Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.09.2023, Az.: 3 MD 7/23

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.09.2023
Aktenzeichen
3 MD 7/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 38871
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0927.3MD7.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 23.06.2023 - AZ: 5 B 2/22

Fundstellen

  • DÖD 2023, 265-284
  • DÖV 2024, 164
  • NordÖR 2023, 674

Amtlicher Leitsatz

Für die Beschwerde gemäß § 62 Abs. 1 NDiszG gegen Entscheidungen nach § 58 NDiszG gilt über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG die Zwei-Wochen-Frist des § 147 Abs. 1 VwGO entsprechend. Einer Nichtabhilfeentscheidung gemäß § 148 Abs. 1 VwGO bedarf es im Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen nach § 58 NDiszG nicht. In solchen Verfahren findet auch ohne ausdrückliche Verweisung in § 62 NDiszG bereits über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG die Vorschrift des § 146 Abs. 4 VwGO entsprechende Anwendung, deren Satz 5, 2. Halbsatz die Anwendbarkeit des § 148 VwGO ausschließt. Über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG finden auch bei Beschwerden gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über vorläufige Dienstenthebungen und/oder Einbehaltung von Bezügen die Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO sowie die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 3, 6 und 4 VwGO entsprechende Anwendung.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 5. Kammer - vom 23. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 24.459,69 EUR festgesetzt.

Für das Beschwerdeverfahren wird der Wert des Streitgegenstandes auf 24.742,14 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin dagegen, dass das Verwaltungsgericht die von ihr unter dem 2. Februar 2022 sowie dem 18. Januar 2023 verfügte vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers nebst Einbehaltung von 30 % seiner Dienstbezüge ausgesetzt hat.

Der am ... 1974 geborene Antragsteller steht im Statusamt eines Hauptsekretärs im Justizvollzugsdienst (Besoldungsgruppe A 8). Ab dem 1. Juli 2018 war er im Fachbereich Sicherheit (Pfortendienst) der Antragsgegnerin eingesetzt. Nachdem er aufgrund orthopädischer Probleme dem Dienst mehrfach krankheitsbedingt ferngeblieben war, legte er eine Bescheinigung vor, wonach er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zum Schicht- sowie Nachdienst eingesetzt werden könne.

Daraufhin veranlasste die Antragsgegnerin eine amtsärztliche Untersuchung zur Klärung der Dienstfähigkeit des Antragstellers. In dem amtsärztlichen Gutachten vom 2. Januar 2019 (Bl. 271 bis 272 Rs./Gerichtsakte - GA -) führte die Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen des Gesundheitsamtes für die Stadt und den Landkreis A-Stadt (im Folgenden: Gesundheitsamt A-Stadt) mit einer weiteren Ärztin des Amtes aus, beim Antragsteller träten im Bereich der oberen Brustwirbelsäule nach längerem Sitzen Schmerzen auf, die wahrscheinlich auf degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie muskuläre Dysbalancen zurückzuführen seien. Diese Schmerzen seien während der Pförtnertätigkeit und in diesem Zusammenhang aufgrund langen Sitzens erstmalig aufgetreten, nachdem er seine Tätigkeit nach einem im März 2018 erlittenen Skiunfall im Sommer 2018 wiederaufgenommen habe. Außerdem sei bei ihm im Juni 2018 ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom diagnostiziert worden, welches seit Oktober 2018 mit einer nasalen CPAP-Therapie behandelt werde. Auf dieses Krankheitsbild wirke sich sein hohes Körpergewicht ungünstig aus. Von dem behandelnden Pneumologen werde eine gesunde Schlafhygiene im Sinne eines biologischen circadienen Rhythmus' empfohlen und daher von Nachtdiensten abgeraten. Zur Verbesserung der Dienstfähigkeit könne beispielsweise die Bereitstellung eines Stehpultes sowie einer rückengerechten Sitzgelegenheit, welche die Rückenmuskulatur stärke, die individuelle Sitzhaltung fördere und die Druckbelastung im Sitzbereich reduziere, dienen. Zusätzlich sollten ausreichende Möglichkeiten zum Lagewechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen gewährleistet sein. Des Weiteren sei bezüglich der Rückenbeschwerden und des Schlafapnoe-Syndroms dringend eine Gewichtsabnahme anzuraten; zusätzlich sei der weitere Aufbau der Rückenmuskulatur empfehlenswert. Unter Beachtung dieser Vorgaben könne eine überwiegend sitzende Tätigkeit mit den o. g. Haltungswechseln verrichtet werden. Bezüglich der Nachtschichten sei aufgrund des vorliegenden Schlafapnoe-Syndroms in den gültigen AWMF-Leitlinien das Einhalten einer angemessenen Schlafhygiene angeraten, was in mehreren Nachtdiensten en bloc realisierbar sei. Auf Pendeldienste im Sinne von täglich wechselnder Tag- und Nachtschicht solle verzichtet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt werde er "als dienstfähig" angesehen.

Am 15. April 2019 fand anlässlich des Dienstantritts des Antragstellers in der Abteilung Strafhaft der Antragsgegnerin ein Gespräch zu seiner künftigen Dienstverrichtung statt. Ausweislich eines Gesprächsvermerks des Herrn E. (Bl. 283, 283 Rs./GA) äußerte der Antragsteller hierbei, dass er aus gesundheitlichen Gründen weder Nachtdienst versehen noch Wochenenddienste und Frühdienste verrichten könne. Die Antragsgegnerin teilte mit, sie werde ihn im Wechsel zu Früh- und Spätdiensten einteilen; seine Frage, ob es in der Abteilung Strafhaft auch einen "regulären Tagesdienst" gebe, verneinte sie.

Am 4. Juli 2019 leitete die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Disziplinarverfahren ein (Bl. 3 f./Beiakte 001) und machte ihm hiervon unter dem 8. Juli 2019 Mitteilung (Bl. 9 bis 12/Beiakte 001). Es lägen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass er am 28. Mai 2019 spätestens seit 7:18 Uhr seine Dienstpflichten - in Form seiner Einsatzpflicht (§ 34 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG), seiner Wohlverhaltenspflicht (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und seiner Folgepflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) - schuldhaft verletzt habe, indem er den Dienst vorzeitig, nämlich bereits um 7:18 Uhr, verlassen habe. Er sei durch den Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes, Herrn F., um 7:07 Uhr aufgefordert worden, einen Strafgefangenen, der einen medizinischen Notfall erlitten habe, zwecks Abklärung dessen in die Notaufnahme des Universitätsklinikums zu begleiten. Er solle auf die Aufforderung mit den Worten "Ich setze mich doch nicht den ganzen Tag ins Krankenhaus, das geht mit meinem Rücken nicht" reagiert haben. Nachdem Herr F. erklärt habe, der Antragsteller müsse im Krankenhaus nicht permanent sitzen, solle er "Ja, soll ich dann etwa die ganze Zeit stehen?" erwidert haben. Auf den Hinweis, er habe bei der Aufsichtsführung im Krankenhaus die Möglichkeit, abwechselnd zu sitzen, zu stehen und auch ein paar Schritte zu gehen, weil er die Überwachung nicht allein durchführe, solle er geäußert haben, "Ich möchte hiermit nochmal betonen, dass ich Rückenschmerzen habe". Auf die weitere Frage von Herrn F., ob er dies so interpretieren solle, dass der Antragsteller die Anordnung nicht befolgen werde, solle er geantwortet haben "Dann melde ich mich eben hiermit krank" und das Telefonat durch Auflegen beendet haben. Daraufhin habe er um 7:18 das Gebäude verlassen.

Ebenfalls am 4. Juli 2019 fand eine amtsärztliche Nachbegutachtung des Antragstellers statt. In ihrer Stellungnahme vom 17. September 2019 (Bl. 270 Rs./GA) führte die Amtsärztin H. aus, der Antragsteller beklage trotz der nasalen CPAP-Behandlung seines Schlafapnoe-Syndroms weiterhin Tagesmüdigkeit sowie Einschlafschwierigkeiten. Da es sich offensichtlich um eine Schlafstörung mit Erschöpfungssyndrom handle, sei zunächst eine Schlaflaboruntersuchung notwendig, um den aktuellen Status sowie den therapeutischen Erfolg der CPAP-Behandlung festzustellen. Danach wäre eine Differenzierung zwischen einer körperlich oder psychisch bedingten Schlafstörung möglich; außerdem könnten von dem Schlaflabor Vorschläge zu ggf. weiteren Therapieoptionen gegeben werden.

Mit Stellungnahme seiner Prozessbevollmächtigen vom 18. Juli 2019 (Bl. 16 bis 17/Beiakte 001) machte der Antragsteller zu dem Disziplinarvorwurf geltend, bereits zeitlich vor Dienstantritt am 28. Mai 2019 an Rückenschmerzen gelitten zu haben; er habe dann im weiteren Verlauf des 28. Mai 2019 seinen Hausarzt aufgesucht, der ihm für die Zeit vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 (Bl. 60/Beiakte 001) eine Arbeitsunfähigkeit attestiert habe.

Der Ermittlungsbericht der Antragsgegnerin vom 12. November 2019 (Bl. 23 bis 35/Beiakte 001) gelangte zu dem Ergebnis, der Antragsteller habe durch sein Verhalten am 28. Mai 2019 schuldhaft gegen seine Folgepflicht verstoßen. Er sei zwar auch dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben, was indes vor dem Hintergrund der - sodann für den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 attestierten - Dienstunfähigkeit unberücksichtigt bleiben solle. Der Antragsteller nahm hierzu unter dem 16. Dezember 2019 (Bl. 51 bis 57/Beiakte 001) dahin gehend Stellung, er bestreite bereits, dass die Gespräche inhaltlich so stattgefunden hätten, wie im Ermittlungsbericht ausgeführt. Jedenfalls aber habe er bereits ab dem 27. Mai 2019 unter Rückenschmerzen gelitten, weil die amtsärztlichen Empfehlungen zur Bereitstellung eines leidensgerechten Sitzplatzes nicht umgesetzt worden seien. Er sei daher für die in Aussicht genommene Begleitung des erkrankten Strafgefangenen nicht zu 100 % einsatzfähig gewesen. Da dies von Herrn F. nicht berücksichtigt worden sei, habe nur noch die Möglichkeit bestanden, sich offiziell krank zu melden. Es sei seine Pflicht, darauf hinzuweisen, wenn er sich den an ihn herangetragenen Aufgaben gesundheitlich nicht gewachsen fühle. Im Übrigen seien die krankheitsbedingten Fehlzeiten seit nunmehr zwei Jahren gerade auch darauf zurückzuführen, dass immer noch keine Umsetzung der amtsärztlichen Vorgaben im Hinblick auf die Rahmenbedingungen seines Dienstes erfolgt seien.

In dem weiteren amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes A-Stadt vom 20. Februar 2020 (Bl 269 Rs., 270/GA) nahmen die genannten Amtsärztinnen u. a. unter Verweis auf ein lungenfachärztliches Zusatzgutachten des I. vom 23. Januar 2020 sowie auf einen Befund des Facharztes für Nervenheilkunde und Psychotherapie J. vom 10. Mai 2019 dahin gehend Stellung, dass beim Antragsteller eine mittelgradige obstruktive Schlafapnoe vorliege, die erfolgreich mittels CPAP-Therapie behandelt werde. Aus schlafmedizinischer Sicht sollte indes wegen vorliegender Hinweise auf ein Schichtarbeitersyndrom auf Nachtschichten möglichst verzichtet werden. Früh- und Spätschichten erschienen jedoch zumutbar. Auch stehe die obstruktive Schlafapnoe dem Ableisten von Wochenend- und Feiertagsdiensten nicht entgegen; diese seien dem Antragsteller zumutbar. Falls von ihm angeführt werde, dass ihm aufgrund seiner psychischen Erkrankung das Ableisten von Wechselschichtdiensten (ohne Nachtschicht) und Wochenenddiensten unmöglich sei, werde um Nachricht gebeten, um ggf. noch eine psychiatrische Zusatzbegutachtung zu beantragen.

Am 6. März 2020 fand mit Blick auf die Erkenntnisse aus dem aktuellen amtsärztlichen Gutachten vom 20. Februar 2020 ein Personalgespräch mit dem Antragsteller statt, um seine weitere dienstliche Verwendung und die entsprechenden Rahmenbedingungen seines Dienstes zu erörtern. Ausweislich des Gesprächsvermerks der Antragsgegnerin vom 10. März 2020 (Bl. 286 bis /GA) erklärte der Antragsteller, das amtsärztliche Gutachten nicht anzuerkennen und aus gesundheitlichen Gründen keinen Schichtdienst leisten zu können. Jegliche Art von Schichtdienst sei ungünstig für ihn; er werde sich in diesem Fall arbeitsunfähig schreiben lassen. Er sei grundsätzlich dienstfähig und wolle arbeiten, aber ausschließlich in einem geregelten Tagesdienst. Zu einer tatsächlichen Dienstaufnahme nach zwischenzeitlich erfolgter Abordnung an die Jugendanstalt K., Abteilung A-Stadt, sei es bisher nicht gekommen, weil auch diese ihm keinen Tagesdienstposten zur Verfügung stelle und ihn ausschließlich im Schichtdienst einsetzen wolle. Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt hatte, die von ihm weiterhin angesprochene rückengerechte Sitzgelegenheit sei vorhanden und könne sofort zum Einsatz kommen, erklärte er erneut, seinen Dienst nur wieder aufnehmen zu können, wenn er im Tagesdienst eingesetzt werde. Ferner bekundete er, seine eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten rührten auch von einer psychischen Erkrankung her und regte eine psychiatrische Zusatzbegutachtung an.

Mit Schreiben vom 8. April 2020 (Bl. 83 l bis 83 n/Beiakte 001) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, sie habe beim Gesundheitsamt A-Stadt ein psychiatrisches Zusatzgutachten in Auftrag gegeben. Der Gutachtenauftrag sei mit der Frage verbunden gewesen, ob er - dem amtsärztlichen Gutachten vom 20. Februar 2020 folgend - bis zum Vorliegen des psychiatrischen Zusatzgutachtens zum Frühdienst, Spätdienst sowie Wochenend- und Feiertagsdienst eingesetzt werden könne (unter Bereitstellung eines Stehpults und einer rückengerechten Sitzgelegenheit). Das Gesundheitsamt habe mitgeteilt, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie eine Einladung zur Begutachtung derzeit nicht möglich wäre, dort aber auch keine Informationen vorlägen, aus denen hervorginge, dass er aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht dienstfähig wäre. Vor diesem Hintergrund werde er unter Verweis auf die amtsärztliche Gutachtenlage "als dienstfähig" angesehen. Er werde aufgefordert, am 16. April 2020 zum Dienst zu erscheinen. Ferner kündigte die Antragsgegnerin an, "im Krankheitsfall mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres keine privatärztlichen Atteste" des Antragstellers mehr anzuerkennen und forderte ihn auf, ab sofort jede Dienstunfähigkeit ab dem ersten Tag der Erkrankung durch die Vorlage eines amtsärztlichen Attests des Gesundheitsamts A-Stadt zu belegen.

Am 15. April 2020 meldete sich der Antragsteller bis zum 13. Mai 2020 krank. Gleichzeitig teilte er mit, dass nach Auskunft des Gesundheitsamtes A-Stadt derzeit amtsärztliche Untersuchungen nicht möglich seien (Bl. 83 s/Beiakte 001) und fügte seinem Schreiben eine E-Mail der Stadt A-Stadt vom 15. April 2020 (Bl. 83 t/Beiakte 001) bei, wonach aufgrund der "jetzigen Situation" im Gesundheitsamt "auf nicht absehbare Zeit keine Untersuchungen" stattfänden.

Unter dem 4. Mai 2020 dehnte die Antragsgegnerin das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren auf 5 weitere Sachverhalte aus (Bl. 84 bis 89/Beiakte 001) und informierte ihn hierüber mit Schreiben vom selben Tage, ihm persönlich sowie seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 7. Mai 2020 (Bl. 90 a, b Rs./Beiakte 001). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Disziplinarvorwurf zu 2 a) bis 2 e)

Es bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller schuldhaft gegen seine Einsatzpflicht, seine Wohlverhaltenspflicht und seine Pflicht, dem Dienst nur mit Genehmigung fernzubleiben, verstoßen habe. Denn er habe im Rahmen eines Personalgesprächs am 4. Dezember 2019 keine Bereitschaft zur Mitarbeit gezeigt, obwohl er mit angemessenen Fragen konfrontiert worden sei. Eine gedeihliche, kollegiale und zielorientierte Gesprächsführung sei mit ihm nicht zustande gekommen. Zu einem am 3. März 2020 anberaumten Personalgespräch sei er nicht erschienen. Zu dem Personalgespräch am 6. März 2020 sei er unter Verweis auf einen Arzttermin verspätet erschienen, habe dies jedoch nicht belegt. Der Aufforderung im Schreiben vom 8. April 2020, seinen Dienst am 16. April 2020 aufzunehmen, sei er "bis heute nicht nachgekommen". Unter dem 20. April 2020 sei er erneut und unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 8. April 2020 aufgefordert worden, am Tag nach Zustellung des Schreibens zum Dienst zu erscheinen. Die Zustellung sei am 21. April 2020 erfolgt. Er sei am 22. April 2020 nicht zum Dienst erschienen und der Aufforderung "bis jetzt" auch nicht nachgekommen.

Der Antragsteller nahm zu den in der Ausdehnungsverfügung vom 4. Mai 2020 enthaltenen Disziplinarvorwürfen zu 2 a) bis e) mit Schreiben vom 25. Juni 2020 (Bl. 95 bis 101/Beiakte 001) Stellung. Er habe während des Gesprächs am 4. Dezember 2019 sehr wohl angemessen mitgewirkt. Abgesehen davon sei er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands nicht verpflichtet, zeitlich vor einer abschließenden medizinischen Klärung seiner Dienstfähigkeit an entsprechenden Gesprächen teilzunehmen, so dass er am 3. März 2020 nicht habe erscheinen müssen. Im Hinblick auf das Personalgespräch am 6. März 2020 habe er zunächst einen Termin bei seinem Physiotherapeuten (8:00 Uhr bis 8:25 Uhr) gehabt, habe danach noch duschen müssen und sei sodann von 9:00 Uhr bis 10:30 Uhr bei seinem behandelnden Orthopäden gewesen; entsprechende Anwesenheitsbescheinigungen fügte er bei (Bl. 100, 101/Beiakte 001). Er sei nur wenige Minuten nach 12:00 Uhr erschienen. Die Aufforderung zum Dienstantritt vom 8. April 2020 (zum 16. April 2020) erscheine bizarr, denn der Antragsgegnerin sei hinlänglich bekannt gewesen, dass er aufgrund seiner medizinischen Einschränkungen nicht zum Dienst erscheinen könne; entsprechende Atteste lägen vor. Gleiches gelte für die Aufforderung, am 22. April 2020 zum Dienst zu erscheinen. Die Erfüllung der Aufforderung, sich bei einer anhaltenden Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest ausstellen zu lassen, sei für ihn schlicht unmöglich gewesen. Er habe mehrfach beim Gesundheitsamt A-Stadt angefragt und stets die Mitteilung erhalten, dass aufgrund der coronapandemiebedingten Kontaktbeschränkungen eine Untersuchung nicht in Betracht komme und bereits das Betreten des Gesundheitsamtes ausgeschlossen sei. Auch dies habe er der Antragsgegnerin wiederholt mitgeteilt. Aus der vorgelegten E-Mail des Gesundheitsamts vom 17. Juni 2020 (Bl. 107/Beiakte 001) gehe hervor, dass in der Zeit vom 15. April 2020 bis zum 13. Mai 2020 ein dortiger Termin, um eine privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestätigen zu lassen, nicht habe stattfinden können und dass das Gesundheitsamt "auch aktuell" für den Publikumsverkehr geschlossen sei, so dass die Bestätigung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung "unter Umständen auch zukünftig schwierig werden" könne. Ferner reichte der Antragsteller eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes A-Stadt - Frau L. - vom 15. Juni 2020 zum Disziplinarvorgang (Bl. 108/Beiakte 001), in der es - bezogen auf eine Arbeitsunfähigkeits(folge)bescheinigung des Facharztes für Nervenheilkunde J., betreffend den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 17. Juni 2020, heißt, die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeit/Dienstunfähigkeit werde "hiermit amtsärztlich bescheinigt". Nach alledem komme - so der Antragsteller - auch in Bezug auf die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens allein dessen Einstellung in Betracht.

Für den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 19. August 2020 erfolgte eine weitere Arbeitsunfähigkeits(folge)bescheinigung des Facharztes J., die durch das Gesundheitsamt A-Stadt - Frau L. - am 30. Juli 2020 bestätigt wurde (Bl. 111/Beiakte 001). Die weitere Arbeitsunfähigkeits(folge)bescheinigung des Facharztes J. vom 19. August 2020 (Zeitraum: 28. Mai 2019 bis zum 16. September 2020) bestätigte das Gesundheitsamt unter dem 3. September 2020 (Bl. 112/Beiakte 001). Eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes J. vom 16. September 2020 (Zeitraum: 28. Mai 2019 bis 21. Oktober 2020) bestätigte das Gesundheitsamt bis einschließlich 30. September 2020; im Anschluss sei eine Wiedereingliederung geplant (Bl. 113/Beiakte 001).

Das Gesundheitsamt A-Stadt hielt in seinem weiteren amtsärztlichen Gutachten vom 16. September 2020 (Bl. 268 Rs., 269/GA) unter Verweis auf die Vorgutachten sowie die nunmehr erfolgte psychiatrische Zusatzbegutachtung des Antragstellers durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M. vom 25. Juli 2020 (Bl. 273 bis 278 Rs./GA) an seiner bisherigen Einschätzung fest. Bei dem Antragsteller bestehe ein mittelgradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP-Therapie sowie eine chronische Angstsymptomatik mit Schlafstörung, ein Erschöpfungssyndrom und eine mittelgradige depressive Episode. Aus internistischer und psychiatrischer Sicht sollte wegen vorliegender Hinweise auf ein Schichtarbeitersyndrom sowie die Gefahr der Begünstigung der depressiven Erkrankung auf Nachtschichten verzichtet werden. Früh- und Spätschichten seien dem Antragsteller aber nach den Feststellungen der Fachgutachter trotz seiner Erkrankungen zumutbar. Eine 5-Tage-Woche sollte eingehalten werden, wobei in diesem Rahmen auch Wochenend- und Feiertagsdienste abgeleistet werden könnten. Aufgrund der beschriebenen orthopädischen Einschränkungen sollten die bereits vorgutachterlich empfohlenen Hilfen umgesetzt werden. Zusammenfassend sei der Antragsteller unter den genannten Bedingungen "dienstfähig", wobei nach der langen Abwesenheit am Arbeitsplatz eine Wiedereingliederung stattfinden solle.

Unter dem 7. Oktober 2020 (Bl. 114, 115/Beiakte 001) erklärte das Gesundheitsamt A-Stadt gegenüber der Antragsgegnerin, der Gutachtenauftrag vom 16. März 2020 sei nunmehr - "mit dem Ergebnis der Dienstfähigkeit" des Antragstellers unter den im Gutachten aufgeführten Rahmenbedingungen - abgeschlossen. Die amtsärztliche Bestätigung der behandelnden Ärzte des Antragstellers sei "als Ausnahmeregelung in der besonderen Situation der Corona-Pandemie unsererseits vorgenommen [worden], da der Gutachtenauftrag in der Zeit ruhen musste". Inzwischen habe das amtsärztliche Gutachten abgeschlossen werden können, so dass "die amtsärztliche Bestätigung der vorgelegten Atteste hinfällig" sei.

In der weiteren amtsärztlichen Stellungnahme vom 9. Oktober 2020 (Bl. 266 Rs., 267/Beiakte 001) wurde unter Bezugnahme auf das Vorgutachten sowie das lungenfachärztliche sowie das fachpsychiatrische Zusatzgutachten festgestellt, es bestehe keine medizinisch begründbare Ursache, warum der Antragsteller nicht an Frühdiensten teilnehmen könne. Sowohl der lungenfachärztliche als auch der fachpsychiatrische Gutachter hielten seinen Einsatz in Frühdiensten, Spätdiensten sowie Wochenend- und Feiertagsdiensten für zumutbar.

Bereits ab dem 1. Oktober 2020 hatte der Antragsteller mit einer stufenweisen Wiedereingliederung begonnen, die bis zum 25. November 2020 vorgesehen war. Schon während der Wiedereingliederung, aber auch danach trat er Frühdienste mit Dienstbeginn um 6:00 Uhr unter Verweis auf das Vorliegen einer Erkrankung nicht an bzw. meldete sich kurze Zeit nach Dienstantritt krank. Auch Wochenenddiensten während der Wiedereingliederung und danach blieb er unter Verweis auf Erkrankungen fern (vgl. Bl. 379 f./Beiakte 001).

In dem weiteren Ermittlungsbericht der Antragsgegnerin vom 25. März 2021 (Bl. 124 bis 140/Beiakte 001) gelangte der nunmehr bestellte Ermittlungsführer zu dem Ergebnis, dem Antragsteller sei im Hinblick auf den Disziplinarvorwurf zu 1 - die Geschehnisse am 28. Mai 2019 - eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung nicht vorzuhalten, weil zu seinen Gunsten von einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit an jenem Tag auszugehen sei. Im Hinblick auf den Disziplinarvorwurf zu 2 a), während des Personalgesprächs am 4. Dezember 2019 keine Bereitschaft zur Mitarbeit gezeigt zu haben, divergierten die Darstellungen zum Gesprächsverlauf, so dass weiterer Beweis zu erheben wäre; aus verfahrensökonomischen Gesichtspunkten erscheine es angezeigt, diesen Sachverhalt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 NDiszG aus dem Verfahren auszuscheiden. Durch das Nichterscheinen zu dem am 3. März 2020 anberaumten Personalgespräch - Disziplinarvorwurf zu 2 b) - habe der Antragsteller indes schuldhaft gegen die Folgepflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Hinsichtlich des Personalgesprächs am 6. März 2020 - Disziplinarvorwurf zu 2 c) - gälte es weiter aufzuklären, um welchen Zeitfaktor er sich tatsächlich verspätet habe; auch insoweit sei aus verfahrensökonomischen Gesichtspunkten angezeigt, den entsprechenden Vorwurf aus dem Disziplinarverfahren auszuscheiden. Was die Disziplinarvorwürfe zu 2 d) und zu 2 e) betreffe, auf die Aufforderung vom 8. April 2020 sowie vom 20. April 2020 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben zu sein, sei der Nachweis eines Pflichtenverstoßes für den Zeitraum vom 8. April 2020 bis zum 30. September 2020 nicht zu führen. Denn der Antragsteller habe insoweit privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, die amtsärztlicherseits "bestätigt" worden seien. Der Antragsteller nahm unter dem 27. Mai 2021 (Bl. 160 bis 166/GA) zum (zweiten) Ermittlungsbericht Stellung.

Unter dem 21. Juli 2021 dehnte die Antragsgegnerin das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren auf 7 weitere Sachverhalte aus und informierte ihn hierüber mit Schreiben vom selben Tage (Bl. 190 bis 202/Beiakte 001). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Disziplinarvorwurf zu 3

Es bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller schuldhaft gegen seine Dienstpflichten aus §§ 34 Satz 1 BeamtStG, 67 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) verstoßen habe, indem er seinem Dienst unentschuldigt ferngeblieben sei. Seit dem 12. Januar 2019 bis zu seiner dauerhaften Erkrankung (beginnend) am 28. Mai 2019 habe er sich zu allen eingeteilten Früh- und Wochenenddiensten im Vorfeld krank gemeldet. Auch während der Wiedereingliederung in der Zeit vom 1. Oktober 2020 bis zum 25. November 2020 habe er alle Dienste, die - wie der Frühdienst - um 6:00 Uhr begonnen hätten, nicht angetreten bzw. zweimal nach kurzer Zeit beendet. Seit dem 12. Januar 2019 habe er somit weder Wochenenddienste noch Frühdienste verrichtet. Die einzelnen Vorwürfe - insgesamt 52 - listete die Antragsgegnerin tabellarisch auf (Bl. 191 bis 194/Beiakte 001); sie stellen sich, geordnet nach Wochenend- und Frühdiensten, im Einzelnen wie folgt dar:

Wochenenddienste

1) 12.01.20191 Tagkrank
2) 23.2.20191 Tagkrank
3) 9.3.2019 - 10.3.20192 Tagekrank
4) 24.3.30191 Tagkrank
5) 22.4.20191 Tagkrank
6) 27.3.2019 - 28.3.20192 Tagekrank
7) 18.5.2019 - 19.5.20192 Tagekrank
8) 31.12.20201 Tagkrank
9) 23.1.2021 - 24.1.20212 Tagekrank
10) 6.2.2021 - 7.2.20212 Tagekrank
11) 13.2.20211 Tagkrank
12) 20.2.2021 - 21.2.20212 Tagekrank
13) 6.3.2021 - 7.3.20212 Tagekrank
14) 13.3.20211 Tagkrank
15) 20.3.2021 - 21.3.20212 Tagekrank
16) 3.4.2021 - 4.4.20212 Tagekrank
17) 17.4.2021 - 18.4.20212 Tagekrank
18) 15.5.20211 Tagkrank
19) 29.5.2021 - 30.05.20212 Tagekrank
20) 10.7.2021 - 11.7.20212 Tagekrank
21) 17.7.20211 Tagkrank
22) 24.7.2021 - 25.7.20212 Tagekrank

Frühdienste

23) 14.1.2019 - 18.1.20195 Tagekrank
24) 28.1.2019 - 29.1.20192 Tagekrank
25) 11.2.20191 Tagkrank
26) 14.2.2019 - 15.2.20192 Tagekrank
27) 25.2.2019 - 1.3.20195 Tagekrank
28) 13.3.2019 - 15.3.20193 Tagekrank
29) 25.3.20191 Tagkrank
30) 27.3.2019 - 29.3.20193 Tagekrank
31) 23.4.2019 - 26.4.20194 Tagekrank
32) 8.5.2019 - 10.5.20193 Tagekrank
33) 22.5.2019 - 24.5.20193 Tagekrank
34) 1.10.20201 Taganw./krank aus Dienst
35) 2.10.20201 Taganw./krank aus Dienst
36) 12.10.2020 - 14.10.20203 Tagekrank
37) 15.10.2020 - 16.10.20202 Tagekrank
38) 26.10.2020 - 28.10.20203 Tagekrank
39) 29.10.2020 - 30.10.20202 Tagekrank
40) 9.11.2020 - 11.11.20203 Tagekrank
41) 12.11.2020 - 13.11.20202 Tagekrank
42) 18.1.2021 - 20.1.20213 Tagekrank
43) 26.1.2021 - 29.1.20214 Tagekrank
44) 9.2.2021 - 12.2.20214 Tagekrank
45) 15.2.2021 - 17.2.20213 Tagekrank
46) 9.3.2021 - 12.3.20214 Tagekrank
47) 15.3.2021 - 17.3.20213 Tagekrank
48) 12.4.2021 - 14.4.20213 Tagekrank
49) 25.5.2021 - 26.5.20212 Tagekrank
50) 1.6.2021 - 4.6.20214 Tagekrank
51) 13.7.2021 - 16.7.20214 Tagekrank
52) 19.7.2021 - 21.7.20213 Tagekrank

Zudem habe der Antragsteller vom 28. Mai 2019 bis 30. September 2020 bei allen Diensten wegen Krankmeldung gefehlt. Weiter führte die Antragsgegnerin aus, ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 16. September 2020 sowie des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens sei der Antragsteller in der Lage, trotz der bestehenden krankheitsbedingten körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen den Dienst auch im Früh-, Spät-, Wochenend- und als Feiertagsdienst auf dem angebotenen Arbeitsplatz vollschichtig zu verrichten. Sein Arbeitsplatz sei entsprechend der amtsärztlichen und betriebsmedizinischen Empfehlungen ausgestattet worden und aus gesundheitlichen Gründen geeignet, weil er während seiner dienstlichen Tätigkeit sowohl im Sitzen als auch im Stehen arbeiten könne und ihm genügend Bewegung ermöglicht werde. Außerdem sei ein speziell auf sein Leiden zugeschnittener Bürostuhl angefertigt worden, der ihm seit dem 24. Februar 2021 zur Verfügung stehe. Während der Arbeitsplatzbegehung am 21. Oktober 2020, bei der u. a. das Integrationsamt und die Schwerbehindertenvertreterin zugegen gewesen seien, habe er jedoch geäußert, dass er den in der kommenden Woche vorgesehenen Frühdienst aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten werde.

Disziplinarvorwurf zu 4

Ferner lägen zureichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller an 5 Tagen (2. November 2020 bis 6. November 2020), während weiterer 5 Tage (16. November 2020 bis 20. November 2020 [wobei für den 20. November 2020 eine Krankmeldung vermerkt wurde]) sowie an weiteren 9 Tagen (im Zeitraum vom 3. Februar 2021 bis zum 21. Mai 2021) seinen Dienst verspätet angetreten habe. Vom 2. November 2020 bis einschließlich 6. November 2020 habe er sich zudem in der Zeit von 17:10 Uhr bis 17:30 Uhr täglich krank gemeldet und das Gebäude verlassen; ärztliche Atteste in Bezug auf diese Tage lägen aber nicht vor. Es fehlten auch ärztliche Atteste für den Zeitraum vom 16. November 2020 bis zum 19. November 2020. Durch sein Verhalten sei er hinreichend verdächtig, seine Dienstpflichten aus §§ 34 Satz 1, 35 Satz 2 BeamtStG sowie aus § 67 Abs. 1 NBG in Verbindung mit Ziffer 8 DSVollz und der Dienstvereinbarung Nr. 05 schuldhaft verletzt zu haben.

Disziplinarvorwurf zu 5

Er sei am 4. November 2020 durch den Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes, Herrn F., per E-Mail angewiesen worden, täglich ein Tätigkeitsprotokoll zu erstellen und dieses am Folgearbeitstag beim zuständigen Sachbearbeiter im Vollzug abzugeben. Dies habe er für den Zeitraum vom 4. November 2020 bis zum 6. November 2020 nicht getan und damit voraussichtlich u. a. schuldhaft gegen seine Folgepflicht verstoßen.

Disziplinarvorwurf zu 6

Ferner gebe es Hinweise, dass der Antragsteller ohne schriftliche Genehmigung des beantragten Urlaubs in der Zeit vom 19. Oktober 2020 bis zum 25. Oktober 2020 seinem Dienst ferngeblieben sei.

Disziplinarvorwurf zu 7

Der Antragsteller sei zudem hinreichend verdächtig, seine Pflicht zu vertrauenswürdigem Verhalten schuldhaft verletzt zu haben, indem er sich im Beisein anderer Kollegen außerordentlich respektlos und unangemessen gegenüber seinem Vorgesetzten, Herrn F., verhalten habe. Er habe sich am 15. Januar 2021 gegen 12:50 Uhr provokativ ca. 30 cm hinter Herrn F. positioniert und dort verharrt. Sodann habe er in einem sehr aggressiven Tonfall geäußert "Bleibt das jetzt bei Deinem Rahmendienstplan?". Nach der bejahenden Antwort habe er entgegnet: "Dann wende ich mich jetzt ans Ministerium." Er habe erneut sehr aggressiv gegenüber Herrn F. geäußert: "Du musst mal Erlasse lesen."

Disziplinarvorwurf zu 8

Am 19. November 2020 habe der Antragsteller einen Antrag auf Sonderurlaub für den Zeitraum vom 20. November 2020 bis zum 3. Dezember 2020 eingereicht und zur Begründung angegeben, dass für seinen jüngsten Sohn durch das Gesundheitsamt A-Stadt eine Quarantäne angeordnet worden sei. Trotz mehrfacher Aufforderung habe er nicht näher begründet, warum die Betreuung allein durch ihn möglich sein solle. Der Antrag sei so nicht genehmigungsfähig gewesen und daher abgelehnt worden. Am 20. November 2020 habe er sich dann mit dem Verdacht auf eine Covid-19-Infektion bis einschließlich 24. November 2020 krank gemeldet. Durch sein Verhalten sei er hinreichend verdächtig, schuldhaft gegen seine Pflichten aus §§ 34 Satz 1, 35 Satz 2 BeamtStG, 67 Abs. 1 NBG in Verbindung mit Ziffer 8 DSVollz verstoßen zu haben.

Disziplinarvorwurf zu 9

Schließlich habe er seiner Landtagseingabe vom 4. November 2019 sowie seinen Ausführungen vom 15. Dezember 2020 in dem beim Verwaltungsgericht Göttingen zum Aktenzeichen 3 A 149/20 geführten Verfahren unbefugt und in unzulässiger Weise dienstliche Daten beigefügt sowie private IT-Systeme für dienstliche Zwecke genutzt und (durch Verwendung) von Speichermedien weitere Dienstvergehen begangen (Übermittlung dienstlicher Informationen über fremde Rechnernetze oder Internet).

Der Antragsteller nahm unter dem 23. August 2021 (Bl. 232 bis 234 Rs./GA) zum weiteren Ermittlungsbericht Stellung. Er machte u. a. geltend, er habe für die Tage, an denen er sich aus einer Anwesenheit heraus krank gemeldet habe, keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, weil solche seinerzeit nicht verlangt worden seien. Vor diesem Hintergrund sei für ihn nicht nachvollziehbar, wenn ihm etwa 9 Monate später im Rahmen eines Disziplinarverfahrens vorgehalten werde, er habe seinerzeit keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beigebracht. Er habe sich gegenüber Herrn F. auch nicht aggressiv geäußert. Da seine Vorgesetzten es "nicht geschafft" hätten, ihn gegen seinen Willen in den Ruhestand zu versetzen, würden ständig neue Dienstvergehen gesucht und werde mit "haltlosen Anschuldigungen" das Disziplinarverfahren erweitert. Hierdurch werde er enorm unter psychischen Druck gesetzt. Seit 3 Jahren ignoriere die Antragsgegnerin seine gesundheitlichen Einschränkungen bzw. nehme sie nicht ernst.

Mit streitgegenständlicher Verfügung vom 2. Februar 2022 (Bl. 10 bis 13 Rs./GA) enthob die Antragsgegnerin den Antragsteller unter Verweis auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG vorläufig des Dienstes und hörte ihn zugleich zu ihrer Absicht an, Teile seiner Dienstbezüge einzubehalten. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe schuldhaft gegen seine Dienstleistungspflicht (§ 34 Satz 1 BeamtStG) verstoßen, weil er seinem Dienst unerlaubt ferngeblieben sei, und stützte diese Auffassung auf die folgenden Vorwürfe:

Disziplinarvorwurf zu 1

Er sei am 28. Mai 2019 gebeten worden, einen Strafgefangenen zur Abklärung eines medizinischen Notfalls in das Universitätsklinikum zu begleiten. Er habe darauf geäußert "Ich setze mich doch nicht den ganzen Tag ins Krankenhaus, das geht mit meinem Rücken nicht". Auf erneute Intervention habe er erklärt, "Ja, soll ich denn etwa die ganze Zeit stehen?". Nachdem seitens seines Vorgesetzten weiter darauf bestanden worden sei, dass er den Transport begleite, habe er bekundet: "Ich möchte nochmal betonen, dass ich Rückenschmerzen habe". Auf die weitere Frage, ob er die Anordnung also nicht befolge, habe er geantwortet: "Dann melde ich mich eben hiermit krank" und das Telefonat durch Auflegen beendet. In der Folgezeit habe er dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 vorgelegt.

Disziplinarvorwurf zu 2 b), zu 2 c), zu 2 d) und zu 2 e)

Zu einem am 3. März 2020 anberaumten Personalgespräch sei er nicht erschienen. Zu dem Personalgespräch am 6. März 2020 sei er unter Verweis auf einen Arzttermin verspätet erschienen, habe dies jedoch nicht belegt. Der Aufforderung im Schreiben vom 8. April 2020, seinen Dienst am 16. April 2020 aufzunehmen, sei er nicht nachgekommen. Auch nachdem er unter dem 20. April 2020 aufgefordert worden sei, am Tag nach Zustellung des Schreibens zum Dienst zu erscheinen, sei er am 22. April 2020 nicht zum Dienst erschienen.

Disziplinarvorwurf zu 3

Ausweislich der drei amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes A-Stadt vom 2. Januar 2019, 20. Februar 2020 und 16. September 2020 bestehe beim Antragsteller "Dienstfähigkeit" für Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienste; lediglich für Nachtdienste sei seine "Dienstuntauglichkeit" festgestellt worden. Obwohl also seine (begrenzte) Dienstfähigkeit mehrfach amtsärztlicherseits festgestellt worden sei, habe er sich seit dem 12. Januar 2019 zu allen eingeteilten Früh- und Wochenenddiensten krank gemeldet und diesbezüglich im Wesentlichen ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. vorgelegt.

Disziplinarvorwurf zu 4

Ferner sei der Antragsteller in der Zeit vom 2. November 2020 bis zum 6. November 2020 verspätet zum Dienst erschienen. Außerdem habe er sich während dieses Zeitraums täglich jeweils zwischen 17:10 Uhr bis 17:30 Uhr krank gemeldet und das Gebäude verlassen, ohne bis zum heutigen Tag ärztliche Atteste vorzulegen. Auch im Zeitraum zwischen dem 16. November 2020 bis zum 19. November 2020 sei er verspätet zum Dienst erschienen.

Disziplinarvorwurf zu 6

In der Zeit vom 19. Oktober 2020 bis zum 25. Oktober 2020 sei er dem Dienst ohne Genehmigung ferngeblieben.

Disziplinarvorwurf zu 8

Am 19. November 2020 habe er einen Antrag auf Sonderurlaub für den Zeitraum vom 20. November bis zum 3. Dezember 2020 eingereicht und zur Begründung angegeben, dass für seinen jüngsten Sohn durch das Gesundheitsamt A-Stadt eine Quarantäne angeordnet worden sei. Auf den Hinweis seines Vorgesetzten, dass der Antrag so nicht genehmigungsfähig sei und "nach einigem Hin und Her" habe sich der Antragsteller dann bis einschließlich 24. November 2020 krank gemeldet.

Soweit der Antragsteller privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe, lägen konkrete Umstände vor, die hinreichenden Anlass dafür böten, dass die dort attestierten Dienstunfähigkeiten tatsächlich nicht bestanden hätten. So habe er selbst immer wieder betont, er könne nur im Tagesdienst arbeiten. Aus den amtsärztlichen Stellungnahmen ergebe sich jedoch, dass er sehr wohl für Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienste "dienstfähig" sei. Schon deshalb bestünden durchgreifende Zweifel an den - jeweils durch den Facharzt J. - attestierten Arbeitsunfähigkeitszeiten an Früh- und Wochenenddiensten. Ein weiterer Umstand, aus dem durchgreifende Zweifel hinsichtlich der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeitszeiten erwüchsen, sei die Regelmäßigkeit der Fehltage für die Zeiträume, in denen er zu Früh- oder Wochenenddiensten eingesetzt gewesen sei. Die offenkundige Diskrepanz zwischen den amtsärztlichen Feststellungen und den hohen Fehlzeiten wegen vermeintlicher Erkrankungen bilde einen hinreichenden Anlass für begründete Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der privatärztlichen Bescheinigungen. Ihm seien die Ergebnisse der amtsärztlichen Gutachten bekannt gewesen, so dass er sich - sollte er sich tatsächlich für erkrankt gehalten haben - in einem vermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Sein Fehlverhalten sei als besonders schwerwiegend anzusehen und führe dazu, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in seine ordnungsgemäße Amtsführung als endgültig zerstört gelten müsse. Somit werde als Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen werden müssen.

Am 1. März 2022 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Göttingen die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragt und geltend gemacht: Er habe zunächst in der Kreativwerkstatt der Antragsgegnerin gearbeitet; von dort sei er jedoch aufgrund unberechtigter Vorwürfe, sich unkollegial verhalten zu haben, weggesetzt worden. Seither habe er überwiegend sitzende Tätigkeiten ausüben müssen, wodurch es immer wieder zu krankheitsbedingten Dienstausfällen aufgrund orthopädischer Probleme gekommen sei. Betriebsärztlicherseits vorgeschlagene (orthopädische) Hilfsmaßnahmen seien indes nicht umgesetzt worden, wodurch die Fehlzeiten noch zugenommen hätten. Die erste amtsärztliche Untersuchung habe die Einschätzung des Betriebsarztes bestätigt. Aufgrund von Unklarheiten hinsichtlich seiner Fähigkeit zum Schichtdienst sei sodann eine Untersuchung im Schlaflabor durchgeführt worden. Später seien bei ihm aufgrund der sich am Arbeitsplatz immer weiter verschlechternden Situation und der über Monate fehlenden Umsetzung der orthopädischen Hilfsmaßnahmen zur Herstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes noch psychiatrische Beeinträchtigungen hinzugetreten. Obwohl das Verfahren hinsichtlich der Prüfung seiner Dienstfähigkeit noch nicht vollständig abgeschlossen gewesen sei - insbesondere sei das Gesundheitsamt A-Stadt coronapandemiebedingt überlastet gewesen -, habe die Antragsgegnerin ein Disziplinarverfahren eingeleitet und weiter ausgedehnt. Es seien immer neue Vorwürfe erhoben worden, die fast ausschließlich auf dem Konflikt um seine krankheitsbedingten Fehlzeiten beruht hätten. Eine rückengerechte Bestuhlung habe er erst am 24. Februar 2021 erhalten.

Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung unterliege ernstlichen Zweifeln. Es bestünden bereits Bedenken hinsichtlich der förmlichen Durchführung des Verfahrens, denn zum einen sei der ursprüngliche Ermittlungsführer - möglicherweise aufgrund seiner relativierenden Einschätzung der Vorwürfe - ausgetauscht worden, zum anderen sei an der fachlichen Qualifikation des jetzigen Ermittlungsführers zu zweifeln und schließlich sei die Schwerbehindertenvertretung vor Erlass der angegriffenen Verfügung nicht beteiligt worden. Jedenfalls aber trügen die von der Antragsgegnerin erhobenen Vorwürfe die vorläufige Dienstenthebung nicht. Sie seien Ausfluss seiner medizinischen Beeinträchtigungen und der dauerhaft fehlenden Einrichtung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes durch die Antragsgegnerin, wobei den jeweiligen Fehlzeiten privatärztliche Atteste zugrunde gelegen hätten, die eben diese Problematik beinhaltet hätten. Soweit seine Dienstfähigkeit noch nicht abschließend geklärt gewesen sei, könne sich die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, er sei dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben. Auch müsse danach differenziert werden, ab welchem konkreten Zeitpunkt ihm ein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Jedenfalls hätte die Antragsgegnerin zunächst in einem abgestuften Verfahren gegen ihn vorgehen müssen, statt über Jahre Vorwürfe zu "sammeln", um dann eine besonders harte Maßnahme rechtfertigen zu wollen. Schließlich hätte die Antragsgegnerin auch seine bekannte familiäre Situation hinreichend berücksichtigen müssen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat die angegriffene Verfügung verteidigt. Hierzu hat sie insbesondere auf ihren zwischenzeitlich verfassten Abschlussbericht vom 3. Februar 2022 (Bl. 35 bis 41/GA) verwiesen. Sie habe wegen der fortwährenden Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den Facharzt J. Strafanzeige und Strafantrag erstattet. Aus der Ermittlungsakte ergebe sich, dass der Antragsteller uneinsichtig sei, eine fortwährende Verweigerungshaltung an den Tag lege und ein unkollegiales Verhalten gezeigt habe. Er erkenne nicht, dass er durch sein Fehlverhalten im Zusammenhang mit den Früh- und Wochenenddiensten seine Kollegen übermäßig belaste; vielmehr nehme er nur seine eigenen Interessen in den Blick. Soweit er an Gesprächen teilgenommen habe, habe sich immer wieder offenbart, dass er nicht in der Lage gewesen sei, die an ihm und seinen Verhaltensweisen geübte Kritik aufzunehmen. Er sei mehr als einmal darauf hingewiesen worden, dass die von ihm eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. die amtsärztlichen Feststellungen nicht widerlegten. Obwohl er mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. April 2020 (Bl. 83 ff./Beiakte 001) eine "Amtsarztauflage" erhalten habe, sei er bereits ab dem 1. Oktober 2020 erneut sämtlichen Früh- und Wochenenddiensten ferngeblieben. Es treffe nicht zu, dass ihm kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden sei. Er habe insgesamt 7 verschiedene Bürostühle der Firma N. ausprobieren dürfen; schließlich habe er einen Bürostuhl der Firma O. ausgesucht. Die Kosten in Höhe von rund 2.400 EUR habe die Antragsgegnerin übernommen. Auch sei das Integrationsamt bei einer Begehung am 21. Oktober 2020 beteiligt gewesen; dort habe der Antragsteller aber weitere Forderungen - einen höhenverstellbaren Schreibtisch - aufgestellt, die nach fachlicher Einschätzung nicht notwendig seien.

Unter dem 18. Januar 2023 (Bl. 133 bis 138 Rs./GA) hat die Antragsgegnerin erklärt, das Verfahren wiederaufgegriffen, nunmehr die Schwerbehindertenvertretung beteiligt und deren Stellungnahme bei ihrer Entscheidung berücksichtigt zu haben mit dem Ergebnis, dass es bei der vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG verbleibe und gemäß §§ 38 Abs. 2, 33 Abs. 3 NDiszG der Einbehalt von 30 % seiner Dienstbezüge ab dem auf die Zustellung des Bescheides nachfolgenden Fälligkeitstag angeordnet werde. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin die Ausführungen in ihrer Verfügung vom 2. Februar 2022 wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung rechtfertige keine andere Betrachtungsweise. Den privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werde kein großer Stellenwert beigemessen; vielmehr zeigten diese, überwiegend von ein und demselben Arzt ausgestellten Bescheinigungen, dass beim Antragsteller stets dann "Spontanerkrankungen" aufgetreten seien, wenn er zu bestimmten, ihm nicht genehmen Diensten eingeteilt gewesen sei. Mangels Angaben zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen werde unter Berücksichtigung dessen, dass er ledig sei und zwei Kinder habe, die Einbehaltung von 30 % seiner Dienstbezüge verfügt.

Der Antragsteller hat die Verfügung vom 18. Januar 2023 unter dem 26. Januar 2023 in das gegen die vorläufige Dienstenthebung geführte Aussetzungsverfahren einbezogen.

Mit Beschluss vom 23. Juni 2023 hat das Verwaltungsgericht die vorläufige Dienstenthebung nebst Einbehaltung von Dienstbezügen ausgesetzt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, welcher der Antragsteller entgegentritt.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Sie ist zwar statthaft (dazu unter 1.) und auch im Übrigen zulässig (dazu unter 2.), aber unbegründet (dazu unter 3.).

1. Gemäß § 62 Abs. 1 NDiszG steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz oder in der Verwaltungsgerichtsordnung etwas anderes bestimmt ist. Eine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung ist also immer dann ausgeschlossen, wenn ein solcher Ausschluss entweder durch das Niedersächsische Disziplinargesetz selbst oder durch die Verwaltungsgerichtsordnung geregelt ist. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Beschwerde gegen einen - wie hier - verwaltungsgerichtlichen Beschluss über einen Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und/oder der teilweisen Einbehaltung von Dienstbezügen statthaft.

Das Niedersächsische Disziplinargesetz schließt eine Beschwerde gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen gemäß § 58 NDiszG nicht aus.

Ein solcher Ausschluss ergibt sich auch nicht aus der Verwaltungsgerichtsordnung. Sowohl die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung als auch die Anordnung des Einbehaltens eines Teils der Dienstbezüge sind Verwaltungsakte, die kraft Gesetzes (§ 39 Abs. 1 Satz 2 NDiszG) sofort vollziehbar sind. Der Rechtsschutz gegen diese Regelungen ist abschließend in § 58 NDiszG geregelt, der insoweit ein spezielles Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes enthält (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Juli 2023, § 63 BDG Rn. 1 [in Bezug auf die bundesrechtliche Parallelvorschrift des § 63 BDG]). Der Beamte kann gegen die disziplinarbehördliche Entscheidung der vorläufigen Dienstenthebung und/oder der teilweisen Einbehaltung von Bezügen weder Widerspruch noch Anfechtungsklage erheben - worauf in § 58 Abs. 1 Satz 3 NDiszG ausdrücklich hingewiesen ist - und damit auch kein Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Fall in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines dieser Rechtsbehelfe betreiben (Gansen, a. a. O., § 63 BDG Rn. 3; ders., § 63 BDG Rn. 37 [zur Rechtslage nach dem NDiszG]). Gleichwohl ist in § 58 NDiszG ein Verfahren des verwaltungsgerichtlichen vorläufigen Rechtsschutzes geregelt, dass dem in § 80 Abs. 5 VwGO normierten verwaltungsgerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz strukturell gleichzusetzen (ebenso: Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, juris Rn. 7).

So sind die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und/oder die der Einbehaltung von Dienstbezügen seitens der Disziplinarbehörde in der Sache vorläufig. Für dieses Verständnis spricht zum einen die Verwendung des Attributs "vorläufig" bei Dienstenthebung. Die Vorläufigkeit dieser Anordnungen ergibt sich ferner daraus, dass deren Wirksamkeit mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens endet (§ 39 Abs. 4 NDiszG), mithin in der Sache auf eine vorläufige Regelung gerichtet ist. Weiter wird deren Vollziehbarkeit ausdrücklich gesetzlich normiert (§ 39 Abs. 1 Satz 1 NDiszG). Gerade in diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 58 Abs. 1 NDiszG über die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienstbezügen zu sehen.

Das Niedersächsische Disziplinargesetz sieht nicht vor, dass die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und/oder der Einbehaltung von Dienstbezügen durch gerichtliche Entscheidung (endgültig) - und damit deren Wirksamkeit abschließend regelnd - aufgehoben, sondern lediglich ausgesetzt werden kann. Der Begriff der Aussetzung wird allgemein als eine vorübergehende - nicht abschließende - Regelung verstanden. Dementsprechend sieht § 80 Abs. 4 VwGO vor, dass die Behörde die Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes auf Antrag aussetzen kann, ohne damit den Bestand des Verwaltungsakts abschließend zu regeln. Für dieses Verständnis spricht ferner der in § 58 Abs. 2 NDiszG normierte Entscheidungsmaßstab der ernstlichen Zweifel, der einem gerichtlichen Verfahren in der Hauptsache fremd ist. Daher ist es konsequent, wenn die Regelung des § 80 Abs. 7 VwGO für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für anwendbar erklärt wird.

Für dieses Verständnis spricht ferner die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzesentwurfs. Darin wird zu § 59 des Entwurfs (§ 58 NDiszG) ausgeführt, dass das Verfahren im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Maßnahmen und die in der Sache allein mögliche summarische gerichtliche Prüfung als ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren ausgestaltet worden ist (vgl. LT-Drs. 15/1130, S. 79). Auch kostenrechtlich werden im Übrigen Verfahren nach § 58 NDiszG als Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes fingiert, wenn es in § 71 Abs. 3 Satz 3 NDiszG heißt, "Verfahren nach § 58 [NDiszG] gelten als Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes" (Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, juris Rn. 7).

Diese gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens nach § 58 NDiszG als Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beansprucht auch für ein nachfolgendes Rechtsmittelverfahren Geltung, so dass in Fällen der Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach der vorgenannten Vorschrift über § 4 NDiszG die Regelungen des § 146 VwGO zu beachten sind.

2. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.

a) Da § 62 Abs. 1 NDiszG lediglich eine (allgemeine) Regelung zur Statthaftigkeit von Beschwerden gegen erstinstanzliche Beschlüsse aus dem Bereich des Disziplinarrechts trifft, weitere Vorgaben im Hinblick auf das Rechtsmittel der Beschwerde - insbesondere im Hinblick auf Form- und Fristanforderungen - aber nicht enthält, sind zur Ergänzung die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen des Niedersächsischen Disziplinargesetzes in Widerspruch stehen (§ 4 NDiszG). Hieraus folgt, dass sich die Form- und Fristanforderungen bei einer (statthaften) Beschwerde gegen erstinstanzliche Entscheidungen im Bereich des niedersächsischen Disziplinarrechts nach § 147 VwGO richten (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 22. 9.2023 - 3 OD 10/23 - z. V. v. [hinsichtlich einer Beschwerde gegen eine Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung nach § 28 NDiszG]; Gansen, a. a. O., § 67 BDG Rn. 34 [zu § 62 Abs. 1 NDiszG]).

Diese Anforderungen sind im Streitfall beachtet worden. Die Antragsgegnerin hat ihre Beschwerde innerhalb der in § 147 Abs. 1 VwGO bezeichneten Frist - zwei Wochen nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung - beim Verwaltungsgericht eingelegt. Ihren Prozessbevollmächtigten ist der Beschluss vom 23. Juni 2023 ausweislich des in der Gerichtsakte befindlichen elektronischen Empfangsbekenntnisses am 26. Juni 2023 zugestellt worden (Bl. 183/GA). Dementsprechend hat die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 4 NDiszG in Verbindung mit §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 27. Juni 2023 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 10. Juli 2023 geendet (§§ 4 NDiszG, 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Frist - nämlich am 3. Juli 2023 (s. Prüfvermerk, Bl. 188/GA) - ist die Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingegangen.

b) Einer Nichtabhilfeentscheidung gemäß § 148 Abs. 1 VwGO bedurfte es im - hier vorliegenden - Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen nach § 58 NDiszG nicht (diese Frage ausdrücklich offenlassend: Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 - , juris Rn. 1 bis 9). Denn in solchen Verfahren findet auch ohne ausdrückliche Verweisung in § 62 NDiszG bereits über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG die Vorschrift des § 146 Abs. 4 VwGO entsprechende Anwendung, deren Satz 4, 2. Halbsatz bei Beschwerden "gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123)" die Anwendbarkeit des § 148 Abs. 1 VwGO ausschließt.

Anders als das Bundesdisziplinarrecht, das in § 67 Abs. 3 BDG die Bestimmung des § 146 Abs. 4 VwGO für die vorläufige Dienstenthebung sowie die teilweise Einbehaltung von Bezügen (§ 63 BDG) ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt, beschränkt sich das Niedersächsische Disziplinargesetz auf die generelle Anordnung der ergänzenden und entsprechenden Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung, soweit dies nicht zu den Bestimmungen des Niedersächsischen Disziplinargesetzes in Widerspruch steht, und auf eine spezielle Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 80 Abs. 7 VwGO in § 58 Abs. 3 NDiszG, die dem von § 80 Abs. 5 VwGO abweichenden Entscheidungsmaßstab nach § 58 Abs. 2 NDiszG geschuldet ist (Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, juris Rn. 5). Aus dem fehlenden Verweis in § 62 NDiszG im Hinblick auf eine entsprechende Anwendbarkeit des § 146 Abs. 4 VwGO ist jedoch nicht zu schließen, dass der niedersächsische Disziplinargesetzgeber die Vorschrift des § 146 Abs. 4 VwGO in Beschwerdeverfahren gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der vorläufigen Dienstenthebung und/oder der Einbehaltung von Dienstbezügen nicht zur Anwendung bringen wollte. Der in der Kommentarliteratur vertretenen Auffassung, § 146 Abs. 4 VwGO sei im Bereich des Niedersächsischen Disziplinargesetzes nicht anwendbar, weil insoweit - anders als im Bundesrecht - ein ausdrücklicher Verweis hierauf fehle, und Gegenstand der Beschwerde gegen Entscheidungen über vorläufige Dienstenthebungen und Einbehaltungen von Bezügen keine "Beschlüsse nach §§ 80, 80a oder § 123 VwGO" seien (Gansen, a. a. O., § 67 BDG Rn. 36), folgt der beschließende Senat nicht (diese Frage letztlich offenlassend: Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, juris Rn. 1 bis 9).

Gegen die Sichtweise, durch einen Verzicht auf eine ausdrückliche Verweisung in § 62 NDiszG auf § 146 Abs. 4 VwGO habe der niedersächsische Landesgesetzgeber - anders als der Bundesgesetzgeber - die Vorgaben und Anforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO nicht für anwendbar erklären wollen, spricht die Entstehungsgeschichte des Niedersächsischen Disziplinargesetzes.

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts" der Landesregierung vom 17. Juni 2004, der noch eine andere Paragraphenzählung aufwies, sah in § 63 NDiszG (jetzt: § 62 NDiszG) zunächst noch eine Formulierung vor, die weitgehend der des § 67 Abs. 1 BDG entsprach, indem "für die Statthaftigkeit, Frist und Form der Beschwerde [...] die §§ 146 und 147 VwGO" gelten sollten, "soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist" (LT-Drs. 15/1130, S. 27). Zur Begründung hieß es, § 63 Abs. 1 des Entwurfs verweise hinsichtlich der Statthaftigkeit sowie der Frist und Form der Beschwerde auf die entsprechenden Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung, wobei über § 3 des Entwurfs (nunmehr: § 4 NDiszG) auch die §§ 148 und 149 VwGO anzuwenden seien (LT-Drs. 15/1130, S. 81). Dieser Normtext hat jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Die jetzige Formulierung beruht auf einem Vorschlag des Ausschusses für Inneres und Sport (vgl. LT-Drs. 15/2243, S. 47), welchem die Erwägung zugrunde lag, "dass die Entwurfsformulierung des Absatzes 1 mit dem Verweis auf §§ 146, 147 VwGO zu dem Missverständnis führen könnte, die übrigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Beschwerde fänden keine Anwendung"; dies sei aber nicht beabsichtigt (vgl. den Schriftlichen Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts und zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport, LT-Drs. 15/2260, S. 23). Hintergrund der jetzigen Fassung des § 62 NDiszG war also die Sorge, die Verweisung lediglich auf die §§ 146 und 147 VwGO bezüglich Statthaftigkeit, Frist und Form der Beschwerde könne zu Unklarheiten im Hinblick darauf führen, ob diese Verweisung abschließend sei oder ob daneben auch der Weg eröffnet sei, die nicht ausdrücklich in Bezug genommenen, die Beschwerde betreffenden Normen der Verwaltungsgerichtsordnung über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG zur Anwendung zu bringen. Um dieses Auslegungsfeld nicht zu eröffnen, hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, die näheren Vorgaben zu Statthaftigkeit, Frist und Form der Beschwerde sowie das grundsätzliche Erfordernis einer Abhilfeentscheidung und die Rechtswirkungen der Beschwerde nicht (teilweise) durch ausdrückliche Verweise und im Übrigen über die allgemeine Verweisungsnorm zu regeln, sondern es insoweit insgesamt bei der allgemeinen Regelung des § 4 NDiszG zu belassen. Eine bewusste Entscheidung gegen die Anwendbarkeit der in § 146 Abs. 4 VwGO enthaltenen Regelungen hat der niedersächsische Landesgesetzgeber also gerade nicht treffen wollen. Vielmehr spricht die Befürchtung eines "Missverständnisses" dahin gehend, die "übrigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Beschwerde fänden keine Anwendung", dafür, dass die entsprechende Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG nicht zurückhaltend gehandhabt werden sollte und der Ausschuss - und ihm folgend der Gesetzgeber - davon ausgegangen sind, schon über § 4 NDiszG werde § 146 VwGO in Gänze anwendbar und erfasse in Verfahren nach § 58 NDiszG "eine quasi doppelt entsprechende Anwendung, die auch die an sich beschränkende Wirkung des angesprochenen Klammerzusatzes in § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO überwinde" (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, juris Rn. 7). Denn das disziplinarrechtlich vorgesehene Verfahren nach § 58 NDiszG ist - wie ausgeführt - dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 VwGO strukturell nachgebildet und damit gleichzusetzen.

c) Aus dem Vorstehenden folgt, dass über die allgemeine Verweisungsnorm des § 4 NDiszG auch für Beschwerden gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über vorläufige Dienstenthebungen und/oder Einbehaltungen von Bezügen die Begründungsfrist des §146 Abs. 4 Satz 1 VwGO sowie die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3, Satz 6 in Verbindung mit Satz 4 VwGO Anwendung finden. Die Beschwerde ist also innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO), diese Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen (§ 146 Abs. 4 Satz 2 VwGO), sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die vorinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO); das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Im Streitfall sind diese Anforderungen zum Entscheidungszeitpunkt über die vorliegende Beschwerde jedoch nicht zu berücksichtigen, weil die Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses keine Belehrung im Hinblick auf die einmonatige Begründungsfrist enthält und insofern fehlerhaft ist (vgl. §§ 4 NDiszG, 58 Abs. 1, Abs. 2 VwGO). Die vorliegende Beschwerde kann also zum Entscheidungszeitpunkt nicht als unzulässig verworfen werden, weil sich die Antragsgegnerin nicht oder jedenfalls teilweise nicht hinreichend substantiiert mit den umfänglichen Ausführungen der Vorinstanz auseinandergesetzt hat.

3. Der Beschwerde bleibt indes in der Sache der Erfolg versagt. Der beschließende Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 2 NDiszG gestützten vorläufigen Dienstenthebung nebst Einbehaltung von 30 % der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers bestehen.

a) Nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird; nach § 38 Abs. 2 NDiszG kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG - also wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird - angeordnet werden, dass bis zu 50 % der monatlichen Dienstbezüge des Beamten einbehalten werden. Diese Anordnungen sind gemäß § 58 Abs. 2 NDiszG auf Antrag des Beamten auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienstbezügen im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG liegen vor, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen der Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 NDiszG erfüllt sind, (mindestens) ebenso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (vgl. zum Bundes- und Landesrecht auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.5.2005 - 3 ZD 1/05 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 17.3.2006 - 19 MD 8/06 -; Beschluss vom 12.2.2008 - 20 ZD 11/07 -; Beschluss vom 16.6.2016 - 6 ZD 1/16 -; Beschluss vom 13.3.2017 - 6 ZD 1/17 -; Beschluss vom 10.1.2018 - 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 9.2.2018 - 3 ZD 10/17 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 1.4.2022 - 3 MD 4/22 -). Demnach sind ernstliche Zweifel im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG bereits dann gegeben, wenn offen ist, ob die Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG rechtmäßig oder rechtswidrig ist (zum Bundes- und Landesrecht: Bay. VGH, Beschluss vom 13.11.2008 - 16b DS 08.704 -, juris Rn. 28; Beschluss vom 11.4.2012 - 16b DC 11.985 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 - 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 4; Herrmann, in: Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 2. Auflage 2021, Rn. 898), wobei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist (zum Bundes- und Landesrecht: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2002 - BVerwG 2 WDB 1.02 -, juris Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 13.11.2008 - 16b DS 08.704 -, juris Rn. 28; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 - 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 9.2.2018 - 3 ZD 10/17 -, juris Rn. 24; Herrmann, a. a. O., Rn. 897). Wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienstbezügen schon zu bejahen sind, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Verfahrensausgang offen ist, sind solche Zweifel umso mehr gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung gar eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Verbleib des Betreffenden im Beamtenverhältnis besteht. Oder anders ausgedrückt: nur dann, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.7.2001 - BVerwG 1 DB 17.01 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 24.10.2006 - 1 DB 6.06 -, juris Rn. 16; Bay. VGH, Beschluss vom 11.4.2012 - 16 b DC 11.985 -, juris Rn. 24), sind ernstliche Richtigkeitszweifel zu verneinen und der Aussetzungsantrag abzulehnen (für das Bundesrecht: Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 5 bis 8; für das Landesrecht: Nds. OVG, Beschluss vom 9.2.2018 - 3 ZD 10/17 -, juris Rn. 28).

In tatbestandlicher Hinsicht ist für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 NDiszG erforderlich, dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Der Begriff "voraussichtlich" in § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG bedeutet, dass nur eine summarische Prüfung des zurzeit bekannten Sachverhalts geboten ist. Das Gericht muss nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Beamte nach dem Abschluss des Disziplinarverfahrens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird. Vielmehr muss aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung des dem Beamten vorgeworfenen Sachverhalts (lediglich) überwiegend wahrscheinlich sein, dass gegen ihn die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme verhängt wird (Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 9). Die Höchstmaßnahme muss also nach der gebotenen überschlägigen Prüfung des Sachverhalts wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - BVerwG 1 DB 27.87 -, juris Rn.14; Beschluss vom 28.2.2000 - BVerwG 1 DB 26.99 -, juris Rn. 6). Hält sich hingegen die Wahrscheinlichkeit der Dienstenthebung mit derjenigen des Verbleibs im Beamtenverhältnis die Waage, so ist die Anordnung unzulässig (zum Bundes- und Landesrecht: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 1 DB 27.87 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 - 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 9.2.2018 - 3 ZD 10/17 -, juris Rn. 29; Beschluss vom1.4.2022 - 3 MD 4/22 -).

Ferner ergeht die Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG und über die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 NDiszG nach pflichtgemäßem Ermessen. Das entsprechende Ermessen des Dienstherrn ist weit. Ist die von der Norm vorausgesetzte Prognose sachlich gerechtfertigt, werden weitere Ermessenserwägungen regelmäßig nicht indiziert sein. Nur ausnahmsweise ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG eine intensivere Ermessensprüfung geboten (zum Bundes- und Landesrecht: Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 - 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018 - 6 ZD 3/17 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 9.2.2018 - 3 ZD 10/17 -, juris Rn. 30).

b) Mit Blick auf diese Grundsätze hält die verwaltungsgerichtliche Feststellung, die auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG gestützte vorläufige Dienstenthebung sowie die auf § 38 Abs. 2 NDiszG gestützte teilweise Bezügeeinbehaltung begegneten ernstlichen Zweifeln, der beschwerdegerichtlichen Überprüfung stand.

Die Antragsgegnerin hat die vorläufige Dienstenthebung auf ein (bedingt) vorsätzliches Fernbleiben des Antragstellers vom Dienst gestützt und hierzu einzelne Sachverhalte benannt. Richtig ist zwar, dass ein schuldhaftes unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder wiederholt auch für eine kürzere Zeitspanne regelmäßig geeignet ist, das für das Beamtenverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten zu zerstören (Nds. OVG, Urteil vom 8.2.2022 - 6 LD 1/21 -). Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst für eine nicht unerhebliche Dauer ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit, Pflichtvergessenheit und Mangel an Einsicht in die Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung, weshalb in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist (BVerwG, Urteil vom 7.11.1990 - BVerwG 1 D 33.90 -, juris Rn. 31 m. w. Nw.; Urteil vom 10.6.1998 - BVerwG 1 D 39.96 -, juris Rn. 28 f.; Beschluss vom 31.7.2019 - BVerwG 2 B 56.18 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 92; Urteil vom 8.2.2022 - 6 LD 1/21 -).

Die von der Antragsgegnerin bezeichneten Sachverhalte sind indes nach derzeitigem Stand aller Voraussicht nach nicht geeignet, den Vorwurf eines unerlaubten Fernbleibens des Antragstellers vom Dienst zu tragen.

aa) Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG haben sich Beamte mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Hieraus sowie aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) ergibt sich die grundsätzliche Pflicht zur Dienstleistung (Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 38; Günther, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2023, § 96 BBG Rn. 3 [zur Parallelvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG]).

Die Grundpflicht, zum Dienst zu erscheinen, fordert vom Beamten, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (BVerwG, Urteil vom 23.6.2016 - BVerwG 2 C 24.14 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 21.6.2017 - BVerwG 2 B 71.16 -, juris Rn. 7). In engem Zusammenhang zu dieser Grundpflicht steht die Vorschrift des § 67 Abs. 1 NBG, wonach Beamte dem Dienst nur mit Genehmigung fernbleiben dürfen, es sei denn, dass sie wegen Krankheit oder aus einem anderen wichtigen Grund gehindert sind, ihre Dienstpflichten zu erfüllen. Liegt eine Genehmigung vor (etwa bei bewilligtem Urlaub oder bei einer Freistellung vom Dienst), ist das Fernbleiben entschuldigt/erlaubt/gerechtfertigt und ein Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht nicht gegeben; nur ein ohne Genehmigung erfolgtes - also unentschuldigtes/unerlaubtes/ungerechtfertigtes - Fernbleiben stellt einen Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht dar. Gängige Formen der (vorherigen) Genehmigung sind die Bewilligung von Urlaub oder die Genehmigung einer Dienstreise. Die Vorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 1 NBG regelt, dass eine Verhinderung infolge Krankheit unverzüglich unter Angabe ihrer voraussichtlichen Dauer anzuzeigen und auf Verlangen nachzuweisen ist. Implizit wird damit zum Ausdruck gebracht, dass Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ebenfalls ein Fall des gerechtfertigten Fernbleibens vom Dienst ist, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen Genehmigung bzw. Freistellung bedarf (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.5.2018 - 1 B 263/18 -, juris Rn. 22 [zur Parallelvorschrift des § 96 Abs. 1 BBG]; Günther, a. a. O., § 96 BBG Rn. 22 ff.); bestätigt wird dies durch § 67 Abs. 1, 2. Halbsatz NBG ("es sei denn, dass der Beamte wegen Krankheit oder aus einem anderen wichtigen Grund gehindert ist, seine Dienstpflichten zu erfüllen"). Solange ein Beamter dienstunfähig (erkrankt) ist, ist er von der Dienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann (BVerwG, Urteil vom 23.6.2016 - BVerwG 2 C 24.14 -, juris Rn. 16 [zur Parallelvorschrift des § 96 Abs. 1 BBG]). Wer dienstunfähig erkrankt ist, muss und darf nicht zum Dienst erscheinen (Günther, a. a. O., § 96 BBG Rn. 18).

In welcher Weise der Beamte im Falle der Geltendmachung einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung der Nachweispflicht nachzukommen hat, bestimmt die Behörde nach Ermessen (BVerwG, Beschluss vom 23.3.2006 - BVerwG 2 A 12.04 -, juris Rn. 2; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 40). Der Dienstherr hat sein diesbezügliches Ermessen pflichtgemäß auszuüben (Günther, a. a. O., § 96 BBG Rn. 22). Da der Beamte bei Dienstunfähigkeit nicht zur Dienstleistung verpflichtet ist, wird die Aufforderung zum Nachweis nur bei einem bestimmten Anlass ergehen (Günther, a. a. O., § 96 BBG Rn. 22). In allgemeiner Weise hat der Dienstherr sein Ermessen regelmäßig dahin gehend ausgeübt, dass ein ärztliches Attest für den Nachweis der Dienstunfähigkeit beizubringen ist, wenn die Erkrankung mehr als drei Diensttage andauert (vgl. Günther, a. a. O., § 96 Rn. 22). Sinn und Zweck dieser Regelung liegen darin, dass bei einer länger andauernden Erkrankung eine ausreichend fachkundige Begutachtung des Gesundheitszustandes und der Dienstfähigkeit des Beamten gewährleistet wird, und dass parallel hierzu der Beamte auf geeignete Weise seiner Nachweispflicht im Krankheitsfall gegenüber seinem Dienstherrn aus dem bestehenden Dienst- und Treueverhältnis nachkommt (so VG Osnabrück, Beschluss vom 12.12.2018 - 3 B 61/18 -; Nds. OVG, Beschluss vom 11.4.2019 - 5 ME 3/19 -; Urteil vom 8.2.2022 - 6 LD 1/21 -; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 40). Denn das Fernbleiben vom Dienst führt zu einer Störung des Dienstverhältnisses, zu deren Beseitigung es notwendig ist, dass ein Dritter mit entsprechender Qualifikation attestiert, der Beamte sei aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes nicht in der Lage (gewesen), seine Dienstpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG/§ 67 Abs. 2 Satz 1 NBG eröffnet dem Dienstherrn die Möglichkeit, sich der Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit durch einen glaubhaften Nachweis zu vergewissern, weil die Mitteilung des Beamten selbst nicht die erforderliche Überzeugungskraft haben kann und weil zudem der Gefahr des Missbrauchs vorgebeugt werden soll (VG Osnabrück, Beschluss vom 12.12.2018 - 3 B 61/18 - [zu § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG]; Nds. OVG, Urteil vom 8.2.2022 - 6 LD 1/21 - [zu § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG]; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 40). Außerdem trägt das Erfordernis, nach drei Tagen der selbst erklärten (und nicht nachzuweisenden) Dienstunfähigkeit infolge einer Erkrankung am vierten Tag der (fortbestehenden) Erkrankung einen Arzt aufsuchen zu müssen, dem Fürsorgegrundsatz Rechnung, damit dem Beamten im Falle einer längerwährenden Erkrankung ärztliche Hilfe zuteilwird (Nds. OVG, Urteil vom 8.2.2022 - 6 LD 1/21 -; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 40).

Vom Ermessen des Dienstherrn kann aber auch gedeckt sein, dass er ein privatärztliches Attest zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung nicht (mehr) ausreichen lässt, sondern stattdessen verlangt, dass Krankheitsfälle (etwa schon ab dem ersten Erkrankungstag) durch eine amtsärztliche Bescheinigung nachzuweisen sind ("Amtsarztauflage"). Auch wenn der (privat-)ärztlichen Bescheinigung schon wegen der Strafbarkeit des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 des Strafgesetzbuches - StGB -) ein hoher Beweiswert zukommt, wird der Beweiswert einer amtsärztlichen Bescheinigung grundsätzlich als höher eingeschätzt, weil der Amtsarzt dem Beamten und der Dienststelle gleichermaßen fernsteht und er nicht in ein persönliches Arzt-Patienten-Verhältnis eingebunden ist und nicht zu befürchten hat, einen Patienten zu verlieren, wenn er entgegen dessen Vorstellung die Dienstunfähigkeit nicht feststellen sollte (vgl. Günther, a. a. O., § 96 BBG Rn. 23). Der amtsärztlichen Beurteilung kommt gegenüber der privatärztlichen vor Gericht aber kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang zu, wenn beide Beurteilungen hinsichtlich desselben Krankheitsbildes des Beamten voneinander abweichen (BVerwG, Beschluss vom 15.2.2010 - BVerwG 2 B 126.09 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 11.6.2014 - BVerwG 2 B 3.13 -, juris Rn. 18); ein unbedingter Vorrang wäre mit dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu vereinbaren (BVerwG, Beschluss vom 15.2.2010 - BVerwG 2 B 126.09 -, juris Rn. 16). Daher können sich die Tatsachengerichte im Konfliktfall nur dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruht sowie in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Diese Grundsätze beanspruchen in gleicher Weise Geltung, wenn sich der Amtsarzt der medizinischen Beurteilung eines von ihm eingeschalteten Facharztes anschließt; die Stellungnahme des Facharztes wird dann dem Amtsarzt zugerechnet (BVerwG, Beschluss vom 15.2.2010 - BVerwG 2 B 126.09 -, juris Rn. 16 m. w. Nw.). Je fundierter also der Privatarzt seine Diagnose begründet, desto größer ist die Begründungslast für die abweichende Einschätzung durch den Amtsarzt.

Vor diesem Hintergrund ist Voraussetzung für die "Amtsarztauflage", dass der Dienstherr durch konkrete Umstände veranlasste Zweifel an der Selbst-Einschätzung des Beamten bzw. an der Aussagekraft vorgelegter privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.3.2006 - BVerwG 2 A 12.04 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 22.9.2016 - BVerwG 2 B 128.15 -, juris Rn. 10; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 42). Ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis darf er daher jedenfalls dann fordern, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Angaben des Beamten selbst oder die von ihm vorgelegten privatärztlichen Nachweise nicht geeignet sind, eine zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung nachzuweisen (BVerwG, Beschluss vom 23.3.2006 - BVerwG 2 A 12.04 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 42).

Ob solche berechtigten Zweifel an der Aussagekraft der Angaben des Beamten oder an den von ihm vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen bestehen, bemisst sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.9.2016 - BVerwG 2 B 128.15 -, juris Rn. 10). Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung vom 23. März 2006 berechtigte Zweifel an der eigenen Einschätzung eines Beamten, infolge Krankheit dienstunfähig zu sein, in einer Fallkonstellation bejaht, in der zwei zeitlich kurz aufeinanderfolgende amtsärztliche Gutachten vorlagen, die dem betreffenden Beamten die vollschichtige Arbeitsfähigkeit attestiert hatten, während hierzu in Widerspruch stehende privatärztliche Atteste vorgelegt worden waren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.3.2006 - BVerwG 2 A 12.04 -, juris Rn. 3). Ein Widerspruch zwischen amtsärztlichen Feststellungen und privatärztlichen Bescheinigungen im Hinblick auf dasselbe Krankheitsbild kann allerdings nach den oben dargestellten Maßstäben nur dann zu berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit der privatärztlichen Bescheinigung Anlass gegeben, wenn die amtsärztlichen Feststellungen nachvollziehbar sind und die privatärztliche "Gegenposition" entweder gar nicht näher begründet worden ist oder aber auf Argumenten beruht, welche im amtsärztliche Gutachten bereits nachvollziehbar entkräftet worden sind. Denn dann stellen sich privatärztliche "Gegen-"Bescheinigungen als unsubstantiiert bzw. als bloße Wiederholung von amtsärztlicherseits bereits gewürdigtem Vorbringen dar. Besteht indes ein nicht ohne Weiteres im Sinne der amtsärztlichen Feststellungen auflösbarer medizinischer Streit über Art und Schwere der bei einem Beamten vorliegenden Erkrankung sowie deren Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit, verbietet es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, den Betreffenden bis zu einer abschließenden Klärung weiterhin im Sinne der amtsärztlichen Feststellungen als dienstfähig anzusehen und dementsprechend die privatärztlichen "Gegen-"Bescheinigungen nicht mehr zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung anzuerkennen, sondern stattdessen die Vorlage einer amtsärztlichen Bescheinigung zu fordern (Nds. OVG, Beschluss vom 17.7.2023 - 5 ME 46/23 -, juris Rn. 42).

Das beschriebene "gestufte" Vorgehen - also erstens: Akzeptanz einer unbelegten Krankmeldung des Beamten selbst für bis zu drei Tage, zweitens: Forderung der Vorlage eines privatärztlichen Attests zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung ab dem vierten Krankheitstag, drittens: bei berechtigten Zweifeln hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Forderung der Vorlage einer amtsärztlichen Bescheinigung über das Vorliegen einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung - ist beamtenrechtlich geboten, um von einem unentschuldigten Fernbleiben vom Dienst ausgehen und hieran die besoldungsrechtliche Konsequenz des Verlusts von Dienstbezügen (vgl. § 14 NBesG) knüpfen zu können. Gleichermaßen ist das beschriebene gestufte Vorgehen auch Voraussetzung dafür, dem Beamten disziplinarrechtlich eine besonders schwerwiegende Kernpflichtverletzung in Gestalt des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst über einen langen Zeitraum hinweg vorhalten zu können. Denn gerade beim Vorwurf des sich Erstreckens einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung über einen längeren Zeitraum ist es unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten, auf den Beamten rechtzeitig, d. h. alsbald nach Kenntniserlangung von einer möglichen disziplinarrechtlich relevanten Dienstpflichtverletzung, pflichtenmahnend einzuwirken und ihn so zur Wiederaufnahme der pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung anzuhalten (Nds. OVG, Beschluss vom 22.11.2022 - 3 MD 8/22 -, juris Rn. 85). Dazu gehört insbesondere die beamtenrechtliche "Amtsarztauflage" bei berechtigten Zweifeln hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der eigenen Angaben des Betreffenden bzw. etwaiger von ihm vorgelegter privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Hingegen ist das "Sammeln" einzelner Sachverhaltskomplexe über einen längeren Zeitraum, um sodann im Wege der Gesamtschau die schärfsten Disziplinarmaßnahmen - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts - zu verhängen, unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2018 - BVerwG 2 C 60.17 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 22.11.2022 - 3 MD 8/22 - , juris Rn. 85).

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben ist hier im Hinblick auf die Vorwürfe, die der angegriffenen vorläufigen Dienstenthebung nebst teilweiser Einbehaltung der Dienstbezüge zugrunde liegen, wie folgt zu differenzieren:

aaa) Disziplinarvorwurf zu 1

Was den Vorwurf betrifft, der Antragsteller sei am 28. Mai 2019 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben, so hat die Antragsgegnerin die privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Hausarztes des Antragstellers P. - ausgestellt am 28. Mai 2019 für den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 (Bl. 60/Beiakte 001) - für den 28. Mai 2019 nicht anerkannt. Die diesbezügliche Begründung - ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 16. September 2020 sei der Antragsteller für Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienste dienstfähig -, ist jedoch nicht tragfähig. Die Antragsgegnerin hatte nach Erhalt des ersten amtsärztlichen Gutachtens vom 2. Januar 2019 die Notwendigkeit gesehen, die Frage der Dienstfähigkeit des Antragstellers weiter aufzuklären und hierzu ein lungenfachärztliches Zusatzgutachten - erstellt am 23. Januar 2020 - sowie ein fachpsychiatrisches Zusatzgutachten - erstellt am 25. Juli 2020 - veranlasst. Am 28. Mai 2019 bestand demnach ein in pulmologischer und psychiatrischer Sicht noch nicht vollständig aufgeklärter Sachverhalt, d. h. die Frage, ob der Antragsteller aufgrund der bei ihm bestehenden Erkrankungen Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienst leisten konnte, war zu jenem Zeitpunkt noch offen. Aus der späteren Klärung dieser Frage aufgrund weiterer medizinischer Expertise kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass die seinerzeit noch aufklärungsbedürftige Sachlage nunmehr rückwirkend als bereits von Anfang an aufgeklärt angesehen werden kann.

Ungeachtet dessen bestand am 28. Mai 2019 weiterer Aufklärungsbedarf lediglich hinsichtlich der Problematik, ob die Schlafapnoe sowie eine psychische Erkrankung des Antragstellers den betreffenden Diensten entgegenstünden. Der Antragsteller hat aber bereits in seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2019 (Bl. 16/Beiakte 001) geltend gemacht, am 28. Mai 2019 (und danach) an Rückenproblemen gelitten zu haben und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines Hausarztes P. vom 28. Mai 2019 für den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 (Bl. 60/Beiakte 001) vorgelegt. P. hat auf Nachfrage der Antragsgegnerin unter dem 20. Januar 2020 (Bl. 63/Beiakte 001) bestätigt, dass sich der Antragsteller am 28. Mai 2019 in dessen hausärztliche Behandlung begeben habe und von ihm - P. - für den Zeitraum vom 28. Mai 2019 bis zum 10. Juni 2019 krankgeschrieben worden sei. Die Darstellung des Antragstellers, am 28. Mai 2020 unter Rückenschmerzen gelitten zu haben, korrespondiert mit den zuvor - nämlich am 2. Januar 2019 - erfolgten amtsärztlichen Feststellungen (Bl. 271 ff./GA), wonach der Antragsteller seit Wiederaufnahme seines Dienstes im Sommer 2018 im Bereich der oberen Brustwirbelsäule an degenerativen Schmerzen leide, denen im Hinblick auf seine überwiegend sitzende Tätigkeit an der Pforte der Antragsgegnerin mittels einer leidensgerechten Bestuhlung Rechnung getragen werden solle. Dass dem Antragsteller das orthopädische Hilfsmittel eines leidensgerechten Bürostuhls bereits am 28. Mai 2019 oder früher zur Verfügung gestanden hätte, hat die Antragsgegnerin indes selbst nicht vorgetragen. Sie hat vielmehr in ihrer Ausdehnungsverfügung vom 21. Juli 2021 ausgeführt, die entsprechende Bestuhlung sei seit dem 24. Februar 2021 vorhanden gewesen (Bl. 194/Beiakte 001). Vor diesen Hintergrund ist der Vortrag des Antragstellers, er habe am Morgen des 28. Mai 2019 an orthopädischen Beschwerden im Bereich des Rückens gelitten, durchaus glaubhaft. Auch sein weiteres Vorbringen - er habe zunächst versucht, den Dienst durchzustehen, sich dann aber aufgrund der Sondersituation, dass ein "normaler" Dienst an diesem Tag nicht habe stattfinden, sondern er stattdessen den erkrankten Strafgefangenen ins Klinikum habe begleiten sollen, hierzu letztlich doch nicht in der Lage gesehen -, ist nachvollziehbar.

Schließlich liegt eine Arbeitsunfähigkeitsfolgebescheinigung, ausgestellt durch den Facharzt für Nervenheilkunde J. am 13. Mai 2020, vor, wonach der Antragsteller vom 28. Mai 2019 bis zum 17. Juni 2020 wegen der Diagnosen ICD 10 F 48.0 (= Neurasthenie) und F 45.41 (= chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychotischen Faktoren) dienstunfähig erkrankt sei (vgl. Bl. 108/Beiakte 001). Die inhaltliche Richtigkeit dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat die Amtsärztin L. unter dem 15. Juni 2020 ausdrücklich bestätigt (Bl. 108/Beiakte 001). Insofern spricht bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass die Amtsärztin eine Dienstunfähigkeit des Antragstellers auch schon für den 28. Mai 2019 inhaltlich bestätigt hat. Die amtsärztlichen Ausführungen vom 7. Oktober 2020 (Bl. 114, 115/Beiakte 001), wonach die amtsärztliche Bestätigung der vorgelegten Atteste "hinfällig" sei, bezieht sich bei verständiger Würdigung nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft. Denn der amtsärztlichen Bestätigung der privatärztlichen Atteste des Facharztes J. lag zugrunde, dass das Gesundheitsamt bis zur Einholung des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens und der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom 16. September 2020 von einem noch nicht abschließend geklärten Gesundheitszustand des Antragstellers in psychiatrischer Sicht ausgegangen ist. Dementsprechend war für das Gesundheitsamt nach aus seiner Sicht abschließender Klärung dieser Frage im Gutachten vom 16. September 2020 die bisherige Praxis - nämlich bis zur abschließenden Klärung der betreffenden Fragestellung die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen anzuerkennen - "hinfällig".

Nach alledem kann sich die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach nicht mit Erfolg darauf berufen, das (zeitweise) Fernbleiben des Antragstellers vom Dienst am 28. Mai 2019 sei unentschuldigt gewesen.

bbb) Disziplinarvorwurf zu 2 b), zu 2 c), zu 2 d) und zu 2 e)

Dass der Antragsteller zu dem am 3. März 2020 anberaumten Personalgespräch nicht erschienen ist, ist zwar unstreitig. Auch insoweit gilt jedoch, dass amtsärztlicherseits die Richtigkeit der fortlaufenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes J. seit dem 28. Mai 2019 bis zum 17. Juni 2020 bestätigt worden ist (vgl. Bl. 108/Beiakte 001). Die Antragsgegnerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Antragsteller trotz krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, am 3. März 2020 an einem Personalgespräch teilzunehmen.

Was den Vorwurf des verspäteten Erscheinens zum Personalgespräch am 6. März 2020 betrifft, hat die Antragsgegnerin bereits nicht näher substantiiert, um welche Zeitspanne der Antragsteller verspätet erschienen sein soll. Jedenfalls aber hat er die für den Morgen bzw. den Vormittag des 6. März 2020 geltend gemachten Therapie- bzw. Arzttermine durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen seines Physiotherapeuten - dortiger Termin zwischen 8:00 Uhr und 8:25 Uhr - und seines Orthopäden - dortiger Termin zwischen 9:00 Uhr und 10:30 Uhr - belegt (Bl. 100, 101/Beiakte 001). An deren inhaltlicher Richtigkeit hat der beschließende Senat derzeit keine Zweifel. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 2. Januar 2019, denn dieses hat gerade bescheinigt, dass der Antragsteller an degenerativen orthopädischen Beschwerden leide und der weitere Aufbau der Rückenmuskulatur empfehlenswert sei, so dass ein physiotherapeutischer Behandlungsbedarf sowie ein Termin beim behandelnden Orthopäden nachvollziehbar erscheinen. Ungeachtet dessen ist die Frage, ob der Antragsteller aufgrund seiner Erkrankungen grundsätzlich dazu in der Lage ist, Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienste zu leisten, ohne Relevanz für die Fragestellung, ob er an einem bestimmten Tag wegen eines konkreten Arzttermins einer Aufforderung zum Dienst (Personalgespräch) nicht rechtzeitig Folge leisten konnte. Unabhängig davon käme einer 10-minütigen Verspätung (Bl. 136/Beiakte 001) keine disziplinare Relevanz zu.

Was den Vorwurf betrifft, der Antragsteller sei der Aufforderung im Schreiben vom 8. April 2020, seinen Dienst am 16. April 2020 aufzunehmen, nicht nachgekommen, und sei auch, nachdem er unter dem 20. April 2020 aufgefordert worden sei, am Tag nach Zustellung des Schreibens zum Dienst zu erscheinen, am 22. April 2020 nicht zum Dienst erschienen, so hat er nicht in Abrede gestellt, am 16. April 2020 bzw. ab dem 22. April 2020 seinen Dienst nicht wieder aufgenommen zu haben. Er hat sich jedoch am 15. April 2020 mit Wirkung bis zum 13. Mai 2020 krankgemeldet (Bl. 83 o/Beiakte 001) und gleichzeitig mitgeteilt, ihm sei die Einhaltung der ihm gegenüber erfolgten "Amtsarztauflage" nicht möglich (Bl. 83 s/Beiakte 001). Die objektive Unmöglichkeit, der "Amtsarztauflage" auf absehbare Zeit nachzukommen, ist amtsärztlicherseits mit E-Mail vom 15. April 2020 bestätigt worden (Bl. 83 t/Beiakte 001). Hiernach war die "Amtsarztauflage" zum damaligen Zeitpunkt für den Antragsteller objektiv nicht erfüllbar. Hieraus wiederum folgt, dass die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg geltend machen kann, mangels Erfüllung der "Amtsarztauflage" seien die privatärztlichen Bescheinigungen nicht ausreichend, um das Fernbleiben des Antragstellers vom Dienst hinreichend zu entschuldigen.

ccc) Disziplinarvorwurf zu 3

In Bezug auf den Disziplinarvorwurf zu 3 - der Antragsteller habe sich ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahmen vom 2. Januar 2019, 20. Februar 2020 und 16. September 2020, wonach bei ihm Dienstfähigkeit für Früh-, Spät-, Wochenend- und Feiertagsdienste bestehe und lediglich für Nachtdienste keine "Diensttauglichkeit" vorliege, gleichwohl seit dem 12. Januar 2019 zu allen eingeteilten Früh- und Wochenenddiensten krank gemeldet und diesbezüglich im Wesentlichen ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. vorgelegt - , ist das Vorliegen dieses Sachverhalts bereits deshalb ernstlich zweifelhaft, weil weder die Verfügung vom 2. Februar 2022 (Bl. 10 bis 13 Rs./GA) noch die weitere Verfügung vom 18. Januar 2023 (Bl. 133 bis 138 Rs./GA) einzelne Früh- oder Wochenenddienste bezeichnet, für die sich der Antragsteller krank gemeldet haben solle. Es ist auch nicht die Tabelle in der Ausdehnungsverfügung vom 21. Juli 2021 in Bezug genommen worden.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, die Verfügungen vom 2. Februar 2022 und vom 18. Januar 2023 nähmen insoweit die in der Ausdehnungsverfügung vom 21. Juli 2021 (Bl. 174 ff./Beiakte 001) enthaltene Tabelle in Bezug, könnte die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, dass Fernbleiben des Antragstellers vom Dienst an jenen Tagen sei unentschuldigt.

Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Fehlzeiten - nämlich die Wochenenddienste Nr. 1) bis 7) sowie die Frühdienste Nr. 23) bis 33), und damit Fehlzeiten von insgesamt 41 Tagen (9 Tage + 32 Tage) - zeitlich vor dem amtsärztlichen Gutachten vom 16. September 2020 stattgefunden haben. Damit liegen sie in einem Zeitraum, während dessen der Umfang der Dienstunfähigkeit des Antragstellers noch nicht abschließend geklärt war, sondern ergänzend ein pulmologisches sowie ein fachpsychiatrisches Gutachten eingeholt wurde. Die spätere Klärung der seinerzeit noch offenen Fragestellungen wirkt indes nicht ohne Weiteres in dem Sinne zurück, dass nunmehr rückwirkend eine bereits von Anfang an aufgeklärte Sachlage vorgelegen hätte.

Soweit Fehlzeiten ab dem 1. Oktober 2020 vorgeworfen werden - dies betrifft die Wochenenddienst- Vorwürfe Nr. 8) bis Nr. 22) sowie die Frühdienst-Fehlzeiten Nr. 34) bis Nr. 52) und damit Fehlzeiten im Umfang von insgesamt 79 Tagen (25 Tage + 54 Tage) - lässt sich derzeit bereits nicht hinreichend sicher feststellen, ob der Antragsgegnerin zu Recht berechtigte Zweifel im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung an der Aussagekraft vorgelegter privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. erwachsen sind. Denn mangels Benennung einzelner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist ein Abgleich der ggf. dort bezeichneten Diagnosen mit den im amtsärztlichen Gutachten vom 16. September 2020 unter Bezugnahme auf das fachpsychiatrische Zusatzgutachten des M. bezeichneten Diagnosen nicht möglich. Dementsprechend ist derzeit nicht ersichtlich, ob der Facharzt J. lediglich seine bisher vertretenen und im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten gewürdigten Diagnosen wiederholt hat - was Voraussetzung für die Annahme berechtigter Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit wäre -, oder ob er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf eine hiervon abweichende Diagnose gestützt hat.

Selbst wenn aber davon ausgegangen würde, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. enthielten keinerlei Diagnose oder aber wiederholten lediglich diejenigen Diagnosen, mit denen sich der fachpsychiatrische Gutachter bereits auseinandergesetzt hat, wäre es der Antragsgegnerin aller Voraussicht nach gleichwohl verwehrt, die von dem Antragsteller vorgelegten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. nicht zum Nachweis von zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankungen ab dem 1. Oktober 2020 anzuerkennen. Wie ausgeführt, ist das amtsärztliche Gutachten vom 16. September 2020 unter Verweis auf das fachpsychiatrische Zusatzgutachten des M. davon ausgegangen, der Antragsteller sei aus psychiatrischen Gründen lediglich nicht in der Lage, Nachtschichten zu leisen. M. ist unter Auseinandersetzung auch mit den Diagnosen des Facharztes J., der bei dem Antragsteller eine Angstsymptomatik mit Schlafstörung sowie ein Erschöpfungssyndrom diagnostiziert hatte (vgl. Bl. 275/GA), zu der Einschätzung gelangt, beim Antragsteller liege derzeit eine depressive Episode mittelgradiger Ausprägung vor, eine Angststörung habe sich allerdings nicht eruieren lassen (vgl. Bl. 275, 275 Rs./GA), so dass aus psychiatrischer Sicht bei Ausschöpfung der begonnenen Psychotherapie nicht von einer schlechten Prognose auszugehen sei mit der Folge, dass bei dem Antragsteller zwar auf einen Einsatz in Nachtschicht verzichtet werden solle, im Übrigen aber keine Einschränkungen bestünden (Bl. 277 Rs., 278/GA). Hätte der Facharzt J. seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen also nicht näher begründet oder seine vorherigen Diagnosen lediglich wiederholt, wären der Antragsgegnerin zwar zu Recht berechtigte Zweifel an der Aussagekraft der weiterhin vorgelegten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. erwachsen. Denn dass sich dieser substantiiert mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 16. September 2020 bzw. dem Inhalt des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens auseinandergesetzt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Falle berechtigter Zweifel an der Aussagekraft der vom Antragsteller vorgelegten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wäre aber - wie ausgeführt - als Ausfluss der Fürsorge des Dienstherrn bzw. des auch im Disziplinarrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zunächst die Verhängung einer schriftlichen "Amtsarztauflage" geboten gewesen, um dem Antragsteller nachhaltig und auch nachweisbar vor Augen zu führen, dass dessen privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Zukunft nicht mehr akzeptiert würden. Da die Antragsgegnerin eine solche "Amtsarztauflage" nicht erlassen hat, kann sie aller Voraussicht nach für den Zeitraum ab dem 1. Oktober 2020 nicht von einem unentschuldigten Fernbleiben des Antragstellers vom Dienst ausgehen, sondern muss die von ihm vorgelegten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zum Nachweis des Vorliegens einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung anerkennen. Dementsprechend läge ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst in Bezug auf die in der betreffenden Tabelle enthaltenen Fehlzeiten ab dem 1. Oktober 2020 nicht vor.

Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller zwar unter dem 8. April 2020 mittels einer "Amtsarztauflage" aufgegeben, im Krankheitsfall ab sofort jede Dienstunfähigkeit ab dem ersten Krankheitstag durch die Vorlage eines amtsärztlichen Attests des Gesundheitsamts A-Stadt zu belegen (Bl. 83 u/Beiakte 001). Die Erfüllung dieser "Amtsarztauflage" war dem Antragsteller zumindest jedoch coronapandemiebedingt objektiv unmöglich gewesen, weshalb das Gesundheitsamt A-Stadt bis zum Abschluss des amtsärztlichen Gutachtenauftrags, zu dessen abschließender Erfüllung seinerzeit noch ein fachpsychiatrisches Zusatzgutachten in Bezug auf den Antragsteller ausstand, die vom Antragsteller eingeholten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes J. als "inhaltlich richtig" bestätigt hat. Durch Schreiben vom 7. Oktober 2022 hatte das Gesundheitsamt A-Stadt jedoch der Sache nach darauf hingewiesen, dass nach Abschluss der Dienstfähigkeitsbegutachtung - der ein fachpsychiatrisches Zusatzgutachten zugrunde lag, welches wiederum auf einer Untersuchung des Antragstellers durch den Zusatzgutachter beruhte - diese "Bestätigungspraxis" nicht mehr fortgeführt werde, diese also nur aufgrund des seinerzeit im Hinblick auf die psychische Erkrankung des Antragstellers noch offenen Gutachtenergebnisses erfolgt war. Dementsprechend hätte die Antragsgegnerin, wenn ihr auf der Grundlage der mit Gutachten vom 16. September 2020 abgeschlossenen amtsärztlichen Begutachtung berechtigte Zweifel im Hinblick auf die Aussagekraft privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erwachsen wären, eine neue "Amtsarztauflage" erlassen müssen. Da sie dies nicht getan hat, ist ein schuldhafter Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht des Antragstellers im Hinblick auf diejenigen Tage, an denen er Früh- und Wochenenddiensten ab dem 1. Oktober 2020 unter Vorlage privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ferngeblieben ist, aller Voraussicht nach nicht anzunehmen.

ddd) Disziplinarvorwurf zu 4

In Bezug auf den Vorwurf, der Antragsteller sei in der Zeit vom 2. November 2020 bis 6. November 2020 verspätet zum Dienst erschienen, enthält weder die Verfügung vom 2. Februar 2022 noch die Verfügung vom 18. Januar 2023 eine nähere Substantiierung. Schon deshalb ist ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst während dieses Zeitraums derzeit nicht feststellbar.

Soweit dem Antragsteller zudem vorgehalten wird, sich im Zeitraum vom 2. November 2020 bis zum 6. November 2020 täglich jeweils zwischen 17:10 Uhr bis 17:30 Uhr krank gemeldet und das Gebäude verlassen zu haben, ohne insoweit privatärztliche Atteste vorzulegen, ist ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst voraussichtlich ebenfalls nicht erweislich. Denn der Beamte genügt - wie ausgeführt - grundsätzlich seiner Nachweispflicht im Falle von Erkrankungen, die lediglich bis zu drei Kalendertagen dauern, wenn er sich persönlich beim Dienstherrn krank meldet; eines privatärztlichen Attests bedarf es insoweit also nicht. Da sich der Antragsteller an jedem der betreffenden Tage aus dem Dienst heraus krank gemeldet hat, also jeweils zuvor seinen Dienst angetreten hatte, lag jeweils keine Erkrankung über einen Zeitraum von länger als drei Tagen vor, die eine Nachweispflicht durch privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfordert hätte. Eine "Amtsarztauflage" bzw. jedenfalls eine "Auflage" dahin gehend, jede Erkrankung - auch eine solche aus dem Dienst heraus - mittels privatärztlicher oder amtsärztlicher Bescheinigung nachzuweisen, hat die Antragsgegnerin nicht erlassen.

Was den weiteren Vorhalt der Antragsgegnerin betrifft, der Antragsteller sei im Zeitraum zwischen dem 16. November 2020 bis zum 20. November 2020 verspätet zum Dienst erschienen, fehlt es auch insoweit an einer konkreten Benennung der entsprechenden Zeiten, so dass auch insoweit ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst derzeit nicht angenommen werden kann.

eee) Disziplinarvorwurf zu 6

Auch der Vorwurf, der Antragsteller sei dem Dienst in der Zeit vom 19. Oktober 2020 bis zum 25.Oktober 2020 ohne Genehmigung ferngeblieben, wird nicht näher konkretisiert und kann schon deshalb für das vorliegende Verfahren einen Dienstpflichtverstoß nicht begründen.

fff) Disziplinarvorwurf zu 8

Ob der Disziplinarvorwurf zu 8 zutrifft, der Antragsteller dem Dienst also im Zeitraum vom 20. November 2020 bis zum 24. November 2020 tatsächlich ohne Genehmigung ferngeblieben ist, ist derzeit offen.

Auf die amtsärztliche Gutachtenlage kann die Antragsgegnerin jedenfalls berechtigte Zweifel im Hinblick auf die Krankmeldung des Antragstellers nicht stützen, weil diese die Frage betreffen, ob der Antragsteller aufgrund der bei ihm bestehenden orthopädischen, pulmologischen sowie psychischen Einschränkungen grundsätzlich in seiner Dienstfähigkeit beschränkt ist, der Antragsteller in Bezug auf den Zeitraum vom 20. November 2020 bis zum 24. November 2020 jedoch den Verdacht einer Covid-19-Infektion geltend gemacht hatte. Ein solcher Verdacht ist angesichts des Umstandes, dass sein jüngster Sohn aufgrund der Covid-19-Pandemie im betreffenden Zeitraum unter Quarantäne gestanden haben soll, jedenfalls nicht fernliegend. Auch hat der Antragsteller in seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 2020 betont, er habe sich nicht krank gemeldet, sondern mitgeteilt, einen Covid-19-Test gemacht zu haben (Beiakte 010, Schreiben Nr. 3). Insoweit gälte es weiter aufzuklären, welche Praxis bei der Antragsgegnerin hinsichtlich eines Fernbleibens vom Dienst bei Verdacht eines Mitarbeiters auf eine Covid-19-Infektion bestanden hat und ob insoweit privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gefordert worden sind; ferner müsste die Antragsgegnerin darlegen, welche Praxis hinsichtlich des Nachweises einer Betreuungsbedürftigkeit von Kindern während der Corona-Pandemie gelebt worden ist. In der coronapandemiebedingten Sondersituation haben in den niedersächsischen Behörden nämlich durchaus unterschiedliche Verwaltungspraktiken geherrscht bzw. Hausverfügungen bestanden. Jedenfalls aber würde ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst im Falle des Vorliegens von Betreuungsbedarf für ein unter Quarantäne gestelltes Kind im Umfang von 4 Tagen - auch, wenn dieser Zeitraum zu den maximal 7 Arbeitstagen aufgrund des Disziplinarvorwurfs zu 6 hinzuträte - aller Voraussicht nach ebenfalls nicht ausreichen, um von einer gravierenden Kernpflichtverletzung ausgehen zu können, welche den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme zur Folge hätte.

ggg) Nach alledem hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die angegriffenen Verfügungen ernstlichen Zweifeln begegnen.

Soweit die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine "hartnäckige Verweigerungshaltung" in der Akzeptanz der amtsärztlichen Gutachten vorhält - insbesondere auch in den Personalgesprächen, die während des laufenden Verfahrens auf Überprüfung seiner Dienstfähigkeit geführt worden sind -, übersieht sie, dass ein Beamter amtsärztliche Feststellungen angreifen, seinen Dienstherrn zu weiteren amtsärztlichen Untersuchungen veranlassen und Ergebnisse amtsärztlicher Gutachten sowie hieraus abgeleitete Rechtspositionen seines Dienstherrn in Frage stellen und ggf. auch verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen kann. Liegen allerdings nachvollziehbare amtsärztliche Feststellungen zur (beschränkten) Dienstfähigkeit eines Beamten vor, die sich insbesondere mit privatärztlichen Ausführungen der behandelnden Ärzte des Beamten auseinandersetzen, muss der Beamte diese amtsärztlichen Feststellungen substantiiert angreifen, um den Dienstherrn zu weiteren Ermittlungen zu veranlassen. Erfolgt dies nicht, sondern wiederholt der Beamte lediglich seinen bisherigen Vortrag und legt weiterhin privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, aus denen sich nicht ergibt, dass der Erkrankung ein anderes Krankheitsbild zugrunde liegt als jenes, das amtsärztlicherseits bereits gewürdigt worden ist, hat der Dienstherr diese privatärztlichen Bescheinigungen mittels einer "Amtsarztauflage" umgehend als zum Nachweis einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung zurückweisen. Erst, wenn der Beamte einer solchen "Amtsarztauflage" nicht nachkommt und über einen längeren Zeitraum hinweg gar keine oder "nur" die bekannten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegt, kann ihm disziplinarrechtlich eine "hartnäckige" Verweigerungshaltung vorgeworfen werden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller einer solchen "Amtsarztauflage" nicht nachkommen würde. Denn er hat an den amtsärztlichen Untersuchungen stets mitgewirkt und insbesondere gezeigt, der ersten "Amtsarztlauflage" nachkommen zu wollen. Denn er hat die objektive Unmöglichkeit der Erfüllung der "Amtsarztauflage" sowohl umgehend der Antragsgegnerin mitgeteilt als auch durch entsprechende Ausführungen des Gesundheitsamtes A-Stadt belegt.

ggg) Soweit die Ausdehnungsverfügungen weitere Vorwürfe enthalten, hat die Antragsgegnerin bei verständiger Würdigung die streitgegenständlichen Verfügungen hierauf nicht gestützt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 69 NDiszG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren, sofern es die vorläufige Dienstenthebung zum Gegenstand hat, ergibt sich aus § 71 Abs. 1 NDiszG in Verbindung mit §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) - bemisst sich also aus der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen -, wobei der sich sodann ergebende Wert auf ein Viertel des Betrags zu kürzen ist (ausführlich zur Streitwertberechnung: Nds. OVG, Beschluss vom 10.12.2014 - 20 ZD 5/14 -, juris Rn. 47 bis 49). Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (3. Juli 2023) maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 -, juris Rn. 30 m. w. N.; Urteil vom 8.3.2016 - 20 LD 6/15 -; Nds. OVG, Beschluss vom 1.4.2022 - 3 MD 4/22 -) der Besoldungsgruppe A 8 in Höhe von 3.433,57 EUR (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, § 7 Abs. 1 und 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes - NBesG - in Verbindung mit der dortigen, zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs in Kraft befindlichen Anlage 5); hinzu tritt die allgemeine Stellenzulage gemäß § 38 NBesG in Verbindung mit den dortigen Anlagen 9 (Nr. 1 lit. a sowie Nr. 1, 2. Halbsatz) und 10 in Höhe von 23,29 EUR, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes (NBeamtVG) ruhegehaltfähig ist. Dementsprechend ergibt sich ein Teilstreitwert in Höhe von 10.370,58 EUR (3.433,57 EUR + 23,29 EUR = 3.456,86 EUR; 3.456,86 EUR x 12: 4 = 10.370,58 EUR). Hinsichtlich der Einbehaltung von Dienstbezügen ist vom zweifachen Jahresbetrag des Kürzungsbetrages der aktuellen Dienstbezüge auszugehen, der wegen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist (Nds. OVG, Beschluss vom 10.12.2014 - 20 ZD 5/14 -, juris Rn. 51; Nds. OVG, Beschluss vom 1.4.2022 - 3 MD 4/22 -). Das Verwaltungsgericht ist hier unter Bezugnahme auf die Aufstellung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 18. Januar 2023 (S. 11 [Bl. 138/GA]) von einem monatlichen Kürzungsbetrag in Höhe von 1.197,63 EUR (30 % von 3.992, 11 EUR) ausgegangen, der mangels anderweitigen Vortrags der Beteiligten auch dem Beschwerdeverfahren zugrunde gelegt wird. Dementsprechend ergibt sich ein weiterer Teilstreitwert in Höhe von 14.371,56 EUR (1.197,63 EUR x 24: 2 = 14.371,56 EUR). Hieraus errechnet sich für das Beschwerdeverfahren gemäß § 39 Abs. 1 GKG ein Gesamtstreitwert in Höhe von 24.742, 14 EUR (10.370,58 EUR + 14.371,56 EUR).

Die Streitwertberechnung für das erstinstanzliche Verfahren bemisst sich ebenfalls nach den o. g. Grundsätzen. Ausgehend von dem zum Zeitpunkt der Einleitung des ersten Rechtszugs (1. März 2022) maßgeblichen Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 8 in Höhe von 3.340,05 EUR und der allgemeinen Stellenzulage gemäß § 38 NBesG in Verbindung mit den dortigen Anlagen 9 (Nr. 1 lit. a sowie Nr. 1, 2. Halbsatz) und 10 in Höhe von 22,66EUR ergibt sich ein Teilstreitwert für vorläufige Dienstenthebung in Höhe 10.088,13 EUR (3.340,05 EUR + 22,66 EUR = 3.362,71 EUR; 3.362,71 EUR x 12: 4 = 10.088,13 EUR); bei dem vom Verwaltungsgericht ebenfalls berücksichtigten (kinderbezogenen Anteil am) Familienzuschlag handelt es sich nicht um eine Zulage im Sinne des § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG. Zuzüglich des weiteren Teilstreitwerts in Höhe von 14.371,56 EUR (s. o.) ergibt sich daher für den ersten Rechtszug ein Gesamtstreitwert in Höhe von 24.459,69 EUR (10.088,13 EUR + 14.371,56 EUR), so dass die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung gemäß § 71 NDiszG in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen entsprechend zu ändern war.