Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.09.2023, Az.: 11 OB 41/23

Beiladung; Interessenwahrung; Rechtskrafterstreckung; übertragener Wirkungskreis; Weisungsverhälltnis; Zwecke der Beiladung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.09.2023
Aktenzeichen
11 OB 41/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 33922
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0912.11OB41.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 23.01.2023 - AZ: 1 A 167/21

Fundstelle

  • NordÖR 2023, 675-676

Amtlicher Leitsatz

Zur Beiladung weiterer Behörden zu einem Verwaltungsrechtsstreit, an dem eine im übertragenen Wirkungsbereich handelnde Gemeinde beteiligt ist.

  1. 1.

    Zur Zulässigkeit der Beschwerde eines bereits an einem Verwaltungsrechtsstreit Beteiligten gegen den Beschluss, mit dem sein Antrag auf Beiladung abgelehnt wird (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.9.2020 - 1 So 78/20 - juris Rn. 8; OVG RP, Beschl. v. 25.8.2020 - 1 E 10895/20 - juris Rn. 4).

  2. 2.

    Weitere Behörden, die im selben Aufgabenbereich handeln wie ein Hauptbeteiligter des Rechtsstreits und zu diesem in einem Weisungsverhältnis stehen, können zu dem Rechtsstreit nicht beigeladen werden. In einem solchen Fall rechtfertigen die Beiladungszwecke eine Beiladung nicht. Es bedarf weder unter dem Gesichtspunkt der Rechtskrafterstreckung noch unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrnehmung der Beiladung.

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 23. Januar 2023 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Der Beklagte begehrt die Beiladung des Landkreises B-Stadt (im Folgenden: Landkreis) sowie der Polizeidirektion B-Stadt (im Folgenden: PD) zu dem bei dem Verwaltungsgericht geführten Klageverfahren . In diesem Klageverfahren wendet sich der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 17. Juni 2021, mit dem dieser dem Kläger die Haltung zweier Hund untersagte (Ziff. 1), ihm aufgab, die Vermittlung und Abgabe der Hunde an Dritte zu dulden (Ziff. 2) und ihm die Kosten des Verfahrens in Höhe von 2.448,81 EUR auferlegte. Dem angefochtenen Bescheid lag ein Vorfall vom 31. März 2021 zugrunde, bei dem zwei in einen Beißvorfall verwickelte, nicht gechipte Hunde von der Polizei sichergestellt, von der hinzugezogenen Feuerwehr eingefangen und in ein Tierheim transportiert wurden. Der Landkreis hatte dem Beklagten Rechnungen des Tierheims mit der Bemerkung übersandt, der Beklagte sei zuständig für Fundtiere. Von dem von dem Beklagten gegenüber dem Kläger geltend gemachten Kosten entfällt ein Betrag i.H.v. 2.360,96 EUR auf die Kosten für die Unterbringung der Hunde im Tierheim; im Übrigen werden die Kosten für den Erlass der Anordnungen erhoben.

Mit Verfügung vom 11. Januar 2023 hat das Verwaltungsgericht die Beteiligten auf seine Rechtsauffassung hingewiesen, dass der Beklagte nicht für die Verwahrung der Hunde zuständig gewesen sei, weil die Polizei die beiden Hunde im Rahmen ihrer gefahrenabwehrrechtlichen Eilzuständigkeit sichergestellt und ihre Verbringung ins Tierheim veranlasst habe. Bei einer - wie hier gegebenen - Doppelzuständigkeit bleibe diejenige Behörde, die zuerst mit der Gefahrenlage konfrontiert sei und tätig werde, infolge ihres Erstzugriffsrechts auch für die anschließenden Maßnahmen (Verbringung und Verwahrung der Hunde i.S.v. § 27 Abs. 1 NPOG) originär zuständig. Die Kosten der Verwahrung (als Kosten der Sicherstellung i.S.v. § 29 Abs. 3 Satz 1 NPOG) könnten darum nur von der Polizei gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden. Für die unter Ziffern 1 und 2 getroffenen, nach Maßgabe des Tierschutzgesetzes oder des Niedersächsischen Hundegesetzes zu prüfenden Anordnungen sei der Beklagte ebenfalls nicht zuständig, sondern der Landkreis.

Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2023 hat der Beklagte beantragt, den Landkreis sowie die PD beizuladen. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, aufgrund der gerichtlichen Hinweise stehe zu befürchten, dass bei einer nunmehrigen Inanspruchnahme des Landkreises bzw. der PD durch den Beklagten diese sich auf eine andere Rechtsansicht berufen und er auf den von ihm verauslagten Kosten sitzen bleiben werde.

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat den Antrag auf Beiladung mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Februar 2023 Beschwerde erhoben.

Die Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob die Beschwerde zulässig ist (dazu unter 1.). Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet (dazu unter 2.).

1. Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und nach § 147 Abs. 1 VwGO binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts am 23. Januar 2023 fristgerecht erhoben worden. Der Senat lässt allerdings offen, ob dem Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis zusteht. Dazu wird vertreten, dass ein am Verfahren bereits Beteiligter, der die Beiladung eines Dritten beantragt hat, gegen die Ablehnung der Beiladung nicht im Beschwerdewege vorgehen könne. Denn es sei ausgeschlossen, dass er durch die unterbliebene Beiladung in eigenen subjektiven Rechten verletzt werde. Die Beiladung nach § 65 VwGO verfolge nicht den Zweck, die Verfahrensposition eines Hauptbeteiligten zu stärken, sondern solle vielmehr die Rechte des Beizuladenden schützen. Insofern fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde des Hauptbeteiligten, weil die begehrte Beiladung die Rechtstellung des schon Beteiligten nicht verbessern könne (so OVG Hamburg, Beschl. v. 15.9.2020 - 1 So 78/20 - juris Rn. 8; ähnlich im Hinblick auf die Beschwerde eines bereits Beigeladenen OVG RP, Beschl. v. 25.8.2020 - 1 E 10895/20 - juris Rn. 4; a. A. ohne nähere Begründung SächsOVG, Beschl. v. 13.2.2017 - 1 E 4/17 - juris Rn. 1; OVG NW, Beschl. v. 19.8.2016 - 4 E 409/16 - juris Rn. 1; s. auch W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 65 Rn. 38 m.w.N.).

Der Senat lässt offen, ob dieser Rechtsauffassung beizupflichten ist. Dagegen könnte sprechen, dass § 146 Abs. 1 VwGO für die Beschwerdeberechtigung lediglich verlangt, dass der Beschwerdeführer Beteiligter oder "durch die Entscheidung sonst betroffen" ist. Anders als bei der Klage gegen eine behördliche Maßnahme, bei der sich die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO richtet, ist somit bei dem Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung nach § 146 Abs. 1 VwGO nicht zwingend erforderlich, dass eine Verletzung in eigenen Rechten geltend gemacht wird.

Die nach § 146 Abs. 1 VwGO geforderte "Betroffenheit" durch eine gerichtliche Entscheidung könnte in der Person eines Beteiligten, dessen Antrag abgelehnt wird, und der deshalb jedenfalls formell beschwert ist, stets anzunehmen sein. Dem Wortlaut des § 146 Abs. 1 VwGO ist nicht zu entnehmen, dass über eine gegebene formelle Beschwer hinaus auch eine materielle Beschwer Voraussetzung für die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten sein soll. Dieses Verständnis dürfte auch der überwiegenden Auffassung zu § 146 Abs. 1 VwGO entsprechen. Danach soll für die Rechtsmittelberechtigung eines Beteiligten seine formelle Beschwer grundsätzlich ausreichen. Auf die materielle Beschwer soll demgegenüber nur und erst dann abzustellen sein, wenn eine formelle Beschwer fehlt, weil die ablehnende Entscheidung nicht aufgrund eines Sachantrags des Beteiligten ergangen ist, wie dies beispielsweise im Hinblick auf den Beklagten der Fall ist, wenn dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt wird, oder bei der Beschwerde eines Beigeladenen, der in der ersten Instanz keinen Sachantrag gestellt hat (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: März 2023, Vorbemerkung § 124 Rn. 40 f.; Guckelberger, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 146 Rn. 41; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, Vorb. § 124 Rn. 40; HessVGH, Beschl. v. 22.6.2016 - 4 B 1516/15 - juris Rn. 8; vgl. auch NdsOVG, Beschl. v. 16.6.1999 - 1 M 2042/99 - juris Rn. 5). Legte man hier letztgenannte Auffassung zugrunde, folgte die Beschwerdebefugnis des Beklagten allein aus dem Umstand, dass er einen Antrag auf Beiladung gestellt hat, den das Verwaltungsgericht abgelehnt hat.

2. Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses es abgelehnt hat, den Landkreis und die PD beizuladen, ist nicht zu beanstanden.

Eine Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass "Dritte" an einem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Nach § 65 Abs. 1 VwGO können "andere", deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beigeladen werden (einfache Beiladung). Zweck der Beiladung ist es vor allem, im Interesse der Prozessökonomie durch die damit verbundene Rechtskrafterstreckung auf Dritte, die in der Sache betroffen sind, die Ergebnisse eines Rechtsstreits auch ihnen gegenüber zu sichern; außerdem soll dem beigeladenen Dritten die Möglichkeit gegeben werden, durch die Verfahrensbeteiligung seine Interessen in den Prozess der Hauptbeteiligten einzubringen und so auch zur umfassenden Sachaufklärung beizutragen (BVerwG, Beschl. v. 28.8.2002 - 9 VR 11/02 - juris Rn. 4).

Sowohl für die einfache als auch für die notwendige Beiladung gilt als allgemeine, vor die Klammer gezogene Voraussetzung, dass die beizuladende natürliche oder juristische Person beiladungsfähig ist (vgl. zur Problematik Czybulka/Kluckert, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 65 Rn. 67; Bier/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 65 Rn. 12). Dies setzt zum einen ihre - hier ohne weiteres gegebene - Beteiligungsfähigkeit (vgl. § 61 Abs. Nr. 3; § 79 Abs. 1 NJG) voraus. Zum anderen muss die beizuladende Person aber auch ein "anderer" (vgl. § 65 Abs. 1 VwGO) bzw. ein "Dritter" (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO) sein. Das Gesetz bringt damit zum Ausdruck, dass die beizuladende Person jemand anderes sein muss als die bereits als Kläger oder Beklagter am Verfahren Beteiligten; denn die dargelegten Beiladungszwecke sind nur im Hinblick auf "Dritte" bzw. "andere" berührt.

Nach diesen Vorgaben ist hier eine Beiladung des Landkreises sowie der PD ausgeschlossen. Denn beide Behörden nehmen - wie der Beklagte im vorliegenden Fall auch - ausschließlich staatliche Aufgaben des Landes Niedersachsen wahr, das gegenüber dem Beklagten die Fachaufsicht ausübt (a)). Es bedarf darum weder unter dem Gesichtspunkt der Rechtskrafterstreckung noch unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrnehmung der beantragten Beiladung (b)), was die Beiladung ausschließt. Denn das Angewiesensein auf Gerichtsschutz stellt die Grenze dar, über die hinaus Gerichte nicht in Anspruch genommen werden sollen, und sei es nur durch die Mehrfachbeteiligung eines Trägers öffentlicher Verwaltung infolge einer Beiladung im Prozess (BVerwG, Urt. v. 22.6.1995 - 7 C 49/93 - juris Rn. 12).

a) Der Beklagte hat bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. Juni 2021 als nach § 17 Abs. 1 NHundG zuständige Behörde gehandelt. Die den Gemeinden danach obliegenden Aufgaben als Gefahrenabwehrbehörden sind gemäß § 17 Abs. 3 NHundG dem übertragenen Wirkungskreis zuzuordnen. Es handelt sich somit um staatliche Aufgaben (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 NKomVG), die von den Kommunen nach Weisung der Fachaufsichtsbehörde zu erfüllen sind (§ 6 Abs. 2 Satz 1 NKomVG).

Der Landkreis ist zwar gegenüber dem Beklagten wie gegenüber dem Land Niedersachsen eine eigenständige Gebietskörperschaft (Art. 57 Abs. 1 NdsVerf). Er nimmt aber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 NKomVG, ohne institutionell in den staatlichen Verwaltungsaufbau integriert zu werden (Ipsen, in: ders., NKomVG, § 6 Rn. 5), die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde wahr. Als untere Verwaltungsbehörde wird der Landkreis namentlich auch tätig, wenn er als Fachaufsichtsbehörde Aufgaben nach dem Niedersächsischen Hundegesetz erfüllt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 und 3 NHundG, § 6 Abs. 1 Satz 2 NKomVG). Die Polizeidirektion schließlich ist eine Behörde des Landes (Art. 56 Abs. 1 NdsVerf, §§ 87 Abs. 1 Nr. 3, 90 NPOG) und als solche in den Staatsaufbau des Landes Niedersachsen unmittelbar eingebunden. Ihr obliegt die allgemeine Aufgabe der Gefahrenabwehr, insbesondere, wenn nicht sichergestellt ist, dass die nach dem besonderen Gefahrenabwehrrecht zuständigen Behörden rechtzeitig handeln können.

b) Die PD und der Landkreis bewegen sich im vorliegenden Fall somit in demselben staatlichen Aufgabenkreis des Gefahrenabwehrrechts wie der weisungsgebunden handelnde Beklagte. Weder der Beiladungszweck der Rechtskrafterstreckung (aa)) noch der Beiladungszweck der Interessenwahrung (bb)) rechtfertigen hier deshalb eine Beiladung des Landkreises und der PD als "Dritte" bzw. "andere".

aa) Der Landkreis und die PD haben die Rechtskraft eines in dem Verwaltungsstreitverfahren gegen den Beklagten ergehenden Urteils zu beachten, ohne dass es einer Beiladung bedürfte.

Wird eine Körperschaft des öffentlichen Rechts verklagt, ist sie grundsätzlich mit allen ihren Behörden am Rechtsstreit beteiligt. Die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung wirkt deshalb, ohne dass es einer Beiladung bedürfte, unmittelbar auch für und gegen die in die Verwaltungsorganisation der Körperschaft eingegliederten Behörden (BVerwG, Urt. v. 12.11.1976 - IV C 34/75 - juris Rn. 20; Beschl. v. 17.10.1985 - 2 C 25/82 - juris Rn. 15, zur Beiladung einer Bundesbehörde, wenn die Bundesrepublik verklagt ist; Urt. v. 25.8.1998 - 2 C 62/85 - juris Rn. 18, zur Beiladung einer Landesbehörde im Prozess gegen das Land). Dies gilt auch dann, wenn die Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht selbst am Prozess beteiligt ist, sondern eine ihrer Behörden, weil der zuständige Gesetzgeber - wie das Land Niedersachsen in § 79 Abs. 1 NJG - von den Ermächtigungen des § 61 Nr. 3 VwGO und § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht und bestimmt hat, dass Landesbehörden fähig sind, am Verfahren beteiligt zu sein und verklagt zu werden. Denn eine Behörde, die nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO verklagt werden kann, führt den Prozess lediglich in Prozessstandschaft für ihren Rechtsträger. Indes wird allein der hinter der jeweils beklagten Behörde stehende Rechtsträger, beispielsweise das Land, aus dem rechtskräftigen Urteil berechtigt und verpflichtet (BVerwG, Beschl. v. 11.10.2006 - 10 C 7/05 - juris Rn. 11 u. 13; Beschl. v. 28.8.2002 - 9 VR 11/02 - juris Rn. 4 ff., 6; Urt. v. 25.8.1988 - 2 C 62/85 - juris Rn. 18).

Hier sind zwar unterschiedliche Rechtsträger betroffen. Der Beklagte als Gemeinde wird dadurch, dass er eine Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis ausgeführt hat, keine Behörde des Landes Niedersachsen (vgl. Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider, Stand: März 2023, VwGO § 78 Rn. 38). Dasselbe gilt für den Landkreis, der institutionell in den staatlichen Verwaltungsaufbau nicht integriert wird, auch wenn er Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrnimmt (Ipsen, in: ders., NKomVG, § 6 Rn. 5). Gleichwohl wird sich die Rechtskraft eines gegenüber dem Beklagten ergehenden Urteils des Verwaltungsgerichts auch auf den Landkreis und die PD erstrecken. Denn - soweit ersichtlich - wird unstreitig angenommen, dass eine Behörde, die eine Aufgabe einer anderen Körperschaft im Rahmen eines Weisungsverhältnisses wahrnimmt, und deshalb verklagt wird, den Prozess ebenfalls in Prozessstandschaft für die Körperschaft führt, deren Aufgaben sie wahrnimmt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach im Zusammenhang mit der Bundesauftragsverwaltung angenommen und diesbezüglich ausgeführt, das im Auftrag des Bundes tätig gewordene Land führe den Prozess "in einer Art Prozessstandschaft" für den Bund. Eine Beiladung des Bundes komme darum im Prozess gegen das Land nicht in Betracht (BVerwG, Beschl. v. 9.1.1999 - 11 C 8/97 - juris Rn. 2 ff. m.w.Nw.).

Für das Verhältnis zwischen Land und der im übertragenen Wirkungskreis handelnden Gemeinde kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten. Soweit ersichtlich, ist unstreitig, dass sich die Bindungswirkung eines gegen eine Gemeinde wegen ihres Tätigwerdens im übertragenen Wirkungskreis ergangenen Anfechtungsurteils auf das Land, das der Gemeinde die jeweilige Aufgabe der Landesverwaltung übertragen hat, erstreckt (so HessVGH, Beschl. v. 20.7.2004 - 9 TG 1346/04 - juris Rn. 23 zu verschiedenen Begründungsansätzen). Ist das der Fall, kommt aber im Verwaltungsstreitverfahren gegen eine im übertragenen Wirkungskreis handelnde Gemeinde die Beiladung weiterer Behörden des Landes (hier: PD) bzw. weiterer im selben Aufgabenkreis des Landes im Rahmen eines Weisungsverhältnisses handelnder Behörden (hier: Landkreis) ebenso wie bei der Auftragsverwaltung nicht in Betracht. Daraus erklärt sich auch, dass in der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts angenommen worden ist, dass eine Gemeinde im Prozess gegen die Baugenehmigungsbehörde weder nach § 65 Abs. 1 noch nach Abs. 2 VwGO beigeladen werden könne, wenn die Gültigkeit einer von ihr im übertragenen Wirkungskreis beschlossenen örtlichen Bauvorschrift in Rede stehe (NdsOVG, Beschl. v. 28.1.2014 - 1 ME 176/13 - juris Rn. 8; dem folgend VG Hannover, Urt. v. 6.6.2022 - 12 A 2266/20 - juris Rn. 30). Im Verhältnis zwischen Land bzw. Landesbehörden und Gemeinden kommt vielmehr eine Beiladung nur Betracht, wenn es im Verwaltungsstreitverfahren um eine Angelegenheit der Selbstverwaltung der Gemeinde geht (BVerwG, Beschl. v. 3.8.1990 - 8 B 37/90 - juris Rn. 3; Beschl. v. 11.2.1993 - 4 C 25.91 - juris Rn. 13 ff.).

bb) Auch der Beiladungszweck der Interessenwahrung rechtfertigt eine Beiladung des Landkreises und der PD im vorliegenden Fall nicht.

Wie bereits wiederholt ausgeführt, ist der Beklagte bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids im übertragenen Wirkungsbereich tätig geworden. Im übertragenen Wirkungsbereich unterliegt er der Fachaufsicht durch die Fachaufsichtsbehörde, dem Landkreis, der nach § 17 Abs. 3 NHundG insoweit ebenfalls im übertragenen Wirkungskreis des Landes tätig wird. Der Landkreis ist gegenüber dem Beklagten weisungsbefugt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 NHundG, § 6 Abs. 2 Satz 1 NKomVG).

Insofern sind im Verhältnis zwischen dem Beklagten auf der einen und dem Landkreis und der PD auf der anderen Seite keine Interessen ersichtlich, die eine Beiladung rechtfertigen würden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt entschieden, dass eine Beiladung dort nicht in Betracht kommt, wo lediglich "Verwaltungsinteressen" berührt sein können (BVerwG, Urt. v. 31.1.1969 - IV C 83/66 - juris Rn. 15). Das ist vor allem der Fall, wenn an einer Maßnahme zwar mehrere Behörden eines Rechtsträgers beteiligt sind, aber einer gemeinsamen Verwaltungsspitze unterstehen. Denn dann ist es im Fall einer Interessenkollision zwischen den Behörden vorrangig Aufgabe der gemeinsamen Verwaltungsspitze, Meinungsverschiedenheiten verbindlich zu regeln. Ein Bedürfnis für eine Beiladung besteht insofern nicht (BVerwG, Urt. v. 22.6.1995 - 7 C 49/93 - juris Rn. 12; vgl. auch dass., Beschl. v. 28.8.2002 - 9 VR 11/02 - juris Rn. 5).

Dasselbe gilt, wenn - wie hier - zwar unterschiedliche Rechtsträger betroffen sind, diese zueinander aber in einem Weisungsverhältnis stehen. Denn der ausschlaggebende Gedanke, dass etwaige Interessengegensätze vorrangig mit behördlichen Mitteln ausgeglichen werden können, beansprucht insoweit angesichts des dem Land Niedersachsen zur Verfügung stehenden fachaufsichtlichen Instrumentariums in gleicher Weise Geltung. Insbesondere begründet auch die Weisungsbefugnis des Landes im Rahmen der Aufsicht über die Gesetz- und Zweckmäßigkeit der Gesetzesausführung kein Recht des Landes, das im Wege der Beiladung prozessual zur Geltung gebracht werden müsste (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.1.1999 - 11 C 8/97 - juris Rn. 3). Das hier sowohl hinter der PD als auch dem Landkreis stehende Land vertritt in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde vielmehr bloße Verwaltungsinteressen, deren Berührung für eine Beiladung generell nicht ausreicht (BVerwG, Urt. v. 31.1.1969 - IV C 83/66 - juris Rn. 15).

Namentlich ist auch das von dem Beklagten zur Begründung der Beiladung vorgetragene finanzielle Interesse, nicht auf den Kosten für die Unterbringung der Hunde "sitzen zu bleiben", kein Interesse, das den Bereich staatlicher Verwaltungsinteressen verlassen und die Beiladung rechtfertigen würde. Die Belastung mit eventuellen Kosten für die Unterbringung greift auch nicht mittelbar in das Selbstverwaltungsrecht des Beklagten ein. Insbesondere stellt sie keinen Eingriff in die von der Selbstverwaltungsgarantie umfasste Finanzhoheit des Beklagten dar. Sie ist vielmehr eine Folge seines ggf. fehlerhaften Verwaltungshandelns, das sich aber allein auf den übertragenen Wirkungsbereich bezieht (vgl. HessVGH, Beschl. v. 4.2.2016 - 4 A 617/14 - juris Rn. 47).

Soweit der Beklagte aufgrund einer rechtswidrigen Weisung der Fachaufsichtsbehörde, des Landkreises, gehandelt haben sollte, hat er zudem Anspruch auf Kostenersatz nach § 6 Abs. 4 NKomVG. Nach dieser Vorschrift erstattet das Land der Kommune, die bei der Erfüllung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises eine Maßnahme aufgrund einer Weisung der Fachaufsichtsbehörde getroffen hat, alle notwendigen Kosten, die ihr durch die Ausführung der Weisung entstanden sind, wenn die Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen aufgehoben wird. Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch nach dieser Vorschrift ist allein die Aufhebung einer durch eine rechtswidrige Weisung verursachten Maßnahme einer Kommune, wobei unerheblich ist, ob die Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde selbst oder auf Weisung oder mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde durch die angewiesene Behörde selbst erfolgt (NdsOVG, Urt. v. 18.1.2011 - 10 LC 31/09 - juris Rn. 25). Der Erstattungsanspruch besteht im Fall einer gerichtlichen Aufhebung dabei ohne weiteres auch dann, wenn das Land bzw. die nachgeordneten zuständigen Fachbehörden nicht als Beigeladene am zur Aufhebung der Maßnahme führenden Prozess beteiligt gewesen sind. Auch insofern bedürfte es einer Beiladung weiterer für das Land handelnder Behörden somit nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.