakten) wegen der Einbehalte und der verfassungswidrig zu niedrig bemessenen Grundleistungen Widerspruch eingelegt, der bislang nicht beschieden ist.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2010 (Bl. 3.163 ff. der Leistungsakten = Bl. 129 ff. der Gerichtsakten) änderte die Antragsgegnerin ihre Leistungsbewilligung für Dezember 2010 dergestalt ab, dass sie die Wohnkostenanteile aufgrund des Umzugs der Antragsteller in die Wohnung K. neu errechnete. Zudem bewilligte sie den Antragstellern für Januar 2011 ein Taschengeld i.H.v. 102,25 € und behielt mangels Festsetzung eines Stromabschlags für die neue Wohnung von den bewilligten Gutscheinleistungen i.H.v. 501,07 € neben dem Anteil für die Schülerspeisung (6,70 €) zugunsten des Stromversorgers lediglich die Schlusstilgungsrate i.H.v. 28,00 € ein; Wertgutscheine i.H.v. 466,37 € händigte sie an die Antragsteller aus (Bl. 3.209 f. der Leistungsakten). Die Leistungsgewährung für den Monat Januar 2011 wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. Januar 2011 (Bl. 3.212 ff. der Leistungsakten) durch Zahlung der Entschädigung i.H.v. 88,20 € an den Antragsteller zu 2. für dessen Arbeitsgelegenheit abgeändert. Auch hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 10. Februar 2011 (Bl. 3.244 ff. der Leistungsakten) Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden ist.

Für den Monat Februar 2011 erfolgte die Leistungsbewilligung an die Antragsteller zunächst durch Aushändigung von Wertgutscheinen i.H.v. 494,00 € und von Taschengeld i.H.v. 102,62 € incl. Rundungsdifferenz von 0,37 € (vgl. Bl. 3.229 ff. der Leistungsakten); durch Bescheid vom 2. Februar 2011 (Bl. 3.238 ff. der Leistungsakten) regelte die Antragsgegnerin die Leistungsgewährung wegen der dem Antragsteller zu 2. nachgezahlten Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit i.H.v. 88,20 €. Ebenso verfuhr die Antragsgegnerin für den Monat März 2011; nach Aushändigung von Wertgutscheinen und Taschengeld in e.g. Höhe (Bl. 3.255 ff. der Leistungsakten) erfolgte aufgrund der gewährten Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit i.H.v. 84,00 € der Erlass eines Bewilligungsbescheides unter dem 3. März 2011 (Bl. 3.259 ff. der Leistungsakten). Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 9. März 2011 (Bl. 3.273 ff. der Leistungsakten) Widerspruch eingelegt, der noch nicht beschieden ist.

Nachdem der Stromversorger J. mit Schreiben vom 22. Februar 2011 (Bl. 163 der Gerichtsakte) die monatlichen Abschläge für die neue Wohnung der Antragsteller diesen gegenüber auf 9,00 € monatlich festgesetzt und mit weiterem Schreiben vom 23. Februar 2011 die Zahlung rückständiger Abschläge für Dezember 2010 und Januar 2011 i.H.v. je 9,00 € zzgl. Mahnkosten i.H.v. 2 x 5,00 € angemahnt hatte, gewährte die Antragsgegnerin nach Vorsprache des Antragstellers zu 2. am 2. März 2011 ein Darlehen i.H.v. 28,00 € zur Begleichung dieser Forderungen der M.; die Tilgung dieses Darlehens durch monatliche Einbehalte i.H.v. 5,00 € wurde zwischen den e.g. Beteiligten vereinbart (Bl. 3.264 ff. der Leistungsakten).

Mit Bescheid vom 3. März 2011 (Bl. 3.269 ff. der Leistungsakten) regelte die Antragsgegnerin die Leistungsgewährung an die Antragsteller für den Monat April 2011 dergestalt, dass diesen neben Taschengeld nach Abzug des Betrages für die Schülerspeisung i.H.v. 6,70 € und für die Tilgung des Darlehens vom 2. März 2011 i.H.v. 5,00 € Gutscheinleistungen i.H.v. 489,37 € bewilligt und gerundet auf 489,- € ausgehändigt (vgl. Bl. 3.314 ff. der Leistungsakten) wurden. Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 9. März 2011 (Bl. 3.276 ff. der Leistungsakten) Widerspruch eingelegt, der noch nicht beschieden ist. Mit weiterem Bescheid vom 4. April 2011 (Bl. 3.321 ff. der Leistungsakten) änderte die Antragsgegnerin ihre Leistungsbewilligung für April 2011 dergestalt ab, dass darüber hinaus dem Antragsteller zu 2. eine Entschädigung für seine Arbeitsgelegenheit i.H.v. 92,40 € ergänzend zum Taschengeld zugebilligt wurde.

Für den Monat Mai 2011 händigte die Antragsgegnerin den Antragstellern Wertgutscheine i.H.v. 489,- € sowie ein Taschengeld i.H.v. 102,62 € (incl. Rundungsdifferenz von 0,37 €) am 29. April 2011 aus (vgl. Bl. 3.371 ff. der Leistungsakten); ein diese Leistungsgewährung sowie die Nachzahlung der Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit des Antragstellers zu 2. i.H.v. 63,00 € regelnder Bescheid erging unter dem 31. Mai 2011 (Bl. 282 ff. der Gerichtsakte). Dieser weist eine Zahlung i.H.v. 154,- € an den Stromversorger ohne gleichzeitigen Einbehalt dieser Summe von den bewilligten Gutscheinleistungen aus.

Nachdem der Stromversorger mit weiterem Schreiben vom 14. März 2011 (Bl. 189 der Gerichtsakte) gegenüber dem Antragsteller zu 2. auf dessen Betreiben den monatlichen Abschlag für die Versorgung mit Haushaltsstrom ab März 2011 auf 70,00 € festgesetzt, die Antragsteller seit Bezug ihrer neuen Wohnung die festgesetzten Stromabschläge jedoch nicht selbständig gegenüber dem Versorger beglichen und dieser daraufhin die Antragsteller mit Schreiben vom 3. Mai 2011 (Bl. 3.375 ff. der Leistungsakten) gemahnt hatte, beantragten die Antragsteller mit Schreiben vom 19. Mai 2011 (Bl. 3.396a der Leistungsakten) die darlehensweise Übernahme der Rückstände durch die Antragsgegnerin.

Daraufhin änderte die Antragsgegnerin ihre Leistungsgewährung an die Antragsteller für die Monate ab Juni 2011 zunächst ohne Bescheiderteilung (vgl. Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2011, Bl. 253 f. der Gerichtsakte) dahingehend ab, dass sie von den bewilligten Gutscheinleistungen i.H.v. 501,07 € neben den Einbehalten für die Schülerspeisung und zur Rückführung des Darlehens vom 2. März 2011 darüber hinaus 70,- € zur Weiterleitung als Monatsabschlag an den Stromversorger abzog; den Antragstellern wurden somit Wertgutscheine i.H.v. 419,37 € ausgehändigt (vgl. Bl. 3.397 ff. der Leistungsakten). Unter dem 1. Juni 2011 regelte die Antragsgegnerin diese Leistungsgewährung unter Zubilligung einer Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit i.H.v. 92,40 € durch Bescheid (vgl. Bl. 285 ff. der Gerichtsakte). Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 10. Juni 2011 Widerspruch erhoben (vgl. Bl. 287 f. der Gerichtsakte).

Für Juli 2011 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit Bescheid vom 4. Juli 2011 (Bl. 289 ff. der Gerichtsakte) neben dem Taschengeld i.H.v. 102,25 € und der Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit i.H.v. 84,- € Gutscheinleistungen i.H.v. 501,07 €, von denen sie aufgrund der Einbehalte von 5,- € (Tilgung Darlehen vom 2. März 2011), von 6,70 € (Schülerspeisung) und 70,- € (Abschlag an Stromversorger) lediglich i.H.v. 419,37 € aushändigte.

Für August 2011 regelte die Antragsgegnerin die Leistungsgewährung durch Bescheid vom 2. August 2011 (Bl. 277 ff. der Gerichtsakte) entsprechend dem Vormonat mit Ausnahme der Höhe der Entschädigung für die Arbeitsgelegenheit, die i.H.v. 88,20 € zugesprochen wurde.

Der weitere Verlauf der Leistungsgewährung im Jahre 2011 lässt sich den vorgelegten Leistungsakten nicht mehr entnehmen; die Beteiligten haben hierzu auch nicht weiter vorgetragen.

Die Kammer hat am 13. April 2011 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage und Inaugenscheinnahme der neuen Wohnung der Antragsteller vor Ort durchgeführt. Die Antragsgegnerin hat hierbei u.a. erklärt, sie veranlasse nach Zuweisung einer Wohnung an einen Asylbewerberleistungsberechtigten beim Stromversorger J. die Freischaltung des Stromanschlusses für die Wohnung. Die Anmeldung des Anschlusses werde dabei auf den Namen des Leistungsberechtigten vorgenommen. Sie hat im Übrigen auf die nachgereichten Anmeldeunterlagen (Bl. 3.358 ff. der Leistungsakten) und die innerdienstliche Stellungnahme (Bl. 3.364 ff. der Leistungsakten) Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme sowie die mit den Beteiligten erörterten Tatsachen wird auf die Niederschrift über den Termin nebst gefertigter Lichtbilder (Bl. 211 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Die Kammer hat den Beteiligten mit Verfügung vom 18. Mai 2011 einen weiteren Hinweis zur Sach- und Rechtslage im Hinblick auf das Begehren der vorläufigen Gewährung von Analog-Leistungen gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG erteilt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 248 der Gerichtsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte befindlichen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die beigezogenen Gerichtsakten S 39 AY 101/10 ER und S 40 AY 18/11 und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Ausländer- (3 Ordner) und Leistungsakten (5 Bände) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

II.

Der gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen - insbesondere hinsichtlich des "Hauptantrages" auf vorläufige Gewährung von Analog-Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowie der „hilfsweise“ begehrten vorläufigen Gewährung höherer als in § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG gesetzlich vorgesehener Grundleistungen - jedoch unbegründet, sodass der Antrag insoweit abzulehnen war.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19. Oktober 1977 - 2 BvR 42/76 -, BVerfGE 46 [166, 179, 184]). Steht einem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier: der u.a. gegen die Leistungsgewährung ab November 2010 anhängigen Widerspruchsverfahren) abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und für die Hauptsache hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8. September 2004 - L 7 AL 103/04 ER -). Sowohl die hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft gemacht werden, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Dies ist den Antragstellern nur teilweise, im tenorierten Umfang gelungen.

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch in dem tenorierten Umfang - Aushändigung weiterer Wertgutscheine - glaubhaft gemacht. Die Antragsteller sind als Inhaber von Duldungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG nach Maßgabe der §§ 2 ff. AsylbLG leistungsberechtigt und hilfebedürftig, weil sie nicht über nach § 7 AsylbLG einzusetzendes Einkommen und Vermögen verfügen. Sie können daher Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in gesetzlicher Höhe beanspruchen (dazu nachstehend 2. und 3.), nicht jedoch Leistungen in besonderen Fällen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG (sog. Analog-Leistungen); hierfür fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm (dazu nachstehend 1.).

1.) Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

a) Zur Beantwortung der Frage, ob diese Voraussetzungen - Vorbezugszeit von 48 Monaten und kein Rechtsmissbrauch - im Falle der Antragsteller vorliegen, ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. März 2009 - B 8 AY 10/07 R -, BSGE 103, S. 28 ff., zit. nach juris) lediglich die Zeit ab deren Wiedereinreise in die Bundesrepublik am 10. Januar 2006 im Rahmen der Rücküberstellung von Schweden gemäß den Bestimmungen der sog. Dublin-II-Verordnung in den Blick zu nehmen, denn indem sich die Antragsteller durch Untertauchen im Wege der illegalen Ausreise nach Schweden ihrer damaligen, für den 29. September 2005 terminierten Abschiebung in den Kosovo entzogen hatten, war ihr durch erstmalige Einreise in die Bundesrepublik im Jahre 1991, bzw. im Falle des minderjährigen Antragstellers zu 3., durch Geburt in Deutschland im Jahre 1997 begonnener Leistungsfall beendet. Mit ihrer Wiedereinreise am 10. Januar 2006 begann für die Antragsteller ein neuer Leistungsfall, für den die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG, insbesondere die seit 28. August 2007 auf 48 Monate verlängerte Vorbezugszeit, erneut erfüllt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2009, a.a.O., juris Rn. 17; vgl. auch Oppermann in: juris-Praxiskommentar zum SGB XII, § 2 AsylbLG Rn. 31). Dies hat bereits die 39. Kammer des erkennenden Gerichtes in ihrem Beschluss vom 28. Mai 2010 - S 39 AY 101/10 ER - für die Beteiligten klargestellt und wird, soweit ersichtlich, auch von den Antragstellern nicht mehr in Zweifel gezogen. Anlass für das vorliegende einstweilige Rechtsschutzverfahren ist vielmehr, dass die Antragsgegnerin auf den Überprüfungsantrag der Antragsteller durch Bescheid vom 24. August 2010 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2011 den Antragstellern rückwirkend für die Zeit vom 10. Januar 2006 bis 10. Juli 2007 uneingeschränkte Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt hat. Diese Entscheidung der Antragsgegnerin ist mit deren Bekanntgabe gegenüber den Antragstellern wirksam geworden; dass sie von den Antragstellern im bei der 40. Kammer des erkennenden Gerichtes unter dem Aktenzeichen S 40 AY 18/11 beklagt ist wegen der Weigerung der Antragsgegnerin, das seinerzeit nach § 1a Nr. 2 AsylbLG gekürzte Taschengeld und die nicht gewährte Bekleidungspauschale in Wertgutscheinen den Antragstellern nachzuzahlen bzw. auszuhändigen, spielt für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Soweit, wie die Antragsteller sinngemäß vertreten, allein auf die Bewilligungslage bzw. Anspruchsberechtigung im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben“ abzustellen ist (vgl. dazu etwa SG Aachen, Urteil vom 26. Februar 2008 - S 20 AY 1/08 -, zit. nach juris Rn. 16; in diesem Sinne wohl auch zu verstehen BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R -, BSGE 101, S. 49 ff. [BSG 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R], zit. nach juris Rn. 24), haben die Antragsteller schon seit dem 10. Januar 2010 die Vorbezugszeit von 48 Monaten erfüllt. Würde man hingegen auf die tatsächliche Auszahlung bzw. Aushändigung der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG abstellen, wäre die Vorbezugszeit von 48 Monaten für die Antragsteller jedenfalls am 11. Juli 2011 erfüllt gewesen.

b) Die Frage des genauen Zeitpunkts der Erfüllung der Vorbezugszeit bedarf indes im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung durch die Kammer, denn die Antragsteller haben die Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Wie das Bundessozialgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 17. Juni 2008 (- B 8/9b AY 1/07 R -, a.a.O.) bereits entschieden hat, setzt der Rechtsmissbrauch in objektiver Hinsicht zunächst ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten des Leistungsberechtigten (sog. Missbrauchstatbestand) voraus. Der Ausländer soll von privilegierten Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ausgeschlossen sein, wenn diese Vergünstigung auf gesetz- oder sittenwidrige Weise erworben wäre. Der Leistungsberechtigte darf sich somit nicht auf einen Umstand berufen, den er selbst treuwidrig herbeigeführt hat, wobei der Pflichtverletzung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein erhebliches Gewicht zukommen muss (BSG, a.a.O., juris Rn. 33). Als derartige erhebliche Pflichtverletzungen sind sowohl der Entzug einer bevorstehenden Abschiebung des betroffenen Leistungsberechtigten durch sein Untertauchen als auch seine fehlende Mitwirkung bei der Beseitigung seiner Passlosigkeit anerkannt (vgl. dazu LSG Sachsen, Beschluss vom 30. Juni 2011 - L 7 AY 8/10 B ER -, zit. nach juris LS 1). Die erkennende Kammer schließt sich, soweit es den Vorwurf des Untertauchens betrifft, den Ausführungen der 39. Kammer in ihrem Beschluss vom 28. Mai 2010 - S 39 AY 101/10 ER - (BA S. 6) an, die nachvollziehbar dargelegt hat, dass das Ingangsetzen des vorliegend zu beurteilenden neuen Leistungsfalls der Antragsteller allein aufgrund deren Untertauchens im Wege der illegalen Ausreise nach Schweden zurückzuführen ist, die sich damit ihrer zunächst für den 15. September 2005, später aufgrund der ersten Beanstandung der UNMIK um 14 Tage auf den 29. September 2005 verschobenen zwangsweisen Rückführung in den Kosovo entzogen haben. Die 39. Kammer hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es nur dadurch zu dem Verfahren auf Rückübernahme der Antragsteller gemäß den Bestimmungen der sog. Dublin-II-Verordnung und damit zu ihrer Wiedereinreise im Wege der Rücküberstellung am 10. Januar 2006 kam. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht angezeigt.

c) Das weitere vorwerfbare und als erheblich anzusehende Fehlverhalten der Antragsteller - der von vorn herein verweigerten, gesetzlich nach §§ 3 Abs. 1, 48 Abs. 3 AUfenthaltsgesetz (AufenthG) den Antragstellern indes obliegenden Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung kosovarischer Nationalpässe - knüpft an die unmissverständliche Aufforderung der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vom 25. September 2008 zur Erfüllung der Passpflicht an. Dabei ist zunächst klarzustellen, dass die Kammer die Einlassung der Antragsteller, ihnen sei diese Aufforderung postalisch nicht zugegangen, als bloße Schutzbehauptung, die im vorliegenden gerichtlichen Verfahren erstmals vorgebracht wird, wertet und ihr nicht folgt. Ausweislich der vorgelegten Ausländerakten ist diese Aufforderung für jeden der beiden volljährigen Antragsteller zu 1. und 2. gesondert verfasst und am selben Tage zur Post aufgegeben worden, ohne dass sich diesen Akten ein Postrücklauf entnehmen lässt (vgl. Bl. 235 der Ausländerakten der Antragstellerin zu 1. und Bl. 640 der Ausländerakten des Antragstellers zu 2.). Auch sonst geben die vorgelegten Ausländer- und Leistungsakten keinerlei Anhaltspunkte für den Vortrag, die Behördenpost der Antragsgegnerin habe die Antragsteller nicht erreicht, weil in der früheren Wohnanlage der Antragsteller I. bisweilen Postsendungen abhanden gekommen seien. Selbst wenn diese Aufforderungen beide Antragsteller postalisch nicht erreicht hätten, so haben sie hiervon jedenfalls spätestens seit September 2009 positive Kenntnis, denn ihr jetziger Prozessbevollmächtigter hat mit Schreiben vom 8. September 2009 (Bl. 655 der Ausländerakten) bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin Akteneinsicht in die dortigen Verwaltungsvorgänge beantragt, die ihm die Ausländerbehörde ausweislich des Schreibens vom selben Tage gewährt hat (Bl. 657 der Ausländerakten). Die positive Kenntnis ihres Prozessbevollmächtigten von den streitgegenständlichen Aufforderungen zur Passbeschaffung ist den Antragstellern nach allgemeinen Grundsätzen der Wissenszurechnung (vgl. etwa § 166 BGB) zuzurechnen.

Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Antragsteller hat die Kammer auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die von den Antragstellern geforderte Mitwirkung bei der Beschaffung kosovarischer Reisepässe sei seit der Aufforderung vom 25. September 2008 bis zum heutigen Tage von vorn herein erkennbar aussichtslos gewesen und habe deshalb den Antragstellerin schon nicht abverlangt werden dürfen (zu dieser Ausnahme vgl. Oppermann, a.a.O., § 2 AsylbLG Rn. 60 unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2006 - 1 B 54.06 - zit. nach juris Rn. 4). Zwar trifft es zu, dass sich die Aufforderungen vom 25. September 2008 auf den Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration (Nds MI) vom 10. September 2008 - 42.12 - 12230.1-8 (§3) -, abrufbar unter http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2007/02/kosovo_passpflicht10_09_08.pdf, stützen, wonach nur die Innenbehörden der Republik Kosovo seit dem 21. Juli 2008 für ihre Staatsangehörigen kosovarische Nationalpässe ausstellen und die Passbeantragung seinerzeit nur im Heimatland erfolgen konnte, weil die Republik Kosovo damals noch keine konsularische Vertretung in der Bundesrepublik unterhielt. Die Kammer folgt trotz dieser Einschränkungen der im e.g. Erlass des Nds. MI vorgenommenen Bewertung, dass kosovarischen Staatsangehörigen gleich welcher Volkszugehörigkeit dennoch die Mitwirkung an der Beschaffung kosovarischer Heimatpässe vor Ort grundsätzlich zuzumuten war und ist (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 8 PA 86/10 -, zit. nach juris Rn. 7). Dies gilt auch im Falle der Antragsteller, die von vorn herein und bis zum heutigen Tage keinerlei Versuche unternommen haben, sich um die Erlangung kosovarischer Heimatpässe in irgend einer Art und Weise zu bemühen. Sie haben in der Zeit nach Zugang der Aufforderungen der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vom 25. September 2008 weder versucht, entsprechende Anträge vor Ort im Kosovo z.B. über Verwandte oder etwa durch Beauftragung eines Vertrauensanwaltes zu stellen (vgl. zu den zumutbaren Anstrengungen eines Ausländers zur Beschaffung eines Heimatpasses OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14. März 2006 - 18 E 924/04 -, InfAuslR 2006, S. 322, zit. nach juris Rn. 6; und vom 5. Juni 2008 - 18 E 471/08 -, InfAuslR 2008, S. 417 ff., zit. nach juris Rn. 5 ff.), noch haben sie bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mit dem Begehren vorgesprochen, ihnen für eine einmalige Reise in den Kosovo zur Beantragung von Nationalpässen einen Reiseausweis für Ausländer auszustellen (vgl. dazu Ziffer 3 des o.g. Erlasses des Nds. MI vom 10. September 2008). Zudem ist der Kammer aus anderen Verfahren bekannt (vgl. etwa Beschluss der 40. Kammer vom 31. Januar 2011 - S 40 AY 2/10 -), dass nach Aufnahme konsularischer Dienste durch die Botschaft der Republik Kosovo in Berlin sowie des kosovarischen Generalkonsulats in Frankfurt/Main zumindest seit Mitte 2010 für kosovarische Staatsangehörige die Möglichkeit bestand, bei den e.g. Auslandsvertretungen der Republik Kosovo vorzusprechen, um sich für die Einreise in den Kosovo zwecks Beantragung eines Heimatpasses einen sog. Reiseschein (Lesse Passe; Travel Document Issued for a Single Journey) ausstellen zu lassen (vgl. dazu auch der Erlasse des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Juli 2010 und vom 18. Juni 2010 - 15-39.04.01-4-Kosovo -, letzterer unter Bezugnahme auf das Rundschreiben des Bundesministers des Inneren vom 18. Juni 2010 und die Verbalnote der Republik Kosovo vom 16. Juni 2010, alle Dokumente abrufbar unter http://frnrw.de/recht/erlasse/herkunftslaender/kosovo/item/522-aufnahme-konsularischer-dienste-durch-kosovarische-botschaft).

Die weiteren Einwände der Antragsteller gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauch begründenden Fehlverhaltens wegen mangelnder Mitwirkung bei der Erfüllung der gesetzlichen Passpflicht greifen ebenfalls nicht durch. Die Antragsteller haben gegenüber dem Sozialamt der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Beschaffung von Heimatpässen bzw. dafür erforderlichen Unterlagen gestellt (vgl. zu dieser Pflicht OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juni 2008, a.a.O., zit. nach juris Rn. 14 ff.; zur Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Passbeschaffung gem. § 6 AsylbLG bei Leistungsberechtigten nach § 2 Abs. 1 AsylbLG vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - L 8 AY 47/09 B -, zit. nach juris), geschweige denn überhaupt wegen der damit verbundenen Kosten Erkundigungen eingeholt, um einen Antrag auf Beihilfe beziffern zu können. Dies gilt auch für etwaige zur Passbeschaffung erforderliche ausländerrechtliche Genehmigungen bzw. Reisedokumente (z.B. nach § 12 Abs. 5 AufenthG bzw. § 5 AufenthV). Dass die Antragsteller nicht dauerhaft seit ihrer Wiedereinreise am 10. Januar 2006 reiseunfähig waren, steht zur Überzeugung der Kammer ebenfalls fest. Zur Begründung wird auf die nachstehenden Ausführungen Bezug genommen, die sich mit diesem Vorbringen der Antragsteller eingehend auseinandersetzen (dazu unter f), cc) und ee)).

d) Das beschriebene zweifache und rechtlich zu missbilligende Fehlverhalten der Antragsteller hat die Dauer ihres erneuten Aufenthalts in Deutschland seit der Wiedereinreise am 10. Januar 2006 beeinflusst. Das Bundessozialgericht hat hierzu schon in seinem Urteil vom 17. Juni 2008 ausgeführt, dass für die erforderliche kausale Verknüpfung zwischen rechtlich missbilligtem Verhalten und der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer auf den gesamten Zeitraum des Leistungsberechtigten in Deutschland abzustellen und nicht entscheidungserheblich ist, ob das Fehlverhalten selbst in diesen Zeitraum fällt. Auch ein Verhalten vor der Einreise in das Bundesgebiet, das der Beeinflussung der (gesamten Dauer) des Aufenthalts dient, kann sich als rechtsmissbräuchlich erweisen. Ebenso wenig ist es in diesem Zusammenhang entscheidend, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des betroffenen Ausländers (a.a.O., juris Rn. 39 bis 41). Ausreichend für die Annahme der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer ist zudem, wenn bei generell-abstrakter Betrachtungsweise das vorwerfbare Fehlverhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann; ein Kausalzusammenhang im engeren Sinne, und damit die Feststellung, ob die Aufenthaltsbeendigung des betroffenen Leistungsberechtigten durch sein Fehlverhalten tatsächlich verzögert wurde bzw. früher hätte erfolgen können, ist nicht erforderlich, weil keine sichere Aussage über hypothetische Kausalverläufe getroffen werden kann (BSG, Urteile vom 17. Juni 2008, a.a.O., juris Rn. 43; vom 2. Februar 2010 - B 8 AY 1/08 R -, zit. nach juris Rn. 12).

Unzweifelhaft ist das den Antragstellern vorzuwerfende zweifache Fehlverhalten - Entzug der Abschiebung durch Untertauchen nach Schweden sowie Verweigerung der Mitwirkung bei der Beschaffung von Nationalpässen - bei abstrakt-genereller Betrachtungsweise typischerweise geeignet, die Aufenthaltsdauer der Antragsteller zu verlängern. Nach den wiedergegebenen Ausführungen des BSG ist auch unschädlich, dass das den Antragstellern vorzuwerfende Fehlverhalten des Untertauchens zeitlich vor deren Wiedereinreise am 10. Januar 2006 und damit vor Beginn des hier zu beurteilenden Leistungsfalls lag. Denn deren illegale Ausreise nach Schweden, damit in einen Vertragsstaat des sog. Dublin-II-Abkommens, hat die Wiedereinreise der Antragsteller in die Bundesrepublik im Wege der Rückübernahme ohne Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs kausal herbeigeführt, weil schon zum Zeitpunkt des Untertauchens nach Schweden durch dieses Handeln der Antragsteller die Rückübernahmeverpflichtung der Bundesrepublik aufgrund zwischenstaatlicher Regelung begründet wurde.

e) Das beschriebene zweifache Fehlverhalten der Antragsteller ist ihnen zudem subjektiv vorwerfbar. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs setzt nach der Rechtsprechung des BSG sowohl Vorsatz bezüglich der tatsächlichen Umstände, die das Fehlverhalten begründen, als auch der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer voraus (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, a.a.O., juris Rn. 39; sog. subjektive Komponente = Verschulden, juris Rn. 32). Diesen doppelten Vorsatz können die Antragsteller nicht in Abrede stellen. Ihr zweifaches Fehlverhalten selbst ist mit dolus directus gesteuert (gewesen). Hinsichtlich der mangelnden Mitwirkung an der Beschaffung von kosovarischen Pässen liegt absichtliches Handeln im Hinblick auf die Beeinflussung ihrer Aufenthaltsdauer ebenfalls auf der Hand; für das Fehlverhalten des Untertauchens nach Schweden kann in Bezug auf die Beeinflussung der Aufenthaltsdauer zumindest von Eventualvorsatz ausgegangen werden.

f) Entgegen der Auffassung der Antragsteller lässt sich zu ihren Gunsten nicht feststellen, dass ihre Ausreisepflicht unabhängig von ihrem zweifachen Fehlverhalten in dem gesamten Zeitraum ab ihrer Wiedereinreise am 10. Januar 2006 nicht hätte vollzogen werden können. Die Kammer unterstellt dabei im Folgenden zugunsten der Antragsteller die Richtigkeit deren Einlassung, sie seien allesamt Volkszugehörige der Roma. Zu dieser (engen) Ausnahme von der typisierenden Betrachtungsweise bei der Prüfung der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen Fehlverhalten und Beeinflussung der Aufenthaltsdauer hat das BSG in seinem grundlegenden Urteil vom 17. Juni 2008 beispielhaft nur auf eine bestehende Erlasslage des zuständigen Innenministeriums hingewiesen, nach der eine Abschiebung in den Herkunftsstaat während der Aufenthaltsdauer ohnehin nicht zulässig war. Es hat zudem ausgeführt, dass den betroffenen Ausländer die Feststellungslast hinsichtlich einer solchen Ausnahme trifft (a.a.O., juris Rn. 44; wegen einzelner Fallgruppen vgl. Oppermann, a.a.O., § 2 AsylbLG Rn. 83 ff.).

aa) Eine Ausnahme von der generell-abstrakten Betrachtungsweise ist im Fall der Antragsteller nicht schon deshalb geboten, weil die UNMIK ihrer Rückführung in den Kosovo in den Jahren 2005 und 2006 wiederholt nicht zugestimmt hat. Zwar vermag die Kammer insoweit dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht zu folgen, aus den von der UNMIK gemäß Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde Düsseldorf (ZAB) vom 9. Mai 2006 (Bl. 605 der Ausländerakten) geäußerten Bedenken, die Antragsteller würden bei einer Rückkehr in den Kosovo Probleme mit ihrer Sicherheit bekommen, ließen sich keine Rückschlüsse auf die zuvor für den 15. bzw. 29. September 2005 geplante Abschiebung der Antragsteller herleiten, die nur durch deren Untertauchen nicht zustande gekommen sei. Richtig ist insoweit nur, dass die für den 29. September 2005 terminierte Abschiebung von der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin im Vorfeld storniert wurde, nachdem die Polizei die Antragsteller an diesem Tag in ihrer Wohnung nicht angetroffen hat (vgl. Report der Polizeiinspektion H. vom 29. September 2005, Bl. 531 f. der Ausländerakten). Zutreffend ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass der Versuch der Antragsteller, wegen der seinerzeit nicht vorliegenden Zustimmung der UNMIK durch Erlangung verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz diese Abschiebung zu stoppen, keinen Erfolg hatte und sowohl das VG Göttingen in seinem Beschluss vom 16. September 2005 - 3 B 479/05 - (Bl. 511 ff. der Ausländerakten) als auch nachgehend das Niedersächsische OVG in seinem Beschluss vom 28. September 2005 - 10 ME 203/05 - (Bl. 528 f. der Ausländerakten) in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch diese Spruchkörper von der Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemachten Zustimmung der UNMIK zur Rückführung der Antragsteller kein tatsächliches oder rechtliches Hindernis für deren Abschiebung erblickt haben, das die Erteilung einer weiteren Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG hätte rechtfertigen können.

Gleichwohl darf bei der hier gebotenen ex-post Betrachtung der damaligen Vorgänge nicht außen vor bleiben, dass die UNMIK ausweislich des Schreibens vom 8. September 2005 (Bl. 518 ff. der Ausländerakten) die Antragsteller für den ersten Termin einer Rückführung am 15. September 2009 ab Düsseldorf nicht berücksichtigt hatte. Hinsichtlich der 14 Tage darauf terminierten Rückführung hat die UNMIK letztlich ihre Zustimmung verweigert, weil es ihr ausweislich der per Email vom 29. September 2005 (Bl. 541 ff. der Ausländerakten) übermittelten abschließenden Liste für den an diesem Tage durchgeführten Flug nach Pristina trotz der weiteren Informationen der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vom 26. September 2005 (Bl. 517 der Ausländerbehörde) und des Nds. MI vom selben Tage an das Deutsche Verbindungsbüro in Pristina (Bl. 520 der Ausländerakte) über den bisherigen Aufenthaltsort der Antragsteller im Kosovo in der verbleibenden Zeit nicht gelungen war, die Familie der Antragsteller unter der angegebenen Adresse im Kosovo ausfindig zu machen (vgl. schon das Schreiben der UNMIK, Bl. 521 der Ausländerakte). Schließlich ist der dritte Versuch der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin, für die Rückführung der Antragsteller in den Kosovo die Zustimmung der UNMIK zu erhalten, an den im o.g. Schreiben der ZAB Düsseldorf vom 9. Mai 2006 geäußerten Sicherheitsbedenken gescheitert. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Antragsteller jedenfalls in dem Zeitraum, in dem der Kosovo von der UNMIK verwaltet wurde, unabhängig von ihrem Untertauchen nach Schweden im September 2005 nicht hätten abgeschoben werden können. Die Weigerung der UNMIK, der Rückführung eines von der Ausländerbehörde angemeldeten Angehörigen der ethnischen Minderheiten der Roma oder der Ashkali bzw. Ägypter in den Kosovo nicht zuzustimmen, ist damit grundsätzlich geeignet, einen Ausnahmefall von der generell-abstrakten Betrachtungsweise des Kausalzusammenhangs zu begründen. Eine solche Feststellung muss jedoch - wie im vorliegenden Fall geschehen - stets positiv getroffen werden, was in der Regel nur durch Dokumentation der Antwort der UNMIK auf die ausländerbehördliche Anmeldung zur Rückführung eines Betroffenen möglich sein wird. Die Feststellungslast einer verweigerten Zustimmung der UNMIK trägt der betroffene Ausländer.

In diesem Zusammenhang vermag die Kammer den weitergehenden Feststellungen des LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 31. März 2010 - L 20 B 3/09 AY ER - (InfAuslR 2010, S. 308 ff; zit. nach juris), auf die sich die Antragsteller berufen, nicht zu folgen. Danach soll eine Abschiebung von Roma in den Kosovo in der Vergangenheit - genauer wohl bis zur Rückübertragung der Kompetenzen der UNMIK auf das kosovarische Innenministerium im November 2008 - nicht durchsetzbar gewesen sein, weil das sog. Memorandum of Understanding vom 31. März 2003 zwischen der UNMIK und der Bundesrepublik Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma mit abstrakt höherer Gefährdung von Rückführungen ausgeschlossen habe und ab Mai 2005 nur wenige, in der Bundesrepublik Deutschland massiv straffällig gewordene Roma hätten zurückgeführt werden können (LSG NRW, a.a.O., zit. nach juris Rn. 22). Jedenfalls für die im vorliegenden Fall maßgebliche Erlasslage in Niedersachsen, die wie die Erlasslage in Nordrhein-Westfalen regelmäßig die Beschlusslage der Innenministerkonferenz umgesetzt hat, ist davon auszugehen, dass betreffend die Rückführung von Angehörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo zu keinem Zeitpunkt ein genereller, auf dem sog. Memorandum of Understanding vom 31. März 2003 aufbauender Abschiebestopp für Roma oder Ashkali bzw. Ägypter bestand. Zutreffend ist insoweit lediglich, dass insbesondere die Abschiebung von Roma in den Kosovo seit Wiederaufnahme der Rückführungen von ethnischen Minderheiten unter der UNMIK dauerhaft kontingentiert war und sich aufgrund des knappen Kontingents die Anmeldung zur Rückführung von Roma zunächst auf verurteilte Straftäter mit einer oder mehreren Freiheitsstrafen von mindestens 2 Jahren beschränkte (vgl. Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport (MIS) vom 3. Mai 2005 „Rückführungen von ethnischen Albanern und Minderheitsangehörigen in das Kosovo; Wiederaufnahme der Rückführung von Angehörigen der Ashkali und Ägypter“ - 45.32-12231/3-6-SCG-K -; Oppermann, a.a.O., § 2 AsylbLG Rn. 68: „Abschiebung von Minderheiten in den Kosovo war nicht ausgeschlossen, jedoch aus verwaltungspraktischen Gründen von der UNMIK kontingentiert“). Dem entsprechend hat das Niedersächsische OVG in seinem Urteil vom 17. April 2007 - 10 LC 262/05 - ausgeführt (zit. nach juris Rn. 41):

Den angeführten Erlassen des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport betreffend die Rückführung von Angehörigen der ethnischen Minderheiten aus dem Kosovo lässt sich nicht entnehmen, dass von einer Rückführung aus rechtlichen Gründen - etwa aufgrund der humanitären Situation der Minderheitenangehörigen im Kosovo - abgesehen worden ist. Vielmehr sind die Erlasse aufgrund der tatsächlichen Unmöglichkeit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung in den Kosovo ergangen. Soweit nach den angeführten Erlassen Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo Duldungen zu erteilen sind, wird hierdurch allein der Tatsache Rechnung getragen, dass die Abschiebung in solchen Fällen tatsächlich nicht möglich ist, weil die Betroffenen mangels Zustimmung der UNMIK nicht in den Kosovo und mangels Zustimmung der Behörden von Serbien und von Montenegro auch nicht dorthin abgeschoben werden können. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung von Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo wegen der dortigen schwierigen humanitären Verhältnisse ausgesetzt worden ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. Oktober 2005 - 8 LA 123/05 -, ZAR 2006, 31; Erlass des Nds. Ministerium für Inneres und Sport vom 8. August 2005). Deshalb kann eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht aus den angeführten Erlassen des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport abgeleitet werden.“

Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an und verweist für die Beteiligten hierzu ergänzend auf die zutreffenden Erwägungen des VG Göttingen in seinem Beschluss vom 16. September 2005 - 3 B 479/05 - (Bl. 511 ff. der Ausländerakte), das dort Folgendes ausgeführt hat:

„Letztlich kommt es auf die ethnische Zugehörigkeit der Antragsteller aber nicht entscheidend an, weil es in Niedersachsen derzeit keinen Abschiebungsstopp für Personen - gleich welcher ethnischen Zugehörigkeit - gibt, die aus Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo stammen. Die aktuelle Erlasslage (vgl. Erlass des MIS vom 3. Mai 2005) enthält weder einen Abschiebungsstopp gemäß § 60a Abs. 1 AufenthG, noch schließt sie Roma - oder Angehörige anderer Ethnien - generell von einer Abschiebung in das Kosovo aus. Vielmehr wird an zentraler Stelle des Erlasses ausdrücklich festgehalten, „dass alle Personen, gegen deren Rückführung UNMIK keine Bedenken erhoben hat und die aus tatsächlichen Gründen nicht zurückgeführt werden konnten, im Rahmen der bereits geplanten Rückführungsflüge ohne erneutes Prüfverfahren durch UNMIK zurückgeführt werden können.“ Die in § 58 Abs. 1 AufenthG normierte Pflicht der Ausländerbehörden, vollziehbare Ausreisepflichten zwangsweise zu vollstrecken, wenn ihre freiwillige Erfüllung nicht gesichert ist, wird durch den Erlass in keiner Weise eingeschränkt. Die Ausländerbehörden verhalten sich mithin im Ergebnis nur dann rechtstreu, wenn sie bei allen Staatsangehörigen Serbiens und Montenegros, deren ethnische Zugehörigkeit zu einer Minderheit aus dem Kosovo nicht zweifelsfrei feststeht, das mit der UNMIK vereinbarte förmliche Anfrage- und Rückführungsverfahren (vgl. Runderlass des MIS vom 25. Juni 2004 - 45.22-12231/3-6-SCG-K - „Rückführungen von ethnischen Albanern und Minderheitsangehörigen in das Kosovo“ pp.) einleiten und im Falle einer zustimmenden Antwort die Abschiebung auch tatsächlich durchführen. Hieraus folgt, dass die zwangsweise Rückführung serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo - abgesehen von individuellen Abschiebungshindernissen - einzig von der Entscheidung der UNMIK abhängt, ob im Einzelfall die Einreise auf dem Luftweg erlaubt wird oder nicht. An die Kammer gerichtete Rechtsschutzanträge auf Gewährung von Abschiebungsschutz oder Erteilung einer Duldung, die sich ausschließlich auf eine behauptete ethnische Zugehörigkeit stützen, werden deshalb keinen Erfolg haben können, sofern sie nicht mit einer entsprechenden Entscheidung der UNMIK belegt werden können; da eine Abschiebung ohne ein zustimmendes Votum der UNMIK derzeit und in absehbarer Zukunft ohnehin nicht möglich ist, erscheint es der Kammer unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zumutbar, das vor einem Rechtsschutzbegehren zunächst die Entscheidung der UNMIK abgewartet werden muss.“

Das Niedersächsische OVG hat in seiner Beschwerdeentscheidung (Beschluss vom 28. September 2005 - 10 ME 203/05 - (Bl. 528 f. der Ausländerakten) diesen rechtlichen Ansatz der Vorinstanz bestätigt und ergänzend darauf hingewiesen, dass die zwangsweise Rückführung der Antragsteller eine Abstimmung unmittelbar vor dem Start des Flugzeugs zwischen der Ausländerbehörde und der UNMIK voraussetze und unterbleibe, wenn die UNMIK der Rückführung der Antragsteller nicht zustimme.

Daran anknüpfend ist den Antragstellern darin beizupflichten, dass in ihrem Einzelfall die oben festgestellte endgültige Weigerung der UNMIK zur Rückübernahme wegen Sicherheitsbedenken aus dem Mai 2006 dem Grunde nach eine Ausnahme von der generell-abstrakten Betrachtungsweise des Kausalzusammenhangs rechtfertigt.

Jedoch folgt daraus im Ergebnis nicht, dass die Ausreisepflicht der Antragsteller während des gesamten Zeitraums ab ihrer Wiedereinreise bisher nicht hätte vollzogen werden können. Denn der Kosovo hat sich während der Dauer des Aufenthalts der Antragsteller in Deutschland am 17. Februar 2008 für unabhängig erklärt und eine eigene Republik ausgerufen, die von der Bundesrepublik am 20. Februar 2008 als eigenständiger Staat anerkannt wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Zuständigkeit der UNMIK in Rückkehrfragen zum 1. November 2008 auf das Ministerium für Innere Angelegenheiten der Republik Kosovo (MoIA) übergegangen (vgl. der von den Antragstellern zitierte Erlass des Nds. Ministeriums für Inneres, Sport und Integration vom 24. Oktober 2008 - 42.12-12231/3-6 XXK - „Rückführungen in die Republik Kosovo“) und damit das eben beschriebene tatsächliche Hindernis der fehlenden, aber notwendigen Zustimmung der UNMIK zur Rückführung der Antragsteller entfallen ist. In der Folgezeit hat sich die Erlasslage in Niedersachsen entsprechend geändert. Bereits die aufgenommenen Verhandlungen der Bund-Länder-Delegation mit den Vertretern der Regierung der Republik Kosovo über den Abschluss eines Rückübernahmeabkommens haben dazu geführt, dass Ausländerbehörden seit Frühsommer 2009 an das MoIA Rückübernahmeersuchen für alle ausreisepflichtigen Personen mit vermuteter kosovarischer Herkunft - unabhängig von deren Volkszugehörigkeit - ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen richten konnten (vgl. Erlasse des Nds. Ministeriums für Inneres, Sport und Integration vom 14. April 2009 und vom 7. Juli 2009 - 42.12-12231/3-6 XXK - „Rückführungen in die Republik Kosovo“, abrufbar unter

http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2007/02/20090414-erl-zur-rackf-aller-ethnien.pdf und http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2007/02/20090707-erlass-rackfahrung-kosovo.pdf). Vor diesem Hintergrund hat die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin die Antragsteller zu 1. und 2. mit gesonderten Schreiben vom 14. August 2009 (Bl. 653 und 245 der Ausländerakten) erneut zur freiwilligen Ausreise aufgefordert und ihnen die Abschiebung in die Republik Kosovo angedroht. Dass Rückführungsersuchen für Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma aufgrund der geführten Verhandlungen bereits vor dem förmlichen Inkrafttreten des deutsch - kosovarischen Abkommens vom 14. April 2010 über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rückübernahmeabkommen, BGBl. 2010 II, S. 259, 260), das laut Bekanntmachung vom 6. April 2011 (BGBl. 2011 II, S. 533) am 1. September 2010 in Kraft getreten ist, möglich und in der Praxis durchführbar waren, zeigt letztlich der vorliegende Fall der Antragsteller, die mit Schreiben der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2010 (Bl. 665 der Ausländerakten) erneut zur Abschiebung in den Kosovo angemeldet wurden und deren (wiederholt versuchte) Abschiebung nach Zustimmung der kosovarischen Stellen zur Rückführung (vgl. Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf vom 9. Juni 2010, Bl. 730 der Ausländerakten) für den 22. Juni 2010 terminiert werden konnte. Deshalb ist letztlich davon auszugehen, dass die Rückführung der Antragsteller in den Kosovo jedenfalls seit dem 14. April 2009 (wieder) möglich war.

bb) Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann nach den vorgelegten ärztlichen Attesten, Gutachten und sonstigen Aktenbestandteilen auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Antragstellerin zu 1. während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik seit dem 10. Januar 2006 eine behandlungsbedürftige, ihre Rückkehr in den Kosovo ausschließende Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vorlag, die die Annahme eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigt.

(1) Die Annahme einer hierauf gestützten Ausnahme von der generell-abstrakten Betrachtungsweise des erforderlichen Kausalzusammenhangs zwischen Fehlverhalten und Beeinflussung der Aufenthaltsdauer scheitert vorliegend bereits an der durch § 42 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) gesetzlich festgeschriebenen Bindungswirkung der bisherigen Entscheidungen des BAMF im Asylerst- und den durchgeführten -folgeverfahren über das Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. Hinsichtlich der von ihr nach ihrer Wiedereinreise in die Bundesrepublik am 10. Januar 2006 geltend gemachten psychischen Erkrankungen, die ihre Rückkehr in den Kosovo ausschließen sollen, ist insbesondere auf den ablehnenden Bescheid des BAMF vom 4. Oktober 2006 (Bl. 215/224 ff. der Ausländerakten) sowie nachgehend das klageabweisende Urteil des VG Göttingen vom 19. März 2009 - 4 A 2/09 - (Bl. 240 ff. der Ausländerakten) abzustellen. Gemäß § 42 AsylVfG ist die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin (nach wie vor) an diese (negative) Entscheidung des Bundesamtes und des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden (näher dazu nachstehend (2)). Über den späteren Eintritt und Wegfall der Voraussetzungen des § 60 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes entscheidet nach Satz 2 die Ausländerbehörde, ohne dass es einer Aufhebung der Entscheidung des Bundesamtes bedarf. Nach dem wiedergegebenen Wortlaut dieser Norm erstreckt sich die Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF zwar nicht auf die Behörden, die mit der Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG befasst sind. Gleichwohl hat schon das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 3. Juni 2003 - 5 C 32/02 -, InfAuslR 2004, S. 119 ff., zit. nach juris Rn. 19) überzeugend ausgeführt, dass die selbstständige Pflicht und Befugnis der Leistungsbehörde zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG diese nicht berechtigt, bei einem lediglich geduldeten, also ausreisepflichtigen Ausländer tatsächlich und abweichend vom ausländerrechtlichen Status von einem (faktisch) dauerhaften Bleiberecht auszugehen und damit eine vom Ausländerrecht unabhängige leistungsrechtliche Bewertung vorzunehmen. Diesen Grundsatz hält die erkennende Kammer auch nach der Leitentscheidung des BSG vom 17. Juni 2008 (a.a.O.) zur Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1 AsylbLG weiterhin für anwendbar; eine ausdrückliche Abkehr ist diesen jedenfalls nicht zu entnehmen. Zudem wäre es mangels ausreichender Sachkunde (insbesondere in Fällen einer geltend gemachten PTBS) und Sachnähe weder praktikabel noch mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit von Verwaltungshandeln zu vereinbaren, wenn es dem Sozialamt der Antragsgegnerin - anders als ihrer Ausländerbehörde - gestattet sein sollte, abweichend von den bisherigen sachkundigen Feststellungen des BAMF als vom Gesetzgeber hierzu berufener Behörde im Falle der Antragstellerin zu 1. vom Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei der leistungsrechtlichen Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes auszugehen. Vielmehr hat auch das Sozialamt der Antragsgegnerin insoweit den Ausgang des beim Bundesamt seit Juni 2010 anhängigen Wiederaufnahmeverfahrens abzuwarten.

(2) Zutreffend hat die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 14. Februar 2006 (Bl. 601 f. der Ausländerakten) die damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller darauf hingewiesen, dass ungeachtet der seinerzeit bereits geltend gemachten diversen Erkrankungen das damals zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Asylverfahren das Nichtvorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen hinsichtlich des Kosovo festgestellt hatte. An diese Feststellungen war und ist die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin gemäß § 42 AsylVfG bis zu einer anders lautenden Entscheidung des jetzt zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebunden (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 17. April 2007 - 10 LC 262/05 -, zit. nach juris Rn. 26). In Übereinstimmung hiermit hat auch das Verwaltungsgericht Göttingen in seinem Urteil vom 25. Juli 2006 - 1 A 3/06 - (Bl. 618 ff. der Ausländerakten; UA S. 6) ausgeführt, dass es sich bei der von der Antragstellerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachten PTBS der Sache nach um die Zuerkennung auslands-/zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutzes handele, den sie (nur) in einem (weiteren) Asyl(folge-)verfahren vor dem BAMF geltend machen könne, da sie dort bereits erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt habe und dabei negative Entscheidungen zu § 53 AuslG (jetzt: § 60 AufenthG) getroffen worden seien. Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin sei nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 3. März 2006 - 1 B 126/05 -, DVBl. 2006, S. 850 f., nicht gegeben. Dem folgend hat die Antragstellerin zu 1. am 18. bzw. 20. September 2006 erfolglos (vgl. den ablehnenden Bescheid des BAMF vom 4. Oktober 2006 (Bl. 213/220 ff. der Ausländerakten) sowie nachgehend das Urteil des VG Göttingen vom 19. März 2009 - 4 A 2/09 - (Bl. 240 ff. der Ausländerakten), in dem die der Antragstellerin zu 1. attestierte rezidivierende depressive Störung bzw. chronische Depression auch im Kosovo durch Einnahme des verordneten Antidepressivums Citalopram als behandelbar eingestuft wird) und ein weiteres Mal am 18. Juni 2010 beim BAMF in Oldenburg einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Asylverfahrens mit dem Ziel der Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Kosovo gestellt, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden wurde, vgl. die von der Kammer am 12. April 2011 eingeholte telefonische Auskunft des BAMF (Bl. 209 der Gerichtsakte). Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer dem von der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin in der mit Schriftsatz vom 27. April 2011 vorgelegten innerdienstlichen Stellungnahme vom 26. April 2011 vertretenen Standpunkt, sie habe neben der geltend gemachten Reiseunfähigkeit als inlandsbezogenem Vollstreckungshindernis auch das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen unter Beteiligung des BAMF gem. § 72 AufenthG in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. zu prüfen, ehe sie einen weiteren Versuch der Abschiebung unternehme, nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin damit ohne nachvollziehbare Begründung von ihrem bisherigen Standpunkt der Bindung gemäß § 42 AsylVfG an die negativen Feststellungen des BAMF im Asyl- bzw. den Wiederaufnahmeverfahren abrückt, hat das BVerwG in dem e.g. Beschluss vom 3. März 2006 (a.a.O.) - speziell zum Abschiebungsschutz wegen geltend gemachter PTBS - ausdrücklich klargestellt, dass eine Zuständigkeit der Ausländerbehörde zur Entscheidung über auslandsbezogenen Abschiebungsschutz im Rahmen der Durchsetzung der Ausreisepflicht nur nach der Stellung eines (materiellen) Asylgesuchs und bis zur Stellung eines (formellen) Asylantrags beim Bundesamt nach § 14 AsylVfG besteht, soweit der betroffene Ausländer - jedenfalls der Sache nach - Schutz vor politischer Verfolgung sucht bzw. in der Vergangenheit schon erfolglos gesucht hat (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 3). Unterlässt der betroffene Ausländer - nach Weiterleitung seines materiellen Asylgesuchs an das BAMF und entsprechender Belehrung über die Notwendigkeit der Stellung eines formellen Asyl(folge-)antrags - die Stellung des formellen Asyl(folge-)antrags beim Bundesamt nach § 14 AsylVfG, kann er sich auch gegenüber der Ausländerbehörde nicht (mehr) auf zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutz nach § 60 AufenthG berufen (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 10). Da die Antragstellerin zu 1. bereits am 18. Juni 2010 einen Asylfolgeantrag mit dem Ziel der Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beim BAMF gestellt hat, sperrt dieses noch nicht abgeschlossene Verfahren insoweit eigene Ermittlungen und Feststellungen der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin.

(3) Losgelöst von der Bindungswirkung des § 42 AsylVfG kommt hinzu, dass hinsichtlich der Antragstellerin zu 1. bis zum heutigen Tage das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen, ihre Rückkehr in den Kosovo ausschließenden PTBS fachärztlich nicht festgestellt worden ist. Entsprechende, den vom BVerwG in seiner Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 11. September 2007 - 10 C 8/07 und 17/07 -, BVerwGE 129, S. 251 ff., zit. nach juris Rn. 15) aufgestellten Mindestanforderungen genügende fachärztliche Atteste wurden von den Antragstellern bislang nicht vorgelegt (zur den Leistungsberechtigten insoweit treffenden Darlegungs- und Beweislast vgl. Oppermann, a.a.O., § 2 AsylbLG Rn. 86). Insbesondere das von den Antragstellern der Kammer vorgelegte psychologische Fachgutachten der Dipl.-Psych. N. vom 16. Juni 2010 (Bl. 11 ff. der Gerichtsakten) lässt die Schlussfolgerung auf eine solche PTBS nicht zu. Eine Traumatisierung der Antragstellerin aufgrund eigener Erlebnisse im Kosovo, insbesondere von selbst wahrgenommenen Gewalttaten gegenüber ihren Verwandten im Kosovo, wird dort nicht diagnostiziert; die Antragstellerin zu 1. räumt in ihrer Anamnese ein, hiervon nur durch Berichte ihrer Verwandten zu wissen (vgl. Gutachten S. 4 und 8). Als Ursache der depressiven Verstimmung der Antragstellerin zu 1. sind vordergründig schwierige bzw. schicksalhafte familiäre Verhältnisse sowie eine „Vielzahl von sehr belastenden und beängstigenden Ereignissen im Verlauf ihrer gesamten Lebensspanne ab dem 16. Lebensjahr“ auszumachen (vgl. Gutachten S. 8), wobei die Antragstellerin zu 1. ihre Ausreise nach Schweden im September 2005 selbst als gravierenden Einschnitt angegeben hat, ab dem ihre Angstsymptome eskaliert seien (vgl. Gutachten S. 10). Das Gutachten gibt als Diagnosen nach ICD-10 an: rezidivierende depressive Störung, schwere Episode ohne psychotische Symptome (F 33.2), generalisierte Angststörung (F 41.1) und Agoraphobie mit Panikstörung (F 40.01). Es stellt klar, dass die Antragstellerin zwar mehrere Symptome zeige, die sich mit einer PTBS vereinbaren ließen, bei ihr aufgrund fehlender direkter traumatischer Erlebnisse diagnostisch nur von einer generalisierten Angststörung ausgegangen werden könne, die als Traumafolgestörung zu betrachten sei (vgl. Gutachten S. 11 f.). Für den Fall der Rückführung der Antragstellerin zu 1. in den Kosovo sieht die Gutachterin ein erhöhtes Suizidrisiko (erhöhte Wahrscheinlichkeit) und eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit starke Intensivierung der ängstlich-depressiven Symptomatik (vgl. Gutachten S. 12). Aus diesen Feststellungen lässt sich jedoch eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht herleiten. Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18/05 -, BVerwGE127 S. 33 ff.), dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Hierfür gibt das Gutachten keinerlei tragfähige Anhaltspunkte. Als Maßnahme zur Behandlung der diagnostizierten Erkrankung schlägt das Gutachten (S. 12) eine langfristig angelegte verhaltenstherapeutische Angstbehandlung vor, wobei die gutachterliche Annahme, diese könne im Heimatland nicht erfolgen, nicht näher begründet wird und deshalb die Kammer - ebenso wie die Annahme mangelnder Reisefähigkeit wegen erhöhter Suizidgefahr - ebenfalls nicht zu überzeugen vermag.

Die Antragstellerin zu 1. hat zudem erstmals nach ihrer Wiedereinreise durch anwaltliches Schreiben vom 13. Februar 2006 (Bl. 598 f. der Ausländerakten) Erkrankungen diverser Art (Bronchialerkrankung, Diabetes, Durchblutungsstörungen) als Abschiebungshindernisse geltend gemacht, auch wenn nach den Feststellungen des Gesundheitsamtes der Antragsgegnerin (vgl. innerdienstliche Mitteilung vom 2. März 2011, Bl. 344 der Ausländerakte) Symptome einer psychischen Gesundheitsstörung seit 2004 dokumentiert sein sollen. Von einer ihre Rückkehr in den Kosovo ausschließenden PTBS ist dort nichts zu lesen. Erstmals in der fachpsychiatrischen Bescheinigung des O. krankenhauses in P. vom 6. Juli 2006 (Bl. 615 der Ausländerakten) klingt an, dass sich die Antragstellerin zu 1. seit Februar 2006 wegen einer mittelgradigen depressiven Episode, bei der es unter Medikamentengabe zu einer Symptomreduktion kam, in ambulanter psychiatrischer Behandlung befand. Symptome einer PTBS konnte das Q. indes nicht feststellen, wenngleich es auch die Einholung eines ausführlichen psychiatrischen Gutachtens anregte. Diese Umstände des dokumentierten Krankheitsverlaufs rechtfertigen nicht den Schluss auf das Vorliegen einer PTBS.

cc) Die Kammer kann nach den vorgelegten ärztlichen Attesten, Gutachten und sonstigen Aktenbestandteilen auch nicht davon ausgehen, dass die Antragstellerin zu 1. während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik seit dem 10. Januar 2006 reiseunfähig war (vgl. dazu Oppermann, a.a.O., § 2 AsylbLG Rn. 86, die allerdings die ausländer- und damit auch leistungsrechtlich im Rahmen des § 2 Abs. 1 AsylbLG gebotene Differenzierung zwischen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und der Reiseunfähigkeit als inlandsbezogenem Vollstreckungshindernis nicht vornimmt). Ihre Reiseunfähigkeit hat sie erstmals mit Vorlage des psychologischen Fachgutachtens der Dipl.-Psych. N. vom 16. Juni 2010 (Bl. 11 ff. der Gerichtsakten) und nachgehend durch Beibringung des ärztlichen Attestes des Dr. R. vom 7. September 2010 (Bl. 304 der Ausländerakten) substantiiert geltend gemacht. Es kann dahinstehen, ob diese beiden ärztlichen Bescheinigungen die Annahme einer zumindest temporären Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 1. tragen, jedenfalls sind diese Befunde seit der Feststellung eingeschränkter Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. durch das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin (vgl. die amtsärztlichen Stellungnahmen vom 2. März 2011, Bl. 344 der Ausländerakten) zeitlich überholt. Das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin hat der Antragstellerin zu 1. darin Transportfähigkeit bescheinigt, indem deren erhöhter Suizidalität durch Anwesenheit einer fachmedizinischen Kraft Rechnung getragen und sie bei Ankunft im Kosovo in geordnete insbesondere medizinische Versorgungsstrukturen übergeben werde.

dd) Der Antragsteller zu 2. hat das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht. Zudem hat auch in seinem Fall die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin in ihren Schreiben vom 3. Juni 2010 (Bl. 679 f. der Ausländerakten) und 10. Juni 2010 (Bl. 694 ff. der Ausländerakten) den Antragsteller zu 2. zu Recht darauf hingewiesen, dass ungeachtet der insbesondere mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Mai 2010 (Bl. 676 f. der Ausländerakten) erstmals geltend gemachten Lungenerkrankung und der Frage der Behandelbarkeit derselben im Kosovo das damals zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Asylverfahren das Nichtvorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen hinsichtlich des Kosovo festgestellt hatte und die Ausländerbehörde an diese Feststellungen gemäß § 42 AsylVfG bis zu einer anders lautenden Entscheidung des jetzt zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebunden sei (vgl. dazu oben bb) (2)).

ee) Der Antragsteller zu 2. hat überdies nicht glaubhaft gemacht, dass eine Ausreisepflicht während der gesamten Zeitdauer seit seiner Wiedereinreise in die Bundesrepublik am 10. Januar 2006 unabhängig von seinem Rechtsmissbrauch begründenden Fehlverhalten wegen der geltend gemachten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung 2. Grades, die maßgeblich durch den erhöhten Nikotinkonsum des Antragstellers zu 2. verursacht wurde und bei Nikotinabstinenz zu einer Linderung der Beschwerden führen würde (vgl. die Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Antragsgegnerin vom 1. März 2010, Bl. 2.724 der Leistungsakten, und die Arztbriefe des S. Krankenhauses T. vom 21. Januar 2010, Bl. 684 f. der Ausländerakten, und vom 10. Dezember 2009, Bl. 686 ff. der Ausländerakten), und dadurch hervorgerufener Reiseunfähigkeit nicht hätte vollzogen werden können. Zwar hat das VG Göttingen in seinem Beschluss vom 21. Juni 2010 - 4 B 110/10 - (Bl. 736 ff. der Ausländerakten) die für den darauffolgenden Tag terminierte Abschiebung des Antragstellers zu 2. wegen Reise- bzw. Transportunfähigkeit aufgrund des damaligen stationären Aufenthalts zur Behandlung der Lungenerkrankung gestoppt. Die dort festgestellte Reiseunfähigkeit lag indes nur temporär vor und schloss deshalb die zwangsweise Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers zu 2. nur vorübergehend aus. Der Antragsteller zu 2. hat unmittelbar nach seiner Wiedereinreise am 10. Januar 2006 weder seine Lungenerkrankung noch eine daraus folgende Reiseunfähigkeit gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Insbesondere in dem anwaltlichen Schreiben seiner früheren Prozessbevollmächtigten vom 13. Februar 2006 (Bl. 598 f. der Ausländerakten) ist zwar von diversen Erkrankungen der Familienangehörigen, nicht aber von seiner Erkrankung die Rede. Die Lungenerkrankung des Antragstellers zu 2. und deren Behandlungsbedürftigkeit wird erstmals mit anwaltlichem Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 8. September 2009 (Bl. 655 der Ausländerakten) vorgebracht und nachfolgend durch Vorlage eines ärztlichen Attestes des Dr. R. vom 10. Januar 2010 (nach Bl. 2.693 ff. und Bl. 2.697 der Leistungsakten) im Rahmen des Begehrens auf Zuweisung einer anderen Unterkunft ohne Kohleöfen gegenüber der Antragsgegnerin eingehender thematisiert; zur Reiseunfähigkeit des Antragstellers zu 2. verhält sich dieses Attest nicht. Ebenso ist der daraufhin eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Antragsgegnerin vom 1. März 2010 etwas zur Reise(un-)fähigkeit des Antragstellers zu 2. zu entnehmen. Das ärztliche Attest des Dr. R. vom 7. September 2010 (Bl. 805 der Ausländerakten) empfiehlt dem Antragsteller zu 2. lediglich, aufgrund der weiteren Behandlung der schweren Lungenerkrankung nach stationärem Aufenthalt von Reisen Abstand zu nehmen. Zur Überzeugung der Kammer ist jedenfalls durch das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin (vgl. die amtsärztlichen Stellungnahmen vom 17. März 2011, 827 ff. der Ausländerakten) geklärt, dass der Antragsteller zu 2. bei Einhaltung der amtsärztlich empfohlenen Transportsicherungen (Bereithaltung eines Sauerstoffgerätes, Vermeidung unnötiger körperlicher Belastungen, Sicherstellung der Weiterbehandlung im Kosovo) transportfähig ist und daher seit diesem Zeitpunkt wieder in den Kosovo abgeschoben werden könnte.

2.) Die Antragsteller haben einen Anspruch auf nachträgliche Aushändigung weiterer Wertgutscheine für die Zeit ab Antragstellung bei der erkennenden Kammer glaubhaft gemacht, denn die Antragsgegnerin hat den Antragstellern die von ihr in gesetzlicher Höhe (§ 3 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 AsylbLG) bewilligten Gutscheinleistungen nicht in dieser Höhe tatsächlich ausgehändigt, sondern hiervon unzulässige Einbehalte vorgenommen, die sie mit den von ihr vorgenommenen monatlichen Zahlungen an den Energieversorger J. für die Versorgung der Wohnungen der Antragsteller mit Haushaltsstrom verrechnete. Dieses Vorgehen der Antragstellerin verstößt gegen den in § 3 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 AsylbLG verankerten Vorrang der Sachleistungsgewährung. Ob es aufgrund der hiesigen Entscheidung tatsächlich zu einer nachträglichen Gewährung weiterer Ersatzleistungen an die Antragsteller kommt, kann die Kammer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht absehen, da ihr die Ersatzleistungsgewährung ab September 2011 nicht mehr bekannt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin den Antragstellern für die Monate Dezember 2010 bis Mai 2011 Gutscheinleistungen in einem Wert von über 430,46 € ausgehändigt hat und erst ab Juni 2011 hinter diesem Wert zurückgeblieben ist.

a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG hat die Antragsgegnerin den notwendigen Bedarf der Antragsteller an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts, zu letzteren auch der Bedarf an Haushaltsenergie zu zählen ist (Frerichs in: juris-Praxiskommentar zum SGB XII, § 3 AsylbLG Rn. 67), durch Sachleistungen zu decken. Nach Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift können bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach Absatz 1 Satz 1 Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden. Der in der gewählten Formulierung der Norm klar zum Ausdruck kommende Vorrang der Sachleistungsgewährung gilt danach zum einen auch bei Unterbringung eines Leistungsberechtigten außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen, namentlich bei der dezentralen Unterbringung in gemeindeeigenem (Einzel-)Wohnraum - hier den von der Antragsgegnerin als Obdachlosenunterkunft vorgehaltenen bisherigen Wohnungen der Antragsteller in den Anlagen I. und U. - und bei privat angemietetem Wohnraum (vgl. Hohm in: Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 3 AsylbLG Rn. 68 m.w.N.), zum anderen aber auch im Rahmen der Deckung jeder einzelner, in § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG genannten Bedarfsgruppe. Mischformen der Leistungsgewährung sind deshalb insbesondere bei der dezentralen Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften grundsätzlich rechtlich zulässig (vgl. Frerichs, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 114; Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 89), in der Regel wegen der strengen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG für eine Substitution durch Ersatzleistungen sogar geboten, und in der Praxis vor allem in nach den Vorschriften der Landesaufnahmegesetze vom Land oder Landkreis herangezogenen Gemeinden allgemein üblich. Daraus folgt für den hier interessierenden Fall der Einzelunterbringung eines Grundleistungsberechtigten in gemeindeeigenem oder privat angemietetem Wohnraum insbesondere, dass die Gewährung von Ersatzleistungen in Form von Wertgutscheinen zur (mittelbaren) Deckung des Bedarfs der Position Verbrauchsgüter des Haushalts einschließlich Haushaltsenergie schon tatbestandlich nur zulässig ist, soweit dies nach den Umständen (des Einzelfalls) erforderlich ist (sog. Soweit-Vorbehalt, vgl. Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 71). Solche Umstände können sich ausgehend von der konkreten Unterbringungssituation nur aus (gewichtigen) objektiven oder subjektiven Gründen ergeben, die ihrer Art nach geeignet sind, ausnahmsweise eine Abweichung vom Vorrang der Sachleistungsgewährung zu rechtfertigen (vgl. Frerichs, a.a.O. § 3 AsylbLG Rn. 81; Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 73 ff.). Zusätzlich muss aufgrund dieser Umstände die Abweichung von der Sachleistungsgewährung im Einzelfall erforderlich sein. Erforderliche Umstände sind deshalb nur gegeben, wenn aufgrund ihres Vorliegens die Deckung des notwendigen Bedarfs in Form von Sachleistungen nicht in dem gesetzlich gebotenen Umfang sichergestellt werden kann oder wenn das Festhalten am Sachleistungsprinzip zu rechtlich nicht mehr vertretbaren Ergebnissen führt (Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 76).

b) Für die Versorgung eines Grundleistungsberechtigten mit Haushaltsenergie ist es ohne Belang, ob dieser zentral in einer Gemeinschaftsunterkunft oder aber dezentral in einer Wohnung des Leistungsträgers bzw. der herangezogenen Gemeinde, alternativ in privat angemietetem Wohnraum untergebracht ist. In allen Fällen wird die individuell benötigte Haushaltsenergie durch ein Stromversorgungsunternehmen geliefert; hierfür bedarf es der vorherigen Anmeldung eines Anschlusses und des Abschlusses eines Stromlieferungsvertrages, der eine (i.d.R. monatliche) Zahlungsverpflichtung des Vertragsschließenden auslöst. Bei zentraler Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften wird der Anschluss und der Liefervertrag über die Versorgung mit Haushaltsstrom regelmäßig auf den Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft laufen und die dort untergebrachten Grundleistungsberechtigten zur kostenlosen Nutzung der Energie als vom Betreiber unter Rückgriff auf einen Dritten (den Stromversorger) bereitgestellte Sachleistung berechtigt sein. Im Gegenzug wird diesen Grundleistungsberechtigten, soweit zur Bedarfsdeckung im Übrigen (z.B. für Ernährung wegen fehlender Gemeinschaftsverpflegung) Ersatzleistungen gewährt werden, von den nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu bewilligenden Gutscheinleistungen ein (in den Bundesländern unterschiedlich bemessener) Anteil für die kostenlose Bereitstellung der Haushaltsenergie abgezogen (dazu nachstehend d), da es sich insoweit um eine rechtlich zulässige Mischform der Leistungsgewährung handelt (vgl. Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 89 m.w.N.; beispielhaft für die Gemeinschaftsunterkunft: Beschluss der Kammer vom 28. Juli 2010 - S 42 AY 135/10 ER -, zit. nach juris Rn. 23). Diese Vorgehensweise hat das Land Niedersachsen seinen herangezogenen Kommunen in der Vergangenheit durch den Runderlass des Innenministeriums vom 14. August 1995 - 41-12235-8.4 - „Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ verbindlich vorgeschrieben (vgl. Abschnitt VI, Ziffer 1.4, S. 13). Auch wenn dieser Erlass zwischenzeitlich ersatzlos außer Kraft getreten ist, richten die niedersächsischen Kommunen nach den Beobachtungen der Kammer ihre stete Verwaltungspraxis bei der Gewährung von Grundleistungen nach dem AsylbLG nach wie vor nach den dortigen Vorgaben aus.

Eine von der eben beschriebenen Mischform der Leistungsgewährung abweichende Herangehensweise ist bei dezentraler Unterbringung des Leistungsberechtigten in kommunalem oder privat angemietetem Wohnraum nach den Umständen des Einzelfalls regelmäßig nicht erforderlich i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG; sie ist es jedenfalls nicht im vorliegend zu beurteilenden Fall der Antragsteller. Es sind schon keine objektiven oder subjektiven Umstände erkennbar, die es ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen, einem dezentral untergebrachten Grundleistungsberechtigten die von ihm benötigte Haushaltsenergie nicht als Sachleistung durch den Leistungsträger dergestalt zur Verfügung zu stellen, dass dieser bei einem Stromversorgungsunternehmen seiner Wahl einen Anschluss für die Wohnung des Leistungsberechtigten anmeldet und zu dessen Gunsten (Vertrag zugunsten Dritter) auf eigenen Namen und eigene Rechnung einen Stromliefervertrag abschließt sowie die daraus folgende Zahlungsverpflichtung gemäß dem Abschlagsplan des Versorgungsunternehmens regelmäßig bedient, im Gegenzug dafür die in den gewährten Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG enthaltenen Anteile für Haushaltsenergie wertmäßig abzieht (dazu nachstehend d)). Diese Herangehensweise sah auch der eben zitierte Erlass des MI vom 14. August 1995 vor, in dem den Leistungsträgern im Abschnitt VI, Ziffer 1.7 vorgegeben wurde: „In Flüchtlingswohnheimen werden die Energiekosten als Verbrauchsgüter des Haushalts vom Betreiber als Sachleistung erbracht und über den Tagessatz abgerechnet. Bei der Unterbringung in Wohnungen können die Energiekosten direkt mit dem Versorgungsunternehmen abgerechnet werden. In beiden Fällen sind die auf Haushaltsenergie entfallenden Pauschbeträge (siehe Tabelle zu Nr. 1.4) von der Gesamtleistung abzusetzen.“ Jedenfalls spricht die Kammer dem hierzu alternativen Vorgehen, den dezentral untergebrachten Grundleistungsberechtigten bei vollständiger Belassung der Ersatzleistungen in der nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG vorgeschriebenen Höhe selbst zum Abschluss eines Stromliefervertrages anzuhalten und ihm die Verpflichtung zur Abschlagszahlung an den Stromversorger aufzubürden, schon deshalb die Erforderlichkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG ab, weil der betroffene Grundleistungsberechtigte in diesem Fall - jedenfalls nach den heutigen Verhältnissen - regelmäßig nicht in der Lage sein wird, die festgesetzten Abschlagszahlungen aus den ihm vollständig belassenen Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG aufzubringen, ohne dass er Einschränkungen bei der Deckung der übrigen Bedarfsgruppen (z.B. Ernährung oder Bekleidung) hinzunehmen hätte. Es darf bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Erforderlichkeit nämlich nicht außer acht gelassen werden, dass die in § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG genannten Beträge der Ersatzleistungen seit 1993 nicht mehr erhöht wurden (vgl. zur daraus folgenden Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Grundleistungen Frerichs, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 27 ff. m.w.N.), demgegenüber jedoch die Energiekosten der privaten Haushalte seither einen enormen Anstieg erfahren haben, ohne dass es für die Annahme dieser Tatsache im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Auswertung statistischer Daten bedarf. Gerade die konsequente Vornahme von Mischformen der Leistungsgewährung im Sinne einer weitestgehenden Deckung der in § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG genannten Bedarfsgruppen durch Sachleistungen ist - bei der Position Haushaltsenergie ohne Weiteres möglich - geeignet und erforderlich, um eine verfassungsmäßige Gewährung von Grundleistungen nach dem AsylbLG zu gewährleisten (vgl. Frerichs, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 30).

c) Im vorliegenden Fall der Antragsteller geben die aktenkundigen und von den Beteiligten glaubhaft gemachten tatsächlichen Abläufe ohnehin nichts für die Annahme her, die Antragsteller hätten als Grundleistungsberechtigte mit dem Stromversorger J. in eigenem Namen einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen und seien deshalb unmittelbar zur Zahlung der festgesetzten Abschläge aus den ihnen in voller Höhe bewilligten Ersatzleistungen verpflichtet, sodass keine Sachleistungsgewährung hinsichtlich der Haushaltsenergie vorliege bzw. gelegen habe. Denn die Antragsgegnerin hat im durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage und zusätzlich mit Schriftsatz vom 27. April 2011 eingehend dargelegt (vgl. auch Bl. 3.358 ff. der Leistungsakten), dass es ihrer bisherigen Verwaltungspraxis entspricht, mit der Zuweisung einer Wohnung an einen Grundleistungsberechtigten selbst die Anmeldung beim Stromversorger zu tätigen und die festgesetzten Abschläge direkt an den Stromversorger zu überweisen, um so den zusätzlichen Kosten für Zählerummeldungen und Anschlusssperren bei Zahlungsrückständen von Leistungsberechtigten vorzubeugen. Der Umstand, dass dabei die Anmeldung auf den Namen des die zugewiesene Unterkunft bewohnenden Leistungsberechtigten vorgenommen wird, rechtfertigt indes nicht ihre Annahme, sie - die Antragsgegnerin - werde bei dieser Herangehensweise nur vorläufiger Kunde des Stromversorgers bzw. leiste dem Leistungsberechtigten nur Hilfestellung. Denn der Abschluss eines zivilrechtlich wirksamen Vertrages zwischen den Antragstellern und dem Stromversorger setzt wechselseitig hierauf gerichtete Willenserklärungen voraus, die die Antragsgegnerin für die Antragsteller allenfalls als Botin oder aber in deren Vertretung übermitteln kann. Der Wille eines Grundleistungsberechtigten, dem regelmäßig nur Sach- oder Ersatzleistungen gewährt werden und für den die Sachleistungsgewährung wegen der hohen Energiekosten insoweit regelmäßig günstiger ist, sich gegenüber einem Stromversorger rechtsgeschäftlich unter Eingehung einer Zahlungsverpflichtung zu binden, muss sich eben wegen dieser scharfen Konsequenz positiv feststellen lassen. Handelt die Antragsgegnerin als Vertreterin des sich in dieser Weise erklärenden Leistungsberechtigten, müsste sich zusätzlich eine Bevollmächtigung oder die Voraussetzungen für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht feststellen lassen. Für beides gibt es in den von der Antragsgegnerin vorgelegten Leistungsakten keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr lässt sich den Akten entnehmen, dass der Stromversorger J. als Vertragspartner bisweilen überhaupt kein Interesse hatte, sich gegenüber den mittellosen Antragstellern rechtsgeschäftlich zu binden. Aus dem Vermerk vom 6. April 2010 (Bl. 2.730 R der Leistungsakten) geht etwa hervor, dass der Stromversorger nur Bereitschaft erklärt hat, mit dem Fachbereich Soziales der Antragsgegnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung zur Begleichung der Zahlungsrückstände der Antragsteller abzuschließen (vgl. insoweit auch die Schreiben der J. vom 19. April 2010, Bl. 2.748, und vom 27. April 2010, Bl. 2.774 der Leistungsakten). Dies bestätigt die dem Erlass vom 14. August 1995 zugrunde liegende Verwaltungspraxis, dass zahlreiche Leistungsträger die Forderungen der Stromversorger direkt bedienen, weil diese regelmäßig nicht bereit sind, mit einem Grundleistungsberechtigten abzurechnen und hierfür Ersatzleistungen in Form von Wertgutscheinen oder anderen unbaren Mitteln zu akzeptieren.

d) Von der Feststellung, dass der gesetzliche Vorrang des Sachleistungsprinzips auch bei dezentraler Unterbringung eines Grundleistungsberechtigten im Falle der Ersatzleistungsgewährung die Bereitstellung der Haushaltsenergie durch den Leistungsträger als Sachleistung gebietet, ist die Frage zu trennen, ob und in welcher Höhe der Leistungsträger Einbehalte von den Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG vornehmen darf. Die Frage der generellen Zulässigkeit von Absetzungen bzw. Einbehalten bei Mischformen der Leistungsgewährung ist bisher - auch in der Rechtsprechung der erkennenden Kammer (vgl. Beschluss vom 28. Juli 2010, a.a.O, juris Rn. 21) - weit überwiegend bejaht worden (vgl. auch Frerichs, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 114 m.w.N.; Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 89 m.w.N.; Goldmann/Schwabe, Praxishandbuch zum Asylbewerberleistungsgesetz, S. 113 ff. mit zahlreichen Beispielen). Sie muss jedoch auf Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1, 3 und 4/09 -, BVerfGE 125, S. 175 ff., zur Bemessung der Regelsätze im Bereich des Sozialgesetzbuches Zweites Buch nach Maßgabe des dortigen 3. Leitsatzes neu aufgeworfen werden. Danach hat der Gesetzgeber zur Ermittlung des Anspruchumfangs alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen (vgl. dazu auch Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion Die Linke vom 10. November 2010, BT-Drs. 17/3660, S. 4 zu Fragen 1 bis 7; näher zu den Konsequenzen aus dem Urteil des BVerfG für das Leistungsrecht des AsylbLG: Frerichs, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 31). Es ist schon jetzt offensichtlich, dass die Aufteilung der in § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG normierten Ersatzleistungen auf die einzelnen abzudeckenden Bedarfsgruppen durch Vorgaben in ministeriellen Erlassen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, zumal gegen die unterschiedlichen Regelungen in den Ländererlassen zur Aufteilung der Ersatzleistungen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung bundeseinheitlichen Gesetzesvollzugs und des Gleichbehandlungsgrundsatzes bereits seit Jahren verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden (vgl. nur Goldmann/Schwabe, a.a.O., S. 113; Hohm, a.a.O., § 3 Rn. 89).

Die abschließende Beantwortung dieser Frage, die wohl weitere Ermittlungen entscheidungserheblicher Tatsachen erfordern dürfte und auch den Ausgang der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlageverfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Ersatzleistungen zu beachten hat, ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Die Kammer hat deshalb bereits in ihrem e.g. Beschluss vom 28. Juli 2010 (a.a.O.) entschieden, dass mangels anderweitiger Erkenntnisse hinsichtlich der Höhe des Anteils für Haushaltsenergie, der in die Bemessung des Wertes nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG eingeflossen ist, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (noch) auf die in den Erlassen der Bundesländer zur Durchführung des AsylbLG enthaltene Aufschlüsselung der Bedarfspositionen zurückgegriffen werden kann, an der sich die Leistungsträger in stetiger Verwaltungspraxis bei Mischformen der Leistungsgewährung orientieren (Leitsatz 2, juris Rn. 21). Hieran ist auch für das vorliegende Verfahren der Antragsteller festzuhalten. Die Antragsgegnerin war daher lediglich berechtigt, vom Gesamtwert der den Antragstellern monatlich bewilligten Gutscheinleistungen i.H.v. 501,07 € (184,07 € für den Antragsteller zu 2. als Haushaltsvorstand sowie je 158,50 € für die Antragsteller zu 1. und 3. als Haushaltsangehörige) neben dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Abzug des Wertes der dem minderjährigen Antragsteller 3. kostenfrei bereitgestellten Schulspeisung i.H.v. 6,70 € lediglich Gutscheinleistungen i.H.v. 63,91 € (23,01 € für den Antragsteller zu 2. als Haushaltsvorstand sowie je 20,45 € für die Antragsteller zu 1. und 3. als Haushaltsangehörige, vgl. Erlass des MI vom 14. August 1995, Abschnitt VI Ziffer 1.4, Seite 13 Tabelle) für die Bereitstellung von Haushaltsenergie als Sachleistung zur Verrechnung mit den vom Stromversorger festgesetzten Abschlagszahlungen einzubehalten und im Übrigen Gutscheine im Wert von 430,46 € monatlich an die Antragsteller auszuhändigen. Hinter diesem Wert ist die Antragsgegnerin in dem hier zu beurteilenden Zeitraum ab Antragstellung bei der Kammer jedenfalls im Monat November 2010 und in den Monaten ab Juni 2011 - zum Teil erheblich - zurückgeblieben. Sollten sich aus einem aktuell gültigen Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums niedrigere Einbehalte für Haushaltsenergie ergeben, so ist die Antragsgegnerin jedenfalls in der anhängigen Hauptsache selbstverständlich gehalten, diese niedrigeren Werte in Ansatz zu bringen (vgl. dazu den in der Email des Nds. MI vom 21. April 2011 (Bl. 3.361 ff. der Leistungsakten) in Bezug genommenen, der Antragsgegnerin bekannten Erlass vom 1. September 2008 - 41.22-12235-8.4.2.2N1 -, der der erkennenden Kammer nicht vorliegt).

e) An dem e.g. Befund ändert auch die Tatsache nichts, dass der in den Ersatzleistungen gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG im vorliegenden Fall eines 3-Personen-Haushalts enthaltene Anteil für Haushaltsenergie i.H.v. 63,91 € wertmäßig nicht ausreicht, um die vom Stromversorger für die neue Wohnung der Antragsteller zuletzt ab März 2011 festgesetzten Abschläge i.H.v. 70,- € monatlich vollständig zu bedienen. Nur dieser Anteil i.H.v. 63,91 € ist maximal für den Bedarf der Antragsteller an Haushaltsenergie auf die ihnen bewilligten Ersatzleistungen anzurechnen und darf zum Ausgleich der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Überweisung von Abschlägen an den Stromversorger gegengerechnet werden (Goldmann/Schwabe, a.a.O., S. 116). Gerade hierin offenbart sich, dass die Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG aufgrund mangelnder Anpassung seit 1993 hinsichtlich der Deckung einzelner Bedarfsgruppen in der Regel nicht mehr ausreichend sind und deshalb einer Bedarfsunterdeckung bei den Grundleistungsberechtigten durch konsequente Anwendung des Vorrangs der Sachleistungsgewährung begegnet werden muss. Dies führt letztlich dazu, dass bei den Leistungsträgern durch die Ausweitung von Mischformen der Leistungsgewährung erhöhte Kosten verursacht werden. Dass die konsequente Anwendung des Sachleistungsprinzips für die Leistungsträger generell kostenintensiver ist, liegt auf der Hand und wird sehr deutlich durch die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion Die Linke vom 10. November 2010 zu Frage 36 bestätigt (a.a.O., S. 22 ff.). Der jahrelange unterschiedliche Vollzug eines bundesweit einheitlich geltenden Leistungsgesetzes in den einzelnen Bundesländern kann nach Auffassung der Kammer jedenfalls aktuell nicht mehr zu Lasten der Grundleistungsberechtigten gehen, sodass die Leistungsträger gehalten sind, entweder ihre Verwaltungspraxis mit dem Ziel einer verstärkten Sachleistungsgewährung umzustellen und hierfür auf die Erstattung der tatsächlichen Kosten durch die Länder hinzuwirken oder aber sich den Forderungen nach einer Anpassung der in § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG enthaltenen Sätze für die Ersatzleistungsgewährung anzuschließen.

f) Etwas anderes folgt im Falle der Antragsteller auch nicht aus dem Umstand, dass dem Antragsteller zu 2. als Haushaltsvorstand für eine von ihm wahrgenommene Arbeitsgelegenheit gemäß § 5 Abs. 2 AsylbLG eine Mehraufwandsentschädigung in monatlich wechselnder Höhe zwischen 63,- € und 92,40 € gewährt wurde. Sinn und Zweck dieser Mehraufwandsentschädigung stehen der - von der Kammer nicht geteilten - Rechtsauffassung der Antragsgegnerin entgegen, diese Einnahmen des Antragstellers zu 2. könnten rechnerisch zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile herangezogen werden, die den Antragstellern durch den bislang vorgenommenen Einbehalt von Gutscheinleistungen im Wert der monatlich festgesetzten Abschläge des Stromversorgers entstehen, soweit die Einbehalte den o.g. Anteil für Haushaltsenergie i.H.v. 63,91 € übersteigen. Die Mehraufwandsentschädigung nach § 5 Abs. 2 AsylbLG dient allein der pauschalen Abgeltung von Mehraufwendungen, die dem Leistungsberechtigten infolge seiner Arbeitsleistung entstanden sind (z.B. in Form von Fahrtkosten, Beschaffung und Reinigung von Arbeitskleidung, intensivere Körperpflege etc.). Die Mehraufwandsentschädigung als zweckbestimmte Einnahme ist deshalb auch von der Einkommens- und Vermögensanrechnung nach § 7 AsylbLG ausgeschlossen (vgl. Frerichs, a.a.O., § 5 AsylbLG Rn. 64 und 66 m.w.N.). Dass von den Antragstellern rechtlich nicht gefordert werden kann, das ihnen gezahlte Taschengeld, welches nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG ausschließlich der Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens eines Grundleistungsberechtigten zu dienen bestimmt ist, und die in den Ersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG enthaltene Pauschale für Bekleidung (gemäß Erlass des MI vom 14. August 1995 monatlich 15,34 € pro Antragsteller) zur Kompensation der vorgenommenen erhöhten Einbehalte wegen festgesetzter Abschlagszahlungen für Haushaltsenergie bei Nutzung öffentlicher Kleiderkammern anzusparen und einzusetzen, bedarf nach Auffassung der Kammer keiner eingehenden Begründung; dies versteht sich von selbst (vgl. zur Unzulässigkeit des Verweises auf Hilfen Dritter für Bedürftige: Frerichs, a.a.O., § 3 Rn. 63 m.w.N.). Zudem ist die erfolgte Bewilligung einmaliger Beihilfen nach §§ 4 und 6 AsylbLG hinsichtlich der vorliegend beanstandeten Einbehalte von den Ersatzleistungen ohne Entscheidungsrelevanz.

g) Die Antragsgegnerin vermag zudem nicht mit ihrem Einwand durchzudringen, insbesondere die für die frühere Wohnung der Antragsteller I. vom Stromversorger festgesetzten hohen monatlichen Abschläge seien auf deren unwirtschaftliches Verbrauchsverhalten zurückzuführen. Hierfür hat die Antragsgegnerin weder Tatsachen glaubhaft gemacht noch ergibt die Aktenlage dafür Anhaltspunkte. Ob die Warmwasseraufbereitung in der früheren Wohnung der Antragsteller über die vorhandenen Kohleöfen oder aber den beihilfeweise angeschafften Elektroherd erfolgt ist, kann daher dahinstehen. Die Antragsgegnerin ist bereits im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 13. April 2011 darauf hingewiesen worden, dass die in den jährlichen Schlussrechnungen des Stromversorgers J. aufgeführten Werte für den Stromverbrauch, insbesondere die 6.965 kWh aus der Jahresrechnung 2009 / 2010 vom 10. Februar 2010 (Bl. 2.725 der Leistungsakte), angesichts einer zeitweisen Belegung der damaligen Wohnung der Antragsteller mit bis zu 8 Personen (vgl. Änderungsmitteilung vom 31. August 2009, Bl. 2.637 der Leistungsakten: seit 24. Juni 2009 Belegung der Wohnung mit nur 5 Personen) keinerlei Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Verbrauchsverhalten liefern. Die Antragsgegnerin ist bezüglich der in der Hauptsache anhängigen Widerspruchsverfahren vielmehr gehalten, die Nachforderungen aus den Jahresrechnungen des Stromversorgers monatsgenau und bezogen auf die damalige Anzahl der Bewohner der Wohnung auf ihre Angemessenheit hin zu prüfen und die ausgewiesenen Nachzahlungsbeträge dementsprechend kopfteilig aufzuteilen. Dies ist augenscheinlich bis zum heutigen Tage nicht geschehen, denn etwa die handschriftlichen Notizen auf der Jahresrechnung vom 10. Februar 2010 lassen nur den Rückschluss zu, dass der seinerzeit ab 31. März 2010 monatlich fällige Abschlag i.H.v. 133,00 €, nicht aber der dort ausgewiesene und zum 28. Februar 2010 fällige Nachzahlungsbetrag i.H.v. 352,36 € auf damals 5 Bewohner der früheren Wohnung der Antragsteller I. rechnerisch umgelegt wurde. Stattdessen wurden die Nachforderungen als Zahlungsrückstände allein dem Antragsteller zu 2. als Haushaltsvorstand zugeordnet und von ihm sowie den Antragstellern zu 1. und 3. die Rückführung der Zahlungsrückstände im Wege der Vereinbarung von Ratenzahlungen verlangt (vgl. die Niederschrift vom 22. Februar 2010, Bl. 2.727 der Leistungsakten). Vor diesem Hintergrund können die zur Niederschrift aufgenommenen Erklärungen des Antragstellers zu 2. über die Zustimmung zu weitergehenden Einbehalten von den Gutscheinleistungen zur ratenweisen Rückführung der Zahlungsrückstände auch keinen rechtlichen Bestand haben. Dies gilt auch für die weiteren Rückzahlungsverpflichtungen aus den im Jahre 2010 und 2011 von der Antragsgegnerin gewährten "Darlehen" zur Rückführung der Zahlungsrückstände beim Stromversorger.

Selbst wenn ein extrem unwirtschaftliches Verbrauchsverhalten der Antragsteller in Bezug auf die Haushaltsenergie vorgelegen hätte und nach wie vor andauern würde, ist die Antragsgegnerin nach der Rechtsprechung der Kammer nicht befugt, diesem, wie vorliegend geschehen, durch weitergehenden Einbehalt von Gutscheinleistungen entgegen zu wirken. Die Kammer verweist insoweit auf ihren Beschluss vom 28. Juli 2010, in dem sie bereits ausgeführt hat, dass der Leistungsträger auch bei missbräuchlichem oder verschwenderischem Umgang mit Strom nicht berechtigt ist, die Geld- oder Wertgutscheinleistungen für den Leistungsberechtigten über den im Betrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG enthaltenen Anteil an Haushaltsenergie hinaus zu reduzieren, sondern bei derartigem Verhalten organisatorische Maßnahmen („kontrollierte Sachleistungsgewährung“) zu ergreifen hat (a.a.O., zit. nach juris Rn. 24 f.). In Übereinstimmung mit diesem Ansatz hat auch das Nds. MI die Antragsgegnerin in der o.g. Email vom 21. April 2011 (Bl. 3.361 ff. der Leistungsakten) darauf hingewiesen, extrem unwirtschaftlichem Verbrauchsverhalten eines Leistungsberechtigten ggf. durch Androhung der Zuweisung einer anderen Unterkunft oder aber durch Absprache von Steuerungsmöglichkeiten mit dem Stromversorger zu begegnen. Dem pflichtet die Kammer bei.

3.) Einen Anordnungsanspruch zur Gewährung höherer als in § 3 AsylbLG gesetzlich festgelegter Grundleistungen haben die Antragsteller ebenfalls nicht mit der für eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Dies gilt auch in Ansehung der Vorlagebeschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen zum Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Frage der Vereinbarkeit der derzeitigen gesetzlichen Regelungen zur Grundleistungsgewährung im AsylbLG (vgl. Beschlüsse vom 22. November 2010 - L 20 AY 1/09 -, juris; und vom 26. Juli 2010 - L 20 AY 13/09 -, juris). Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 22. Juli 2011 - S 42 AY 41/11 ER -, zit. nach juris Rn. 14) ausgeführt hat, dient das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seiner Natur nach lediglich dazu, etwaige Härten für die Zeit bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu vermeiden. Es ist jedoch nicht dazu bestimmt, die Hauptsache vorwegzunehmen oder grundsätzliche Rechtsfragen vorab zu beantworten. Die Herleitung von Leistungsansprüchen direkt aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (d.h. ohne entsprechende einfachgesetzliche Rechtsgrundlage) kommt nach der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen allenfalls dann in Betracht, wenn im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht wird, welche konkreten und für ein menschenwürdiges Leben unabdingbaren Bedarfe derzeit nicht ausreichend durch die in gesetzlicher Höhe gewährten Grundleistungen gedeckt sein sollen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.06.2010 - L 11 AY 29/10 B ER -). Dies ist hier durch die Antragsteller nicht geschehen.

Ohnehin erscheint dieser vom LSG Niedersachsen-Bremen angenommene (seltene) Ausnahmefall angesichts der Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 10. Januar 2011 - L 20 AY 178/10 B ER - mittlerweile zweifelhaft, denn das LSG Nordrhein-Westfalen hat in dem e.g. Beschluss unter Bezugnahme auf den Nichtannahme-Beschluss des BVerfG vom 30. Oktober 2010 - 1 BvR 2037/10 - ausgeführt, die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit könnten unmittelbar gestützt auf die Verfassung, insbesondere auf das aus Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, keinen (weiteren) Leistungsanspruch - auch nicht vorläufig - zusprechen. Denn die Konkretisierung dieses Grundrechts bleibe dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten; wie dieser den Umfang der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums bestimme, oder ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichere, bleibe grundsätzlich ihm überlassen. Auch eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG komme in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht, da in diesen Verfahren nur eine vorläufige Klärung herbeizuführen sei, bei der möglichst zeitnah entschieden werde, welche Leistungspflichten einstweilen gelten sollten; eine solche zeitnahe Klärung sei in einem Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG jedoch nicht zu erwarten (zit. nach juris Rn. 12).

Dieser Rechtsprechung hat sich zwischenzeitlich auch der für Beschwerdeverfahren nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gegenwärtig zuständige 8. Senat des LSG Niedersachsen - Bremen angeschlossen; auf die Ausführungen des 8. Senates in seinem Beschluss vom 17. November 2011 - L 8 AY 80/11 und 81/11 B ER -, juris Rn. 10 ff., wird ergänzend verwiesen. Der abweichenden Rechtsauffassung des SG Mannheim (vgl. Beschluss vom 10. August 2011 - S 9 AY 2678/11 ER -, InfAuslR 2011, S. 403 ff., zit. nach juris) ist auch das für Baden-Württemberg zuständige Beschwerdegericht entgegen getreten (vgl. LSG Baden - Württemberg, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - L 7 AY 3998/11 ER - B, zit. nach juris Rn. 6 ff. m.w.N.).

4.) Dagegen haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund für den vorstehend dargelegten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dies versteht sich vor dem Hintergrund des Zwecks der Grundleistungen nach dem AsylbLG, die der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums für die in § 1 Abs. 1 AsylbLG definierte Gruppe von Ausländern ohne Bleibeperspektive für die vorübergehende Zeit ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik dienen, von selbst und bedarf angesichts der glaubhaft gemachten fehlenden finanziellen Mittel der Antragsteller keiner weiteren Ausführungen (st. Rspr. der erkennenden Kammer, vgl. Beschluss vom 22. Juli 2011 - S 42 AY 41/11 ER -, zit. nach juris Rn. 16).

5.) Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Antragsteller, wobei die Kammer mangels Greifbarkeit einer konkreten Kostenquote eine hälftige Kostentragung der Beteiligten für im vorliegenden Einzelfall sachgerecht und billig erachtet.