Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 30.08.2012, Az.: S 42 AY 140/12 ER

verspätete Antragstellung; Asylbewerber; Aufenthaltstitel; Begleitperson; geistig Behinderter; Behinderter; seelisch Behinderter; Duldungsfiktion; Eingliederungshilfe; Förderschule; Ganztagsmodell; Grundleistungsberechtigter; Integrationshelfer; Kinder- und Jugendhilfe; Kooperation; Störung der Leistungsbeziehung; Nachrangprinzip; Schülerbeförderung; Schulpflichtiger; Tagesstätte

Bibliographie

Gericht
SG Hildesheim
Datum
30.08.2012
Aktenzeichen
S 42 AY 140/12 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 44326
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Beantragt ein Leistungsberechtigter, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet während des Asylverfahrens gestattet war, erst nach Wegfall der Gestattungswirkung die Erteilung eines Aufenthaltstitels, folgt seine Leistungsberechtigung bis zur Erteilung des Titels aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Für eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG ist jedenfalls nach Inkrafttreten des Zweiten Richtlinienumsetzungsgesetzes kein Raum mehr.

2. Das sog. Nachrangprinzip der Sozialhilfe gilt auch im Asylbewerberleistungsrecht.

3. Es ist nach niedersächsischem Schulrecht nicht ausgeschlossen, dass ein behinderter Schüler einen Anspruch auf Stellung einer Begleitperson gegen den Träger der Schülerbeförderung hat, der gegenüber Maßnahmen der Eingliederungshilfe vorrangig ist.

4. Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG sind von der Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nicht generell ausgeschlossen.

5. Die zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern gebotenen sonstigen Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG umfassen auch Maßnahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen i.S.d. §§ 53 ff. SGB XII und der EinglHV. Ein Integrationshelfer für den Besuch einer Förderschule ist einem schulpflichtigen Grundleistungsberechtigten zum Ausschluss von Selbst- und Fremdgefährdungen zu stellen.

6. Der Anspruch auf Stellung eines Integrationshelfers kann im Einzelfall auch die außerschulische Betreuung des Behinderten in einer kooperierenden Tagesstätte umfassen (sog. Ganztagsmodell).

7. Störungen in der vertraglichen Beziehung zwischen Leistungsträger und Einrichtung können sich nicht dergestalt zu Lasten des Hilfebedürftigen auswirken, dass der individuelle Anspruch auf einen Integrationshelfer gegen den Leistungsträger entfiele.

Tenor:

Der Antragsgegner wird vorläufig bis zur Entscheidung der Kammer im anhängigen Hauptsacheverfahren S 42 AY 142/12, längstens jedoch bis zum Ablauf des Schuljahres 2012/2013, und unter dem Vorbehalt der Kostenerstattung durch den Antragsteller verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 3. September 2012 einen geeigneten Integrationshelfer während der Dauer des Besuchs der Schule L. in M. einschließlich der nachmittäglichen Betreuungsphase nach Unterrichtsschluss zur Verfügung zu stellen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.

Dem Antragsteller wird für das vorliegende Verfahren ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Im wird Rechtsanwältin N. in M. zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.

Gründe

I.

Der am 5. Mai 2000 in Syrien geborene Antragsteller reiste zusammen mit seinen Eltern und seinen drei minderjährigen Geschwistern am 4. Juni 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte mit seiner Familie die Anerkennung als Asylberechtigter. Während der Dauer des Asylverfahrens war dem Antragsteller und seiner Familie der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gestattet. Seit dem 6. September 2011 ist die Familie im Ortsteil O. des Flecken P. untergebracht. Der Antragsgegner gewährt dem Antragsteller und seiner Familie seither Grundleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in gesetzlicher Höhe (vgl. Bescheid vom 19. September 2011, Bl. 23ff. der Leistungsakte (LA) und Änderungsbescheid vom 26. September 2011, Bl. 6ff. LA).

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. März 2012 wurde dem Antragsteller und seinen Familienangehörigen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hinsichtlich Syrien zuerkannt; im Übrigen wurden die Asylanträge abgelehnt. Die Aufenthaltsgestattungen des Antragstellers und seiner Familienangehörigen liefen am 4. Juni 2012 aus. Erst danach unter dem 24., 25. Juni und 3. Juli 2012 beantragten der Antragsteller und seine Familienangehörigen bei der Ausländerbehörde des Antragsgegners (ABH) die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gem. § 25 Abs. 3 AufenthG. Ihnen wurden daraufhin von der ABH unter dem 3. Juli 2012 bis zum 2. Oktober 2012 gültige Fiktionsbescheinigungen ausgestellt. Die von der ABH unter dem 31. Juli 2012 ausgestellten Aufenthaltstitel haben der Antragsteller und seine Familienangehörigen bis heute nicht abgeholt.

Der Antragsteller leidet ausweislich der sozialmedizinischen Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Antragsgegners vom 29. November 2011 und 20. Februar 2012 von Geburt an unter einer kombinierten Entwicklungsstörung; eingeschränkte feinmotorische Fähigkeiten sowie mentale Retardierung führten zu der amtsärztlichen Feststellung, es liege beim Antragsteller aufgrund der Beeinträchtigung der sprachlichen Verständigung eine körperliche wesentliche Behinderung sowie aufgrund des Zurückbleibens in der geistigen Entwicklung eine geistig wesentliche Behinderung vor. Der Amtsarzt empfahl Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (Eingliederungshilfe) durch teilstationäre Unterbringung in einer Tagesförderstätte, um über die schulischen Belange hinaus ein intensives Förderkonzept zur Verbesserung der Selbständigkeit sowie der kommunikativen und sozialen Fähigkeiten des Antragstellers herbeizuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Amtsarztes (Bl. 31 ff. LA) und seine spätere ergänzende Stellungnahme (Bl. 53 f. LA) verwiesen.

Die Beigeladene ist Trägerin der Tagesstätte in der Schule L. in M.. Bei dieser Schule handelt es sich um eine öffentliche Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung (G), in der aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Beigeladenen die in deren Tagesstätte teilstationär untergebrachten geistig behinderten Schüler in gemeinsam genutzten Räumlichkeiten - zum Teil gemeinsam mit Grundschülern - beschult werden. Ausgehend von Klassenstärken bis zu 8 Sonderschülern erfolgt deren Unterrichtung und Betreuung in der Zeit von 8:00 Uhr bis 12:45 Uhr durch einen Lehrer der Förderschule sowie einen Erzieher und eine sonstige Hilfskraft (Freiwilliges Soziales Jahr oder Bundesfreiwilligendienst) der Beigeladenen. Nach Unterrichtsschluss werden die geistig behinderten Schüler ausschließlich von Kräften der Beigeladenen in den Räumlichkeiten der Schule betreut.

Der minderjährige Antragsteller besucht seit dem 4. Oktober 2011 im Einvernehmen mit der Niedersächsischen Landesschulbehörde Abteilung Q. die von seinem Wohnort etwa 12 km entfernt gelegene Schule L.. Für ihn beantragte die Beigeladene unter dem 18. Oktober 2011 Leistungen der Eingliederungshilfe mit dem Ziel der Kostenübernahme für die teilstationäre Unterbringung des Antragstellers ab dem 5. Oktober 2011 in ihrer Tagesstätte zu einem monatlichen Kostensatz von 1.422,73 Euro. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 30. Januar 2012 stellte die Niedersächsische Landesschulbehörde Regionalabteilung Q. fest, dass für den Antragsteller ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt im Bereich geistige Entwicklung vorliege. Sie ordnete deshalb an, dass der Antragsteller weiterhin die Schule L. zu besuchen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf den Bescheid der Landesschulbehörde (Bl. 21 f. der Gerichtsakte, GA) verwiesen. Grundlage dieser Entscheidung der Landesschulbehörde war das Beratungsgutachten zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs der Förderschullehrerin R. vom 18. Dezember 2011, in dem u.a. festgestellt wurde, dass der Antragsteller nicht über eine aktive Sprache und auch nicht über einen Zahlbegriff verfüge. Zudem stellt das Gutachten das Erfordernis eines Lernumfeldes heraus, in dem der Antragsteller viel Einzelzuwendung erfahren könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dieses Gutachten (Bl. 22 ff. GA) verwiesen.

Aufgrund der amtsärztlichen Feststellungen sowie der weiteren Feststellungen der Hilfeplanung des Antragsgegners, wonach ein isolierter Besuch der Schule L. ohne Besuch der dort integrierten Tagesstätte der Beigeladenen aufgrund des zwischen der Schule und der Beigeladenen bestehenden Kooperationsmodells nicht möglich, im übrigen der Besuch der Tagesstätte aufgrund der Behinderung des Antragstellers sinnvoll sei (vgl. Vermerk Bl. 47 LA), erklärte der Antragsgegner mit Bewilligungsbscheid vom 5. März 2012 gegenüber dem Antragsteller ein Kostenanerkenntnis hinsichtlich der Gewährung von Eingliederungshilfe gemäß § 6 AsylbLG durch Übernahme der Kosten des Besuchs der Tagesstätte der Beigeladenen für den Zeitraum vom 5. Oktober 2011 bis längstens 15. Juni 2012. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 5. März 2012 (Bl. 65 f. LA) verwiesen.

Noch vor Erteilung dieses Kostenanerkenntnisses beantragten die Eltern des Antragstellers unter dem 25. Januar 2012 beim Antragsgegner die zusätzliche Bewilligung einer "Schulbegleitung und Begleitung während der Hin- und Rückfahrten zur Schule" mit der Begründung, dass eine Beschulung des Antragstellers ohne Einzelfallhelfer bzw. Integrationshelfer nicht möglich sei. Die hieraufhin vom Antragsgegner bei der Leitung der Schule L. und der Tagesstätte der Beigeladenen eingeholten Auskünfte ergaben, dass sich das Verhalten des Antragstellers während des Unterrichts mittlerweile sehr zum Negativen verändert habe. Es sei in den vergangenen Wochen vermehrt zu körperlichen Übergriffen des Antragstellers gegenüber Mitschülern (z.B. büschelweise Haare ausreißen) und Lehrern (verbale Attacken und körperliche Übergriffe) gekommen. Darüber hinaus sei es wiederholt zu selbst- und fremdgefährdenden Verhaltensweisen beim Schülertransport gekommen. Der Antragsteller habe sich beispielsweise während der Fahrt abgeschnallt, sei im Bus umhergelaufen und habe anderen Kindern Haare ausgerissen. Der Busfahrer habe mehrfach anhalten und den Antragsteller wieder anschnallen müssen. Eine Beförderung des Antragstellers sei nach Auffassung des Busunternehmens nur noch mit Begleitperson möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Aktenvermerke vom 31. Januar und 9. Februar 2012 (Bl. 49, 52 LA) verwiesen. Der Amtsarzt des Antragsgegners befürwortete mit ergänzender Stellungnahme vom 20. Februar 2012 (Bl. 53 f. LA) die vom Antragsteller beantragte Einzelfallhilfe mit der Begründung, diese sei behinderungsbedingt notwendig, wobei die Ausprägung seiner Behinderung insbesondere im seelischen Bereich als auch durch Erziehungsdefizite seitens der Eltern mitbedingt sei.

Mit Bescheid vom 16. März 2012 (Bl. 69 f. LA) lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Übernahme der Kosten einer Schulbegleitung und Begleitung während der Fahrten von und zur Schule L. als Maßnahme der Eingliederungshilfe ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Beigeladene über ihren Spitzenverband mit dem Land Niedersachsen eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gem. § 75 Abs. 3, § 76 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) geschlossen habe, wonach die Tagesstätte der Beigeladenen ein die Förderschule L. ergänzendes Ganztagsangebot für Kinder mit einer geistigen Behinderung vorhalten müsse. Zu den Merkmalen von Unterrichtsbegleitung, Erziehung, Förderung und Betreuung der Tagesstätte gehöre danach u.a. das Ganztagsangebot in Kooperation mit der Schule, die intensive Förderung nach pädagogischen Grundsätzen sowie eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Die begleitenden Angebote der Tagesstätte unterstützten die Schüler in der Entwicklung ihrer Gesamtpersönlichkeit und seien unabhängig von der Frage der Kostenträgerschaft integraler Bestandteil des Konzepts. Während der Unterrichtszeit am Vormittag arbeiteten die Mitarbeiter der Tagesstätte der Beigeladenen in Absprache mit den Lehrern der Förderschule unterrichtsbegleitend. Die Platzkapazität der Tagesstätte betrage 20 Gruppen mit bis zum acht Schulpflichtigen. Hierbei werde ein Personalschlüssel von 1,0 zu 8 hinsichtlich der Fachkräfte und 0,25 zu 8 hinsichtlich der Hilfskräfte vorgehalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 4. Januar 2011 (Bl. 57 ff. LA) verwiesen. Deshalb sei außerhalb dieser Vergütungsvereinbarung eine zusätzliche Vergütung für die Beschäftigung eines Einzelfallhelfers bzw. Integrationshelfers in der Schule L. bzw. der Tagesstätte nicht vertragskonform. Nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung sei die Schule L. und die Tagesstätte zur Aufnahme des Antragstellers verpflichtet und habe die erforderlichen Betreuungsleistungen für die vertraglich vereinbarte Vergütung zu erbringen. Die Vereinbarung sei abschließend und biete keinerlei Spielräume für ergänzende Vergütungsansprüche. Die Beigeladene erhalte nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Grund- und Maßnahmenpauschale, aus der sämtliche Personalkosten zu bestreiten seien. Der Pauschale liege eine Mischkalkulation zugrunde.

Mit Schreiben vom 19. und 28. März 2012 legten die Eltern des Antragstellers Widerspruch ein. Nachdem Gespräche zwischen der Schule, dem Einrichtungsträger sowie dem Sozialamt des Antragsgegners mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung ohne Erfolg geblieben waren (vgl. Vermerk vom 23. April 2012, Bl. 92 LA), wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2012 den Widerspruch des Antragstellers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, durch vollständige Übernahme der Kosten für die Unterbringung des Antragstellers in der Tagesstätte der Beigeladenen erbringe er das zwischen dem Land Niedersachsen und der Beigeladenen vertraglich vereinbarte Entgelt. Damit habe die Beigeladene alle erforderlichen Leistungen, insbesondere notwendige individuelle Betreuungsleistungen für den Antragsteller zu erbringen. Vor diesem Hintergrund bestehe keine Notwendigkeit, zusätzliche Kosten für einen Integrationshelfer zu übernehmen.

Hiergegen hat der Antragsteller die am 3. Juli 2012 beim erkennenden Gericht eingegangene und unter dem Aktenzeichen S 42 AY 140/12 ER weiterhin anhängige Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Bewilligung der Kostenübernahme für einen Integrations- bzw. Einzelfallhelfer weiterverfolgt. Mangels anderslautender ärztlicher Feststellungen gehe er in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner davon aus, dass bei ihm eine körperliche und geistige Behinderung vorliege, sodass Eingliederungshilfe nach dem AsylbLG und nicht dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) zu leisten sei.

Daneben hat er am 6. August 2012 den vorliegend streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren gestellt, ihm ab Beginn des Schuljahres 2012/2013 einen Integrationshelfer für den Besuch der Förderschule L. nebst angeschlossener Tagesstätte der Beigeladenen zu bewilligen. Zur Begründung verweist er darauf, dass eine ständige Begleitung durch einen Integrationshelfer in seinem Fall erforderlich sei, um Selbst- und Fremdgefährdungen während des Schulbesuchs auszuschließen. Ausweislich der Stellungnahme des Busunternehmens Rizor vom 3. November 2011 (Bl. 19 GA) könne er ohne Begleitperson nicht mehr zur Schule befördert werden, da er andere Kinder und das Fahrpersonal schlage, in den Bus spucke, sich während der Fahrt abschnalle und im Schulbus umher springe. Zudem ergebe sich aus der Stellungnahme der Klassenlehrerin S. vom 13. April 2012 (Bl. 20 GA), dass er während des Unterrichts, in Phasenübergängen und auch in den Pausen kontinuierlicher Begleitung bedürfe, weil er ständig durch die Klasse laufe, Gegenstände aus Regalen oder anderen Plätzen anderer Schüler nehme, diese umher trage oder sie zerstöre. Er werfe mit Bauklötzen und habe dabei schon andere Mitschüler getroffen. Er zeige ein dauerhaft lautes, unkontrolliertes und sehr aggressives Verhalten. Er habe Bezugspersonen schon geschlagen, sie angespuckt, gebissen und gekratzt. Sein Verhalten sei völlig unkontrolliert, impulsiv und nicht vorhersehbar. Dies habe dazu geführt, dass Mitschüler vor ihm Angst hätten. Insbesondere Mitschülerinnen seien von ihm schon des Öfteren an den Haaren gezogen worden. In der vorhandenen Organisationsform der Klasse sei ohne kontinuierliche Einzelfallbetreuung seine Beschulung nicht möglich. Seine Eltern könnten ihn insbesondere auf dem Weg zur Schule und von der Schule nach Hause nicht ständig begleiten, da seine Mutter die übrigen minderjährigen Geschwister zu beaufsichtigen habe und sein Vater von Dienstag bis Donnerstag einen Sprachkurs am Migrationszentrum in M. belege. Die Beigeladene habe ihm ab Mitte Mai 2012 bis zum Ende des Schuljahres 2011/2012 zwar einen Einzelfallbetreuer zur Seite gestellt, sie habe aber von Beginn an verdeutlicht, dass er hierauf keinen Anspruch habe. Es habe sich lediglich um eine Geste guten Willens gehandelt, um seine Beschulung zu gewährleisten. Er könne aufgrund der bindenden Vorgaben der Schulleitung seiner Schulpflicht in der zugewiesenen Förderschule L. nur weiter nachgehen, sofern ihm ein Einzelfallhelfer zur Seite gestellt werde. Ihm und seinen Eltern fehlten die Mittel, um diesen Helfer selbst zu finanzieren. Er könne der Argumentationen des Antragsgegners, durch die Pauschalen nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung habe der Beigeladene alle erforderlichen Betreuungsleistungen ohne zusätzliche Vergütung bereit zu stellen, inhaltlich auch nicht folgen. Von der vertraglichen Vereinbarung werde die Stellung von Einzelfallhelfern seitens der Beigeladenen nicht umfasst. Sein sonderpädagogischer Förderbedarf weiche in erheblichem Maße von dem der vertraglichen Vereinbarung zugrunde liegenden Regelfall ab. Ihm sei bekannt, dass der Antragsgegner in der vergangenen Zeit bis zu 8 Integrationshelfer finanziert habe, die die individuelle Betreuung von Schülern der Schule Am Tannenberg bzw. der daran angeschlossenen Tagesstätte der Beigeladenen übernommen hätten.

Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. August 2012 (Bl. 173 GA) ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Übernahme der Kosten für eine Begleitperson während der Schülerbeförderung erklärt und einen entsprechenden Änderungsbescheid in das Verfahren eingeführt hat, beantragt der Antragsteller nunmehr sinngemäß,

den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, ihm ab Beginn des neuen Schuljahres 2012/2013 einen geeigneten Integrationshelfer während der Dauer des Besuchs der Förderschule L. in M. einschließlich der nachmittäglichen Betreuung nach Unterrichtsschluss in der Tagesstätte der Beigeladenen zu stellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt er aus, zwar liege beim Antragsteller schwerpunktmäßig eine geistige Behinderung vor, sodass Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem AsylbLG und nicht nach den Vorschriften des SGB VIII zu erbringen seien. Der beantragte Integrationshelfer sei als zusätzliche Maßnahme der Eingliederungshilfe indes aus den Gründen seiner im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheide nicht erforderlich. Er sei gemäß Weisung des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie (LS) in seiner Einschätzung gebunden, dass im Falle der teilstationären Unterbringung in Einrichtungen wie der der Beigeladenen Einzelfallhelfer nicht zusätzlich bewilligt werden könnten.

Die mit Beschluss der Kammer vom 13. August 2012 antragsgemäß einfach beigeladene Trägerin der Tagesstätte in der Schule L. stellt keinen eigenen Antrag. Sie macht geltend, sie werde sich bei negativem Ausgang des vorliegenden einstweiligen Rechtschutzverfahrens für den Antragsteller unmittelbar an diesen wenden, um Ansprüche auf Kostenerstattung für die Stellung eines Integrationshelfers geltend zu machen. Ihre Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem Land Niedersachsen beinhalte nach bisherigem - beiderseitigem und langjährigem - Verständnis die vom Antragsteller begehrte Einzelfallhilfe nicht. Dem stehe nunmehr eine Weisung des LS entgegen, an die sich der Antragsgegner offensichtlich auch im vorliegenden Fall gebunden fühle. Eine Pflicht zur Stellung eines Einzelfallhelfers für den Antragsteller bestehe insbesondere nicht nach Ziffer 3.3.0 der Leistungsvereinbarung, wonach sie - die Beigeladene - nur die Unterrichtsbegleitung schulde. Der Begriff der Unterrichtsbegleitung umfasse bei weitem nicht die begehrte notwendige individuelle Einzelfallbetreuung zur Vermeidung von Selbst- und Fremdgefährdungen durch den Antragsteller. Dies ergebe sich aus den Regelungen des Erlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums zur Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeitern und von Betreuungspersonal an Sonderschulen. Die Stellungnahme der Klassenlehrerin des Antragstellers belege eindeutig, dass es in seinem Fall um Gefahrenabwehr gehe, weil dessen Verhalten unberechenbar sei. Zur Glaubhaftmachung der Gefährdungslage beziehe sie - die Beigeladene - sich zusätzlich auf die Stellungnahme ihrer Bereichsleiterin der Tagesstätte, Frau T., und ihres Erziehers, Herrn U., vom 26. Juli 2012 (Bl. 89 ff. GA). Die Auffassung des Antragsgegners, sie habe die für den Antragsteller notwendige Einzelfallbetreuung auf eigene Kosten zu stellen, übersteige ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Schließlich stehe dem Kläger ein gesetzlicher Anspruch auf Bewilligung eines Integrationshelfers zu, welchen das LS nicht durch eine aus Kostengründen motivierte Weisung aushebeln könne. Zur Umsetzung dieser Weisung bedürfe es im Übrigen des Abschlusses einer neuen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung sowie Entgeltvereinbarung zwischen ihr bzw. ihrem Spitzenverband und dem Land Niedersachsen. Die vertragliche Umsetzung sei allerdings praktisch kaum zu bewältigen, denn das Risiko des Erfordernisses individueller, ständiger Einzelfallbetreuung eines Schülers in einer teilstationären Einrichtung sei nicht kalkulierbar und deshalb einer Pauschalierung der Leistungssätze nicht zugänglich.

Die Kammer hat zur Aufklärung des Sachverhaltes telefonische Auskünfte bei der Niedersächsischen Landesschulbehörde Standort Q., beim für die Schülerbeförderung zuständigen Busunternehmen V., bei der ABH des Antragsgegners sowie bei der Leiterin der Schule L., Frau W., eingeholt. Die Ermittlungen der Kammer haben u.a. ergeben, dass die Leiterin der Förderschule L. Mitte Januar 2012 den Antragsteller im Einvernehmen mit der Beigeladenen vorübergehend von der Teilnahme am Unterricht suspendiert hat. Nach Auffassung der Schulleiterin könne der Antragsteller nur noch unter Anwesenheit einer zusätzlichen, für ihn individuell abgestellten Betreuungsperson beschult werden, um Gefährdungen für Lehrkräfte und Mitschüler sowie Eigengefährdungen des Antragstellers sicher ausschließen zu können. Durch Abstellung einer eigens nur für den Antragsteller zuständigen Betreuungsperson seitens der Beigeladenen wurde dieser etwa ab Mitte Mai 2012 bis zum Ende des Schuljahres 2011/2012 wieder beschult, allerdings nach Unterrichtsschluss nicht in der Tagesstätte betreut, sondern nach Hause geschickt. Wegen der weiteren Ergebnisse der eingeholten Auskünfte wird auf die Aktenvermerke (Bl. 93, 119, 126, 166 und 211 GA) verwiesen.

Des Weiteren hat die Kammer mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Wegen des Ergebnisses dieses Termins wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. August 2012 (Bl. 204 ff. GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden einstweiligen Rechtschutzverfahrens sowie der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens S 42 AY 142/12 und die hierzu beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners (1 Bd. Leistungsakte (LA) sowie 4 Bde. Ausländerakten) verwiesen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet.

Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19. Oktober 1977 - 2 BvR 42/76 -, BVerfGE 46 [166, 179, 184]). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier: des Klageverfahrens) abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und für die Hauptsache hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8. September 2004 - L 7 AL 103/04 ER -). Sowohl die hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft gemacht werden, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dies ist dem Antragsteller gelungen.

1.) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Alternative 3, Satz 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in der derzeit gültigen Fassung vom 14. März 2005 (BGBl I. S. 721). Danach können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind die Leistungen als Sachleistungen, bei Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistungen zu gewähren.

a) Zunächst stellt die Kammer klar, dass der minderjährige Antragsteller derzeit noch nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG leistungsberechtigt ist.

aa) Zwar haben sich der Antragsteller und seine Familienangehörigen während der Dauer des Asylverfahrens rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 1 B 224/09 -, InfAuslR 2010, S. 29, zit. nach juris Rn. 14; Dienelt in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl., § 81 Rn. 32; Deibel, ZfSH/SGB 2012, S. 189 (192)), die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG greifen indes vorliegend nicht zu ihren Gunsten, denn die aufgrund § 63 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ausgestellten Bescheinigungen über die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers und seiner Familienangehörigen sind ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Ausländerakten bereits seit dem 4. Juni 2012 abgelaufen. Die materielle Gestattungswirkung i.S.d. § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG endete gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG bereits zuvor durch Eintritt der Bestandskraft des Bescheides des BAMF vom 29. März 2012 am 17. April 2012, mit dem das BAMF die Asylanträge des Antragstellers und seiner Familienangehörigen nur insoweit erfolgreich beschieden hat, als diesen ein Abschiebungshindernis gem. § 60 Abs. 2 AufenthG hinsichtlich Syrien zuerkannt und die Asylanträge im Übrigen als unbegründet abgelehnt wurden. Da anders als gem. § 25 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG für den Fall der Anerkennung als Asylberechtigter oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei bloßer Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG der Aufenthalt des Ausländers im Zeitraum vom Eintritt der Bestandskraft der positiven Entscheidung des BAMF bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die ABH nicht von Gesetzes wegen als erlaubt gilt, wäre es im Falle des Antragstellers und seiner Familienangehörigen für einen fortwährend rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich gewesen, dass diese vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides des BAMF vom 29. März 2012 bei der ABH des Antragsgegners die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG beantragt hätten. Entsprechende Anträge sind für die Familie jedoch erst mit Datum vom 24. Juni 2012 (Vater des Antragstellers) bzw. 25. Juni 2012 (Antragsteller) und 3. Juli 2012 (Mutter des Antragstellers) der ABH vorgelegt worden. Diese hat daraufhin mit Datum vom 3. Juli 2012 dem Antragsteller und seinen Familienangehörigen sog. Fiktionsbescheinigungen gem. § 81 Abs. 5 AufenthG im Hinblick auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gem. § 25 Abs. 3 AufenthG ausgestellt, die Gültigkeit bis zum 2. Oktober 2012 beanspruchen.

bb) In der Rechtsprechung der Kammer ist geklärt, dass aus der bloßen Erteilung oder dem Besitz einer Fiktionsbescheinigung die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet nicht hergeleitet werden kann, weil einer Fiktionsbescheinigung lediglich deklaratorischer Charakter beizumessen ist (Beschluss der Kammer vom 11. Mai 2011 - S 42 AY 21/11 ER -, abgedruckt in Hohm, Kommentar zum AsylbLG, Loseblatt, Bd. 2, Stand: 46. Erg.lfg. Mai 2012, VII - § 1 (SG - Nr. 2), zit. nach juris Rn. 40 m.w.N.; ungenau daher Adolph in: Linhart/Adolph, Kommentar zum SGB II, SGB XII und AsylbLG, Loseblatt, Stand: 78. AL Juni 2012, § 1 AsylbLG Rn. 30d). Demzufolge kann sich der Antragsteller ebenso wie seine Familienangehörigen aufgrund der verspätet gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln derzeit nicht auf die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG stützen; für ihn und seine Familie greift aktuell und bis auf Weiteres nur die Duldungsfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug nach dem AsylbLG und die Berechtigung zum Sozialleistungsbezug nach dem SGB II (bei erlaubter Erwerbstätigkeit) oder dem SGB XII (vgl. Adolph, a.a.O., § 1 AsylbLG Rn. 30e) treten erst dann ein, wenn der Antragsteller und seine Familienangehörigen die nach telefonischer Auskunft bei der ABH des Antragsgegners schon seit dem 31. Juli 2012 zur Abholung bereitliegenden Aufenthaltserlaubnisse gem. § 25 Abs. 3 AufenthG abholen. Diese Aufenthaltstitel sind derzeit mangels Bekanntgabe gegenüber dem Antragsteller und seinen Familienangehörigen noch nicht wirksam, vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.

cc) Die verspätete Beantragung eines Aufenthaltstitels führt vorliegend dazu, dass der Antragsteller und seine Familienangehörigen vollziehbar ausreisepflichtig sind, denn nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG in der seit dem 26. November 2011 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I., S. 2258) - Zweites Richtlinienumsetzungsgesetz - ist die Ausreisepflicht eines Ausländers vollziehbar, wenn dieser noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht als fortbestehend gilt. Gegenüber der vorangegangenen, seit dem 28. August 2007 gültigen Fassung des § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I., S. 1970) - Erstes Richtlinienumsetzungsgesetz - hat der Gesetzgeber eine sprachliche Klarstellung dergestalt herbeigeführt, dass die Voraussetzungen der Nr. 2 alternativ zu verstehen sind (BR-Drs. 210/11, S. 63). Denn nach der früheren missverständlichen Fassung war streitig, ob ein Ausländer, der die Erteilung des erforderlichen Titels lediglich verspätet beantragt und für den deshalb die Duldungsfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingreift, vollziehbar ausreisepflichtig ist. Zu § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG wurde vertreten, dass hierunter nur die Gruppe von ausreisepflichtigen Ausländern fällt, die die Antragstellung bislang unterlassen hatte (vgl. etwa Dienelt in: Renner, a.a.O., § 58 Rn. 11; Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl., Rn. 1180 f.). Demgegenüber ist u.a. in der Rechtsprechung die nunmehr vom Gesetzgeber klargestellte Lesart vertreten worden, wonach auch schon vor Inkrafttreten des Zweiten Richtlinienumsetzungsgesetzes bei verspäteter Beantragung des Aufenthaltstitels der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig war (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. März 2009 - 10 CS 08.2871 -, InfAuslR 2009, S. 246 ff., zit. nach juris Rn. 10 m.w.N.).

dd) Mit der genannten Klarstellung durch das Zweite Richtlinienumsetzungsgesetz ist nach Auffassung der Kammer (i.E. ebenso Deibel, a.a.O., S. 192, allerdings ohne nähere Begründung) für das Asylbewerberleistungsrecht die Frage entschieden, ob sich in Fällen der verspäteten Beantragung eines Aufenthaltstitels die Leistungsberechtigung des betroffenen Ausländers in analoger Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG begründen lässt (so bisher Frerichs in: juris-Praxiskommentar zum SGB XII, § 1 AsylbLG Rn. 110; Herbst in: Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Bd. 2 SGB XII, Stand: 15. Erg.lfg. Januar 2010, § 1 AsylbLG Rn. 31) oder § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG direkt Anwendung findet (so bisher schon Decker in: Oestreicher, Kommentar zum SGB XII, Loseblatt, Stand: 47. Erg.lfg. Juni 2005, § 1 AsylbLG Rn. 31). Mangels gesetzlicher Regelungslücke ist für die vertretene analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG jetzt jedenfalls kein Raum mehr.

b) Die vom Antragsteller begehrte Bewilligung eines Integrationshelfers für den Schulbesuch einschließlich der nach Unterrichtsschluss (gegen 12:45 Uhr) in der Tagesstätte der Beigeladenen stattfindenden nachmittäglichen Betreuungsphase ist wegen seiner geistigen und körperlichen Behinderung zum Ausschluss von Selbst- und Fremdgefährdungen als Maßnahme der Eingliederungshilfe in tatsächlicher (dazu unten c)) und in rechtlicher Hinsicht geboten i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Alternative 3 AsylbLG.

aa) Über die Begleitung des Antragstellers während des Schülertransportes am Morgen zur Schule und am Nachmittag nach Hause braucht die Kammer dagegen nicht mehr streitig zu entscheiden, denn der Antragsgegner hat insoweit mit Änderungsbescheid vom 28. August 2012 (Bl. 174 f. GA) eine Teilabhilfe durch Bewilligung der Kostenübernahme für eine Begleitperson gemäß § 6 AsylbLG während des Schülertransports verfügt. Diesbezüglich bleibt der Kammer, die Beteiligten mit Blick auf die weiterhin anhängige Hauptsache S 42 AY 142/12 darauf hinzuweisen, dass auch im Asylbewerberleistungsrecht, wie sich etwa aus § 7 AsylbLG ergibt, das sog. Nachrangprinzip gilt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2004 - 5 B 108/04 -, NVwZ 2005, S. 463 f., zit. nach juris Rn. 8; Hohm, a.a.O., § 7 Rn. 7; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 3. Aufl., § 7 Rn. 2). Daraus folgt, dass zum einen der Antragsteller verpflichtet ist, sein Begehren auf Begleitung durch einen Integrationshelfer während der Phase der Schülerbeförderung gegenüber dem Antragsgegner als nach § 114 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) zuständigem Träger der Schülerbeförderung in der Hauptsache zumindest auch auf diesem Wege ernsthaft geltend zu machen. Der Vorrang zumutbarer Selbsthilfe rechtfertigt es, vom Antragsteller insoweit angemessene Bemühungen zur Realisierung seines gemäß § 114 Abs. 2 Satz 3 NSchG möglichen Anspruchs zu fordern (vgl. Wahrendorf, a.a.O., § 93 SGB XII Rn. 2). Nach § 114 Abs. 2 Satz 3 NSchG trifft den Antragsgegner für behinderte Schüler eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht. Auch wenn die Satzung des Antragsgegners über die Schülerbeförderung vom 13. Juli 1994 speziell in § 1 Abs. 4 für behinderte Schüler keine weitergehenden Aussagen über Art und Umfang der Beförderungs- und Erstattungspflicht enthält und in § 4 Abs. 1 Satz 2 regelt, dass nach der Satzung kein Anspruch auf Mitbeförderung einer Begleitperson besteht, muss die Beförderung des behinderten Antragstellers auch in Ansehung des Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG unter zumutbaren Bedingungen erfolgen, d.h. die gewählte Art der Schülerbeförderung - hier die Beauftragung eines privaten Busunternehmens mit der Sammelbeförderung behinderter Schüler - muss u.a. den individuellen Beförderungsnotwendigkeiten des behinderten Antragstellers, insbesondere seiner verminderten Selbstkontrolle Rechnung tragen (Littmann in: Brockmann/Littmann/Schippmann, Kommentar zum NSchG, Loseblatt, Stand: 41. Erg.lfg. April 2012, Erl. 2.4 zu § 114; vgl. auch VG Hannover, Beschluss vom 19. Oktober 2001 - 6 B 3273/01 -, zit. nach juris Rn. 15 f. für den Anspruch auf Einzeltransport eines behinderten Schülers zur Sonderschule aufgrund verminderter Belastbarkeit). Deshalb wird zumindest ernsthaft zu erwägen sein, ob der Antragsteller nicht schon aufgrund des § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG gegen den Antragsgegner als Träger der Schülerbeförderung einen Anspruch auf Gestellung einer qualifizierten Begleitperson hat, der dem Anspruch aus § 6 AsylbLG vorgeht (vgl. zum Meinungsstand: VG Stade, Urteil vom 29. Januar 2001 - 6 A 466/00 -, UA S. 10 f.; in diesem Sinne wohl auch Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 54 SGB XII Rn. 36 m.w.N.).

bb) Der Antragsteller hat unter Bezugnahme auf die bisherigen aktenkundig gewordenen amtsärztlichen Feststellungen des Gesundheitsamtes des Antragsgegners zumindest glaubhaft gemacht, dass bei ihm wegen einer sog. kombinierten Entwicklungsstörung derzeit von einer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderung (sog. Mehrfachbehinderung; zur Zuständigkeitsabgrenzung gem. §10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII in derartigen Fällen vgl. Urteil der 34. Kammer des erkennenden Gerichtes vom 12. März 2012 - S 34 SO 88/08 -, juris Rn. 27 ff. m.w.N.; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. Januar 2011 - L 8 SO 366/10 B -, juris Rn. 12) auszugehen ist, mithin Ansprüche gegen den Antragsgegner als zuständigem Träger der Kinder- und Jugendhilfe auf Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35a SGB VIII, die vor den Verwaltungsgerichten gerichtlich geltend zu machen wären, nicht in Betracht kommen. Diese Einschätzung teilt aktuell auch der Antragsgegner unter Berufung auf die Hinweise der Orientierungshilfe zu den Schnittstellen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zu anderen sozialen Leistungen (herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, Stand 24. November 2009, dort insb. Abschnitt IX, Ziff. 3 ff., Bl. 146 ff. GA), sodass die Kammer in diesem Punkt jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung veranlasst wird. Gleichwohl bieten die Ausführungen des Amtsarztes Dr. X. vom Gesundheitsamt des Antragsgegners in seiner Stellungnahme vom 20. Februar 2012 (Bl. 53 f. LA) Anlass zu Zweifeln an der aktuellen Herangehensweise, denn die insbesondere vom Personal der Beigeladenen (Bereichsleiterin, Klassenleitern, Erzieher) aktuell beschriebenen Ausprägungen der Verhaltensauffälligkeiten des Antragstellers seit seiner Beschulung, aus denen sich - anders als in dem Beratungsgutachten zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vom 18. Dezember 2011 - das Erfordernis ständiger Beaufsichtigung durch einen Einzelfallhelfer herleitet, sollen nach Einschätzung des Dr. X. wesentlich auf ein Erziehungsdefizit im familiären-häuslichen Bereich zurückzuführen sein. Der Amtsarzt führt insoweit aus, die Kostenübernahme für die beantragte Einzelfallhilfe sei behinderungsbedingt notwendig, wobei die Ausprägung der Behinderung insbesondere im seelischen Bereich auch durch Erziehungsdefizite mitbedingt sei. Für das anhängige Hauptsacheverfahren weist die Kammer deshalb darauf hin, dass der minderjährige Antragsteller nicht bereits deshalb von Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII auszuschließen ist, weil er (noch) dem persönlichen Anwendungsbereich des AsylbLG unterfällt. Denn bereits das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Regelungen des Asylverfahrensgesetzes und des Asylbewerberleistungsgesetzes die Gewährung von Kinder- und Jugendhilfe an minderjährige Asylbegehrende mit Blick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen des AsylbLG und des SGB VIII nicht ausschließen (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 109, S. 155 ff., zit. nach juris Rn. 25 ff.). Während das AsylbLG die Sicherung des Lebensunterhalts, die Unterbringung und sonstige Versorgung von Asylbewerbern bzw. den sonstigen Leistungsberechtigten i.S.d. § 1 Abs. 1 AsylbLG regelt, um u.a. materielle Anreize für eine illegale Einreise zu beseitigen, deshalb grundsätzlich die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums vorrangig in Form von Sachleistungen vorsieht, ist das SGB VIII ein umfassendes Jugendhilfegesetz insbesondere auf dem Gebiet der Erziehung. Aus der Regelung des § 6 Abs. 2 SGB VIII ergibt sich ausdrücklich, dass jugendliche Ausländer, die rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Buch haben können (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 W 3/06 -, zit. nach juris Rn. 14). Dass seelisch behinderte schulpflichtige Kinder einen Anspruch gegen den Träger der Jugendhilfe auf Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für den Schulbesuch haben können, ist in der Rechtsprechung bereits entschieden (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 23. Februar 2006 - 12 ME 474/05 -, JAmt 2006, S. 200 ff., zit. nach juris).

cc) Die zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern gebotenen sonstigen Leistungen i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG umfassen im Hinblick auf das gesetzliche Gebot zur Förderung behinderter Kinder aus Art. 23 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (UN-Kinderrechtskonvention, vgl. Bekanntmachung vom 10. Juli 1992, BGBl II., S. 990) auch Maßnahmen, die der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen i.S.d. §§ 53 ff. SGB XII i.V.m. der aufgrund § 60 SGB XII ergangenen Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) unterfallen, namentlich Hilfen zur angemessenen Schulbildung i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV (vgl. Frerichs, a.a.O., § 6 AsylbLG Rn. 81). In diesem Sinne hat bereits das Nds. OVG in seinem Urteil vom 25. Februar 1999 (12 L 3799/98 -, InfAuslR 1999, S. 247 f., zit. nach juris) zu der bis 31. Mai 1997 gültigen Vorgängerfassung des § 6 AsylbLG entschieden, dass Leistungen zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind, wenn diese erforderlich sind, um zu sichern, dass ein Kind seiner in § 63 Abs. 1 Satz 1 NSchG geregelten Schulpflicht nachkommt. Dies gelte unter Beachtung des Art. 23 UN-Kinderrechtskonvention auch für behinderte Kinder, die ihrer Schulpflicht neben dem Besuch einer öffentlichen Förderschule auch durch Besuch einer Tagesbildungsstätte i.S.d. §§ 162 ff. NSchG nachkommen können (juris Rn. 18 f.). Für das allgemeine Sozialhilferecht ist bereits entschieden, dass der Anspruch eines behinderten Schülers auf Eingliederungshilfe - auch bei Besuch einer Förderschule - die Stellung eines Schulbegleiters bzw. Integrationshelfers umfassen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 5 C 20/04 -, BVerwGE 123, S. 316 ff., zit. nach juris Rn. 10; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. November 2010 - L 8 SO 193/08 -, zit. nach juris LS 1; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007 - L 7 SO 414/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 38 f.; zit. nach juris; und Beschluss vom 9. Januar 2007 - L 7 SO 5701/06 ER-B -, FEVS 58, S. 285 ff., zit. nach juris). Nach Auffassung der Kammer rechtfertigt das Asylbewerberleistungsrecht keinen anderen Maßstab, weil - zumindest im Falle des Antragstellers bei absehbar längerem Aufenthalt im Bundesgebiet - keine sachlichen Unterschiede ersichtlich sind, die eine abweichende Bewertung zu rechtfertigen vermögen.

dd) Der minderjährige Antragsteller unterliegt aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts im Kreisgebiet des Antragsgegners der allgemeinen Schulpflicht. Er ist deshalb durch bestandskräftigen Bescheid der Nds. Landesschulbehörde vom 30. Januar 2012 (Bl. 21 GA) aufgrund festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs mit dem Förderschwerpunkt im Bereich geistige Entwicklung der öffentlichen Förderschule "Schule L. " in M. zugewiesen worden. An diese Zuweisung ist der Antragsgegner gebunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005, a.a.O., juris Rn. 11 ff., für die Sozialhilfe; vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23. Februar 2006 - 12 ME 474/05 -, JAmt 2006, S. 200 ff., zit. nach juris Rn. 11, für das SGB VIII; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 54 SGB XII Rn. 35 m.w.N.; Brockmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 5.2.1 zu § 68 NSchG), sodass er Zweifel an der Angemessenheit der Beschulung des Antragstellers durch die öffentliche Förderschule G L. dem hier geltend gemachten Anspruch auf einen Integrationshelfer grundsätzlich nicht mit Erfolg entgegen halten kann.

(1) Zwar hat das Land Niedersachsen die öffentliche Förderschule des Antragstellers gemäß §§ 14, 53 Abs. 1 NSchG neben Lehrkräften auch mit pädagogischen Mitarbeitern und Betreuungspersonal auszustatten, damit hierdurch die Förderschule erst in die Lage versetzt wird, dem besonderen Förderbedarf geistig behinderter Schüler Rechnung zu tragen (vgl. auch die Übergangsregelung des § 188 NSchG; für das Baden-Württembergische Schulrecht ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2010 - L 7 SO 6090/08 -, ZFSH/SGB 2011, S. 162 ff., zit. nach juris Rn. 33). Aufgabe der pädagogischen Mitarbeiter ist gemeinsam mit den Lehrkräften die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit (Schippmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 1 zu § 14 NSchG, S. 4); sie wirken die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit - etwa bei Gruppenarbeit - unterstützend, haben insoweit eine unterrichtsbegleitende und -ergänzende Funktion. Auch Betreuungsaufgaben kommen für pädagogische Mitarbeiter in Betracht. Ein wesentliches Betätigungsfeld eröffnet sich für diese Schulkräfte daher im Bereich der sonderpädagogischen Förderung, etwa im Bereich der integrativen Beschulung (Littmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 2.2 zu § 53 NSchG). Daneben ist die pflegerische Betreuung der Schüler vornehmlich bei sonderpädagogischem Förderbedarf dem staatlichen Betreuungspersonal i.S.d. § 53 NSchG anvertraut (Littmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 2.3 zu § 53 NSchG). Durch die Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 2 NSchG wird zudem die Möglichkeit eröffnet, an öffentlichen Schulen erforderliches Betreuungspersonal von sog. Kooperationspartnern zu gewinnen, das in Dienst- und Arbeitsverhältnissen bei diesen Kooperationspartnern (z.B. Vereine, Körperschaften und Organisationen der freien Wohlfahrtspflege) steht oder bei denen z.B. Stellen für den Bundesfreiwilligendienst geschaffen wurden (Littmann in: Brockmann, a.a.O., Erl. 3 zu § 53 NSchG). Damit wird deutlich, dass die Förderschule des Antragstellers mit ihrer personellen Ausstattung grundsätzlich in die Lage versetzt sein muss, aus eigenen Kräften den erhöhten Betreuungsaufwand und die Beaufsichtigung für die auf unterschiedlichste Art geistig behinderten Schüler zu schultern, die ihr von der Landesschulbehörde zugewiesen wurden. Nicht jede Form von Störung des Unterrichts durch herumlaufende, schreiende oder Lehrer und Mitschüler belästigende Behinderte rechtfertigt daher einen von der Schulleitung initiierten Ruf nach der Verantwortlichkeit des Sozialhilfeträgers im Hinblick auf die Stellung eines ständigen Schulbegleiters / Integrationshelfers. Insbesondere bei der von der Bereichsleiterin der Beigeladenen erläuterten Klassengröße (7 bis 8 Schüler) und angesichts des dort eingesetzten Personals (1 Lehrer, 1 Erzieher und 1 Hilfskraft) muss nach Auffassung der Kammer gewährleistet sein, dass Störungen bzw. Beeinträchtigungen des Unterrichts durch einzelne Schüler entgegen gewirkt werden kann. Es kommt allerdings in jedem Einzelfall auf das Ausmaß und die Intensität der behinderungsbedingten Auffälligkeiten eines Schülers an. Die Stellung eines Integrationshelfers während des Unterrichts in einer Förderschule muss daher solchen Sachlagen vorbehalten bleiben, in denen diese Auffälligkeiten weit über das übliche Maß hinausgehen, sodass auch die spezielle Schulform die Beschulung des betroffenen Behinderten ohne Einschaltung zusätzlicher, aber nicht vorhandener Kräfte nicht leisten kann oder die Förderschule die zusätzliche Hilfe tatsächlich nicht leistet (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. Januar 2011, a.a.O., juris Rn. 13; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2007, a.a.O., juris Rn. 6 ff.; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 54 SGB XII Rn. 34; für den Anspruch aus § 35a SGB VIII: Nds. OVG, Beschluss vom 23. Februar 2006, a.a.O., juris Rn. 12). Insoweit ist namentlich für den Fall des wirksamen Ausschlusses einer Selbst- oder Fremdgefährdung durch ständige Einzelfallaufsicht bzw. -betreuung des behinderten Schülers auch während des Unterrichts anerkannt, dass selbst bei Beschulung in einer Förderschule ein Anspruch auf Stellung eines Integrationshelfers besteht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.06.2007, a.a.O., juris Rn. 25; Urteil vom 18.11.2010, a.a.O., juris Rn. 34). Durch Erstellung eines Beratungsgutachtens zur Feststellung von Art und Umfang des sonderpädagogischen Förderbedarfs - wie hier unter dem 18. Dezember 2011 geschehen - ist der Förderschule in jedem Einzelfall zu Beginn der Schulphase bekannt, welcher voraussichtliche Aufwand mit der Beschulung des betroffenen behinderten Kindes auf sie zukommt, und sie kann ihren Personalbedarf daran ausrichten. Dem Antragsgegner bleibt vor diesem Hintergrund unbenommen, ggf. mit Unterstützung durch das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie bei der Landesschulbehörde aufgrund der erst nach Beginn der Beschulung des Antragstellers aufgetretenen Auffälligkeiten zumindest eine Überprüfung der Zuweisungsentscheidung mit dem Ziel der Suche nach geeigneteren Förderschulen oder Tagesbildungseinrichtungen anzuregen, wenngleich der Antragsgegner insoweit eine Änderung der Zuweisungsentscheidung nicht erzwingen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005, a.a.O., juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschluss vom 13. Oktober 2008 - 4 ME 287/08 -, NVwZ-RR 2009, S. 338, zit. nach juris Rn. 4 für das SGB VIII).

(2) Nunmehr hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 22. März 2012 (B 8 SO 30/10 R -, zit. nach juris) für das Verhältnis der Verantwortlichkeiten von Schulverwaltung und Sozialhilfeträger klargestellt, dass es auf die Unterscheidung der Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach ihrer Art (pädagogisch oder nicht pädagogisch bzw. unterrichtsbegleitend) nicht ankommt. Als Eingliederungshilfe nach § 12 Nr. 2 EinglHV kommen danach "grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ausdrücklich anordnet, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stehen mithin grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. Zum anderen normiert § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers" (BSG, Urteil vom 22. März 2012, a.a.O., juris Rn. 21 m.w.N.). Es ist nach Auffassung der Kammer angezeigt, diese Grundsätze für das Asylbewerberleistungsrecht zu übernehmen.

(3) Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend ist die Bereitstellung des vom Antragsteller geforderten Schulbegleiters bzw. Integrationshelfers zu seiner ständigen Beaufsichtigung während des Schulbesuchs im Interesse des Ausschlusses von Selbst- und Fremdgefährdungen trotz des Besuchs einer öffentlichen Förderschule, die vom Land mit pädagogischen Mitarbeitern und Betreuungspersonal ausgestattet wird, eine ergänzende Maßnahme der Eingliederungshilfe, die nicht dem Kernbereich der schulischen Arbeit zuzuordnen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2010, a.a.O., juris Rn. 34 m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. November 2010, a.a.O., juris Rn. 25); dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Niedersächsische Schulrecht dem Antragsteller und seinen Eltern keinen Anspruch auf Stellung eines Integrationshelfers gegen das Land Niedersachsen gibt (Nds. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2000 - 13 L 549/00 -, FEVS 52, S. 140 ff., zit. nach juris; Brockmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 5.2.1 zu § 68 NSchG, S. 29; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. November 2010, a.a.O., juris Rn. 26 i.V.m. Rn. 8).

c) Die Stellung eines Schulbegleiters bzw. Integrationshelfers für den Antragsteller ist auch in tatsächlicher Hinsicht i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG geboten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die von der Schulleiterin, der Klassenlehrerin und dem Erzieher des Antragstellers sowie der Bereichsleiterin der Tagesstätte der Beigeladenen in Einzelheiten beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten des Antragstellers - insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die obigen Feststellungen zu I. - dessen ständige Beaufsichtigung während des Unterrichts und nach Unterrichtsschluss während der nachmittäglichen Betreuungsphase in der Tagesstätte erfordern, um einerseits vom Antragsteller ausgehende Gefahren für Lehrkräfte und Mitschüler (insb. die körperlichen Attacken wie das Beißen, an den Haaren ziehen oder mit Bauklötzen werfen) auszuschließen, andererseits ihn auch vor sich selbst zu schützen (Ausschluss einer Selbstgefährdung etwa durch unkontrolliertes Wegrennen aus dem Unterricht). Jedenfalls hat der Antragsgegner keine Zweifel an den aktenkundig gewordenen Berichten der Schule und der Beigeladenen geäußert, sodass die Kammer in diesem Punkt zu weiterer Sachverhaltsaufklärung nicht veranlasst wird. Ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme vom 20. Februar 2012 (Bl. 53 f. LA) ist die beantragte Einzelfallhilfe auch behinderungsbedingt notwendig, damit der Antragsteller seine allgemeine Schulpflicht erfüllen kann. Hieraus folgt, dass sich ein Anspruch des Antragstellers auf Stellung eines Integrationshelfers auch nach der o.g. älteren Rechtsprechung ergibt, weil dessen Verhaltensauffälligkeiten weit über das übliche Maß hinausgehen und sowohl die Leiterin der Förderschule L., Frau W., in der von der Kammer telefonisch eingeholten Auskunft als auch die Bereichsleiterin der Tagesstätte der Beigeladenen, Frau T., im durchgeführten Erörterungstermin deutlich gemacht haben, dass der hieraus resultierende hohe individuelle Betreuungsbedarf des Antragstellers von dem der Schule und der Tagesstätte zur Verfügung stehenden Personal nicht weiter gedeckt werden kann.

Zudem haben der Geschäftsführer der Beigeladenen und deren Bereichsleiterin für die Tagesstätte auf Nachfrage der Kammer im Erörterungstermin klargestellt, dass die Beigeladene dem Antragsteller auf eigene Kosten im neuen Schuljahr 2012 / 2013 während des Unterrichts und am Nachmittag keinen Einzelfallhelfer zur Seite stellen werde, weil sie eine solche einzelfallbezogene Maßnahme nach der mit dem Land Niedersachsen geschlossenen Leistungsvereinbarung vertraglich nicht schulde. Die Bereitstellung einer individuellen Betreuungsperson zum Ende des vorangegangenen Schuljahres sei lediglich auf freiwilliger Basis erfolgt. Aufgrund dieser eindeutigen Erklärung kann daher die Kammer im vorliegenden Verfahren offen lassen, ob die Beigeladene nach den Regelungen der Leistungsvereinbarung dem Antragsteller während des Unterrichts eine Betreuungsperson stellen muss. Der auch im Asylbewerberleistungsrecht geltende Nachranggrundsatz greift nämlich nur dann, wenn vorrangige Ansprüche rechtzeitig durchgesetzt werden können und die anderweitige Hilfe tatsächlich bereit steht, was vorliegend im Hinblick auf die vom Antragsgegner geltend gemachten vertraglichen Verpflichtungen der Beigeladenen zur Stellung von individuellem Betreuungspersonal eben nicht der Fall ist (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 3. Juni 2010 - L 7 SO 19/09 B ER -, ZFSH/SGB 2010, S. 620 ff., zit. nach juris Rn. 41). Insbesondere ist für die Kammer mangels Kenntnis der zwischen dem Antragsteller bzw. seinen Eltern und der Beigeladenen geschlossenen Verträge und mangels Vorlage der zwischen der Beigeladenen und der öffentlichen Förderschule L. geschlossenen Kooperationsvereinbarung seitens der Beteiligten derzeit nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang der Antragsteller zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beigeladene auf ständige individuelle Betreuung auch während des Unterrichts hat, die ggf. vorrangig durchsetzbar wären. In diesem Punkt wäre insbesondere der Antragsgegner in der Hauptsache zu weitergehendem substantiiertem Vorbringen und zur Vorlage entsprechender Vertragsdokumente verpflichtet.

d) Im Hinblick auf die vom Antragsgegner angeführte Weisung des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie (LS), bei stationärer oder teilstationärer Unterbringung in Einrichtungen keine zusätzlichen Kosten für die Bereitstellung von Integrationshelfern zu übernehmen, bleibt daher der Kammer nur der Hinweis, dass zum einen diese Weisung den Antragsgegner im vorliegenden Verfahren nicht binden kann, weil ihm die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht als für den überörtlichen Träger der Sozialhilfe herangezogene Kommune obliegt, sondern er hier gemäß § 2 Abs. 1 des Nds. Aufnahmegesetzes (NdsAufnG) Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wahrnimmt und insoweit auch nicht der Fachaufsicht des Nds. Sozialministeriums, sondern der des Nds. Innenministeriums unterliegt.

Zum anderen erschließt sich aus den zu den Leistungsakten befindlichen Dokumenten (Emailverkehr mit dem LS, Niederschrift über die Sitzung der AG der Sozialamtsleiter, Bl. 87 ff. LA) nicht eindeutig die Reichweite der in Bezug genommenen Weisung des LS im Hinblick auf die hier in Rede stehende Tagesstätte der Beigeladenen. In den e.g. Dokumenten wird nämlich die Thematik der "Zusatzvergütungen neben der FFV-LRV in Tagesbildungsstätten" (vgl. Bl. 91 LA) abgehandelt. Bei der Einrichtung der Beigeladenen handelt es sich aber, anders als die Bereichsleiterin der Beigeladenen im Erörterungstermin vorgetragen hat, um keine anerkannte Tagesbildungsstätte i.S.d. §§ 162 ff. NSchG, sondern um eine Tagesstätte in der öffentlichen Förderschule G Am Tannenberg in Göttingen. Dementsprechend erfolgt der Internetauftritt der Tagesstätte der Beigeladenen (www.dw-christophorus.de/angebote/behindertenhilfe/tagesstaette-in-der-schulenbspamnbsptannenberg.html). Diese wichtige Differenzierung stellt auch die zuständige Sachbearbeiterin des Antragsgegners etwa in ihrem an das LS gerichteten Schreiben vom 17. Juli 2012 (Bl. 109 LA) heraus. Tagesbildungsstätten sind keine Schulen i.S.d. § 1 NSchG. Sie werden von einem Träger betrieben, der einem freien Wohlfahrtsverband angehört, sodass es sich um keine öffentlichen Schulen handelt (Brockmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 5.3 zu § 68 NSchG und Erl. 3 zu § 162 NSchG). Tagesbildungsstätten bedürfen der Anerkennung in einem Verfahren nach Maßgabe des § 164 NSchG, die die Beigeladene im vorliegenden Verfahren nicht glaubhaft gemacht hat. Nur durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht (vgl. § 162 Satz 1 NSchG); beim Besuch einer nicht anerkannten Tagesbildungsstätte müssen betroffene Kinder und Jugendliche zur Erfüllung ihrer Schulpflicht zusätzlich in einer öffentlichen Förderschule beschult werden (Brockmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 4 zu § 162, S. 3). Der Antragsteller besucht deshalb in Erfüllung seiner allgemeinen Schulpflicht ausweislich der Zuweisungsentscheidung der Landesschulbehörde die öffentliche Förderschule G L. und nur daneben, d.h. zusätzlich eine (angegliederte) Tagesstätte in freier Trägerschaft der Beigeladenen, die mit der öffentlichen Förderschule kooperiert (vgl. den Internetauftritt der Schule L. unter: www.sat.goe.ni.schule.de/index.php/ueber-uns). Der zusätzliche Besuch der Tagesstätte der Beigeladenen geht dabei zurück auf die amtsärztliche Empfehlung gemäß sozialmedizinischer Stellungnahme vom 29. November 2011 (Bl. 31 ff. LA).

Schließlich teilt die Kammer den u.a. in der Email des LS vom 22. Dezember 2011 (Bl. 87 f. LA) erkennbar werdenden Ansatz, dass Leistungsstörungen bzw. Pflichtverletzungen in der vertraglichen Beziehung zwischen dem Land Niedersachsen und der Beigeladenen nicht im Verhältnis des hilfebedürftigen Antragstellers zum Antragsgegner als für den überörtlichen Sozialhilfeträger herangezogene Kommune bzw. hier als Leistungsträger nach dem AsylbLG zur Begründung einer Einschränkung individueller Ansprüche auf Maßnahmen der Eingliederungshilfe herangezogen werden können, sondern allenfalls zu Schadensersatzansprüchen des Landes führen, die gegenüber der Beigeladenen durchzusetzen wären.

e) Der Antragsgegner war nach den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen darüber hinaus auch für die Dauer des Aufenthalts des Antragstellers nach Unterrichtsschluss (ca. 12.45 Uhr) während der nachmittäglichen Betreuungsphase in der Tagesstätte der Beigeladenen zur Stellung eines Integrationshelfers vorläufig zu verpflichten. Für diesen Tagesabschnitt haben die Bereichsleiterin der Tagesstätte und der Geschäftsführer der Beigeladenen im Erörterungstermin verdeutlicht, dass eine ständige Aufsicht und Betreuung des Antragstellers zur Gefahrenabwehr erforderlich ist, die durch eigenes Personal nicht geleistet werden könne und werde. Die von den Beteiligten geschilderten Abläufe gegen Ende des Schuljahres 2011/2012, wonach der Antragsteller zwar beschult, nach Unterrichtsschluss aber sofort nach Hause geschickt worden sei, mithin die Tagesstätte nicht mehr besucht habe, widersprechen den derzeitigen sozialmedizinischen und tatsächlichen Feststellungen des Antragsgegners und können daher nicht weiter - auch nicht vorläufig - fortgesetzt werden. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 (Bl. 9 LA) einen Antrag auf teilstationäre Unterbringung des Antragstellers in ihrer Tagesstätte einschließlich Mittagsverpflegung gestellt, dem nach Befürwortung durch das Gesundheitsamt des Antragsgegners (vgl. die eben zitierte sozialmedizinische Stellungnahme vom 29. November 2011, Bl. 31 ff. LA) mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 5. März 2012 (Bl. 65 f. LA) seitens des Antragsgegners für den Zeitraum ab Aufnahme am 5. Oktober 2011 bis längstens 15. Juni 2012 vollumfänglich entsprochen wurde. Zwar ist die Verlängerung der Kostenzusage seitens des Antragsgegners - entgegen der Ausführungen in dem Kostenanerkenntnis vom 5. März 2012 - bis heute offensichtlich nicht "automatisch" erfolgt. Gleichwohl beansprucht mangels gegenteiliger Feststellungen zum einen die sozialmedizinische Stellungnahme des Amtsarztes vom 29. November 2011 Fortgeltung, wonach der Antragsteller über die schulischen Belange hinaus ein intensives Förderkonzept zur Verbesserung seiner Selbständigkeit sowie seiner kommunikativen und sozialen Fähigkeiten benötigt und die Tagesstätte der Beigeladenen hierfür geeignet sei (Bl. 36 LA unten).

Es kommt hinzu, dass auch auf gezielte Nachfrage der Kammer im Erörterungstermin die aktenkundige Feststellung des Antragsgegners, aufgrund des Kooperationsmodells zwischen der öffentlichen Förderschule L. und der Tagesstätte der Beigeladenen sei ein isolierter Besuch der Schule nicht möglich (Bl. 47 LA), bislang nicht widerlegt werden konnte, sodass die Kammer diesen Zusammenhang im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei ihrer Entscheidungsfindung zu beachten hat. Die Bereichsleiterin der Beigeladenen hat die e.g. Feststellung des Antragsgegners inhaltlich mit dem Hinweis gestützt, dass in Niedersachsen die Beschulung von Förderschülern mit geistiger Behinderung im Ganztagsmodell erfolge (insoweit übereinstimmend mit den Regelungen des Erlasses des Nds. Kultusministeriums vom 1. Februar 2005 "Sonderpädagogische Förderung", SVBl. 2005, S. 49 ff., ber. S. 135 ff., Abschnitt II.2.2; vgl. auch Brockmann in: Brockmann u.a., a.a.O., Erl. 3 zu § 162 NSchG, S. 2). Die Kammer betont in diesem Zusammenhang mit Blick auf das weiterhin anhängige Hauptsacheverfahren nochmals die Verpflichtung der Verfahrensbeteiligten zur Vorlage dieser Kooperationsvereinbarung, was zumindest dem Antragsgegner über sein Schulverwaltungsamt oder im Wege der Amtshilfe durch die Landesschulbehörde ohne Weiteres möglich sein müsste. Nur für den Fall, dass ein isolierter Besuch der Förderschule L. rechtlich zulässig und praktisch umsetzbar ist, könnte der Antragsgegner bei seiner noch ausstehenden Entscheidung über die Weiterbewilligung des Tagesstättenbesuchs wegen Eignungszweifeln die Notwendigkeit der teilstationären Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung des Beigeladenen zur Betreuung nach dem Unterricht in Frage stellen, sofern die Beigeladene an ihrem Standpunkt festhält, sie könne den erhöhten individuellen Betreuungsbedarf des Antragstellers nicht mit eigenem Personal bewältigen. Denn auch die Kammer teilt dem Ansatz nach die Auffassung des Antragsgegners und des Nds. Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie, dass bei teilstationärer Unterbringung die Bereitstellung zusätzlichen (externen) Betreuungspersonals außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auf Kosten des örtlichen Sozialhilfeträgers bzw. hier des Leistungsträgers nach dem AsylbLG grundsätzlich nicht in Betracht kommen sollte. Zwar mögen die Angaben der Bereichsleiterin der Tagesstätte der Beigeladenen im Erörterungstermin vor der Kammer, wonach der vertraglich vereinbarte Personalschlüssel für 4/5 der Sonderschulklassen ausreiche und lediglich in 1/5 der Klassen wegen erhöhten individuellen Betreuungsaufwandes zusätzliche Integrationshelfer bislang zum Einsatz gekommen seien, tatsächlich zutreffen und praktisch nachvollziehbar sein. Gleichwohl dürfte es Sache der vertragsschließenden Parteien (hier Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie einerseits und Diakonisches Werk als Spitzenverband der Beigeladenen andererseits) sein, bei gewählter pauschaler Abgeltung der Kosten (anstelle deren Spitzabrechnung) gemäß den §§ 75, 79 SGB XII diese Erfahrungswerte in die Vertragsverhandlungen einzubringen und dementsprechend einen angepassten Personalschlüssel der Vergütungsvereinbarung zugrunde zu legen. Ob dies bei Abschluss der derzeit gültigen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung der Fall war, entzieht sich der Kenntnis der Kammer. Die abschließende Beantwortung dieser Frage bleibt daher ggf. einem gerichtlichen Verfahren zwischen den Vertragsparteien vorbehalten.

f) Das dem Antragsgegner gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG eingeräumte Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert, denn angesichts der allgemeinen Schulpflicht des Antragstellers, die dieser zwingend zu erfüllen hat, und der besonderen Umstände des Einzelfalls, dass die Leitung der Schule L. den Antragsteller nur noch mit Integrationshelfer zum Unterricht zulässt und die Beigeladene dem Antragsteller keine individuelle Betreuungsperson mehr stellt, wäre jede andere Entscheidung des Antragsgegners als die Bereitstellung des beantragten Einzelfallhelfers während des Schul- und Tagesstättenbesuchs ermessensfehlerhaft. Die Kammer konnte deshalb durchentscheiden.

2.) Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn es liegt aufgrund seiner gesetzlichen Schulpflicht, deren Erfüllung ihm von Beginn des neuen Schuljahres 2012 / 2013 an obliegt und von der er - anders als von der Leitung der Förderschule im vergangenen Schuljahr praktiziert - außerhalb der gesetzlichen Regelungen des NSchG (insb. §§ 61 ff., 69 ff. NSchG) auch nicht vorläufig suspendiert werden kann, und der Unumkehrbarkeit einer Verletzung dieser Pflicht in der Natur der Sache, dass eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses zu Beginn des Schuljahres nötig ist, um wesentliche Nachteile vom Antragsteller abzuwenden, weil ein sehr wahrscheinlicher Erfolg in der anhängigen Hauptsache für den Antragsteller zu spät kommen würde.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt um einen das ganz überwiegende Obsiegen des Antragstellers, zum anderen den Umstand, dass die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und auch sonst das Verfahren nicht wesentlich gefördert hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Aufl., § 193 Rn. 11a).

4.) Dem Antragsteller war ferner nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO ratenfreie Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten zu gewähren. Die hierfür erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten ergeben sich aus den vorstehenden Ausführungen.