Sozialgericht Hildesheim
Urt. v. 23.10.2012, Az.: S 42 AY 127/08

Übernahme der Kosten für Geburtshilfeleistungen anlässlich der Entbindung eines Asylbewerberleistungsberechtigten

Bibliographie

Gericht
SG Hildesheim
Datum
23.10.2012
Aktenzeichen
S 42 AY 127/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 38220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHILDE:2012:1023.S42AY127.08.0A

Tenor:

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides der Stadt H. vom 17. März 2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2008 verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 832,61 EUR zur Erstattung der Kosten der am 5. Januar 2008 von ihr geleisteten Geburtshilfe für den Säugling I. zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.

Tatbestand

Die Klägerin, u.a. Trägerin eines im Landkreis des Beklagten gelegenen Krankenhauses mit Geburtshilfeabteilung, begehrt als Nothelferin von dem Beklagten, hilfsweise dem Beigeladenen als zuständigem Träger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) die Übernahme der Kosten für Geburtshilfeleistungen anlässlich der Entbindung eines Asylbewerberleistungsberechtigten.

Am Samstag, dem 5. Januar 2008, um 20:20 Uhr ließ die Klägerin in ihr Krankenhaus in H. die aus dem Kosovo stammende serbisch-montenegrinische Staatsangehörige J. wegen deren unmittelbar bevorstehender Entbindung aufnehmen. Etwa 1 1/2 Stunden nach der Aufnahme gebar Frau K. den Säugling I., ebenfalls serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger. Die Entlassung von Frau K. und ihrem Säugling erfolgte am darauffolgenden Montag, dem 7. Januar 2008 um 11:48 Uhr. Für die erbrachten Geburtshilfeleistungen berechnete die Klägerin nach den für gesetzlich Krankenversicherte geltenden Sätzen 832,61 EUR. Wegen der Einzelheiten der berechneten Pauschalen wird auf die Schlussrechnung vom 7./18. Januar 2008 (vgl. Bl.5 f. der Gerichtsakte, GA) verwiesen.

Die Übernahme dieser Kosten beantragte die Klägerin unter dem 7. Januar 2008 zunächst bei dem für den Beklagten handelnden Sozialamt der Stadt H. (Eingang am 7. Januar 2008, vgl. Bl. II 33 der Leistungsakten des Beklagten, LA), wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen betreffend ihre Zuständigkeit darüber hinaus unter dem 7. Januar 2008 bei Letztgenanntem (Eingang am 17. Januar 2008, vgl. Bl. 82 f. LA des Beigeladenen).

Dem Streit zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen um die örtliche Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG für den Säugling I. liegt folgende ausländer- und leistungsrechtliche Historie zugrunde:

Der Vater des Säuglings, Herr L., ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger. Nach der Geburt erkannte er die Vaterschaft für den Säugling an; ihm wurde die gemeinsame elterliche Sorge zuerkannt. Als rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber wurde er zum Zeitpunkt der Geburt von dem Beklagten mit einer die Stadt H. betreffenden Wohnsitzauflage geduldet. Bei ihm lebten zu diesem Zeitpunkt zwei Geschwister des Säuglings; er bezog für sich und diese beiden Kinder vom Beklagten sog. Analog-Leistungen gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG (vgl. Bescheid vom 19. November 2007, Bl. II 19 ff. LA).

Die Mutter des Säuglings, Frau J., war zum Zeitpunkt der Geburt als rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberin in den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen - Landkreis M. - verteilt und wurde von diesem seit dem 18. Juni 2003 mit zeitlichen Unterbrechungen geduldet; die Duldungen enthielten jeweils eine den Ort N. betreffende Wohnsitzauflage. Die Mutter und ein weiteres Geschwisterkind des Säuglings lebten zeitweise in O. in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie bezogen dort vom Beigeladenen Grundleistungen gem. § 3 AsylbLG. Seit August 2003 hielten sich beide aufgrund von unregelmäßig erteilten Besuchserlaubnissen jedoch - zuletzt überwiegend - in H. bei dem Vater des Säuglings auf. Für den Zeitraum der Entbindung war der Mutter unter dem 2. Januar 2008 vom Beigeladenen eine bis zum 13. Januar 2008 gültige Besuchserlaubnis erteilt worden. Allerdings hatte es die Mutter versäumt, für diesen Zeitraum ihre zuvor am 30. September 2007 abgelaufene Duldung vom Beigeladenen verlängern zu lassen. Erst ab dem 11. Januar 2008 war sie im Besitz einer vom Beigeladenen bis zum 31. März 2008 ausgestellten Duldung. Ab dem 22. September 2008 wurde sie aufgrund eines vor dem Verwaltungsgericht Göttingen erfolgreichen Umverteilungsantrages vom Beklagten in dessen Zuständigkeitsbereich geduldet.

Der Säugling I. wurde nach seiner Geburt vom Beigeladenen zunächst landesintern der Gemeinschaftsunterkunft in P. zugewiesen (vgl. Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26. Februar 2008). Diese Entscheidung wurde kurz darauf revidiert (Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29. April 2008). Erst nach Umverteilung seiner Mutter leitete der Beklagte für ihn am 25. September 2008 ein Asylverfahren gem. § 14a AsylVfG ein, in dessen Folge dem Säugling eine Aufenthaltsgestattung mit räumlicher Beschränkung auf das Gebiet des Beklagten und Wohnsitzauflage für die Stadt H. erteilt wurde. Nach negativem Abschluss des Asylverfahrens wurde der Säugling seit dem 7. April 2009 vom beklagten geduldet. Die Duldung wurde mit einer die Stadt H. betreffenden Wohnsitzauflage versehen.

Den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme vom 7. Januar 2008 lehnte die Namens und im Auftrag des Beklagten handelnde Stadt H. mit Telefax vom 9. Januar 2008 mit der Begründung ab, sie sei für Krankenhilfeleistungen in Bezug auf den Säugling I. nicht zuständig (Bl. II 34 LA).

Nachdem der Beigeladene die auf die Mutter entfallenden Kosten der Geburtshilfeleistungen der Klägerin i.H.v. 1.655,20 EUR im Wege der Krankenhilfe gem. § 4 AsylbLG übernommen hatte (vgl. Bl. 77 f., 81 LA Beigel.), lehnte er den Antrag der Klägerin vom 7. Januar 2008 auf Kostenübernahme bezüglich des Säuglings mit Schreiben vom 28. Januar 2008 (Bl. 82 LA Beigel.) ab. Die Klägerin solle sich diesbezüglich an den Beklagten wenden, da dieser bereits dem Vater und 2 Geschwisterkindern Sozialleistungen gewähre.

Dem folgend wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 2008 (Bl. II 76 LA) erneut an die Stadt H. und begründete ihr Kostenübernahmebegehren mit der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten für Asylbewerberleistungen zugunsten des Säuglings. Dessen Mutter habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H., weil der Vater und die beiden Geschwister des Säuglings dort lebten und sie sich deshalb dort überwiegend aufhalte. Sie habe in dem Krankenhaus der Klägerin in H. auch ihre anderen 3 Kinder entbunden.

Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 13. Februar 2008 (Bl. 85 LA Beigel.) trat die Klägerin erneut an den Beigeladenen heran und verwies auf dessen örtliche Zuständigkeit für Asylbewerberleistungen zugunsten des Säuglings mit der Begründung, dessen Mutter sei ihm ausländerrechtlich zugewiesen. Diese habe deshalb im Landkreis M. ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Dementsprechend habe der Beigeladene auch die auf die Mutter entfallenden Kosten der Geburtshilfeleistungen übernommen.

Mit Bescheid vom 17. März 2008 (Bl. II 108 ff. LA) lehnte die Stadt H. den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme ab. Zur Begründung verwies sie auf die fehlende örtliche Zuständigkeit des Beklagten für Asylbewerberleistungen zugunsten des Säuglings. Diese knüpfe an den gewöhnlichen Aufenthalt des Säuglings an, für den wiederum der gewöhnliche Aufenthalt seiner Mutter maßgeblich sei. Dessen Mutter habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Bereich der Beigeladenen. Sie werde vom Beigeladenen geduldet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Hiergegen legte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2008 (Bl. II 110 LA) Widerspruch ein, den sie unter dem 2. April 2008 dahingehend begründete, die Mutter des Säuglings habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H., da diese sich seit Jahren dort aufhalte. Die Mutter habe dort bereits mehrfach entbunden.

Mit Schreiben vom 10. April 2008 (Bl. 88 LA Beigel.) erklärte der Beigeladene gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die geltend gemachten Kosten könnten aufgrund der zwischenzeitlich durch das RP Karlsruhe am 26. Februar 2008 verfügten landesinternen Erstverteilung des Säuglings gem. §§ 3 f. FlüAG BW nunmehr übernommen werden. Die betreffende Schlussrechnung solle hierfür erneut eingereicht werden. Dem kamen die Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 14. April 2008 (Bl. 89 LA Beigel.) nach.

Mit weiterem Schreiben vom 23. April 2008 (Bl. 91 LA Beigel.) teilte der Beigeladene der Klägerin mit, er habe durch die zuständige Ausländerbehörde zwischenzeitlich neue Erkenntnisse gewonnen. Der Säugling habe sich bis dato zu keinem Zeitpunkt in seinem Zuständigkeitsbereich aufgehalten; er sei vielmehr in H. angemeldet worden. Die Klägerin habe sich dementsprechend an den örtlich zuständigen Beklagten hinsichtlich der Kostenübernahme zu wenden. Das Schreiben schließt mit folgender Formulierung: "Unser Schreiben vom 10.04.2008, in dem die Kostenübernahme zugesichert wird, ist somit gegenstandslos."

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2008 (Bl. II 157 ff. und Bl. III 70 ff. LA) wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 28. März 2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte der Beklagte die bereits von der Stadt H. vorgebrachten Argumente zur Zuständigkeit des Beigeladenen und hob hierbei noch hervor, dass für die Mutter des Säuglings eine den Landkreis M. betreffende Zuweisungsentscheidung nach wie vor bestehe, aus der gem. § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen folge.

Hiergegen hat die Klägerin am 30. Juni 2008 Klage mit der Begründung erhoben, die Mutter des Säuglings habe seit Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H ... Der Beklagte sei deshalb für die begehrte Kostenerstattung örtlich zuständig. Der Anspruch auf Kostenerstattung folge aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 SGB XII. Der Beklagte habe insoweit in der Vergangenheit die von ihr als Nothelferin gegenüber Asylbewerberleistungsberechtigten erbrachten Krankenhilfeleistungen stets vergütet und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der einer vertraglichen Beziehung gleichkomme. Ihr sei es nicht zumutbar, insbesondere in akuten Notfällen vor Aufnahme der ärztlichen Behandlung zunächst die Zuständigkeit des betreffenden Leistungsträgers nach dem AsylbLG zu ermitteln und dabei eine asylverfahrens- oder ausländerrechtliche Zuweisungslage zu prüfen. Dessen ungeachtet war der Säugling am Tage seiner Geburt und damit zum Zeitpunkt der Erbringung der abgerechneten Geburtshilfeleistungen weder beim Beklagten noch beim Beigeladenen ausländer- und leistungsbehördlich erfasst. Ihrer Pflicht zur unverzüglichen Information des zuständigen Leistungsträgers sei sie am ersten Werktag nach der Geburt, am Montag, dem 7. Januar 2008, durch Übermittelung des Kostenübernahmeantrags nachgekommen. Dass es sich bei den erbrachten Geburtshilfeleistungen um unaufschiebbare ärztliche Maßnahmen handelte, ergebe sich aus dem Ablauf des Geburtsgeschehens. Die Mutter sei am Samstag, dem 5. Januar 2008, um 19:07 Uhr im Krankenhaus aufgenommen worden. Nur 73 Minuten später (20:20 Uhr) sei der Säugling geboren worden. Dementsprechend bestand faktisch keine Möglichkeit, sich vor Aufnahme der Mutter vom Beklagten oder Beigeladenen eine Kostenübernahme zusichern zu lassen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Stadt H. vom 17. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 832,61 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

den Beigeladenen zu verurteilen, an sie 832,61 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und ergänzt, die Mutter des Säuglings habe sich zum Zeitpunkt der Geburt widerrechtlich in H. aufgehalten. Sie habe deshalb zu diesem Zeitpunkt allenfalls Anspruch auf Leistungen gem. § 11 Abs. 2 AsylbLG gehabt. Dieser umfasse keine Krankenhauskosten. Daneben gibt er zu bedenken, es fehle an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens. Auch sei ein vorheriger Antrag der Klägerin nicht ersichtlich. Zwar werde der Klägerin angesichts der von ihr geschilderten Umstände der Entbindung das Vorliegen eines medizinischen Notfalles zugestanden. Gleichwohl sei die von ihr bemühte Anspruchsgrundlage des § 25 SGB XII im Asylbewerberleistungsrecht nicht analog anwendbar.

Der mit Beschluss der Kammer vom 3. Mai 2011 Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die örtliche Zuständigkeit des Beklagten für die Übernahme der von der Klägerin geltend gemachten Kosten ergebe sich aus § 10a Abs. 2 AsylbLG. Die Mutter des Säuglings habe sich seit Jahren in H. bei dem Vater und den beiden anderen Geschwistern aufgehalten und deshalb dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Für diese Aufenthalte habe die Ausländerbehörde des Landratsamtes M. auf entsprechenden Antrag der Mutter Besuchserlaubnisse ausgestellt. Der Aufenthalt in H. sei deshalb - jedenfalls zum Zeitpunkt der Entbindung - nicht rechtswidrig gewesen. Dagegen habe sich der Säugling bis heute nicht in Baden-Württemberg aufgehalten. Gemäß § 10a Abs. 3 Satz 5 AsylbLG knüpfe sein gewöhnlicher Aufenthalt an den seiner Mutter an. Die vom Beklagten bemühte asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung betreffend die Mutter habe sich nach rechtskräftigem Abschluss deren Asylverfahrens erledigt.

Auch der Beigeladene gesteht der Klägerin einen medizinischen Notfall zu, der die vorherige Einholung einer Zusicherung zur Kostenübernahme unmöglich gemacht habe. Allerdings habe die Klägerin mit ihrem erst am 17. Januar 2008 eingegangenem Antrag auf Kostenübernahme ihrer Verpflichtung als Nothelferin zur unverzüglichen Unterrichtung nicht genügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Gerichtsakte des erledigten Verfahrens S 42 AY 77/06 (dortiger Streitgegenstand: Kostenübernahmebegehren der Klägerin hinsichtlich der Geburtshilfeleistungen für eine Schwester der Mutter, Frau Q., und deren Säugling) sowie die im vorliegenden Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (3 Bände Leistungsakten sowie 5 Heftungen Ausländerakten des Vaters, der Mutter und des Säuglings) und des Beigeladenen (3 Heftungen Leistungsakten) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die gegen den Beklagten gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Der die Zulässigkeit der Klage betreffende Einwand des Beklagten, es fehle an einer vorherigen Antragstellung und an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens geht fehl. Die Klägerin hat am 7. Januar 2008 bei der Stadt H. einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Das erforderliche Vorverfahren ist durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 23. Juni 2008 abgeschlossen worden.

I. Die gegen den Beklagten gerichtete Klage (Hauptantrag) ist mit Ausnahme des klägerischen Begehrens auf Verzinsung auch begründet, denn die Klägerin hat als Nothelferin in entsprechender Anwendung des § 25 SGB XII einen Anspruch auf Kostenerstattung bezüglich der von ihr zugunsten des Säuglings I. erbrachten Geburtshilfeleistungen. Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Stadt H. vom 17. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juni 2008 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er unterliegt deshalb der Aufhebung durch die Kammer, § 54 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGG. Da die Klägerin mit ihrem Hauptantrag - abgesehen von der Nebenforderung - Erfolg hat, brauchte die Kammer über das hilfsweise zur gerichtlichen Prüfung gestellte, gegen den Beigeladenen gerichtete Klagebegehren nicht zu entscheiden.

Gemäß § 25 SGB XII sind jemandem, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Die Klägerin hat vorliegend zugunsten des Säuglings I. Geburtshilfeleistungen erbracht. Der Säugling war zum Zeitpunkt seiner Geburt als Familienangehöriger gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG leistungsberechtigt, denn seine Mutter unterstand trotz vorher abgelaufener Duldung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG und sein Vater gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG dem Leistungsregime des AsylbLG (zur Leistungsberechtigung eines Neugeborenen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 bis zur Ablehnung seines Asylantrages nach § 14a AsylVfG bzw. bis zur Duldung durch die ABH vgl. Frerichs in: [...]Praxiskommentar zum SGB XII, § 1 AsylbLG Rn. 121 f.; zur örtlichen Zuständigkeit der ABH des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Neugeborenen gem. § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG vgl. Beschluss der Kammer vom 3. September 2012 - S 42 AY 13/09 -, zit. nach [...] LS 1 und Rn. 5 f.). Eine direkte Anwendung des § 25 SGB XII scheidet damit aus.

(2) Die von der Klägerin herangezogene Anspruchsgrundlage des § 25 SGB XII findet im Asylbewerberleistungsrecht analoge Anwendung. Die erkennende Kammer schließt sich insoweit der jüngeren Rechtsprechung der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Dezember 2011 - L 20 AY 4/11 -, zit. nach [...] Rn. 53 m.w.N.; die Revision hierzu ist beim BSG - B 7 AY 2/12 R - anhängig) und Hamburg (Urteil vom 21. Juni 2012 - L 4 AY 4/11 -, zit. nach [...] Rn. 23 m.w.N.) an und verweist hierauf. Das LSG Hamburg hat dort zusammenfassend ausgeführt:

"Da das AsylbLG jedoch keine dem § 25 SGB XII vergleichbare Regelung kennt, findet in diesen Fällen eine analoge Anwendung des § 25 SGB XII statt. Auch wenn die Vorschrift ausdrücklich auf Sozialhilfe beschränkt ist, die für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gemäß § 23 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossen ist, so dürfen Tatbestand und Rechtsfolgen auf das Sachgebiet des AsylbLG ausgedehnt werden, weil der Normzweck einer auch für das AsylbLG festzustellenden gleichartigen Interessenlage entspricht. Es erscheint eine analoge Anwendung des § 25 SGB XII im Asylbewerberleistungsrecht geboten, damit dem Nothelfer auch in diesem Leistungsbereich ein öffentlich-rechtlicher Aufwendungserstattungsanspruch gegen den für den Hilfefall zuständigen öffentlichen Leistungsträger eingeräumt wird. Für die Annahme, dass im Asylbewerberleistungsgesetz Ansprüche des Nothelfers ausgeschlossen sein sollten, finden sich im Gesetz keine Anhaltspunkte. Das Asylbewerberleistungsgesetz verfolgt allein den Zweck, durch Leistungseinschränkungen gegenüber dem Sozialhilferecht den Anreiz für Ausländer zu verringern, aus wirtschaftlichen Gründen als Asylbewerber nach Deutschland zu kommen. Daher liegt eine offene, dem Plan des Gesetzes widersprechende Regelungslücke vor, die durch eine analoge Anwendung des § 25 SGB XII zu schließen ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 12.12.2011 - L 20 AY 4/11; SG Gelsenkirchen, Urt. v. 29.5.2006 - S 2 AY 20/05; und zur Vorgängervorschrift des § 121 Bundesozialhilfegesetz (BSHG) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urt. v. 27.4.2006 - 12 BV 04. 3020; OVG Lüneburg, Urteil vom 11.6.2003 - 4 LB 583/02 - NDV-RD 2004, 15-16; OVG Münster, Urteil vom 5.12.2000 - 22 A 3164/99 - FEVS 53, 353-360; Wahrendorf, in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 3. Aufl., 2010, § 4 AsylbLG Rn. 8; Schoch, in LPK SGB XII, 8. Aufl., 2008, § 25 Rn. 4)."

(3) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 SGB XII liegen hier vor. Deren schrittweise Prüfung bedarf es im vorliegenden Fall, denn die zum Sozialhilferecht entwickelten Grundsätze für die Entstehung eines Nothelfererstattungsanspruchs gelten auch bei der analogen Anwendung im Asylbewerberleistungsrecht, da sich die Rechtsmaterien insoweit nicht derart unterscheiden, dass hier für die Annahme eines Notfalls eine andere Sichtweise angezeigt erscheint (LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 29).

(4) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig - der Beklagte und der Beigeladene haben insoweit der Klägerin ausdrücklich zugestanden, sodass die Kammer nicht weiter ermitteln brauchte -, dass die Entbindung des Säuglings I. ein Eilfall i.S.d. § 25 Satz 1 SGB XII darstellt. Es handelte sich dabei zum einen um eine Notfallsituation im medizinischen Sinne, denn bei Aufnahme der Mutter am Samstag, dem 5. Januar 2008, um 19:07 Uhr stand die Entbindung, die nur 73 Minuten später (20:20 Uhr) schon vollzogen war, unmittelbar bevor. Ein sofortiges Handeln des medizinischen Personals der Klägerin war somit geboten. Zum anderen erfüllt der vorliegende Geschehensablauf auch die Anforderungen an einen sozialhilferechtlichen Eilfall (vgl. dazu LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 56 ff.), denn eine rechtzeitige Hilfe des zuständigen Trägers nach dem AsylbLG war unstreitig an jenem Samstagabend nicht zu erlangen, weil das Ereignis außerhalb der Dienstzeiten des Sozialamtes des Beklagten und des Beigeladenen stattfand. Mit der Übermittelung des das Geburtsgeschehen ausreichend dokumentierenden Kostenübernahmeantrages vom 7. Januar 2008 (Montag) am selben Tage per Telefax an die Stadt H. hat die Klägerin - zumindest gegenüber dem Beklagten - seiner Verpflichtung zur sofortigen Benachrichtigung des zuständigen Leistungsträgers genügt.

(5) Daneben bestand gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG eine hypothetische Leistungsverpflichtung des Beklagten als für den Säugling zuständigen Leistungsträger nach dem AsylbLG. Wegen der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten für den Neugeborenen - soweit es nicht die Leistungen in Einrichtungen betrifft (dazu nachstehend) - verweist die Kammer insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zu (1) und den dort zitierten Beschluss vom 3. September 2012.

(6) Die Anspruchsgrundlage des § 25 SGB XII setzt weiter tatbestandlich voraus, dass der Sozialhilfeträger beim Einsetzen der (Kranken-)hilfe noch keine Kenntnis vom Notfall hatte (Bieback in: Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 3. Aufl., § 25 Rn. 21; Schaefer in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zum SGB XII, 4. Aufl., § 25 Rn. 4 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30.10.1979 - 5 C 31/78 -, BVerwGE 59, 73 ff., zur Vorgängervorschrift § 121 BSHG). Erhält der Sozialhilfeträger von der Notlage Kenntnis, entsteht nach § 18 SGB XII ein Sozialhilfeanspruch der in Not geratenen Person - bzw. vorliegend ein Anspruch des LE auf Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG -; ein Aufwendungserstattungsanspruch des Nothelfers kann dagegen nicht mehr begründet werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2007 - L 7 SO 5195/06 -, KHR 2008, 46 ff., zit. nach [...] Rn. 18 m.w.N.; Bieback, a.a.O., § 25 SGB XII Rn. 22 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 02.04.1987 - 5 C 67/84 -, BVerwGE 77, 181 ff., Leitsatz 3, zit. nach [...] Rn. 19, zur Vorgängervorschrift des § 121 BSHG). Dieser Grundsatz gilt auch in Fällen, in denen der Sozialhilfeträger in Kenntnis der Notlage der in Not geratenen Person die Hilfe rechtswidrig verweigert oder eine Entscheidung nicht rechtzeitig herbeiführt. Es ist dann Sache des Leistungsberechtigten, seinen Anspruch ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich durchzusetzen (Bieback, a.a.O., § 25 SGB XII Rn. 23 unter Hinweis auf VGH Kassel, Urteil vom 15.12.1992 - 9 UE 1694/87 -, FEVS 44, 247 ff., zit. nach [...] Rn. 24 f.).

Hier hatte weder der Beklagte noch der Beigeladene vor oder während der von der Klägerin erbrachten Geburtshilfeleistungen Kenntnis von dem Hilfefall des Säuglings I ... Die Kenntnis hiervon erlangten beide erst nach Entlassung des Säuglings und seiner Mutter aus dem Krankenhaus am 7. Januar 2008.

(7) Der Säugling I. war zudem hilfebedürftig i.S.d. §§ 7 ff. AsylbLG, denn weder er noch seine Eltern als gesetzliche Vertreter verfügten zum damaligen Zeitpunkt über einzusetzendes Einkommen oder Vermögen. Soweit ersichtlich, sind auch keine Dritten zur vorrangigen Hilfeleistung zugunsten der Familie verpflichtet gewesen. Mittel der Selbsthilfe scheiden hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten Geburtshilfeleistungen ebenfalls aus.

(8) Es bestand auch keine rechtliche oder sittliche Verpflichtung der Klägerin, die Geburtshilfeleistungen ihres Krankenhauses gegenüber dem Säugling unentgeltlich zu erbringen. Eine solche Verpflichtung ist insbesondere nicht dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem KHEntgG oder anderen damit im Zusammenhang stehenden Vorschriften zu entnehmen. Ebenso kann - wie auch bei "privaten" Nothelfern - aus einer möglicherweise strafrechtlichen Relevanz einer Nichtbehandlung durch die Mitarbeiter der Klägerin (z.B. § 323c Strafgesetzbuch) nicht gefolgert werden, dass die Tätigkeiten auch unentgeltlich hätten erfolgen müssen. Der gesetzliche Auftrag der Krankenhäuser, wonach Kranke aufzunehmen und zu behandeln sind, vermittelt keine rechtliche Pflicht zur unentgeltlichen Behandlung (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 62 m.w.N.).

(9) Die Klägerin hat schließlich ihrer Verpflichtung gem. § 25 Satz 2 SGB XII analog zur Beantragung der Erstattung ihrer Aufwendungen innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Leistungsträger genügt. Den insoweit schon ausreichenden Kostenübernahmeantrag (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 63 m.w.N.) hat sie - wie oben zu (4) bereits dargelegt - am ersten Werktag der neuen Arbeitswoche dem Sozialamt der Stadt H. übermittelt; die entsprechende Schlussrechnung vom 18. Januar 2008 mit konkreter Bezifferung der Aufwendungen gem. KHG ist der Stadt H. zeitnah nachgereicht worden.

(10) Die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Kosten begegnet keinen rechtlichen Bedenken; weder der Beklagte noch der Beigeladene haben solche angemeldet. Gegenüber Leistungsträgern nach dem AsylbLG ist - wie hier geschehen - nach Maßgabe des jeweiligen Fallpauschalenkatalogs gem. § 17b KHG abzurechnen (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 68).

(11) Der danach entstandene Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gem. § 25 SGB XII analog richtet sich gegen den Beklagten als jedenfalls nach § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG vorläufig einstandspflichtigem Leistungsträger. Die Zuständigkeitsregelung nach der e.g. Vorschrift geht, soweit - wie hier (dazu nachstehend) - ihre Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, als speziellere Regelung der des § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG vor (BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2006 - 5 B 70/05 -, zit. nach [...] Rn. 3 f.). Dem Beklagten stellt die Kammer anheim, sich diese Kosten gem. § 10b Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 10a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 AsylbLG vom endgültig einstandspflichtigen Beigeladenen erstatten zu lassen (vgl. Groth in: [...]Praxiskommentar zum SGB XII, § 10a AsylbLG Rn. 44).

(a) Gemäß § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG hat die nach § 10a Abs. 1 AsylbLG zuständige Behörde über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten, sofern nicht spätestens innerhalb von 4 Wochen feststeht, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt des Begünstigten nach § 10a Abs. 2 Sätze 1 und 2 AsylbLG begründet worden ist, oder sofern ein Eilfall vorliegt.

(b) Diese Voraussetzungen sind hier zugunsten der Klägerin gegeben. Wie die Kammer bereits oben zu (1) unter Hinweis auf ihren Beschluss vom 3. September 2012 (a.a.O.) ausgeführt hat, war der Beklagte ab Geburt des Säuglings I. für diesen bis zu seiner Zuweisung durch das BAMF im Rahmen des gem. § 14a AsylVfG am 25. September 2008 eingeleiteten Asylverfahrens gem. § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG hinsichtlich aller Leistungen außerhalb von Einrichtungen örtlich zuständig, weil sich der Säugling nur in H. bei seinem Vater und seiner mit Besuchserlaubnissen dort verweilenden Mutter tatsächlich aufgehalten hat. Bis zur Einleitung des Asylverfahrens im September 2008 fehlte es für den Säugling an einer Zuweisungsentscheidung i.S.d. § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, sodass nur der Auffangtatbestand des § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG hier zum Tragen kommt. Eine örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen für Leistungen außerhalb von Einrichtungen hinsichtlich des Säuglings lässt sich gem. § 10a Abs. 1 AsylbLG weder nach dessen Satz 1 noch nach Satz 2 begründen.

(c) Der in den vorgelegten Leistungsakten des Beklagten und des Beigeladenen durch zahlreichen Schriftwechsel zwischen den Beteiligten sowie die Argumentation in den hier streitgegenständlichen Bescheiden dokumentierte Zuständigkeitsstreit, der sich seit der Geburt des Säuglings am 5. Januar 2008 bis zum Einlenken der Ausländerbehörde des Beklagten durch Erteilung einer Aufenthaltsgestattung und Meldung nach § 14a AsylVfG am 25. September 2008 über mehr als 9 Monate hinzog, impliziert daneben, dass innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG eine von den Beteiligten als verbindlich angesehene Klärung des gewöhnlichen Aufenthalts des Säuglings unter Berücksichtigung des § 10a Abs. 3 Satz 5 AsylbLG, wonach für dessen gewöhnlichen Aufenthalt derselbe seiner Mutter maßgeblich ist, nicht erreicht wurde.

(d) Hiervon unabhängig ist zudem aufgrund der obigen Feststellungen zu (4) von einem Eilfall i.S.d. § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG auszugehen. Ein Eilfall im Sinne dieser Vorschrift ist immer dann anzunehmen, wenn die gem. § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG eigentlich zuständige Behörde zur sofortigen Leistung außer Stande ist und die Gewährung der vom Betroffenen benötigten Asylbewerberleistung bei objektiver Betrachtung keinen Aufschub duldet, aber auch dann, wenn ein Kompetenzkonflikt besteht, dessen Klärung innerhalb der in § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG normierten 4-Wochen-Frist nicht abgewartet werden kann (Groth, a.a.O., § 10a AsylbLG Rn. 42 m.w.N.). Ausgehend von der Zuständigkeit des Beigeladenen gem. § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG (dazu nachstehend) war dieser zum Zeitpunkt der Geburtshilfeleistungen der Klägerin ebenso wie der Beklagte außer Stande, dem Säugling Krankenhilfe gem. § 4 AsylbLG zu gewähren. Denn an jenem Samstagabend war auch das Sozialamt des Beigeladenen nicht zu erreichen. Dass die Geburtshilfeleistungen für den Säugling keinen Aufschub duldeten, hat die Kammer oben zu (4) bereits ausgeführt.

(e) Da die Voraussetzungen des § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG im vorliegenden Sachverhalt erfüllt sind, war der vorläufig einstandspflichtige Beklagte an sich gehalten, dem Kostenerstattungsbegehren der Klägerin unverzüglich zu entsprechen. Ihm war es verwehrt, im Außenverhältnis zur Klägerin auf die - im Eilfall bzw. Kompetenzkonfliktfall nachrangige - Zuständigkeit des Beigeladenen gem. § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG zu verweisen (BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2006, a.a.O., Rn. 4). Der angefochtene Bescheid der Stadt H. vom 17. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juni 2008 unterlag somit der Aufhebung.

(12) Die endgültige Einstandspflicht des Beigeladenen folgt aus § 10b Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 10a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 5 AsylbLG. Nach § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG ist für die Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz dienen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Gemäß § 10a Abs. 3 AsylbLG gilt als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne dieses Gesetzes der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist auch von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mindestens sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zum Zweck des Besuchs, der Erholung, der Kur oder ähnlichen privaten Zwecken erfolgt und nicht länger als ein Jahr dauert. Ist jemand nach Absatz 1 Satz 1 verteilt oder zugewiesen worden, so gilt dieser Bereich als sein gewöhnlicher Aufenthalt. Für ein neugeborenes Kind ist der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich.

a) Der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter des Säuglings, Frau J., lag zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus der Klägerin im Gebiet des Beigeladenen, genauer im Landkreis M ... Zwar ist dem Beigeladenen darin beizupflichten, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt der für den Säugling nach § 10a Abs. 3 Satz 5 AsylbLG allein maßgeblichen Mutter nicht gem. § 10a Abs. 3 Satz 4 AsylbLG aus einer früheren asylverfahrensrechtlichen Zuweisungsentscheidung herleiten lässt, denn diese hatte sich für die Mutter spätestens seit Erteilung der ersten Duldung durch den Beigeladenen aus asylverfahrensunabhängigen Gründen am 18. Juni 2003 erledigt (vgl. die Nachweise im Beschluss der Kammer vom 3. September 2012, a.a.O., Rn. 5; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 84 ff. m.w.N.).

b) Gleichwohl kann hier aufgrund der ausländerrechtlichen Vorgaben nicht davon ausgegangen werden, dass die Mutter des Säuglings allein aufgrund ihres jahrelangen und überwiegenden tatsächlichen Aufenthalts bei dem Vater des Säuglings sowie den weiteren Geschwisterkindern in H. ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 10a Abs. 3 AsylbLG in H. begründet hatte. Der Aufenthalt der Mutter in H. war für den Geburtszeitraum (2. bis 13. Januar 2008) zwar aufgrund einer vom Beigeladenen erteilten Besuchserlaubnis rechtmäßig, vgl. § 12 Abs. 5 Satz AufenthG. Auch für davor liegende Zeiträume hat der Beigeladene in unregelmäßigen Abständen der Mutter Besuchserlaubnisse für den vorübergehenden Aufenthalt in H. erteilt. Wie der Charakter dieser Besuchserlaubnisse bereits verdeutlicht, sind derartige Verfügungen der zuständigen Ausländerbehörde nicht geeignet, auf Dauer von gesetzlich bestehenden oder verfügten räumlichen Beschränkungen zu befreien. So wurde die Mutter des Säuglings bis zu ihrer länderübergreifenden Umverteilung im September 2008 ausschließlich von Beklagten mit zeitlichen Unterbrechungen geduldet. Diese Duldungen beschränkten sich kraft Gesetzes nur auf das Land Baden-Württemberg, vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Daneben hatte der Beigeladene mit erster Duldungserteilung im Jahre 2003 eine den Landkreis M. betreffende Wohnsitzauflage gem. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG verfügt, sodass der Mutter des Säuglings eine Wohnsitznahme in Niedersachsen nicht gestattet war. Ein rechtmäßiger Aufenthalt der Mutter des Säuglings war somit außerhalb der in den erteilten Besuchserlaubnissen aufgelisteten Zeiträumen in H. nicht möglich; soweit sie sich darüber hinaus tatsächlich in H. aufgehalten haben sollte, war dieser rechtswidrig und erfüllte in jedem Fall die Ordnungswidrigkeitentatbestände der § 98 Abs. 3 Nrn. 2 und 4 AufenthG, im Widerholungsfall sogar den Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG. In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird deshalb ganz überwiegend vertreten, dass ein Ausländer, dessen Aufenthalt rechtlich einer räumlichen Beschränkung - und hier zusätzlich einer Wohnsitzauflage - unterliegt, außerhalb dieses Bereiches seinen gewöhnlichen Aufenthalt mit zuständigkeitsbegründender Wirkung zulasten der betroffenen Ausländerbehörde nicht begründen kann (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2009 - OVG 3 S 120.08 -, zit. nach [...] Rn. 6 mit zahlr. Nachw. aus der Rspr.). Zudem ist durch das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 8. Dezember 2006 - 5 B 65/06 -, zit. nach [...] Rn. 2) bereits geklärt, dass Zwang und Unfreiwilligkeit die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht ausschließen. Dass die Mutter des Säuglings somit spätestens seit 2006 nicht mehr in Baden-Württemberg, insbesondere nicht in der Gemeinschaftsunterkunft in P., sondern in H. leben wollte, ist danach für die ausländerrechtliche Bestimmung ihres gewöhnlichen Aufenthalts irrelevant.

c) Lag somit zum Zeitpunkt der Geburt des Säuglings nach ausländerrechtlichen Maßstäben der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter weiterhin im Gebiet des Beigeladenen und war danach das Landratsamt M. als Ausländerbehörde weiter örtlich zuständig - die Ausländerbehörde des Beklagten insoweit während des Aufenthalts der Mutter in H. nur für unaufschiebbare Maßnahmen zuständig, vgl. Ziff. 71.1.2.5 AVwV-AufenthG -, ist die Kammer der Auffassung, dass die leistungsbehördliche örtliche Zuständigkeit bei Auslegung und Anwendung des § 10a Abs. 3 AsylbLG schon aus Praktikabilität hiervon nicht abweichend bestimmt werden sollte. Die Kammer hat im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 3. Juni 2003 - 5 C 32/02 -, InfAuslR 2004, S. 119 ff., zit. nach [...] Rn. 19) ihre Rechtsprechung stets an dem Grundsatz ausgerichtet, dass die zuständigen Leistungsträger nach dem AsylbLG zwar an ausländerrechtliche Entscheidungen nicht gebunden, gleichwohl im Rahmen ihrer eigenständigen Prüfung des Leistungsfalls eine vom Ausländerrecht unabhängige, insbesondere hiervon abweichende Bewertung des Sachverhalts nicht vornehmen dürfen (vgl. Beschluss der Kammer vom 1. Februar 2012 - S 42 AY 177/10 ER -, zit. nach [...] Rn. 71). Daraus folgt für den vorliegenden Sachverhalt, dass die Kammer für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter des Säuglings die Zeiträume ihres widerrechtlichen, räumlichen Bestimmungen zuwider laufenden Aufenthalts in H. nicht zu berücksichtigen vermag. Die übrigen, von Besuchserlaubnissen des Beigeladenen abgedeckten Zeiträume des Aufenthalts in H. vermögen aufgrund des durch die Besuchserlaubnisse dokumentierten vorübergehenden Charakters keinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 10a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG zu begründen (vgl. insoweit ausdrücklich § 10a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG a.E).

Soweit in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung demgegenüber vertreten wird, für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts i.S.d. § 10a Abs. 3 AsylbLG komme es nicht auf die ausländerrechtliche oder asylverfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Leistungsberechtigten an (so etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Dezember 2005 - 7 S 266/03 -, ZFSH/SGB 2006, S. 683 ff., zit. nach [...] LS 2 und Rn. 45; ebenso Groth, a.a.O., § 10a AsylbLG Rn. 50), vermag das dort gefundene Ergebnis weder von seiner Begründung noch von der praktischen Handhabung für die mit solchen Sachverhalten befassten Ausländer- und Leistungsbehörden zu überzeugen. Die vom VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) gegebene Begründung, das AsylbLG könne bei Anknüpfung des gewöhnlichen Aufenthalts an die Rechtmäßigkeit desselben nach ausländerrechtlichen Vorgaben bei einer großen Zahl von Leistungsberechtigten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG sonst nicht angewendet werden, weil sich diese Personengruppen typischerweise gerade nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, überzeugt schon deshalb nicht, weil die Bestimmung des Anwendungsbereiches einerseits und Zuständigkeitsbestimmung andererseits auch im AsylbLG strikt voneinander zu trennen sind und nicht denselben Regeln bzw. Maßstäben unterworfen werden. Die örtliche Zuständigkeit, soweit es um die Leistungsberechtigten gem. § 1 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 AsylbLG geht, bestimmt sich in erster Linie gem. § 10a Abs. 1 AsylbLG. Außer für die Leistungen innerhalb von Einrichtungen (§ 10a Abs. 2 AsylbLG) knüpft der Gesetzgeber somit für die örtliche Zuständigkeitsbestimmung schon von vorn herein nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt an. Selbst wenn die vom VGH vorgenommene Verknüpfung von Anwendungsbereich und Zuständigkeitsbestimmung bestehen würde, wäre jedenfalls nach der Grundregel des § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG regelmäßig der Leistungsträger des tatsächlichen Aufenthaltsortes für die e.g. Leistungsberechtigten zuständig und verbliebe es im Falle von Leistungen in Einrichtungen, weil der tatsächliche Aufenthalt ohne Verstoß gegen räumliche Beschränkungen einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 10a Abs. 2 und 3 AsylbLG am tatsächlichen Aufenthaltsort begründen würde. Es kommt hinzu, dass der VGH die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 AsylbLG nur auf die Frage der Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet oder aber der Vollziehbarkeit ihrer Ausreisepflicht reduziert. Dies ist nach Auffassung der Kammer indes zu weit gegriffen. Der Kammer geht es bei der im Rahmen des § 10a Abs. 3 AsylbLG aufzuwerfenden Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des betroffenen Ausländers allein um den Teilaspekt der Zuwiderhandlung gegen räumliche Beschränkungen oder Wohnsitzauflagen i.S.d. § 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG. Nur derartige Zuwiderhandlungen sollen nach der hier vertretenen Auffassung bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts i.S.d. § 10a Abs. 3 AsylbLG entscheidungserheblich sein. Hierfür nicht erforderlich ist indes die generelle Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthalts des Betroffenen im Bundesgebiet. Insofern pflichtet die Kammer dem VGH bei, als es hierauf im Rahmen des § 10a Abs. 2 und 3 AsylbLG nicht ankommen kann.

II. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet und insoweit abzuweisen, soweit die Klägerin bezüglich ihrer Erstattungsforderung einen Anspruch auf Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB gegen den Beklagten geltend macht. Ebenso wenig besteht zu ihren Gunsten ein Anspruch auf Verzinsung der Klageforderung gemäß § 44 SGB I. Die e.g. Normen sind auch nicht analog anwendbar. Die Kammer folgt damit der jüngeren Rechtsprechung der Landessozialgerichte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 91 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2012 - L 7 AY 726/11 -, zit. nach [...] Rn. 16 ff., Revision beim BSG - B 7 AY 8/12 R -anhängig) und weiterer Sozialgerichte (vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 17. Oktober 2012 - S 17 AY 5/08 -, zit. nach [...] Rn. 10; SG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. Mai 2006 - S 2 AY 20/05 -, zit. nach [...] Rn. 19). Zur Begründung hat etwa das LSG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 94 ff.) u.a. ausgeführt:

"Rechtsprechung des für Sozialhilfe- und Asylbewerberleistungsangelegenheiten zuständigen 8. Senats des BSG liegt zu dieser Frage bisher nicht vor. Die Rechtsprechung zur Frage des Anspruchs auf Prozesszinsen in Erstattungsstreitigkeiten der Sozialleistungsträger untereinander (vgl. Urteil vom 02.02.2010 - B 8 SO 22/08 R) ist für den Fall der Klägerin nicht einschlägig. Nach Ansicht des Senats ist jedoch jedenfalls in Rechtsstreitigkeiten, die nicht unter § 197a SGG fallen und damit keine Gebührenpflicht auslösen, die (analoge) Anwendung der §§ 291, 288 BGB ausgeschlossen. Der Senat sieht insoweit keine Veranlassung, von der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. die zahlreichen Nachweise in dem Urteil des BSG vom 23.03.2006, a.a.O.) abzuweichen, die - bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (wie hier) - u.a. auf die einseitig zu Lasten der Leistungsträger getroffenen Regelungen hinsichtlich der Gerichtsgebühren (§§ 183, 184 SGG) sowie auf den Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten an den Leistungsträger selbst im Falle seines Obsiegens (§ 193 Abs. 4 SGG) verweist.

Soweit das LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 26.11.2009 - L 8 SO 172/07) einen Zinsanspruch (Verzugszinsen) auf § 44 SGB I stützt, vermag auch dies nicht zu überzeugen. Sozialleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind solche Leistungen, die der Verwirklichung eines der in §§ 3 bis 10 SGB I genannten sozialen Rechte dienen, im Sozialgesetzbuch geregelt sind, und die dem Träger der sozialen Rechte dadurch zu Gute kommen, dass bei ihm eine vorteilhafte Rechtsposition begründet wird (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R). Aufwendungsersatzansprüche Dritter zählen nicht dazu (so auch SG Aachen, Urteil vom 24.01.2006 - S 20 SO 107/05). Das BSG qualifiziert den Anspruch gemäß § 25 SGB XII im Zusammenhang mit § 197a SGG - wie bereits dargelegt - als spezielle sozialhilferechtliche Form der Geschäftsführung ohne Auftrag, die lediglich als Sozialleistung im weiteren Sinne zu qualifizieren sei (Beschluss vom 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B)." Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an, zumal das für die erkennende Kammer zuständige Berufungsgericht (LSG Niedersachsen-Bremen - 8. Senat -) in seinem Urteil vom 26. November 2009 (a.a.O., zit. nach [...] Rn. 27) keine Begründung für seine Rechtsauffassung gegeben hat, die Kostenerstattungsforderung des Nothelfers könne - jedenfalls im allgemeinen Sozialhilferecht des SGB XII - gem. § 44 Abs. 1 SGB I verzinst werden. Jedenfalls für das Asylbewerberleistungsrecht folgt die Kammer insoweit den zutreffenden Argumenten des LSG Baden-Württemberg (a.a.O., Rn. 17 ff.), das hierzu Folgendes ausgeführt hat:

"Die vordergründig zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob § 44 SGB I auf (Nach-)Zahlungsansprüche nach dem AsylbLG Anwendung finde, muss der Senat im Sinne der Auffassung des Beklagten beantworten: Nach § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Systematisch ist die Norm im Dritten Abschnitt des SGB I "Gemeinsame Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuches" verortet.

(vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage, Vorbemerkung AsylbLG, Rdnr. 19; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Auflage, Einleitung zum AsylbLG, Rdnr. 4; Birk in LPK-SGB XII, 9. Auflage, Vorbemerkung zum AsylbLG, Rdnr. 6). § 44 SGB I kann weder direkt noch analog auf Leistungen nach dem AsylbLG angewendet werden.

Das AsylbLG stellt ein besonderes Sicherungssystem und eine eigenständige abschließende Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie zur Aufnahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern dar (vgl. Frerichs in: jurisPK-SGB XII, Stand: 20. August 2012, § 1 AsylbLG Rdnr. 22; Hohm, a.a.O., Rdnr. 1). § 1 AsylbLG bestimmt in diesem Zusammenhang den Kreis der Leistungsberechtigten und damit den persönlichen Anwendungsbereich des AsylbLG. Trotz der Nähe zum Fürsorgerecht und damit insbesondere zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII; vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11- ([...]), Rdnrn. 114, 129) hat der Gesetzgeber eine klare Abgrenzung zum Sozialhilferecht getroffen. Asylbewerber und ihnen gleichgestellte Ausländer erhalten keine Sozialhilfe und haben darauf auch keinen Anspruch (§ 23 Abs. 2 SGB XII, § 9 Abs. 1 AsylbLG). Das AsylbLG ist - anders als das SGB XII - nicht (besonderer) Teil des Sozialgesetzbuches (vgl. BSG, Urteil vom 9. Juni 2011, SozR 4-1300 § 44 Nr. 22 Rdnr. 21 und Senatsurteil vom 8. Dezember 2011 - L 7 AY 3353/09 - ([...])). Deswegen können die allgemeinen Bestimmungen des SGB I auch nicht direkt auf Leistungen nach dem AsylbLG angewendet werden. Das SGB I definiert - als gesetzliche Fiktion - die besonderen Teile des Sozialgesetzbuches in § 68. Dabei ist das AsylbLG nicht erfasst. Auch in der Übersicht über die einzelnen vom Regelungsumfang des Gesetzes erfassten Sozialleistungen und zuständigen Leistungsträger im Zweiten Titel des SGB I (§§ 18 bis 29) fehlt es an einer Erwähnung des AsylbLG. § 68 SGB I ist seit dem Inkrafttreten des AsylbLG vom 30. Juni 1993 (BGBl I, S. 1074) am 1. November 1993 mehrfach geändert worden (vgl. z. B. zuletzt die Änderungen durch Gesetze vom 5. Dezember 2006 (BGBl I, S. 2748) und 8. Dezember 2010 (BGBl I, S. 1864). Bei der Gesetzesauslegung muss der Senat nach alledem nach Wortlaut, Systematik und Entwicklung der zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften davon ausgehen, dass der Gesetzgeber nicht nur keine Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des SGB I geregelt hat, sondern gerade auch keine solche Regelung treffen wollte.

Daher ist auch eine analoge Anwendung des § 44 SGB I auf Leistungen nach dem AsylbLG nicht möglich. Eine Regelungslücke, die durch eine Analogie geschlossen werden könnte, existiert nicht. Vielmehr ist auch aus den durch den Gesetzgeber in das AsylbLG aufgenommenen Verweisungen auf SGB I- und SGB X-Vorschriften zu entnehmen, dass eine (analoge) Anwendung von § 44 SGB I ausgeschlossen ist. So wurde durch das 1. Änderungsgesetz zum AsylbLG vom 26. Mai 1997 (BGBl I, S. 1130) mit Wirkung vom 1. Juni 1997 in § 7 Abs. 4 AsylbLG eine entsprechende Anwendung der §§ 60 bis 67 SGB I ausdrücklich angeordnet. Mit dem selben Gesetz erfolgte in § 9 Abs. 3 AsylbLG die Erweiterung der entsprechenden Anwendung von Normen des SGB X (vorher nur §§ 102 bis 114, nun auch §§ 44 bis 50 SGB X). Dieser gesetzgeberischen Initiative ist klar zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine (entsprechende) Anwendung von Normen des SGB I (und des SGB X) für ausdrücklich regelungsbedürftig hält. Da eine Regelung der entsprechenden Anwendung des § 44 SGB I trotz Gestaltungsmöglichkeit des Gesetzgebers unterblieb, fehlt es mithin an einer Regelungslücke. Eine analoge Anwendung von § 44 SGB I würde damit die Wortlautgrenze sprengen und die gesetzgeberische Konzeption außer Acht lassen (vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, SozR 4-3520 § 9 Nr. 1).

§ 44 SGB I kann - anders als die Kläger meinen - auch nicht über § 44 Abs. 4 SGB X Anwendung finden. Denn diese - nur aufgrund ausdrücklicher Verweisung in § 9 Abs. 3 AsylbLG überhaupt entsprechend anwendbare - Bestimmung formuliert zwar einen Anspruch auf eine rückwirkende Gewährung von Sozialleistungen, enthält aber keine Regelung für eine Verzinsung und auch keinen Verweis auf eine Verzinsungsbestimmung. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten hat, dass § 9 Abs. 3 AsylbLG auch auf die Verzinsungsbestimmung des § 50 Abs. 2a SGB X verweise und aus der dort geregelten Verzinsung zu Gunsten der Behörde im Umkehrschluss auch eine solche für den Sozialleistungsempfänger zu folgern sei, kann der Senat dem nicht folgen. Denn § 50 Abs. 2a SGB X ist eine spezielle Folgeregelung zu § 47 Abs. 2 SGB X (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 74. Ergänzungslieferung 2012, § 50 SGB X, Rdnr. 40) und erfasst lediglich Leistungen, die im Rahmen der Förderung von Einrichtungen und Betrieben zu erstatten sind. Ansonsten - insbesondere bei Leistungen an Versicherte - bleibt es bei der Nichtverzinslichkeit (vgl. Steinwedel, a.a.O.). Eine Analogiefähigkeit der Norm, noch dazu in Umkehrung des Verhältnisses zwischen Behörde und Bürger, ist daher nicht einmal ansatzweise zu erkennen.

Zur Ausführung des AsylbLG ist - mangels Einordnung dieses Gesetzes in das formelle Sozialrecht - nicht das SGB X, sondern das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2011, a.a.O.; Wahrendorf, a.a.O.). Dieses Gesetz sieht jedoch eine Verzinsung von Leistungen zugunsten des Leistungsempfängers an keiner Stelle vor."

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt das vollständige Obsiegen der Klägerin gegen den Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderung. Soweit sie ihm gegenüber wegen der Nebenforderung (Zinsen) unterlegen ist, handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein verhältnismäßig geringfügiges Unterliegen, welches dem bei der Ausübung des Ermessens i.R.d. § 193 Abs. 1 SGG heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entsprechend eine Kostenquotelung zugunsten des Beklagten nicht zu rechtfertigen vermag. Der Beigeladene war hingegen an den außergerichtlichen Kosten der Klägerin nicht zu beteiligen, vgl. § 197a Abs. 2 SGG.

Die Kammer stellt bezüglich der erstattungsfähigen Aufwendungen der Klägerin klar, dass die mit Gerichtskostenrechnung vom 4. Juli 2008 (Bl. 19 GA) von ihr als Vorschuss angeforderten Gerichtskosten wieder auszukehren sind. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 4/08 R -, BSGE 103, S. 178 ff., zit. nach [...] Rn. 15), der die erkennende Kammer folgt, gehört die Klägerin als Nothelferin zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis, sodass das vorliegende Verfahren nicht nach § 197a Abs. 1 SGG gerichtskostenpflichtig ist (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 94, 96; LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 32).