Sozialgericht Hildesheim
Urt. v. 27.06.2012, Az.: S 11 U 30/11 ZVW
Wertung der Verletzung einer Schülerin bei Ausübung einer Hilfstätigkeit in einem Reitstall als Arbeitsunfall; Bestimmung der Grenze des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 27.06.2012
- Aktenzeichen
- S 11 U 30/11 ZVW
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 32925
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHILDE:2012:0627.S11U30.11ZVW.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII
- § 8 Abs. 1 SGB VII
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer notwendigen Kosten für das Klageverfahren erster und zweiter Instanz zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin erstrebt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Anerkennung ihres Unfalls auf dem Gelände eines Reitstalls als Arbeitsunfall.
Die 1993 geborene Klägerin - seinerzeit noch Schülerin - hielt sich - ebenso wie die wenig ältere G. - in den Jahren 2005 und 2006 in ihrer Freizeit regelmäßig an den Wochenenden, gelegentlich auch innerhalb der Woche, auf dem Gelände eines Reitstalls mit zugehörigen Weiden in H. auf. In dem Reitstall hatten die zu dieser Zeit mit den Eltern der Klägerin befreundeten I. und J. (im Folgenden: Pferdehalter) drei eigene Ponys untergestellt. Neben den Ponys waren in dem Stall noch einem älteren Ehepaar gehörende Pferde untergestellt. Während ihrer Aufenthalte leisteten die Klägerin und Frau K. verschiedene im Stall und auf dem Grundstück anfallende Hilfstätigkeiten, u.a. fütterte und pflegten sie die Pferde, säuberten die Stallungen, versetzten die Zaunpfähle eines Elektrozauns und halfen bei kleineren Reparaturen und dem Streichen des Stallgebäudes. Die Pferde der Pferdehalter wurden ausschließlich von diesen unterhalten und weit überwiegend von ihnen selbst genutzt und gepflegt. Bei ihren Aufenthalten durften auch die Klägerin und Frau K. in Begleitung der Pferdehalter reiten. Daneben ließen die Pferdehalter Kinder aus H., die sie eigeninitiativ im Stall besuchten, auf den von ihnen, der Klägerin und Frau K. geführten Pferden durch H. reiten. Hierfür erhielten sie von den Eltern der Kinder oder den Kindern selbst Sach- und Geldzuwendungen in jahreszeitlich schwankender Höhe von monatlich bis zu 25 Euro, mit denen ein Teil der Kosten der Pferdehaltung abgedeckt wurden. Auf Bitte eines Kollegen des Herrn L. nahmen die Klägerin, Frau K. und die Eheleute L. einmal an einem Kleingartenfest in M. teil; hierfür erhielten die Pferdehalter eine Geldzuwendung.
Am Samstag, den 18.02.2006, wurden die Klägerin und Frau K. von den Pferdehaltern mit dem Auto abgeholt und zu dem Reitstall gebracht. Zunächst fütterten und pflegten sie gemeinsam die Pferde. Der zunächst geplante Ausritt mit den drei Pferden - den Frau K. und die Klägerin abwechselnd auf einem Fahrrad begleiten sollten - wurde wegen eines drohenden Regenschauers zunächst nicht durchgeführt, weil die Pferdehalter die weitere Wetterentwicklung abwarten wollten. Die Pferdehalter entschlossen sich zur Überbrückung der Wartezeit, einen um eine ausschließlich von ihnen genutzte Wiese gespannten Weidezaun von etwa 1,40 Meter Höhe an der Oberseite mit einem zusätzlichen Elektrozaundraht zu versehen, um zu verhindern, dass eines der weidenden Pferde über den Zaun auf den parallel führenden öffentlichen Fußweg sprang. Für die Arbeiten wurden etwa zwei bis drei Stunden veranschlagt. Nachdem die Klägerin, die Eheleute L. und Frau K. den Weidezaun erreicht hatten rollte J. allein einen etwa zehn Meter langen, zu einem Ring aufgerollten Draht ab und bewegte sich hierzu in Begleitung seiner Ehefrau von der am Zaunende mit Frau K. stehenden Klägerin weg. Anschließend kehrte er zu der Klägerin und Frau K. zurück, um dort verbliebenes Werkzeug zu holen. Auf Frage der Klägerin und der Frau K., ob sie bei der Arbeit helfen dürften, nahm die Klägerin auf Anregung einer der beiden Pferdehalter das Drahtende des bereits abgerollten Drahtes in die Hand und hielt es fest, während die Pferdehalter wieder von ihr weggingen, um eine weitere, etwa 50 Meter lange Drahtrolle ab dem Ende des zuerst abgerollten Drahtes abzurollen, die beiden Drähte anschließend zu verbinden und am Zaun zu befestigen. Als die Pferdehalter der Klägerin und Frau K. den Rücken zuwandten, entglitt der Klägerin der Draht, schnellte zurück und schlug ihr in das rechte Auge; es konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin versuchte, das Drahtende durch die am Zaun befindliche Isolatoröse zu stecken. Die Klägerin erlitt eine Perforationsverletzung des rechten Auges und erhielt in der Folgezeit nach Linsentrübung eine Kunstlinse eingesetzt; die Sehfähigkeit des stark blendempfindlichen Auges ist heute um etwa 20% bei unbeeinträchtigter Sehfähigkeit des linken Auges eingeschränkt.
Mit Bescheid vom 05.06.2007 lehnte die Landesunfallkasse Niedersachsen (LUK Nds) die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Die Tätigkeit der Klägerin am Unfalltag sei von ihrem freundschaftlichen Verhältnis zu den Pferdehaltern geprägt gewesen. Die Klägerin habe dort regelmäßig Hilfsdienste im Bereich der Reittierhaltung erbracht, an denen sie offensichtlich ein persönliches Interesse gehabt habe. Sie sei daher nicht als Wie-Beschäftigte tätig geworden. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin keinen Widerspruch.
Im Januar 2009 beantragte die Klägerin eine Überprüfung der ablehnenden Entscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die N. sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Zum einen handele es sich um eine gewerbliche Ponyhaltung, weil die Tiere u.a. zur Begleitung bei Wanderungen von Vereinen und Unternehmen gegen Zahlung einer Pauschale angeboten würden. Zum anderen sei die Aussage der Klägerin zu Art und Umfang ihrer mehrjährigen Hilfeleistungen für die Pferdehalter nicht ausreichend gewürdigt worden.
Die N. gab das Verfahren an die Beklagte ab. Mit Bescheid vom 28.10.2009 lehnte die Rücknahme des Bescheides vom 05.06.2007 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2010 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Hildesheim mit Gerichtsbescheid vom 28.09.2010 - S 11 U 35/10 - als unzulässig abgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Berufung hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen den Gerichtsbescheid mit Urteil vom 23.02.2011 - L 3 U 241/10 - aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Hildesheim zurückverwiesen.
Die Klägerin meint, dass der Reitstall gewerblich betrieben worden sei. Sie habe sich auf Anweisung der Pferdehalter an der Ergänzung des Weidezaunes beteiligt.
Die Klägerin hat zunächst sinngemäß beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide der N. vom 05.06.2007 und der Beklagten vom 28.10.2009 sowie des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.03.2010 festzustellen, dass sie am 18.02.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtene Entscheidung verteidigt.
Das Sozialgericht hat die Gerichtsakten des von der Klägerin gegen die Pferdehalter geführten Zivilverfahrens vor dem Amts- und Landgerichts Hildesheim - Az 81 C 124/08 und 1 S 21/09 - beigezogen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2012 hat die Beklagte auf Hinweis des Gerichts den Bescheid der N. vom 05.06.2007 aufgehoben.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.10.2009, des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.03.2010 und des Bescheides der Beklagten vom 27.06.2012 festzustellen, dass die Klägerin am 18.02.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung I. und J. sowie G. als Zeugen vernommen. Die Klägerin hat im Anschluss an die Beweisaufnahme Schriftsatznachlass zum Ergebnis der Beweisaufnahme beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des Vorbringens der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakten des hiesigen Verfahrens, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.06.2012, die Gerichtsakten des Zivilverfahrens, Az 81 C 124/08 und 1 S 21/09, sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
I.
Die Kammer kann durch Urteil entscheiden, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass beantragt hat.
Es kann dahin stehen, ob - woran erhebliche Zweifel bestehen - der Antrag auf Schriftsatznachlass "zum Ergebnis der Beweisaufnahme", den die anwaltlich vertretene Klägerin auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht näher begründet hat, überhaupt hinreichend konkret gestellt ist. Insbesondere hat die Klägerin keinen Grund benannt, der sie an einer Auseinandersetzung mit den Zeugenaussagen hindert bzw. zu welchem in der Beweisaufnahme zu Tage getretenen Aspekt sie meinte, nicht unmittelbar Stellung nehmen zu können. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
Jedenfalls bestand für die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, die zuvor gehörten Zeugenaussagen zu würdigen. Damit ist dem in § 62 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geregelten und verfassungsrechtlich verbrieften Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs. 1 Grundgesetz) hinreichend Rechnung getragen worden. Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Zudem soll die Regelung sicherstellen, dass das Vorbringen der Beteiligten vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen mit einbezogen wird. Eine entsprechende Möglichkeit zur Äußerung hatte der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige Klage ist nach dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung erlassenen Änderungsbescheid, mit dem die Beklagte den Bescheid der N. vom 05.06.2007 aufgehoben hat, nicht mehr begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 und des Bescheides vom 27.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Anerkennung ihres Unfalls am 18.02.2006 als Arbeitsunfall.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu.U.nrecht nicht erbracht oder Beiträge zu.U.nrecht erhoben worden sind.
1.
Die angefochtene Entscheidung ist formell rechtmäßig.
Insbesondere ist die Beklagte für die Entscheidung über die Rücknahme zuständig.
Nach § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
a)
Eine Zuständigkeit der N. ist nicht zu begründen.
Zwar sieht § 128 Abs. 1 Nr. 9 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) eine Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers im Landesbereich - hier: der N. - für Personen vor, die wie Beschäftigte für nicht gewerbsmäßige Halter von Fahrzeugen oder Reittieren tätig werden. Auch kommt hier allein eine Versicherung der Klägerin nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII als sog "Wie-Beschäftigte" in Betracht, da auch nach der Beweisaufnahme kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Klägerin mit den Pferdehaltern ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist; insbesondere hat diese keinerlei Verpflichtung zu einer bestimmten fremdbestimmten Arbeitsleistung ergeben.
§ 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist jedoch - wie sich aus § 121 Abs. 1 2. Halbsatz SGB VII ergibt ("soweit") - eine Ausnahmevorschrift von der Regelzuständigkeit der gewerblichen Unfallversicherungsträger. Mit der Aufnahme der dem heutigen § 128 Abs. 1 Nr. 9 entsprechenden Vorschrift des § 128 Abs. 1 Nr. 11 SGB VII trug der Gesetzgeber der Rechtsprechung zur arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit von Pannenhelfern und Hilfeleistenden gegenüber privaten Reittierhaltern Rechnung. In der Gesetzesbegründung wurde ausgeführt, es sei nicht zu vertreten, dass den ganz überwiegend gewerblich tätigen Mitgliedern der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) der beitragsfreie Versicherungsschutz der Solidargemeinschaft auferlegt werde. Da, jedenfalls bei den "Pannenhelfern", praktisch jeder Bürger durch die versicherte Hilfeleistung begünstigt sein könne und eine Beitragserhebung von den Kfz- bzw. Tierhaltern für diese Tätigkeit ausscheide, werde eine beitragsfreie Zuständigkeit bei den Unfallversicherungsträgern im Landesbereich vorgesehen, zumal den Ländern auch die Kfz-Steuer zustehe (Bundestagsdrucksache 13/2204, 106 f). Hieraus wird deutlich, dass sich die Sonderzuständigkeit nach § 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII allein auf die Fälle beschränkt, in denen sich die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges oder eines Reittieres bei einer Hilfeleistung verwirklicht, nicht hingegen auf alle Fälle einer wie auch immer gearteten Hilfeleistung, die im Zusammenhang mit der privaten Reittierhaltung geleistet wird.
b)
Die Zuständigkeit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen ist ebenfalls nicht gegeben, weil die Voraussetzungen der in § 123 Abs. 1 SGB VII aufgeführten Tatbestände nicht erfüllt sind.
Insbesondere diente die Tätigkeit der Pferdehalter jedenfalls zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls nicht der Haltung von Nutz- oder Zuchttieren zum Zwecke der Aufzucht, der Mast oder der Gewinnung tierischer Produkte. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Pferdehalter im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die sich mit ihren früheren Angaben im Verwaltungsverfahren uneingeschränkt decken und die die Kammer in jeder Hinsicht für glaubhaft hält, diente die Pferdehaltung ausschließlich der privaten Freizeitgestaltung zu eigenen Gunsten. Eine auf die Pferdezucht gerichtete Tätigkeit ist auch nicht ansatzweise ersichtlich.
c)
Für die Entscheidung ist auch nicht die nach Fusion aus der BGF hervorgegangene Berufsgenossenschaft für Verkehrswirtschaft (BG Verkehr), sondern die Beklagte zuständig.
Nach § 122 Abs. 2 SGB VII bleibt jeder Träger der Unfallversicherung für die Unternehmen zuständig, für die er bisher zuständig war, solange eine nach § 122 Abs. 1 SGB VII erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt. Da der Verordnungsgeber indes von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat, bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Beschluss des Bundesrates vom 21.05.1885 (AN 1885, 143), dem vom RVA aufgestellten alphabetischen Verzeichnis "der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit" und den vom Reichsversicherungsamt (RVA) vorgenommenen Fortschreibungen, insbesondere aber nach dem hier einschlägigen Erlass des RAM vom 16.03.1942 (AN 1942, II 201) und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22.04.1942 (AN 1942, II 287). Diese Bestimmungen gelten als vorkonstitutionelles Recht weiter (st Rspr des Bundessozialgerichts [BSG] seit Urteil vom 26.07.1963 - 2 RU 95/61, BSGE 39, 112, 113 [BSG 30.01.1975 - 2 RU 119/74], zuletzt Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/04 R [Rn 21 f], [...]). Gemäß Nr. 2b dieser Ausführungsbestimmungen ist die Beklagte u.a. zuständig für "andere Zusammenschlüsse und Einrichtungen, die [ ] der Unterhaltung, Geselligkeit, Entspannung, Erholung und ähnlichen Zwecken dienen."
Hierunter fallen auch die privaten Stallgemeinschaften.
Diese dienen vorrangig der gemeinsam mit Dritten betriebenen privaten Freizeitgestaltung zu eigenen Gunsten, ohne dass der Umgang mit den Pferden den weit dominierenden Charakter wie bei einer gewerblichen oder privaten Reittierhaltung, Reitschulen, Pferdetrainings- und -ausbildungsbetrieben hätte. Nach dem Gesamtbild ist eine private Stallgemeinschaft somit einem Verein wesentlich sachnäher. Dies entspricht auch der auf Initiative des Bundesversicherungsamts zwischen der BGF und der Beklagten geschlossenen - für das Gericht unverbindlichen Verwaltungsvereinbarung vom 18.02.1988 - 513.1 B Reittierhaltung/Stallhaltung, die das Bundesversicherungsamt unter dem 17.03.1988 billigte.
Bei der Reittierhaltung der Eheleute L. handelt es sich um eine private Stallgemeinschaft in diesem Sinne.
Nach der Beweisaufnahme gingen die Eheleute in dem Reitstall, in dem neben ihren auch noch andere Pferde untergestellt waren, ihrem Hobby nach. Es hat sich insbesondere kein greifbarer Anhaltspunkt für ein Bestreben der Eheleute L. ergeben, mit den von ihnen gehaltenen Ponys Erwerbseinkünfte zu erzielen. Die Behauptungen der Klägerin zu den angeblich regelmäßig gegen Entgelt erfolgten Ponyführungen und Teilnahmen an öffentlichen Veranstaltungen sind auch auf Aufforderung des Gerichts wie auch im vorhergehenden Zivilverfahren weitestgehend substanzlos geblieben. Die zumeist offen formulierten Fragen der Klägerin an die geladenen Zeugen haben ebenfalls keinen diesbezüglichen Anhaltspunkt ergeben. Gegen einen regelmäßigen Transport der Ponys zu derartigen Veranstaltungen spricht wie Frau L. in der mündlichen Verhandlungen anschaulich geschildert hat nicht nur der Umstand, dass die Eheleute L. seinerzeit beide vollzeitig erwerbstätig waren und insofern das zur Verfügung stehende knappere Zeitkontingent für die notwendigen Vor- und Nachbereitungen von vorn herein begrenzt war. Im Übrigen erscheint es dem Gericht auch höchst zweifelhaft, dass ein Angebot zum Ponyreiten im Großraum M. /O. auf eine ausreichend große Nachfrage getroffen wäre. Es erscheint daher bereits unwahrscheinlich, dass die aus einer Ponyführung auf einem öffentlichen Fest erwachsenden Einnahmen den mit dem Transport der Pferde verbundenen Aufwand gedeckt hätten, geschweige denn ein darüber hinausgehendes Einkommen hätte erzielt werden können.
Auch haben sowohl die Pferdehalter als auch die Zeugin K. für das Gericht in jeder Hinsicht schlüssig und glaubhaft ausgesagt, dass der Umgang mit den Pferden weit überwiegend der privaten Freizeitgestaltung innerhalb des Familien- und engeren Freundeskreises diente. Dabei ist für das Gericht ohne Weiteres verständlich und auch aus eigenen Erfahrungen an anderen Orten bekannt, dass gerade in einem ländlich geprägten Umfeld der Umgang mit Pferden für die in der Nähe des Stalls wohnenden Kinder attraktiv ist und sie daher zu kleineren Hilfeleistungen motiviert. Ebenso verständlich und lebensnah ist, dass die Eheleute L. den so Hilfe leistenden Kindern gelegentlich ermöglichten, auf den geführten Pferden zu reiten. Gleichermaßen verständlich ist, dass diese von den Pferdehaltern nicht geschuldete Handlung wiederum die Kinder und ihre Eltern veranlasste, sich durch kleinere Sach- und Geldzuwendungen - die nicht einmal fünf Prozent der Gesamtkosten erreichten - zu bedanken, zumal davon auszugehen ist, dass diese z.B. an der Verfütterung als Dank mitgebrachter Möhren selbst erhebliche Freude hatten. Hierin kann jedoch keine Absicht gesehen werden, Einkünfte zu erzielen. Vielmehr entsprechen derlei wechselseitige Zuwendungen im Freundes- und Bekanntenkreis - gerade auch beim Umgang mit Kindern - den allgemein anerkannten gesellschaftlichen Umgangsformen.
2.
Die Entscheidung der Beklagten ist - nach Aufhebung des in Ermangelung der sachlichen Zuständigkeit formell rechtswidrigen Bescheides der N. vom 05.06.2007 - rechtmäßig.
a)
Die Beklagte hat mit der angefochtenen Entscheidung gleichzeitig auch in eigener Zuständigkeit über die Anerkennung des Unfalls vom 18.02.2006 entschieden.
Zwar lehnt der Tenor der angefochtenen Entscheidung allein die Aufhebung des Bescheides der N. vom 05.06.2007 ab. Jedoch ist das Überprüfungsverfahren nicht lediglich auf die Beseitigung einer früheren rechtswidrigen Entscheidung, sondern bei abgelehnten Begünstigungen darüber hinaus auch auf den Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts gerichtet (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 44 Rn 27). Dies hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 27.06.2012 auch nochmals in diesem Sinne klargestellt.
b)
Die Beklagte ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin am 18.02.2006 keinen Arbeitsunfall erlitt, als ihr der Draht für den Elektrozaun ins Auge schnellte.
Nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - [Rn 10] m.w.N.).
In Betracht kommt hier allein eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte (Beschäftigte) tätig werden. Zweck dieser Regelung ist die Gleichstellung dieses Personenkreises mit den Beschäftigten, wenn die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegt und eine ernstliche, einem fremden Unternehmen zu dienen bestimmte und beschäftigtenähnliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, vorliegt (Kruschinsky in: SGB VII-Komm § 2 Rn 796) und das fremdnützige Verhalten die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigt (Bereiter-Hahn/Mertens, Kommentar zum SGB VII, § 2, Rn 34.1).
Die Klägerin ist bei ihrer Hilfeleistung bei der Ergänzung des Weidezauns jedoch nicht in diesem Sinne wie eine Beschäftigte tätig geworden.
Als entscheidendes Kriterium für die Wertentscheidung für den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist abzustellen darauf, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit wesentlich dienen sollte (vgl BSG Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 24/84, BSGE 58, 76, 77). Bei der Feststellung des Zusammenhangs geht es um die Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Dabei ist auf den Sinn und Zweck der Versicherung sowie auf den Schutzzweck der Norm abzustellen (st Rspr, BSG Urteile vom 19.09.1974 - 8 RU 236/73, BSGE 38, 127, 129; vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88, SozR 2200 § 548 Nr. 96). Entscheidend ist, dass die Handlungstendenz des Arbeitnehmers zweckdienlich auf die Belange des Unternehmens gerichtet ist, wobei ausreichend ist, dass der Versicherte von seinem Standpunkt der Auffassung sein konnte, dass die Tätigkeit geeignet ist, den Interessen des Unternehmens zu dienen (st Rspr, BSG Urteile vom 28.02.1964 - 2 U 30/61, BSGE 20, 215, 218 [BSG 28.02.1964 - 2 RU 30/61], 14.12.1978 - 2 RU 59/78, vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88, a.a.O.). Maßgeblich ist somit die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Eine allein objektiv dem Unternehmen dienende Handlung, welche aber nicht von einer entsprechenden Handlungstendenz geleitet wird, genügt nicht (BSG Urteil vom 20.01.1987 - 2 RU 15/86, SozR 2200 § 539 Nr. 119).
Eine versicherte Wie-Beschäftigung liegt demgemäß vor, wenn eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG Urteile vom 13.09.2005 - B 2 U 6/05 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 7; vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R). Ist der wirkliche Wille nicht feststellbar, kann auf den mutmaßlichen Willen abgestellt werden (Ricke in: Kasseler Kommentar § 2 SGB VII Rn 274). Sofern auf den mutmaßlichen Willen abgestellt wird, stehen jene Verrichtungen nicht unter Versicherungsschutz, welche den Interessen des Unternehmers offensichtlich zuwider laufen oder als unzulässig anzusehen sind (vgl. Krasney NZS 2000, 373, 378). Der mutmaßliche Wille ist dem allgemeinen Unternehmenszweck und der Interessenlage zu entnehmen, wobei sich der Handelnde unter verständiger Würdigung aller Umstände sagen dürfe, dass sein Handeln vom Unternehmer gebilligt werde (BSG Urteile vom 30.04.1979 - 8a RU 48/78, SozR 2200 § 539 Nr. 58; vom 08.05.1980 - 8a RU 86/79, SozR 2200 § 539 Nr. 67; vom 31.08.1983 - 2 RU 39/82, SozR 2200 § 539 Nr. 93). Konnte der Betroffene zur Zeit der unfallbringenden Handlung aufgrund objektiver Anhaltspunkte davon ausgehen, dass die Handlung dem Interesse des Unternehmens zu dienen bestimmt war, besteht Versicherungsschutz (Schwerdtfeger in: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 SGB VII Rn 662).
(1)
Die Beteiligung der Klägerin an der Ergänzung des Weidezauns hätte zwar grundsätzlich von einer fremdnützigen Handlungstendenz getragen sein können.
Für die Ermittlung der Handlungstendenz ist auf das Gesamtbild des ausgeführten oder geplanten Vorhabens abzustellen und dieses in Beziehung zu den Gesamtumständen zu setzen. Dabei muss nicht jede Verrichtung einer einheitlichen Handlungstendenz folgen. So hat das BSG in seinem Urteil vom 30.06.1993 - 2 RU 40/92 - darauf hingewiesen, dass sogar der Ausritt eines zum Trockenreiten überlassenen Pferdes nicht mehr als "einheitlicher Lebensvorgang" gelte, wenn das Tier zunächst nur zum Trockenreiten bewegt und danach der Hof verlassen wurde, um das Pferd für einen kurzen ungebundenen Ausritt zu benützen. In diesem Falle lasse sich der Vorgang in zwei Handlungskomplexe zerlegen.
Vor diesem Hintergrund kommt eine Mitwirkung der Klägerin an der Ergänzung des Weidezaunes als eine den Pferdehaltern dienende Verrichtung in Betracht.
Die Klägerin hielt sich vor dem Unfall bereits über mehrere Jahre an der überwiegenden Zahl der Wochenenden im Reitstall auf. Ihr Aufenthalt hatte die Zielrichtung bei den üblichen finanziellen Möglichkeiten einer Schülerin gleichwohl dem kostenintensiven Reitsport nachgehen zu können, zu dem nicht nur das Reiten, sondern auch die im Zusammenhang mit der Tierpflege anfallenden Arbeiten, wie Füttern, Ausmisten, Abäppeln gehörten.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Aussage der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Diese hat u.a. bekundet, Pferde seien schon immer "ihr Ding" gewesen. Aus ihrer und den weiteren gehörten Aussagen wird zudem deutlich, dass von Reitsportbegeisterten die Pflege der Pferde als persönliche Bereicherung, zumindest aber vom Reiten untrennbarer Bestandteil begriffen wird. Dies ergibt sich augenfällig auch aus der Aussage des Herrn L., der im Zusammenhang mit den Reparaturen des Stallgebäudes erwähnt hat, dass wegen dieser Arbeiten allein kein Kind den Pferdestall aufsuche.
Im Umkehrschluss war die Verrichtung von und Hilfe bei anderen, nicht unmittelbar mit dem Reiten und der Versorgung der Pferde zusammenhängenden Arbeiten, wie etwa der Reparatur und dem Streichen der Scheune, vorrangig dem Willen der Klägerin geschuldet, eine - von den Pferdehaltern nach der Aussage von Frau L. durchaus auch erwartete - Gegenleistung zu erbringen, also fremdnützig für die Pferdehalter tätig zu werden.
(2)
Mit den von der Klägerin am Unfalltag vorgenommenen Handlungen im Zusammenhang mit der Ergänzung des Weidezauns erbrachte die Klägerin jedoch keine den Pferdehaltern unmittelbar und/oder der Stallgemeinschaft, an der die Pferdehalter beteiligt waren, dienende und ihrem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.
Das Festhalten des Drahts entsprach zwar dem Willen der Pferdehalter, hatte jedoch keinen wirtschaftlichen Wert und wird auch so nicht von Personen in Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht.
Nach den übereinstimmenden Aussagen der Eheleute L. sollte die Klägerin das Ende des bereits abgerollten, kürzeren Drahtes in der Hand halten, während Herr L. den längeren Draht von der Rolle abrollen wollte und diesen erst im Anschluss mit dem kürzeren Draht zu verbinden. Das Gericht vermag aus dem Festhalten des kürzeren Drahtes keinen den Pferdehaltern oder der Stallgemeinschaft erwachsenden Vorteil bei der beabsichtigten Montage des Elektrozauns zu erblicken. Insbesondere ist weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, aus welchem Grund es des Festhaltens zu einem Zeitpunkt bedurft hätte, zu dem der längere Draht noch gar nicht abgerollt worden war. Vielmehr erscheint es wesentlich plausibler, dass die Eheleute L. die Klägerin auf ihre Bitte in ihre Tätigkeit aus der freundschaftlichen Verbindung einzubinden suchten, nachdem der ursprünglich beabsichtigte Ausritt aufgrund der noch nicht absehbaren Wetterentwicklung hinausgeschoben wurde. Die Pferdehalter wiesen der Klägerin die - objektiv nutzlose - Tätigkeit zu, weil diese nach Versorgung der Pferde aufgrund der witterungsabhängigen Wartezeit beschäftigungslos waren und sich langweilten. Es handelte sich damit letztlich um eine Maßnahme im Rahmen der Betreuung der jugendlichen Klägerin und ihrer Freundin, die maßgeblich eigenwirtschaftlichen Belangen diente.
(3)
Es kann offen bleiben, ob die Klägerin versuchte, den von ihr festgehaltenen Draht in die Isolatoröse zu stecken. Diese Handlung wäre jedenfalls nicht vom wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Eheleute L. gedeckt gewesen.
Nach Auffassung der Kammer spricht viel dafür, dass die Klägerin den Draht durch die Öse stecken wollte und ihn nicht lediglich in der Hand hielt. So hat Frau K. dies bei ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet. Ihre Aussage entsprach auch in Details des Nebengeschehens ihren mittlerweile mehr als drei Jahre zurückliegenden Angaben vor dem Amtsgericht M ... Frau K. hat auch letztlich kein wesentliches Interesse am Prozessausgang. Zwar ist sie weiterhin mit den Eheleuten L. befreundet und benutzt gelegentlich deren Pferde. Das Gericht hat jedoch keinen Anhaltspunkt, dass Frau K. aus diesem oder einem anderen Grund in mehreren Gerichtsprozessen die Unwahrheit gesagt haben könnte. So zeigte Frau K. bei ihrer Vernehmung auch keinerlei Unsicherheiten oder Nervosität. Demgegenüber hat die Klägerin ein erhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens. Auch hat sie im Verlauf des Verfahrens ihre Darstellung mehrfach und in miteinander unvereinbarer Weise geändert (siehe Fragebogen Bl 17 der Verwaltungsakte: "Meine Freundin spannte den Weidezaundraht in die [ ] Halterungen, ich entfernte ihn wieder"; Schriftsatz Bl 34 der Verwaltungsakte: "sollte [ ...] den Draht durch den Isolator ziehen"; Vernehmung: "Es gab keine Anweisung [den Draht durch den Isolator zu stecken]. Er ist mir aus der Hand gerutscht.").
Zudem wäre jedenfalls die im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte und auf Nachfrage bekräftigte Aussage der Klägerin nur schwer mit ihrer erlittenen Verletzung in Einklang zu bringen. Wäre der Klägerin der Draht nur aus der Hand gerutscht, wäre zum einen bei einem auf dem Boden liegenden, unter leichter Spannung stehenden Draht zu erwarten gewesen, dass dieser von ihrem Körper weggezogen worden wäre und die Klägerin nicht getroffen hätte. Denkbar erschiene ein Zurückfedern des Drahtes in das Gesicht der Klägerin allenfalls, wenn sie ihre Hand mit dem Draht in der entsprechenden Höhe gehalten hätte. Zu dieser mit dem Einsatz von merklicher Körperkraft verbundenen Handlung bestand aber überhaupt kein Anlass, da Herr L. zunächst den längeren Draht abwickeln wollte, was unter Berücksichtigung des zu Fuß zurückzulegenden Weges von etwa sechzig Metern zumindest mehrere Minuten in Anspruch nahm. Demgegenüber hätte sich der Draht bei einem Versuch, ihn in die Isolatoröse zu bringen, aufgrund der Höhe des Weidezauns etwa in Gesichtshöhe der Klägerin befunden und sie deshalb bei einer unerwarteten Ablösung im Gesicht treffen.
Einer weitergehenden Aufklärung bedurfte es - abgesehen davon, dass ohnehin alle möglichen Zeugen des Unfalls vernommen wurden - jedoch nicht, weil diese Tätigkeit weder vom ausdrücklichen noch vom mutmaßlichen Willen der Eheleute L. gedeckt gewesen wäre.
Die Beweisaufnahme hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Eheleute L. die Klägerin anwiesen, den Draht in den Isolator einzuführen. Selbst die Klägerin hat nunmehr angegeben, dass es keine entsprechende Anweisung gegeben habe.
Im Weiteren kann dahin stehen, ob die Eheleute L. der Klägerin ausdrücklich untersagten, den Draht in den Isolator zu stecken. Bereits aus der Anweisung, (nur) das Drahtende festzuhalten, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Minderjährigkeit der Klägerin zur Genüge, dass nach dem Willen der Eheleute L. gerade keine andere Verrichtung erfolgen sollte.
(4)
Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Verrichtung der Klägerin selbst bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit unversichert gewesen wäre, weil sie nach Art und Umfang sowie Zeitdauer durch das seinerzeit bestehende freundschaftliche Verhältnis zu den Eheleuten L. und der Ausübung des gemeinsamen Hobbys geprägt waren.
Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste schließen den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 VII nicht aus (BSG Urteil vom 01.02.1979 - 2 RU 65/78, SozR 2200 § 539 Nr. 55 m.w.N. [zit nach [...], dort Rn 24]). Ein Freund wird allerdings dann nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Freund tätig, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang sowie Zeitdauer durch das freundschaftliche Verhältnis geprägt ist (vgl BSG a.a.O.). Für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten besteht keine feste Stundengrenze, entscheidend sind vielmehr die Stärke der tatsächlichen Beziehungen sowie insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der vorgesehenen Tätigkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29.09 1992, 2 RU 46/91 [zit nach [...], dort Rn 17]; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.03.2007, L 4 U 47/06; [zit nach [...], dort Rn 31]; Bayerisches LSG, Urteil vom 28.05.2008, L 2 U 28/08 [zit nach [...], dort Rn 19]).
Unter Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hätte die Klägerin die zum Unfall führende Tätigkeit bei einer Gesamtschau jedenfalls nicht unter konkret arbeitnehmerähnlichen Umständen erbracht. Vielmehr müsste die Beteiligung an der Montage des Drahts als von der Freundschaft zu den Eheleuten Müller und Frau K. und der Ausübung des gemeinsamen Hobbys geprägt angesehen werden.
Die Klägerin, die Eheleute L. und Frau K. waren seit mehreren Jahren befreundet und verbrachten die deutlich überwiegende Zahl der Wochenenden miteinander. Sie gingen einem gemeinsamen Hobby nach, was bereits für sich allein in besonderer Weise verbindet und eine gegenseitig erwartete gegenseitige Unterstützung umfasst, zumal der Reitsport in höherem Maße als andere Sportarten auf wechselseitige Hilfe angewiesen ist, weil er auch das Wohl und die Gesundheit der Pferde im Blick hat. Hilfeleistungen im Zusammenhang mit diesem Hobby, wie z.B. das Ausladen der Pferde aus dem Pferdetransporter, sind maßgeblich durch das kameradschaftliche und gemeinschaftsfördernde, auf Gegenseitigkeit beruhende Verhalten von Reitern und deren Angehörigen untereinander geprägt und deshalb Teil der reitsportlichen Betätigung, so dass sie durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht geschützt sind (vgl hierzu LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28.11.1990 - L 17 U 129/90). Jedoch erschöpfte sich die gemeinsame Freizeitgestaltung hier keineswegs in der Ausübung des Hobbys, sondern erstreckte sich auch auf andere Aktivitäten (ua gemeinsames Essengehen, Einkaufen, Fernsehen). Der Anteil der nicht unmittelbar mit dem Reiten und der Pferdepflege zusammenhängenden Tätigkeiten machte nach den übereinstimmenden Bekundungen der Eheleute L. und der Frau K. insgesamt auch nur einen sehr geringen Anteil der gemeinsam verbrachten Zeit aus. Es ist daher hier nicht von Bedeutung, dass für die Montage des Drahts ein Zeitrahmen von zwei bis drei Stunden veranschlagt war, zumal bereits nach den bis zum Unfall erfolgten Verrichtungen nicht vorgesehen war, die Klägerin annähernd in diesem Umfang an den Arbeiten zu beteiligen. Hätte also nicht - wie ausgeführt - die ihren eigenen Belangen der Klägerin dienende Betreuung der sich langweilenden Klägerin im Vordergrund gestanden, müssten die zum Unfall führenden Verrichtungen der Klägerin insbesondere auch unter Berücksichtigung der witterungsbedingten Wartezeit als schlichter Freundschaftsdienst angesehen werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Kammer hat bei ihr berücksichtigt, dass es die Beklagte zunächst versäumt hat, den von der sachlich unzuständigen N. erlassenen Bescheid aufzuheben, was spätestens im Widerspruchsverfahren zu erwarten gewesen wäre. Gleichzeitig erscheint es angemessen, dass die Klägerin den überwiegenden Teil ihrer Kosten selbst trägt, weil sie mit ihrem vorrangigen Begehren nicht durchgedrungen ist, die Anerkennung ihres Unfalls als Arbeitsunfall zu erreichen. Bei der Kostenquote war jedoch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass ihr wirtschaftliches Interesse im Wesentlichen auf die über die Leistung des gesetzlichen Krankenversicherers hinausgehenden Leistungen der Beklagten beschränkt und eine Verletztenrente auch im Falle des Klageerfolgs bei der verbliebenen Sehleistung von etwa 80% auf dem verletzten Auge bei uneingeschränkter Sehfähigkeit auf dem anderen Auge voraussichtlich nur schwer zu begründen wäre. Insofern wiegt der Anteil ihres Misserfolges weniger schwer, als wenn sie mit ihrem Begehren bei einem gleichzeitig im Raum stehenden Verletztenrentenanspruch gescheitert wäre.