Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.09.2023, Az.: 3 LD 6/22

Bestimmtheit der Disziplinarklageschrift; Blutwerte; Disziplinarklagebehörde; Genehmigung; Manipulation; Organtransplantation; Wohlverhaltenspflicht; Zuständigkeit Disziplinarklage; Disziplinarrechtliche Folgen der Manipulation von Blutwerten auf Veranlassung des beamteten Chefarztes einer Universitätsklink zum Zweck der Erhöhung der Chance auf Zuteilung eines Spenderorgans

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.09.2023
Aktenzeichen
3 LD 6/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 40341
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0920.3LD6.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 16.03.2022 - AZ: 5 A 6/18

Fundstelle

  • NordÖR 2024, 95

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zuständig für die Erhebung einer Disziplinarklage gegenüber beamteten Professoren der Universität Göttingen ist deren Präsident. § 63h Abs. 6 Nr. 2 NHG stellt insoweit eine Spezialregelung zu der allgemeinen Regelung des § 34 Abs. 2 NDiszG dar.

  2. 2.

    Die Erhebung einer Disziplinarklage durch eine unzuständige Stelle kann dadurch geheilt werden, dass die zuständige Disziplinarklagebehörde die Erhebung der Disziplinarklage genehmigt und sich die Ausführungen der ursprünglichen Klageschrift zu eigen macht.

  3. 3.

    Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit der Disziplinarklageschrift bei einer auf Indizien gestützten Beweisführung.

  4. 4.

    Ein beamteter Chefarzt an einer Universitätsklinik verstößt in schwerwiegender Weise gegen die Wohlverhaltenspflicht, wenn er einen ihm untergebenen Assistenzarzt auffordert, die Blutproben auch nur eines Patienten zu manipulieren, damit dieser eine höhere Chance auf Zuteilung eines Spenderorgans erhält.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 5. Kammer - vom 16. März 2022 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Disziplinarklage die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten.

Der am ... 1951 in Italien geborene Beklagte ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Nach seinem ebenfalls in Italien absolvierten Medizinstudium nebst Promotion und Facharztprüfung trat er im Oktober 1978 seinen Dienst als wissenschaftlicher Assistent an der J. an. Im Mai 1981 wechselte er zunächst als wissenschaftlicher Angestellter an die K.. Dort wurde er am ... 1986 im Fach Innere Medizin habilitiert und war ab Juli 1987 als Oberarzt und ab Juli 1990 zudem als Inhaber einer Stiftungsprofessur (entsprechend der Besoldungsgruppe C 3) tätig. Zum 1. Oktober 1992 wurde er schließlich vom Land Niedersachsen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor (Besoldungsgruppe C 4) ernannt. Er übernahm die Abteilung für Gastroenterologie und Endokrinologie im Zentrum für Innere Medizin der Universitätsmedizin C-Stadt.

Der Beklagte ist in straf- und disziplinarrechtlicher Hinsicht nicht vorbelastet.

Der Eingang eines anonymen Hinweises über Manipulationen im Zusammenhang mit Organtransplantationen an der Universitätsmedizin C-Stadt veranlasste den Kläger, dem Beklagten mit für sofort vollziehbar erklärter Verfügung vom 26. Juli 2012 (Beiakte - BeiA - 1, Bl. 1 ff.) die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten und ihm zu untersagen, sich in den Diensträumen und auf dem Gelände der Universitätsmedizin C-Stadt aufzuhalten.

Die Abläufe im Rahmen des im Jahr 2008 eröffneten Lebertransplantationsprogramms der Universitätsmedizin C-Stadt wurden von zwei verschiedenen Kommissionen untersucht. Auf die entsprechenden Abschlussberichte der Kommissionen (enthalten als Anhang 6 [Prüf- und Überwachungskommission der Bundesärztekammer, der deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen nach § 11 und § 12 TPG] und Anlage 7 [Rothmund-Kommission] in BeiA 5) wird Bezug genommen. Die Untersuchungen ergaben, dass auf verschiedene Weise bei Leberpatienten Blutwerte manipuliert worden waren. Ziel der Manipulationen war es, den sog. MELD-Score (Model for end-stage liver disease), errechnet aus Kreatinin, Serumbilirubin und Prothrombinzeit, zu erhöhen. Der MELD-Score war ein Parameter für die Dringlichkeit und wichtiges Allokationskriterium für Spenderorgane. Durch solche Manipulationen rückten Patienten auf der Warteliste für die Zuteilung von Spenderorganen vor.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2012 (BeiA 1, Bl. 14 ff.) leitete der Kläger bezüglich des Vorwurfs, Laborwerte von an der Leber erkrankten Patienten systematisch manipuliert und damit gegen die einschlägigen Richtlinien und Vorschriften verstoßen sowie falsche Meldungen zu Patienten an Eurotransplant gemeldet zu haben, ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2012 (BeiA 1, Bl. 28 ff.) wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das laufende Strafverfahren ausgesetzt und die Vorwürfe der Einleitungsverfügung vom 10. Oktober 2012 dahin konkretisiert, dass im Zeitraum zwischen 2009 und 2011 bei mindestens 11 Patienten in der vom Beklagten geleiteten Abteilung Laborwerte manipuliert worden seien, um den MELD-Score für die Zuteilung von Spenderorganen zu erhöhen.

Mit Verfügung vom 30. September 2013 (BeiA 1, Bl. 66 ff.) wurde das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf ausgedehnt, bei der Behandlung des Transplantationspatienten L. im Jahr 2006 Bestechungsgelder in Höhe von 60.000 EUR angenommen zu haben. Die Behandlung dieses Patienten war zudem Gegenstand eines vor dem Landgericht ... geführten Rechtsstreits zwischen der Universität C-Stadt und den Erben des inzwischen verstorbenen Patienten. Der Kläger betraute mit Verfügung vom 2. Juni 2014 (BeiA 1, Bl. 242) den Leiter der Stabsstelle Interne Revision und Beauftragten für Korruptionsangelegenheiten der Universität C-Stadt, Herrn ... M., mit der Führung der Ermittlungen hinsichtlich dieses Sachverhalts, der unter dem 8. August 2016 seinen Ermittlungsbericht vorlegte (BeiA 8, Bl. 299 ff.).

Eine zweite Ausdehnung des Disziplinarverfahrens erfolgte unter dem 18. Dezember 2013 (BeiA 1, Bl. 208 ff.) im Hinblick auf den Vorwurf, eine falsche eidesstattliche Versicherung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VG Göttingen 1 B 273/13) abgegeben zu haben.

Mit Verfügung vom 17. Juli 2014 (BeiA 2, Bl. 253) setzte der Kläger mit Verweis auf die noch laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen das Disziplinarverfahren in Bezug auf die mit Verfügung vom 18. Dezember 2013 erhobenen Vorwürfe aus.

Schließlich wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 29. Juni 2016 (BeiA 2, Bl. 302 ff.) zum dritten Mal ausgedehnt auf den Vorwurf, einen Patienten im Jahr 2008 nicht leitliniengerecht und unter Verstoß gegen den medizinischen Standard behandelt zu haben. Gleichzeitig wurde die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens trotz des gegen den Beklagten noch laufenden und erst am 23. Februar 2018 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten (BeiA 49, Bl. 141 ff.) staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (N.) verfügt (BeiA 2, Bl. 313, 350), nachdem der gesondert verfolgte ehemalige Leiter der Abteilung Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin C-Stadt, Prof. Dr. ... O., mit Urteil des Landgerichts C-Stadt vom 6. Mai 2015 (P., juris = BeiA 63 - 65) vom Vorwurf des versuchten Totschlags u. a. freigesprochen worden war.

Im Urteil des Landgerichts C-Stadt (BeiA 63 - 65), das nach Zurückweisung der Revision der Staatsanwaltschaft durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2017 (... , juris) rechtskräftig geworden ist, und das sich mit der Rolle des hiesigen Beklagten in vielfältiger Weise befasst, wurde u.a. Folgendes festgestellt:

"Wenn ein Patient wegen seiner Lebererkrankung bzw. der hierdurch aufgetretenen Symptome und Komplikationen in der Q. vorstellig wurde und nicht den Wunsch geäußert hatte, von dem Angeklagten oder einem anderen Arzt aus der Abteilung der Transplantationschirurgie behandelt zu werden, wurde er im Regelfall - je nach seiner gesundheitlichen Verfassung - zunächst ambulant in der hepatologischen (Leber-)Ambulanz der Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie untersucht und behandelt oder auf einer der Stationen von Prof. Dr. C. aufgenommen.

Sofern die Ärzte im Rahmen der ambulanten oder stationären Untersuchungen zu der Einschätzung gelangten, dass bei dem betreffenden Patienten eine Lebertransplantation als Therapieoption in Betracht kam, wurden weitere Untersuchungen dahingehend durchgeführt, ob eine Indikation für die Durchführung einer Lebertransplantation bestand bzw. ob gegebenenfalls Kontraindikationen oder Hinderungsgründe für die Aufnahme in die Warteliste vorlagen. Es wurde mithin eine sogenannte Evaluation für eine Lebertransplantation durchgeführt.

Diese Evaluationen, die im Regelfall stationär erfolgten, wurden in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle in der Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie von Prof. Dr. C. durchgeführt. Dieser verfolgte das Ziel, möglichst alle Patienten, bei denen eine Lebertransplantation als Therapieoption geprüft wurde, in seiner Abteilung evaluieren zu lassen. Gleichwohl wurde ein Teil der Patienten in der Transplantationschirurgie für eine Lebertransplantation evaluiert. Hierbei handelte es sich zum Beispiel um Patienten, die ausdrücklich von dem Angeklagten behandelt werden wollten. (...)

Bei den Patienten, die in der Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie evaluiert wurden, wurde über die Frage, ob die Durchführung einer Lebertransplantation angezeigt war oder geeignete Behandlungsalternativen bestanden, in dieser Abteilung entschieden.

Die Patienten wurden im Rahmen einer sogenannten "Mittagsbesprechung", die täglich stattfand, erörtert. An dieser Mittagsbesprechung nahmen in der Regel unter anderem Prof. Dr. C. und dessen Stellvertreter, der Oberarzt Prof. Dr. R., sowie andere Oberärzte und Stations- bzw. Assistenzärzte teil. Ärzte der (Transplantations-)Chirurgie waren bei diesen Mittagsbesprechungen in der Regel nicht anwesend. Prof. Dr. C. vertrat die Auffassung, dass Patienten, bei denen eine Lebertransplantation in Betracht kam, möglichst frühzeitig in die Warteliste aufgenommen und bei Eurotransplant registriert werden sollten. Er war weiter der Ansicht, dass die Patienten auch mit einem niedrigen MELD-Score gelistet werden sollten. Wenn die durchgeführten Untersuchungen bzw. die Evaluation zu dem Ergebnis führten, dass bei einem Patienten eine Lebertransplantation in Betracht kam - worüber in der Regel Prof. Dr. C. selbst abschließend befand - wurden die Patienten in der Regel in der sogenannten Transplantationskonferenz vorgestellt. (...)

Die Transplantationskonferenz fand einmal wöchentlich und zwar jeweils dienstags nachmittags statt. In der Regel waren Prof. Dr. C., sein Stellvertreter Prof. Dr. R. (Oberarzt der Station S. der Abteilung Gastroenterologie) und der Angeklagte sowie der gesondert Verfolgte Dr. T., der zu den verfahrensgegenständlichen Zeiten Oberarzt in der Transplantationschirurgie war, anwesend. Auch gegen diesen wurden im Zusammenhang mit der Organvermittlung und Transplantation an der Q. strafrechtliche Ermittlungen geführt. Er hat ebenso wie Prof. Dr. C. von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die übrigen Teilnehmer und die Teilnehmerzahl wechselten. Ärzte anderer Fachrichtungen (z.B. Anästhesisten, Psychiater, Kardiologen, Onkologen) nahmen im Regelfall an der Transplantationskonferenz nicht teil. Ärzte dieser Fachrichtungen nahmen an den Konferenzen zumeist nur teil, wenn bei Patienten gesundheitliche Probleme bestanden, die in einen dieser Fachbereiche fielen.

(...)

Eine Protokollierung bzw. eine Dokumentation der Konferenzen erfolgte nicht. Wenn Patienten zwischen zwei Transplantationskonferenzen in die Q. aufgenommen und im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Lebertransplantation noch vor Stattfinden der nächsten Transplantationskonferenz in die Warteliste aufgenommen, bei Eurotransplant registriert und sodann transplantiert wurden, wie dies zum Beispiel bei den Patienten, U., V. und W. der Fall war, war die Vorstellung dieser Patienten in der Transplantationskonferenz vor der Aufnahme in die Warteliste nicht möglich. In diesen Fällen trafen, wenn es sich um Patienten von Prof. Dr. C. handelte, in der Regel dieser und der Angeklagte die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Transplantation und die Registrierung bei Eurotransplant. Wenn es sich um Patienten des Angeklagten handelte, die nicht in der Abteilung von Prof. Dr. C. evaluiert worden waren, traf der Angeklagte die letztverantwortliche Entscheidung allein.

Aber auch dann, wenn ein Patient nach seiner Evaluation in der Transplantationskonferenz vorgestellt wurde, erfolgte die Entscheidung darüber, ob der Patient in die Warteliste für eine Lebertransplantation aufgenommen und bei Eurotransplant registriert werden sollte - sofern diese Entscheidung überhaupt in der Transplantationskonferenz getroffen wurde - nicht in einem förmlichen Konferenzbeschluss und auch nicht durch alle Anwesenden gemeinsam. Diese Entscheidung trafen vielmehr ausschließlich Prof. Dr. C. sowie der Angeklagte. Beide tauschten sich auch außerhalb der Transplantationskonferenz über die Patienten aus." (S. 173 ff. des Urteilsabdrucks, juris Rn. 636 bis Rn. 647)

"Dem Angeklagten dürfte allgemein bekannt gewesen sein, dass in der Abteilung von Prof. Dr. C. auf dessen Veranlassung unter anderem Manipulationen von Blutproben bzw. Blutwerten stattfanden, um den MELD-Score von Patienten zu erhöhen und um diesen Patienten schneller bzw. überhaupt zu einem Spenderorgan zu verhelfen." (S. 185 des Urteilsabdrucks, juris Rn. 691)

"Zur Überzeugung der Kammer pflegte Prof. Dr. C. in seiner Abteilung einen sehr autoritären Führungsstil und duldete keinerlei Widerspruch seiner Mitarbeiter. Die Kammer ist des Weiteren davon überzeugt, dass es während der Dienstzeit von Prof. Dr. C. zu Manipulationen der Laborwerte von Patienten und unzutreffenden Angaben über den Gesundheitszustand von Patienten kam und der Angeklagte dies allgemein wusste. Ob dem Angeklagten die konkreten Fälle bekannt waren, in denen Prof. Dr. C. Manipulationen veranlasste, konnte hingegen nicht festgestellt werden.

In der Abteilung von C. fanden insbesondere Fälschungen der Gerinnungswerte (INR) von Patienten statt. Zu diesem Zweck wurde der Inhalt von zwei Citrat-Röhrchen, die zur Blutentnahme verwendet wurden, zusammengeschüttet. Durch die Veränderung des Mischungsverhältnisses von Blut und Citratlösung wurde der INR-Wert erhöht. Darüber hinaus kam es zur bewussten Vertauschung von Blutproben. Hierbei wurden Blutproben von Patienten mit Blutwerten, die zu einem hohen MELD-Score führten, für andere Patienten verwendet, deren MELD-Werte noch nicht ausreichend hoch waren. Dies folgt insbesondere aus den nachfolgend dargestellten Aussagen der Ärzte Dr. X., Dr. Y. und Dr. Z., Dr. AA. sowie des Zeugen KHK AB., der die Aussage des Arztes Dr. AC. wiedergegeben hat. Alle Zeugen haben geschildert, in der Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie seien auf Veranlassung von Prof. Dr. C. Blutprobenmanipulationen erfolgt bzw. es sollen entsprechende Manipulationen erfolgt sein." (Urteilsabdruck S. 258 f., juris Rn. 1038 f.)

"Es erscheint insoweit insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der gesondert Verfolgte Prof. Dr. C. kein Geheimnis daraus machte, dass er Manipulationen für gerechtfertigt halte, um den Patienten zu helfen und diesen ein Organ zu verschaffen, lebensfremd, dass er diese Auffassung nicht auch gegenüber dem Angeklagten kundtat." (Urteilsabdruck S. 271, juris Rn. 1090)

Nachdem der mit den disziplinarischen Ermittlungen betraute Rechtsanwalt Prof. Dr. AD. dem Kläger am 13. Oktober 2017 einen Abschlussbericht vorgelegt hatte (BeiA 3, Bl. 395.), erstellte er auf dessen Anweisung vom 21. November 2017 (BeiA 3, Bl. 396) unter dem 2. Februar 2018 ein "Vorläufiges Ermittlungsergebnis" (BeiA 3, Bl. 402). Mit Schriftsatz vom selben Tage (BeiA 3, Bl. 400 f.) gab der Ermittlungsführer den damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten unter Übersendung des vorläufigen Ermittlungsergebnisses Gelegenheit zur abschießenden Stellungnahme. Diese erfolgte mit Schriftsatz vom 6. April 2018 (BeiA 3, Bl. 405 ff.). Im Anschluss daran erstellte Prof. Dr. AD. in Ausführung der Anweisung vom 21. November 2017 unter dem 31. Juli 2018 einen (endgültigen) Abschlussbericht (BeiA 3, Bl. 456 ff.) und übersandte diesen dem Kläger. Sodann führte dieser eine Entscheidung des Stiftungsrates zur Erhebung der Disziplinarklage herbei (BeiA 3, Bl. 622 ff.).

Der Kläger hat namens der ...-Universität C-Stadt am 15. November 2018 Disziplinarklage gegen den Beklagten zunächst mit dem Ziel der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt:

Der Beklagte sei im Zeitraum von 2009 bis einschließlich 2011 in mindestens 11 Fällen, die sich aus den der Klageschrift beigefügten Synopsen ergäben, für Manipulationen von Laborwerten verantwortlich, die jeweils zu einer Erhöhung des MELD-Scores und damit der Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgans geführt habe.

Der Beklagte sei nicht der Pflicht zur Dokumentation der Gründe für die Aufnahme von Patienten in die Warteliste nachgekommen, er habe insoweit die gebotene Dokumentation in den Patientenakten unterlassen und nicht dokumentiert, dass er Patienten in der LTX-Konferenz vorgestellt habe und wie die Entscheidung dieser Konferenz gewesen sei.

Der Beklagte habe von 2009 bis 2011 veranlasst oder zumindest hingenommen, dass falsche Meldungen zu Patienten an Eurotransplant mit dem Ziel übermittelt worden seien, die Chance auf Zuteilung eines Spenderorgans zu erhöhen.

Der Beklagte habe Mitte 2006 von der Familie des Patienten L. 30.000 EUR gefordert und in bar erhalten, ohne eine Rechnung zu erstellen. Er habe diesen verschwiegenen Betrag erst auf schriftlichen Vorhalt vom 6. August 2008 in drei Teilbeträgen an die Universität C-Stadt überwiesen.

Der Beklagte habe in dem beim Verwaltungsgericht Göttingen geführten Verfahren 1 B 273/13 eine auf den 29. November 2013 datierte eidesstattliche Versicherung vorgelegt, mit der er fälschlicherweise behauptet habe, dass er mit Lebertransplantationen nur am Rande als Internist befasst gewesen sei.

Schließlich habe der Beklagte im Jahr 2008 einen Patienten nicht leitliniengerecht behandelt, indem er diesen nicht an einen Chirurgen überwiesen und auch nicht darüber aufgeklärt habe, dass die operative Entfernung des Magens empfohlen werden müsse.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Beklagte bei der Behandlung seiner Patienten den medizinischen Standard nicht gewahrt und seine Stellung als Abteilungsleiter missbraucht habe. Aufgrund der vorstehenden Sachverhalte liege ein schweres Dienstvergehen in Form des innerdienstlichen Fehlverhaltens vor. Der Beklagte habe gegen die nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG bestehende Grundpflicht verstoßen, sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Er habe zusätzlich gegen § 34 Abs. 1 Satz 2 und 3 BeamtStG verstoßen, wonach er die übertragenen Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen und sein Verhalten an der Achtung und dem Vertrauen auszurichten, die sein Beruf erfordere. Zugleich habe er gegen § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verstoßen, indem er die Leitlinien der Universitätsmedizin zur Lebertransplantation (BeiA 4, Anhang 2) nicht befolgt habe. Das vorsätzliche Erschleichen von unberechtigten Organzuweisungen erschüttere die Grundlagen des ärztlichen Berufs. Dies gelte erst recht, wenn das Handeln von rechtswidrigem Gewinnstreben geprägt sei. An dieser Bewertung ändere der Umstand nichts, dass bis 2013 Manipulationen im Zusammenhang mit den Angaben zum Gesundheitszustand von Patienten (noch) nicht spezialgesetzlich strafbewehrt gewesen seien.

Der Beklagte habe durch das schwere Dienstvergehen das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren. Er sei die zentrale Figur im Leber-Transplantationsskandal, dessen Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Schicksale der auf Organspenden angewiesenen Patienten nachhaltig negativ gewesen seien und bis heute nachwirkten. Die Manipulationen bei der Verteilung von Organen hätten das Vertrauen vieler Menschen in das System der Organtransplantationen erschüttert. Die Universität C-Stadt habe Ende 2014 ihr Lebertransplantationsprogramm aufgeben müssen. Es sei somit absolut untragbar gewesen, den Beklagten weiter zu beschäftigen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dieser in der Einleitungsverfügung ordnungsgemäß belehrt worden. Eine Belehrung müsse bei Ausdehnung des Disziplinarverfahrens nicht wiederholt werden, zumal der Beklagte nicht vorgetragen habe, welche Aussagen nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürften. Die Befangenheit des Ermittlungsführers M. sei nicht gerügt worden. Als Beauftragter für Korruptionsangelegenheiten habe dieser zwangsläufig mit Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet. Der Ermittlungsführer Prof. Dr. AD. habe eine unvoreingenommene und unparteiische Aufarbeitung des Ermittlungsmaterials vorgenommen, so dass die Entscheidung vertretbar gewesen sei, diesen trotz des angezeigten abstrakten Interessenkonflikts nicht abzuberufen. Die fehlende Übersendung des Abschlussberichts sei unschädlich, weil nur die Einlassungen des Beklagten eingearbeitet worden seien, die Faktenlage im Übrigen aber mit dem zur Kenntnis gebrachten vorläufigen Ermittlungsergebnis übereinstimme. Die in Bezug auf Zeugenvernehmungen gerügten Unzulänglichkeiten seien nicht relevant, weil keine Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Unterlagen aufgezeigt würden.

Nachdem der Beklagte mit Ablauf des Monats März 2020 wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten war, hat der Kläger seinen ursprünglich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Klageantrag umgestellt.

Der Kläger hat beantragt,

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, das behördliche Disziplinarverfahren leide an diversen formellen Mängeln. Er sei schon nicht hinreichend über seine Rechte und die vorgeworfenen Dienstvergehen belehrt worden. Der vom Kläger eingesetzte Ermittlungsführer M. sei befangen gewesen, weil er schon vor seiner Bestellung eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet, diesen gegenüber falsche Angaben gemacht und den Verdacht auf ihn - den Beklagten - gelenkt habe, um von der Verantwortung des Vorstands der Universitätsmedizin C-Stadt für die angestrebte Erhöhung der Transplantationszahlen abzulenken.

Ebenso sei der Ermittlungsführer Prof. Dr. AD. aufgrund eines offenkundigen Interessenkonflikts befangen gewesen, weil dessen Kanzleipartner andere Beschuldigte im Strafverfahren verteidigt hätten, so dass ein berufsrechtliches Tätigkeitsverbot bestanden habe. Obwohl aus diesen Umständen ein Grund resultiere, der geeignet sei, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu begründen, habe der Kläger es unterlassen, den Ermittlungsführer abzuberufen.

Er - der Beklagte - habe zwar das vorläufige Ermittlungsergebnis, nicht jedoch den Abschlussbericht zur Stellungnahme erhalten, so dass ihm die effektive Ausübung des Schlussgehörs verwehrt worden sei. Außerdem zeichne sich der Abschlussbericht durch die Erhebung pauschaler Vorwürfe unter Verweis auf andere Schriftstücke aus.

Die Beweiserhebung im behördlichen Disziplinarverfahren sei ebenfalls mangelhaft erfolgt, da verschiedene Vernehmungsprotokolle nicht von den Zeugen unterzeichnet worden seien und keine Aussage dazu enthielten, ob die Identität der Zeugen festgestellt und eine Belehrung erfolgt sei. Zudem hätten die Zeugen keinerlei nach Geschehensablauf, Ort und Zeit konkretisierte Sachverhalte bekundet, die überhaupt geeignet wären, eine Verletzung von Dienstpflichten zu begründen.

In Bezug auf den Sachverhalt, welcher der dritten Ausdehnungsverfügung zugrunde liege (nicht leitliniengerechte Behandlung bzw. Behandlungsfehler in Bezug auf einen Patienten mit Magentumor), habe der Kläger überhaupt keine Ermittlungen angestellt, sondern nur auf die Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 27. Oktober 2015 verwiesen, ohne festzuhalten, ob der Vorwurf als bewiesen angesehen werde. Dieser Mangel setze sich in der Disziplinarklageschrift entsprechend fort, zumal durch ein im Strafverfahren (AE.) vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. med. Dr. iur. h.c. AF. belegt sei, dass ihm - dem Beklagten - keine Behandlungs-, Aufklärungs- und Dokumentationsfehler unterlaufen seien.

Ein wesentlicher Mangel folge ferner aus der Bezugnahme im Abschlussbericht auf die tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht C-Stadt ihn betreffend in seinem Urteil vom 6. Mai 2015 getroffen habe. Der Ermittlungsführer sei offenbar von einer Bindungswirkung ausgegangen, obwohl keine Ermessensentscheidung nach § 24 Abs. 2 NDiszG ergangen sei und das Landgericht C-Stadt ohnehin nur allgemeine Abläufe dargestellt habe.

Die Disziplinarklageschrift genüge den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Bestimmtheitsanforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht. Sie stelle nicht dar, welche Laborwerte wann und wie von ihm konkret manipuliert worden sein sollten. Es werde nicht dargelegt, in welcher konkreten LTX-Konferenz welche Entscheidung betreffend welchen Patienten durch wen getroffen und anschließend nicht dokumentiert worden sei oder welche falschen Meldungen von ihm - dem Beklagten - selbst veranlasst worden seien. Daran könne auch der Verweis auf das Urteil des Landgerichts C-Stadt nichts ändern, da auch dieses keine Feststellungen in konkreten Fällen hinsichtlich seiner Person getroffen habe.

Zur substantiierten Darstellung des disziplinargerichtlichen Streitgegenstands gehöre insbesondere die Darstellung der entlastenden Umstände, was im Falle der bei dem Patienten L. als erwiesen angesehenen Vorteilsnahme nicht geschehen sei. Die fehlende Rechnungsstellung in Einzelfällen sei von der Innenrevision regelmäßig akzeptiert und nicht zum Anlass genommen worden, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wozu der Dienstherr aber zeitnah verpflichtet sei.

In der Sache hat der Beklagte geltend gemacht, für alle zu transplantierenden Patienten sei allein Prof. Dr. O. zuständig gewesen, der aufgrund seiner vereinbarten Bonuszahlungen einen extrem hohen Anreiz gehabt habe, möglichst viele Transplantationen vorzunehmen. Die für die Transplantationen zuständigen Chirurgen hätten im Rahmen ihrer Tätigkeit freien Zugang zu allen Stationen gehabt und sie seien für ihre Patienten sowie die entsprechenden Meldungen an Eurotransplant auch dann verantwortlich gewesen, wenn die Patienten in der gastroenterologischen Abteilung gelegen hätten. Die gesamte Steuerung sei über die Transplantationsambulanz erfolgt, in der auch die Blutproben entnommen und etikettiert worden seien. Er habe die entsprechenden Patienten allenfalls internistisch betreut und schon deshalb keine manipulierten Daten zu Gesicht bekommen. Da kein einziger Patient über die Entscheidung der Transplantationskonferenz auf die Liste für Transplantationen gelangt sei, habe es insoweit nichts zu dokumentieren gegeben. Etwaige Manipulationen, die ihm keinen Vorteil gebracht hätten, seien im Verborgenen geschehen und ihm auch nicht zur Kenntnis gelangt, obwohl er sich über den starken Anstieg der Transplantationszahlen durchaus gewundert habe. Letztlich wolle die Universität C-Stadt von ihrer eigenen Verantwortung für die Etablierung eines Systems ablenken, das ihr im Zusammenwirken mit Prof. Dr. O. einen erheblichen Umsatz eingebracht habe. Soweit der Kläger darauf hinweise, dass die Zahl der Organspender zurückgegangen sei, unterschlage er einen ebenfalls zu verzeichnenden Rückgang derjenigen, die auf der Warteliste stünden. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe sogar ein Überangebot an Spenderorganen für Patienten mit hohem MELD-Score bestanden, der überdies einer hohen Interlaborvariabilität unterliege.

Soweit der Kläger auf die vom Leiter des Medizincontrollings (Dr. med. ... AG.) erstellten Synopsen abstelle, sei dieser tendenziös vorgegangen. Die einzelnen rekonstruierbaren Abläufe im Falle der Patientin AH. machten deutlich, dass die Anordnung zur Untersuchung des möglicherweise aus der Akutdialyse stammenden Fremdblutes von anderer Stelle gekommen sein müsse und auf der Station S. - Privatstation C. - niemand etwas von diesen Vorgängen erfahren habe. In der Planette finde sich für den fraglichen Tag keine entsprechende Anordnung. Es sei weder vermerkt worden, mit wem das Labor angesichts der auffälligen Blutwerte Rücksprache gehalten habe, noch sei erkennbar, wer das Blut abgenommen habe.

In keinem der elf Vorgänge seien Original-Laborausdrucke enthalten, die von dem anordnenden Arzt abgezeichnet sein müssten. Es sei aufgrund fehlender Eintragungen in den Planetten völlig unklar, wer die entsprechenden Laboruntersuchungen angeordnet habe. Dass Laboruntersuchungen bei einigen Patienten außerhalb der regulären Anordnung mehrfach an einem Tag erfolgt seien, ergebe gar keinen Sinn und zeige, dass die wiederholte Blutbeprobung nicht von der Gastroenterologie veranlasst worden sei. Die in den Arztbriefen der Gastroenterologie enthaltenen Werte aus vor der Transplantation erfolgten Laboruntersuchungen seien lediglich referiert und nicht mehr kontrolliert worden. Zudem sei etwa die Patientin AI. zum fraglichen Zeitpunkt der Manipulation überhaupt keine solche der Gastroenterologie, sondern der Chirurgie gewesen. Dass trotzdem die "Leberambulanz" als Auftraggeber der Blutproben aufgeführt werde, sei womöglich auf eine unterlassene händische Änderung im EDV-System zurückzuführen.

Insgesamt bleibe hinsichtlich der elf angeführten Fälle festzuhalten, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe pauschal blieben, weder konkretisiert noch belegbar seien. Die in Bezug auf den Patienten AJ. getätigten Aussagen der Ärzte Dr. AC. und Dr. Z. seien unergiebig und unkonkret. Schließlich sei sein - des Beklagten - angebliches Verlangen, Manipulationen durch das Zusammenschütten von Monovetten vorzunehmen, schon deshalb unsinnig, weil eine Manipulation mittels Zugabe von Heparin simpler umzusetzen gewesen wäre.

In Bezug auf den Patienten L. sei der einzige, disziplinarrechtlich aber irrelevante Vorwurf, dass keine Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten zustande gekommen sei. Er - der Beklagte - habe schließlich auf sein eigenes Honorar verzichtet und den erhaltenen Betrag, der zuvor schlicht in einer Büroschublade vergessen worden sei, der Universität C-Stadt zur Verfügung gestellt. Eine korrekte Abrechnung habe bis dahin nicht erfolgen können, weil die Patientenakte nicht auffindbar gewesen sei.

Das Disziplinarverfahren ist mit Beschluss des Berichterstatters des Verwaltungsgerichts vom 28. Januar 2022 durch Ausscheidung derjenigen Sachverhalte beschränkt worden, die Gegenstand der zweiten Ausdehnungsverfügung vom 18. Dezember 2013 und der dritten Ausdehnungsverfügung vom 29. Juni 2016 waren.

Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2022 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen Dr. Z., Dr. AC. und Dr. AA.. Ferner hat es den Leiter des Bereichs Medizincontrolling der Universitätsmedizin C-Stadt, Dr. AG., informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. März 2022 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 16. März 2022 hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt und die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen.

Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Disziplinarklageschrift stünden einer Sachentscheidung über die Klage nicht entgegen. Weder erfordere jede Ausdehnung des Disziplinarverfahrens eine erneute Belehrung nach § 21 Abs. 1 Satz 3 NDiszG noch habe der Beklagte dargelegt, welche konkreten Aussagen im Falle eines unterstellten Verstoßes in unzulässiger Weise zu seinem Nachteil verwertet worden wären. Eine Auseinandersetzung mit der geltend gemachten Befangenheit der Ermittlungsführer erübrige sich schon deshalb, weil sie sich im Klageverfahren wegen der dem Verwaltungsgericht nach § 14 NDiszG zustehenden eigenständigen Disziplinarbefugnis nicht entscheidend auswirken könne. Nichts anderes gelte für die vom Beklagten geltend gemachte Fehlerhaftigkeit der Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren, da das Gericht verpflichtet bleibe, die erforderlichen Beweise von Amts wegen zu erheben und der Beklagte weiterhin berechtigt sei, die (erneute) Vernehmung der Zeugen im gerichtlichen Verfahren zu beantragen. Er behaupte selbst nicht ernsthaft, dass in den Ermittlungsakten enthaltene Aussagen nicht von der abgegebenen Person stammten, die notwendigen Belehrungen tatsächlich unterblieben oder die Aussagen inhaltlich falsch aufgenommen worden seien. Dafür bestünden auch keine Anhaltspunkte. Hinzu komme, dass die maßgeblichen Zeugen ohnehin nicht nur im Ermittlungsverfahren, sondern auch im Gerichtsverfahren vor dem Landgericht C-Stadt vernommen und sämtliche Akten beigezogen worden seien. Es sei nicht ersichtlich, dass dem Beklagten die effektive Ausübung des nach § 21 Abs. 4 Satz 1 NDiszG vorgesehenen Schlussgehörs verwehrt worden wäre. Erforderlich und ausreichend sei insoweit, dass der Beamte - wie hier durch Übersendung des vorläufigen Ermittlungsergebnisses - darüber in Kenntnis gesetzt werde, welche Vorwürfe die Disziplinarbehörde aus welchen (wesentlichen) Gründen für erwiesen halte. Zudem habe der Beklagte im gerichtlichen Verfahren hinreichend Gelegenheit gehabt, zu den aus Sicht des Klägers entscheidungserheblichen Tatsachen und der klägerischen Beweiswürdigung Stellung zu nehmen, so dass der von ihm angenommene Verfahrensverstoß jedenfalls geheilt sei. Es spreche nichts gegen die im Abschlussbericht erfolgte Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts C-Stadt in dem dort ergangenen Urteil vom 6. Mai 2015. Diese Feststellungen seien lediglich im Rahmen aller vorliegenden Erkenntnisse berücksichtigt und nicht als für das Disziplinarverfahren bindend betrachtet worden. Die Klageschrift genüge den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Bestimmtheitsanforderungen, denn anders als in dem von diesem entschiedenen Fall, in dem keine konkreten Vorkommnisse dargestellt worden seien, habe der Kläger aufgrund er von ihm selbst und von den Strafverfolgungsbehörden umfassend angestellten Ermittlungen elf konkrete Fälle herausgearbeitet und dargestellt, weshalb aus seiner Sicht bei der Behandlung dieser Patienten in der Verantwortung des Beklagten manipuliert worden sein müsse. Dass dabei nicht dargelegt worden sei, welche Tatbeiträge der Beklagte geleistet habe, sei keine Frage der fehlenden Konkretisierung der Klageschrift, sondern den Umständen eines in Bezug auf die Verantwortlichkeit des Beklagten weitgehend auf Indizien beruhenden Verfahrens geschuldet.

Der Beklagte sei im Zeitraum zwischen 2009 und 2011 in mindestens elf Fällen für Manipulationen nebst Übermittlung von Laborwerten verantwortlich gewesen, um den von seinen Patienten erreichten MELD-Score und damit die Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgans zu erhöhen. Dabei lege die Kammer die Feststellungen des Landgerichts C-Stadt im Urteil vom 6. Mai 2015 gemäß § 52 Abs. 2 NDiszG zugrunde. Ergänzend werde das Ergebnis der Beweisaufnahme und der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2022 herangezogen. Der Kläger habe in den der Klageschrift beigefügten Synopsen elf konkrete gastroenterologische Behandlungsfälle dargestellt, in deren Verlauf es jeweils deutliche Hinweise auf vorgenommene Manipulationen gebe. Zu nennen seien hierbei vor allem die immer wieder plötzlich aufgetretenen und nicht zum klinischen Bild und sonstigem Erkrankungsverlauf passenden Sprünge der für den MELD-Score relevanten Blutwerte, die sich in der Regel kurz nach der entsprechenden Meldung der erreichten Punktzahl an Eurotransplant wieder normalisiert hätten. Zudem sei beispielsweise bei dem vom Beklagten betreuten Patienten AJ. aufgefallen, dass einerseits bei gutem Allgemeinzustand anstehende Entlassungen offenbar aufgrund der bereits erwarteten und damit eingeplanten Verschlechterung des MELD-Scores abgesagt worden seien, um einen möglichen Aufstieg in der Warteliste abzuwarten. Andererseits habe der Patient das Krankenhaus zu einem späteren Zeitpunkt verlassen, als seine Blutwerte sich in einem eigentlich lebensbedrohlichen, ggf. intensivmedizinisch zu versorgenden Bereich befunden hätten. In diesem Zusammenhang sei den behandelnden Krankenschwestern aufgefallen, dass der Patient informiert zu sein schien und bereits vorgefertigte, mit seinem Namen versehene Blutproben aufgetaucht seien, obwohl ihm nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt gar kein Blut abgenommen worden sei. Auch bei anderen Patienten sei aufgefallen, dass die im Falle einer plötzlich aufgetretenen, gefährlichen Verschlechterung der Blutwerte eigentlich angezeigten medizinischen Maßnahmen nicht eingeleitet und auffällige Werte - auch bei ausdrücklichen Hinweisen des Labors - oft keiner weiteren Überprüfung unterzogen worden seien. Sofern vom Labor als nicht plausibel beanstandete Werte tatsächlich noch einmal neu bestimmt worden seien, sei dennoch keine Korrektur gegenüber Eurotransplant erfolgt. Auffallend sei zudem, dass gerade im Falle der manipulierten Blutproben Unregelmäßigkeiten aufgetreten seien, d.h. Proben mehrfach in kurzen zeitlichen Abständen oder etwa handschriftliche Nachtragungen erfolgt seien, die sich nicht zuordnen ließen. Die Manipulationen seien dem Beklagten zuzurechnen, weil diese in der Gastroenterologie und damit im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Beklagten geschehen seien. Selbst wenn sämtliche Blutproben der Abteilung Gastroenterologie nur untergeschoben worden wären, hätte dies bei Rückmeldung der erkennbar aus der Reihe fallenden Blutwerte auffallen und sofort reagiert werden müssen. Den vorliegenden Unterlagen lasse sich zwar nicht konkret entnehmen, welche Manipulation oder Falschmeldung der Beklagte selbst zu welchem Zeitpunkt durchgeführt oder angeordnet habe; dies führe jedoch nicht zu seiner Entlastung. Gleiches gelte für die Behauptung, dass die Manipulationen im Verborgenen erfolgt und allein zum Vorteil des Operateurs (Prof. Dr. O.) geschehen seien, der selbst über die vorzunehmenden Operationen entschieden habe. Ausgehend von den Feststellungen des Landgerichts C-Stadt habe der Beklagte in seiner Abteilung einen sehr autoritären Führungsstil gepflegt, alle wesentlichen Entscheidungen allein getroffen und keinen Widerspruch seiner Mitarbeiter zugelassen. Es sei zudem aufgrund verschiedener betriebsöffentlicher Äußerungen des Beklagten allgemein bekannt gewesen, dass dieser den MELD-Score zur Beurteilung der Dringlichkeit einer Lebertransplantation für unzureichend gehalten und daher gemeint habe, dass die Blutwerte "optimiert", d.h. schlecht gehalten werden müssten, um den Patienten schneller ein Spenderorgan verschaffen zu können. Diesen aufgrund einer umfassenden Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen des Landgerichts C-Stadt, denen der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten sei, könne der Entscheidung nach § 52 Abs. 2 NDiszG zugrunde gelegt werden. Die Verantwortlichkeit des Beklagten werde durch die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Dr. Z., Dr. AC. und Dr. AA. bestätigt. Zwar sei den Zeugen schon bei ihren ersten Vernehmungen weitgehend keine konkrete Zuordnung einzelner Manipulationen zu den einzelnen Behandlungsfällen mehr möglich gewesen. Die Aussagen zeigten jedoch eindrücklich, dass die in der Abteilung vorgenommenen Manipulationen systematisch und mitnichten ohne Kenntnis des Beklagten im Verborgenen erfolgt seien. Der Beklagte, dem eigenhändiges Handeln nicht nachzuweisen sei, habe nach Überzeugung der Kammer seine Mitarbeiter unter Ausnutzung des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses gedrängt, die entsprechenden Manipulationen für ihn vorzunehmen und die so gewonnenen Werte auch in mehreren Fällen direkt durch Eingabe in das entsprechende System (ENIS) an Eurotransplant zu übermitteln. Damit habe er sie zu Mitwissern und Mitwirkenden gemacht und korrumpiert. Die Systematik des Vorgehens des Beklagten werde dadurch deutlich, dass dieser nach Erkenntnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Krankenschwestern und Patienten aufgefordert habe, verordnete Medikamente tatsächlich nicht zu verabreichen bzw. nicht einzunehmen. Weitere im Strafverfahren dokumentierte Aussagen wiesen zudem darauf hin, dass der Beklagte auch bewusst Medikamente habe verabreichen lassen, um die Blutwerte seiner Patienten auf diese Weise zu verschlechtern. Die vom Beklagten zu einzelnen Behandlungsfällen vorgebrachten Einwände, mit denen er exemplarisch belegen wolle, dass die in seinem Verantwortungsbereich aufgetretenen Manipulationen von anderen Stellen erfolgt sein müssten, könnten an dieser Bewertung nichts ändern. Dass der seinerzeit angeklagte Operateur (Prof. Dr. O.) nach den Feststellungen des Landgerichts C-Stadt zumindest von der Manipulation im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gewusst und diese mitgetragen habe, entlaste den Beklagten nicht. Die Transplantationschirurgie und die Gastroenterologie hätten voneinander gelebt, so dass beide Abteilungen an einer gemeinsamen Entwicklung und an der Auffüllung der Transplantationsliste interessiert gewesen seien. Dass der Beklagte sehr an einer Steigerung des von seiner Abteilung generierten Umsatzes interessiert gewesen sei und dabei nicht vor unlauteren Methoden zurückgeschreckt habe, ergebe sich aus zahlreichen weiteren Erkenntnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Selbst wenn der Beklagte jedoch nur aus Überzeugung in Bezug auf die Ablehnung des geltenden Organverteilungssystems gehandelt haben sollte, rechtfertigte dies die missbräuchliche Umgehung des Systems keineswegs.

Schließlich stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte Mitte des Jahres 2006 von der Familie des Leberpatienten L. einen Betrag in Höhe von 30.000 EUR ohne Erstellung einer Rechnung gefordert, erhalten und diesen verschwiegenen Betrag erst auf schriftlichen Vorhalt vom 6. August 2008 in drei Teilbeträgen an die Universität C-Stadt überwiesen habe.

Für dieses einheitliche Dienstvergehen sei die vom Kläger beantragte Aberkennung des Ruhegehalts angemessen. Die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags sei auszuschließen gewesen, weil eine fehlende Bedürftigkeit anzunehmen sei.

Gegen dieses Urteil, das den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 21. April 2022 zugestellt worden ist, hat dieser am 18. Mai 2022 Berufung eingelegt.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Disziplinarklageschrift leide an einem erheblichen Mangel. Diese müsse die Sachverhalte, aus denen ein Dienstvergehen hergeleitet werde, aus sich heraus verständlich darstellen. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssten möglichst genau angegeben sowie die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Nur eine inhaltlich derart bestimmte Klageschrift ermögliche dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe. Der Verweis auf eine in der Disziplinarakte befindliche Aufstellung könne die fehlende Substantiierung der disziplinarischen Vorwürfe in der Klageschrift nicht ersetzen. Diesen Anforderungen genüge die Disziplinarklageschrift nicht. Die gegenteilige Argumentation des Verwaltungsgerichts verwechsele die Anforderungen an die Darstellung in der Disziplinarklageschrift mit der Beweisführung im gerichtlichen Verfahren.

Die erstinstanzlich gerügten Mängel der Vernehmungsprotokolle im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren führten dazu, dass auf diese nicht zurückgegriffen werden könne, um die gerichtliche Argumentation zu stützen, dass seine - des Beklagten - Verantwortlichkeit für Manipulationen von Blutwerten in elf Fällen bewiesen sei.

Die Feststellungen des Landgerichts C-Stadt in dem im Verfahren gegen den Operateur ergangenen freisprechenden Urteil vom 6. Mai 2015 könnten im vorliegenden Fall nicht nach § 52 Abs. 2 NDiszG zugrunde gelegt werden. Er sei an diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen. Die Heranziehung der dortigen Feststellungen verstoße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und das Rechtsstaatsprinzip. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich, dass er sich zu diesen Feststellungen im vorliegenden Verfahren habe äußern können.

Ein Verstoß gegen die Transplantationsrichtlinien der Bundesärztekammer, die sich im Strafverfahren gegen den Operateur als verfassungswidrig herausgestellt hätten, könne kein Dienstvergehen begründen.

Von ihm zu verantwortende Manipulationen von Blutwerten in den elf vom Verwaltungsgericht angeführten Fällen seien zudem nicht zu beweisen. Er habe den Vorwürfen zu diesen elf Fällen nicht substantiiert entgegentreten können, da nirgends ausgeführt worden sei, wie und wann er die Manipulationen persönlich durchgeführt oder veranlasst haben solle. So lägen die originalen Patientenakten nicht vor. Eine von der Universität C-Stadt eingerichtete interne Kommission habe Synopsen erstellt und als Patientenakte den Ermittlungsbehörden übergeben. Diese Akten bestünden aus speziell herausgesuchten Blättern aus den Originalkrankenakten, aus neu ausgedruckten Laborblättern, die das Ausdrucksdatum September/Oktober 2012 aufwiesen und zumeist auf der Station der Chirurgie ausgedruckt worden seien. Andere Originalblätter seien nicht in diese Unterlagen aufgenommen worden. Es seien neue Krankenakten geschaffen worden, die nicht die Originalakten seien. In keinem einzigen Arztbrief aus der Abteilung Gastroenterologie finde sich eine MELD-Score-Punktzahl. Es existiere in den Akten kein einziger Laborausdruck, der belege, dass auffällige Laborwerte auf der Bettenstation der Gastroenterologie entstanden seien. Ein nachträglicher "Kumulativbefund" könne einen Originalbefund der Gastroenterologie nicht ersetzen. Verantwortlichkeiten im Hinblick auf etwaige Blutmanipulationen seien weder von dieser Kommission noch von späteren Kommissionen ermittelt worden. Auch die Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht belege keine ihm zuzurechnenden Manipulationen in den elf Transplantationsfällen, die der Disziplinarklage zugrunde lägen. Er habe Manipulationen in diesen elf Fällen weder angeordnet noch zugelassen oder geduldet. Patienten, die eine Lebertransplantation benötigten, seien nicht in der Leberambulanz der Gastroenterologie, sondern in der Lebertransplantationsambulanz der Chirurgie angemeldet und dorthin überwiesen worden. Die Lebertransplantationskandidaten seien dort stationär untergebracht worden, wo Betten und entsprechend geschultes Personal zur Verfügung gestanden habe. Somit seien diese Patienten nicht nur auf verschiedene Normalstationen in der Gastroenterologie, sondern auch auf andere Normal- bzw. Intensivstationen des Klinikums verteilt worden. Eine Verfügung, mit der ihm, dem Beklagten, pauschal eine Gesamtverantwortung für eine Bettenstation übertragen worden sei, gebe es nicht. Die entsprechenden Patienten hätten täglich den Chirurgen und nicht den Internisten erwartet, um zu erfahren, wann sie an der Reihe seien.

Der Patient AJ. sei während seiner Krankenhausaufenthalte zur Aktualisierung der MELD-Werte in die Transplantationsambulanz einbestellt worden. Er - der Beklagte - habe diese Aktualisierung weder angeordnet noch habe er von den Schwankungen der Laborwerte erfahren. Dieser Patient habe die Klinik am 19. November 2009 auf eigenen Wunsch ohne Rücksprache mit ihm - dem Beklagten - verlassen. Er habe sich trotz des zuvor notierten hohen Kreatininwerts nicht in einem lebensbedrohlichen, intensivmedizinisch zu versorgenden Zustand befunden. Da der Laborausdruck, der für die Übermittlung der Werte an Eurotransplant notwendig sei, nicht in der Akte vorhanden sei, sei davon auszugehen, dass der Laborauftrag aus der Transplantationsambulanz heraus erfolgt sei. Wie in den Fällen der Patienten AI. und AK. seien wohl ältere Etiketten der Bettenstationen missbräuchlich verwendet worden. Diese seien von den Verwaltungsangestellten im Überschuss ausgedruckt worden. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen legten nahe, dass die Manipulationen in den elf angeführten Fällen durch Übersendung der Blutwerte anderer Patienten erfolgt seien.

Auch die Aussagen der vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen belegten seine Verantwortlichkeit für die Manipulationen nicht. Die vom Zeugen Dr. Z. geschilderte Anweisung, die Blutwerte durch das Zusammengießen der Zitrate aus zwei Monovetten zu manipulieren, habe er nicht gegeben. Eine solche Anweisung wäre auch unsinnig gewesen, da durch eine derartige Manipulation eine erhebliche Veränderung des Gerinnungswertes und eine damit verbundene erhebliche Steigerung des MELD-Scores nicht zu erreichen sei. In keinem der elf Fälle, die ihm vorgehalten würden, könnten die Blutwerte auf diese Art und Weise manipuliert worden sein. Die Aussage des Zeugen Dr. Z., er habe auf seine, des Beklagten, Anweisung in der beschriebenen Weise in zwei oder drei Fällen Blutproben manipuliert, könne keinem dieser elf Fälle zugeordnet worden. Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen sei zudem festgestellt worden, von welchen Computern die Laboraufträge erteilt worden seien. Die Ergebnisse hätten sich später als nicht nachvollziehbar herausgestellt, da der betreffende Computer beispielsweise im Schwesternzimmer der Transplantationsambulanz gestanden habe. Das werde im Falle der Patientin AI. durch mehrere Zeugenaussagen (...AL., ... AI., Dr. X.) belegt. Er, der Beklagte, habe diese Manipulationen weder veranlasst noch gekannt. Daher sei auch keine medizinische Reaktion seiner Station auf die Laborwerte dokumentiert. Extreme Werte wären in seiner Abteilung nur aufgefallen, wenn sie von der Klinischen Chemie dorthin gemeldet worden wären. Die Abteilung Gastroenterologie habe über die Codeeingabe der EDV nur die selbst angeforderten Werte sehen können, nicht aber die, die beispielsweise von der Transplantationsambulanz angefordert worden seien. Er habe im Rahmen der internistischen Behandlung der schwer erkrankten chirurgischen Patienten mitentscheiden dürfen, sei aber nicht für die chirurgische Entscheidung einer Lebertransplantation zuständig gewesen. Die Indikation für eine Lebertransplantation sei regelmäßig bereits von den zuweisenden Ärzten gestellt worden. Die Aufnahme auf die Warteliste sei durch den Chirurgen Prof. Dr. O. erfolgt. Die rasche Zunahme der Transplantationszahlen ab 2008/2009 sei nicht darauf zurückzuführen, dass er seit damals 20 Jahren als Internist und Gastroenterologe in C-Stadt tätig gewesen sei, sondern weil die Universität C-Stadt einen neuen Chirurgen eingestellt habe. Die hohe Zahl von Transplantationspatienten sei lediglich für die Außenwirkung von Bedeutung gewesen. Wirtschaftlich hätten die vielen "Langlieger" wenig gebracht. Seine kritische wissenschaftliche Einstellung zum MELD-Score sei kein Geheimnis gewesen, aber kein Motiv für die ihm vorgeworfenen Manipulationen. Der Transplantationskoordinator der Universitätsmedizin C-Stadt habe eingeräumt, dass er bei der Weitergabe falscher Werte an Eurotransplant stets auf Anweisung von Prof. Dr. O. gehandelt habe. Nach Aufnahme der Patienten auf die Warteliste sei die Aktualisierung der MELD-Werte Aufgabe des Transplantationskoordinationsbüros gewesen - in enger Abstimmung mit der Transplantationsambulanz und dem Transplantationschirurgen Prof. Dr. O.. Auch aus den Aussagen der Zeugen Dr. AC. und Dr. AA. ergäben sich keine belastenden Umstände. Die Aussage des Zeugen Dr. AC., er - der Beklagte - habe geäußert, "das Labor müsse optimiert werden", sei nicht dahin zu verstehen, dass Blutwerte hätten manipuliert werden sollen. Vielmehr habe die gesundheitliche Situation des Patienten verbessert werden müssen. Der Zeuge Dr. AA. habe keine Erinnerung daran, von ihm zu Manipulationen angewiesen worden zu sein oder dass er, der Beklagte, selbst an Manipulationen beteiligt gewesen sei. Auch andere Mitarbeiter hätten bezeugt, von ihm nicht aufgefordert worden zu sein, zu manipulieren oder Blutproben auszutauschen. Im Falle der Patientin AM. sei die vorübergehende Absetzung der Lactulose-Gabe aufgrund aufgetretenen Durchfalls medizinisch erforderlich gewesen. Er habe nicht das Medikament Marcumar verabreichen lassen, um die Blutwerte zu verschlechtern. Vielmehr sei Vitamin K verabreicht und bei Entlassung verschrieben worden. Auch seien zur Stützung der Gerinnung Einheiten von frischem Plasma verschrieben worden.

Die tatsächlichen Abläufe in der Klinischen Chemie (Labor) entsprächen nicht den Angaben des Klägers, nicht den Verfahrensrichtlinien und auch nicht dem darauf beruhenden Bericht des Ermittlungsbeamten AN. vom 25. April 2013. Die Ausführungen des Klägers zu dieser Frage seien teilweise irreführend. Wie für den Fall AI. nachgewiesen, könne die die Blutuntersuchung beauftragende Stelle eine andere gewesen sein als diejenige, die auf dem Laborausdruck erscheine. Für den Laborausdruck seien die Patientenangaben aus dem Etikett übernommen worden, auch dann, wenn der verantwortliche Auftraggeber der Blutuntersuchung einen anderen Account (und eine andere Zugangsberechtigung) gehabt habe. Mit der Verwendung von falschen Etiketten habe verschleiert werden sollen, wer die Blutabnahmen tatsächlich veranlasst bzw. die Laboraufträge gegeben habe. Ein Motiv hierfür habe nur die Transplantationschirurgie gehabt.

In dem Fall L. sei die notwendige Abrechnung des Betrages von 30.000 EUR von Ende 2006 bis Mitte 2008 allein deswegen nicht erfolgt, weil, wie in vielen Fällen, die Patientenakte für die Abrechnung nicht auffindbar gewesen sei. Aufgrund dieses Sachverhalts sei der Ermittlungsführer M. in seinem Ermittlungsbericht vom 12. September 2016 zu dem Ergebnis gekommen, es sei kein Verstoß gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen gegeben. Die freiwillige Weiterleitung des Betrages, dessen Erhalt die Angehörigen nicht hätten beweisen können, an die Universität C-Stadt belege, dass er nicht die Absicht gehabt habe, das Geld unberechtigt zu behalten. Dieser Sachverhalt rechtfertige nicht die Annahme einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 5. Kammer - vom 16 März 2022 () zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zu Recht dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Er mache sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen. So genüge die Disziplinarklageschrift vom 12. November 2018 den sich aus § 48 Abs. 1 NDiszG ergebenden Anforderungen. Es seien konkret elf Patientenvorgänge mit detaillierter Auflistung der Patienten und der Manipulationen einschließlich beigefügter Synopsen dargestellt und zugrunde gelegt worden. Der Fall Obermayr (Fallakte 1.13) werde dem Beklagten nicht angelastet. Das Urteil des Landgerichts C-Stadt vom 6. Mai 2015 sei dem Beklagten bekannt gewesen sowie bereits im Rahmen des behördlichen Disziplinarverfahrens beigezogen und zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht worden. Auch im Ermittlungsbericht des Ermittlungsführers sei dieses Urteil eingebunden gewesen und Passagen daraus zitiert worden. Der Beklagte habe Gelegenheit gehabt, sich zu den Gründen des landgerichtlichen Urteils zu äußern. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf Aussagen im Ermittlungsverfahren und auf die im Verhandlungstermin vom 16. März 2022 erfolgte Beweisaufnahme gäben verfahrensmäßig ebenso wenig Anlass zur Beanstandung wie der Verweis auf die Feststellungen des Landgerichts C-Stadt in dem bezeichneten Urteil. Dem Zitat, dass der Beklagte "verschiedene Ärzte" aufgefordert habe, "die Blutwerte von bisher unbekannten Patienten zu manipulieren", sei das Verwaltungsgericht nachgegangen und habe durch Vernehmung der Zeugen Dr. Z., Dr. AC. und Dr. AA. Klarheit geschaffen. Zumindest die Aussage des Zeugen Dr. Z. sei hinreichend klar und eindeutig gewesen.

Die vom Beklagten aufgestellte Behauptung, er habe keine Manipulationen von Blutwerten angeordnet, veranlasst oder geduldet, sei ohne Grundlage. Die Aussage, er habe Laborausdrucke, aus denen sich auffällige Werte ergäben, nicht gesehen, sei eine Schutzbehauptung. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts liege ein innerdienstliches Fehlverhalten des Beklagten zugrunde, völlig unabhängig von Vorgaben der Transplantationsrichtlinien und auch der ursprünglichen strafrechtlichen Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Die umfangreichen Ausführungen des Beklagten auf den Seiten 20 bis 46 der Berufungsbegründung vom 19. August 2022 seien im Ergebnis irrelevant. Die Aktenlage und die vom Verwaltungsgericht erhobenen Beweise führten zu dem Schluss, dass der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt habe und die Aberkennung des Ruhegehalts geboten sei.

Die Ermittlungsakte AJ. verdeutliche, dass der Beklagte die treibende Kraft der Manipulationen gewesen sei. Während der dreimaligen gezielten Manipulation sei der Patient auf der gastroenterologischen Station untergebracht gewesen. Die manipulierten Blutwerte des Patienten AO. seien während einer Zeit erhoben worden, in welcher er laut Arztbrief stationär auf der gastroenterologischen Station aufgenommen gewesen sei. Der Laborauszug zur fraglichen Zeit (18.8.2009) gebe die Gastroenterologie als anfordernde Stelle an. Ebenso sei der Patient AP. zum Zeitpunkt der manipulierten Werte (26.5.2009) stationär auf der gastroenterologischen Station aufgenommen gewesen; behandelnder Arzt sei u.a. Dr. AC. gewesen. Der Patient AQ., dessen Werte manipuliert am 16. September 2009 deutlich schlechter geworden seien und zu einem MELD von 40 und daraufhin zur Zuteilung einer Leber am 21. September 2009 geführt hätten, sei laut Synopse und Arztbrief vom 30. August bis zum 21. September 2009 stationär auf der Gastroenterologie untergebracht gewesen. Der Arztbrief gebe diese Station als anfordernde Stelle an. Die Patientin AR. sei zum Zeitpunkt der manipulierten Werte (26.5. und 29.5.2009) auf der gastroenterologischen Station untergebracht gewesen. Anfordernde Stelle der Laborwerte sei diese Station gewesen. Dr. AC. sei ärztlich eingeschaltet gewesen. Nachfolgend behandelnder Arzt sei Dr. AA. gewesen. Der Patient AS. sei laut Arztbrief und Synopse vom 26. April bis zum 8. Mai 2009 stationär auf der gastroenterologischen Station behandelt worden. Am 5. Mai 2009 sei dessen INR-Wert sprunghaft angestiegen. Anfordernde Stelle der Laborwerte sei die Gastroenterologie, behandelnder Arzt u.a. Dr. Z., gewesen. Trotz dramatischer Werte ergebe sich aus der Patientenakte keine Reaktion oder Medikation. Vielmehr seien die Werte nach zwei Tagen wieder normal gewesen. Nach der Ermittlungsakte sei dieser Patient bei Eurotransplant von Rang 35 auf Rang 3 vorgerückt, was zur Zuteilung einer Spenderleber geführt habe. Der Patient AT. sei am 14. April 2009 auf die Liste bei Eurotransplant gesetzt worden. Der anfängliche MELD-Wert von 12 sei manipuliert vom 21. Juni über den 1. Juli bis zum 3. Juli 2009 bis auf einen Wert von 40 angestiegen. Während der gesamten Zeit sei dieser Patient stationär auf der gastroenterologischen Station gewesen. Laut Laborauszug habe diese Station die Blutwerte angefordert. Bei dem Patienten AK. sei manipulationsbedingt am 19. August 2010 ein dramatisch erhöhter INR-Wert festgestellt worden. Dieser Patient habe sich stationär auf der Gastroenterologie befunden. Ausweislich des Laborausdrucks seien die Laborwerte von dort angefordert worden. Bei der Patientin AH., die vom 15. bis 23. Juli 2010 auf der gastroenterologischen Station aufgenommen gewesen sei, sei am 19. Juli 2010 der Bilirubinwert plötzlich auf 19,2 angestiegen. Laut Akte habe daraufhin das Blut nochmals neu abgenommen werden sollen. Eine Korrekturmeldung an Eurotransplant sei aber ebenso wenig erfolgt wie die Einleitung medizinischer Maßnahmen. Laut Akte sei die Gastroenterologie die anfordernde Stelle der Blutwerte gewesen. Nach der Ermittlungsakte hätte die Patientin bei einem korrekten MELD-Wert entsprechend ihrer eigentlichen Werte mit der Position 18/20 kein Spenderorgan erhalten.

Auf die originalen Patientenakten komme es nicht an. Der Beklagte könne nicht etwa behaupten, dass die dem Gericht vorliegenden Unterlagen zu den elf Patienten falsche oder gar gefälschte Angaben enthielten. Die elf Fälle von Manipulationen, die der Disziplinarklage und dem angefochtenen Urteil zugrunde lägen, seien im Verantwortungsbereich des Beklagten geschehen. Dass stationsfremdes Personal im Namen der Gastroenterologie Laborproben für Blutproben in Auftrag gegeben habe, sei nicht nur extrem unwahrscheinlich, sondern auch völlig sinnlos. Eine jüngst in Auftrag gegebene nochmalige Prüfung am Beispielsfall der Patientin AR. habe bestätigt, dass bis auf eine Auftragsnummer alle Aufträge zwischen dem 11. und dem 29. Mai 2009 durch das Benutzerkonto der Station S. aufgegeben worden seien. Die ebenfalls nochmals nachvollzogene Verlegungshistorie bestätige, dass während dieses Zeitraums eine stationäre Aufnahme der Patientin auf dieser Station erfolgt sei. Dies könne auch für alle anderen Fälle ebenfalls nachvollzogen werden. Es sei eine essentielle Grundanforderung des Systems, die Befunde immer auf der Station auszudrucken, auf der die Patienten lägen. Hätten also "andere" Personen als das ärztliche und pflegerische Personal der Station S. Laborproben unter dem Namen der Gastroenterologie eingesandt, hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt auffallen müssen, dass man Laborbefunde vorgefunden hätte, die man gar nicht beauftragt hätte und die möglicherweise aus ärztlicher Sicht gar nicht erforderlich gewesen wären. Man hätte diese Laborbefunde dann beiseitelegen oder als irrtümlich deklarieren können. Dieses sei aber nicht geschehen. Im Gegenteil, bei Nachfragen des Labors auch bei extremen Werten, seien diese, durch die Station als plausibel akzeptiert worden. Sodann habe man die Laborwerte verwendet, um sie an Eurotransplant weiterzugeben und den jeweiligen Patienten damit im MELD-Score vorrücken zu lassen. Es sei im Einzelnen nachgewiesen worden, dass die angesichts extremer, zum Teil lebensbedrohlicher Blutwerte nötigen ärztlichen Maßnahmen nicht vorgenommen worden seien. Damit liege entweder ärztliches Totalversagen vor, weil die lebensbedrohlichen Werte keine Reaktion des Beklagten oder seines ärztlichen Personals zur Folge gehabt hätten, oder - was sehr wahrscheinlich sei - es habe niemanden auf der Station interessiert, weil jeder gewusst habe, dass die Laborwerte nichts mit dem tatsächlichen Zustand des Patienten zu tun gehabt hätten. Dies belege, dass die Manipulationen von der Station des Beklagten ausgegangen seien. Wäre es hingegen so gewesen, dass man sich auf der Station des Beklagten Laborwerte für Patienten hätte "unterjubeln" lassen, wäre dies ein zumindest grob fahrlässiges Organisationsversagen des Beklagten und wäre ebenfalls vollkommen inakzeptabel. Bereits beim ersten Auftauchen von nicht plausiblen Blutwerten seiner Patienten hätte ein sorgfältiger Chefarzt diesen Umstand näher untersuchen müssen. Das "Herumschwirren" alter Barcode-Etiketten für Blutentnahmeröhrchen werde bestritten. Sollten auf der Station des Beklagten solche Etiketten verwendet worden sein, gehe das auf "sein Konto".

Es entlaste den Beklagten nicht, dass die Zahl der Transplantationen wegen des Transplantationschirurgen Prof. Dr. O. ab Januar 2008 deutlich angestiegen seien. Entscheidend sei sein eigener Tatbeitrag. Aus den Akten und Synopsen ergebe sich klar, dass in den hier aufgezeigten Fällen die Patienten zum Zeitpunkt der manipulierten Blutwerte stationär auf der Gastroenterologie aufgenommen gewesen seien und die Laborauszüge jeweils von dort angefordert worden seien. Damit sei der Beweis einer Dienstpflichtverletzung geführt.

Außerdem habe der Beklagte letztlich eingeräumt, am 15. Dezember 2006 von der Familie L. 30.000 EUR in bar erhalten. Diesen Betrag habe er aber erst im Sommer 2008 auf Anforderung durch den Leiter der Stabsstelle Rechts- und Grundsatzangelegenheiten, Herrn AU., an die Universität C-Stadt herausgegeben. Dies sei nicht in bar geschehen, sondern durch drei gestückelte Einzelüberweisungen, die in Italien ausgestellt worden seien. Folglich habe er die Gelder entgegen seiner Behauptung nicht etwa seit Ende 2006 in seinem Büro verwahrt, weil die Patientenakte für die Abrechnung gefehlt hätte.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Stiftungsrat der Universität C-Stadt nicht die zur Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage berufene Klagebehörde ist. Diese Befugnis liegt vielmehr beim Präsidenten der Universität. Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2023 dem Kläger zur Behebung dieses Mangels eine Frist bis zum 4. Juli 2023 gesetzt. Daraufhin hat der Kläger mit am 2. Juli 2023 eingegangenen Schriftsatz seine Genehmigung vom 30. Juni 2023 der erhobenen Disziplinarklage übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten (insbesondere Verwaltungsvorgänge der Universität C-Stadt und die Akten der Staatsanwaltschaft C-Stadt) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Das Aktivrubrum ist von Amts wegen dahin berichtigt worden, dass Kläger der Disziplinarklage der Präsident der Universität C-Stadt ist, nicht aber - wie es das Rubrum des erstinstanzlichen Urteils ausweist - die ...-Universität C-Stadt, vertreten durch den Stiftungsrat (vgl. dazu unten A.I.2.e)).

A. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten als eines schweren Dienstvergehens für schuldig angesehen und ihm das Ruhegehalt aberkannt (dazu unter I. und II.) sowie die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen (dazu unter III.).

I. Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Disziplinarklageschrift stehen einer Sachentscheidung über die Disziplinarklage nicht entgegen.

1. Der Begriff des Mangels im Sinne von § 50 Abs. 1 NDiszG erfasst zum einen Verletzungen von Verfahrensregeln, die im behördlichen Disziplinarverfahren von Bedeutung sind, insbesondere Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung - also bis zur Entscheidung, Disziplinarklage zu erheben oder eine Disziplinarverfügung zu erlassen - betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.11.2008 - BVerwG 2 B 63.08 -, juris Rn 14; Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn 13 [jeweils zur inhaltsgleichen Regelung des § 55 BDG]; Nds. OVG, Urteil vom 14.6.2023 - 3 LD 2/21 -, juris Rn. 99 m. w. N.); dabei kann auch die Verletzung von Verfahrensregeln außerhalb des Regelungsbereichs des Bundesdisziplinargesetzes bedeutsam sein (so BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 13). Zum anderen kann der Begriff des Mangels im vorgenannten Sinne den Inhalt der Disziplinar- oder Nachtragsdisziplinarklageschrift betreffen (Nds. OVG, Urteil vom 13.12.2022 - 6 LD 1/22 -, juris Rn. 9 m. w. N.; vgl. Urban/Wittkowski, BDG, 2. Auflage 2017, § 55 Rn. 3).

Nur solche Mängel sind wesentlich im Sinne der angeführten Vorschrift, bei denen sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass sie sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben können (BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn 19; Urban/Wittkowski, a. a. O., § 55 Rn. 4). Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist, noch darauf, ob und gegebenenfalls wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG über die Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formvorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts tritt hinter § 50 Abs. 1 NDiszG zurück (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn. 19 [zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 55 BDG]; Nds. OVG, Urteil vom 13.12.2022 - 6 LD 1/22 -, juris Rn. 10 m. w. N.). Wann ein Mangel in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn. 19; Urban/Wittkowski, a. a. O., § 55 Rn. 4).

Wird ein wesentlicher Mangel in dem vorgenannten Sinne nicht beseitigt oder handelt es sich um einen nicht behebbaren Mangel, ist die Disziplinarklage abzuweisen (Urban/Wittkowski, a. a. O., § 55 Rn. 10).

2. Hinsichtlich der bereits erstinstanzlich gerügten Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens verweist der Senat zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil (Urteilsabdruck S. 12 f.) und macht sich diese zu eigen. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren zu diesen Verfahrensfragen keine neuen Umstände vorgetragen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.

a) Der Beklagte ist mit Einleitung des Disziplinarverfahrens am 10. Oktober 2012 ordnungsgemäß entsprechend den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 NDiszG über seine Rechte belehrt worden (BeiA 1, Bl. 17). Eine erneute Belehrung ist für den Fall der Ausdehnung des behördlichen Disziplinarverfahrens nach § 20 NDiszG - anders als bei einer Nachtragsdisziplinarklage nach § 49 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 21 NDiszG - gesetzlich nicht vorgesehen. Ohnehin führte ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht allein zu einem Verwertungsverbot (§ 21 Abs. 3 NDiszG) und nicht zu einem Verfahrenshindernis. Der Beklagte hat indes nicht dargelegt, welche seiner Aussagen einem Verwertungsverbot nach der genannten Vorschrift unterfallen sollen und damit nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürften.

b) Eine Befangenheit des Ermittlungsführers - wie vom Beklagten geltend gemacht - vermag einen wesentlichen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens im Sinne des § 50 Abs. 1 NDiszG nicht zu begründen, weil sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Denn über die hier zu treffende Disziplinarmaßnahme entscheiden die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, wobei das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht und die erforderlichen Beweise erhebt (§§ 4 NDiszG, 86 Abs. 1 VwGO, 53 Abs. 1 NDiszG). Die Verwaltungsgerichte treffen - wie auch der Senat - eine eigenständige Disziplinarentscheidung nach § 14 NDiszG und führen nicht lediglich eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 13.12.2022 - 6 LD 1/22 -, juris Rn. 21; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Loseblatt Stand November 2022, § 55 Rn. 15).

Der Beklagte hat zudem nicht vorgetragen, wie sich die von ihm angeführte Besorgnis der Befangenheit im vorliegenden Fall konkret auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Auch deshalb wäre ein etwaiger Mangel nicht als wesentlich anzusehen.

c) Eine möglicherweise fehlerhafte Beweiserhebung bei der Vernehmung von Zeugen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wäre ebenfalls unerheblich, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung - wie bereits das Landgericht C-Stadt in dessen Verfahren - aufgrund eigener Beweiserhebung getroffen hat (vgl. Gansen, a. a. O., § 55, Rn.14, Köhler/Baunack, BDG, 7. Aufl. 2021, § 55 Rn. 4a).

d) Dem Beklagten ist auch das Schlussgehör im behördlichen Disziplinarverfahren ordnungsgemäß gewährt worden. Nach § 24 Abs. 4 NDiszG ist dem Beamten nach Beendigung der Ermittlungen Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern. Das ist im vorliegenden Fall geschehen. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2018 hat der Kläger dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten das als "vorläufig" bezeichnete Ermittlungsergebnis vom 2. Februar 2018 des mit den Ermittlungen betrauten Prof. Dr. AD. übersandt und Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme gegeben. Dabei handelt es sich in der Sache um den abschließenden Ermittlungsbericht im Sinne des § 24 Abs. 4 NDiszG. So sind in dem nachfolgenden Abschlussbericht vom 31. Juli 2018 lediglich noch die abschließenden Äußerungen des Beklagten vom 6. April 2018 eingeflossen. Auf diese Weise hat dem Disziplinarvorgesetzten eine das behördliche Disziplinarverfahren abschließende Entscheidung darüber ermöglicht werden sollen, Disziplinarklage zu erheben oder eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Einer weiteren Möglichkeit des Beklagten zur Stellungnahme auch zu dieser internen Entscheidungsgrundlage hat es nicht bedurft.

Darüber hinaus wäre ein Mangel bei der Gewährung des Schlussgehörs durch die im gerichtlichen Verfahren gegebene Möglichkeit , zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und der Beweiswürdigung des Klägers Stellung zu nehmen, als nicht wesentlich anzusehen. Zwar reichen in Fällen einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG Äußerungen und Stellungnahmen der Beteiligten im Verwaltungsprozess als solche zur Heilung nicht aus. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern dass sie das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.2.2022 - BVerwG 4 A 7.20 -, juris Rn. 5 m. w. N.). Aus der bereits beschriebenen Besonderheit des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, das sich nicht in einer Rechtmäßigkeitskontrolle einer behördlichen Entscheidung erschöpft, sondern zu einer originären Entscheidung des Gerichts über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme führt, ergibt sich jedoch, dass es ausreicht, wenn der Betroffene - wie hier - vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung erhalten hat.

e) Die nach § 31 Satz 1 NDiszG erforderliche Entscheidung der zuständigen Disziplinarbehörde über die Erhebung der Disziplinarklage liegt ebenfalls vor. Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDiszG ist grundsätzlich die höhere Disziplinarbehörde für die Erhebung der Disziplinarklage zuständig, wenn nicht durch Verordnung nach § 75 Nr. 3 NDiszG etwas anderes bestimmt ist. Nach § 5 Abs. 2 NDiszG werden für Beamte juristischer Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, die Aufgabe der Disziplinarbehörde von dem Dienstvorgesetzten und die Aufgaben der höheren Disziplinarbehörde von dem höheren Dienstvorgesetzten wahrgenommen, soweit nicht durch Verordnung nach § 75 Nr. 2 NDiszG etwas anderes bestimmt ist. § 63h Abs. 6 Nr. 2 NHG trifft insoweit eine spezielle gesetzliche Regelung. Danach verbleiben dem Präsidenten der Universität C-Stadt die dienstrechtlichen Befugnisse für die Ausübung disziplinarrechtlicher Befugnisse gegenüber beamteten Professoren. Eine Unterscheidung zwischen Disziplinarbehörde und höherer Disziplinarbehörde oder zwischen Dienstvorgesetztem und höherem Dienstvorgesetzten trifft diese Regelung nicht. Die Disziplinarbefugnis ist insoweit ungeteilt und ausschließlich dem Präsidenten der Universität C-Stadt übertragen worden. Dies zeigt auch ein Vergleich mit § 63h Abs. 6 Nr. 3 NHG. Nach dieser Regelung ist der Präsident u. a. für arbeitsrechtliche Kündigungen gegenüber angestellten Professoren, einschließlich der Chefärzte, mit Ausnahme der auf Zeit angestellten leitenden Oberärzte zuständig. Gewichtige personelle Maßnahmen in Bezug auf Personen mit einer besonders hervorgehobenen strukturellen Rolle im Bereich der Forschung und Lehre sollen in der Zuständigkeit des Präsidenten der Universität C-Stadt verbleiben (vgl. Epping, Niedersächsisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2016, § 63h Rn. 17, vgl. auch LT-Drs. 15/2670 S. 63). Der vom Gesetz verwendete Begriff "verbleiben" deutet dabei nicht auf eine vorherige - nicht näher benannte - Rechtslage hin, sondern grenzt die Zuständigkeit des Präsidenten auf die in § 63h Abs. 6 Nr. 2 NHG genannten Befugnisse und Personengruppen ein. § 3 Nr. 1 der auf der Grundlage des § 75 NDiszG erlassen und am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen "Verordnung über die disziplinarrechtlichen Zuständigkeiten im Bereich des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur" vom 20. Dezember 2005 (Nds. GVBl. S. 455), der die Aufgaben der höheren Disziplinarbehörde dem Stiftungsrat zuweist, kommt nach der nachfolgend am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 63h Abs. 6 Nr. 2 NHG keine Bedeutung mehr zu (a. A. VG Göttingen, Teilurteil vom 1.4.2019 - 5 A 4/18 -, juris Rn. 5 ff.). Die Disziplinarbefugnis für die in § 63h Abs. 6 Nr. 2 NHG genannte Personengruppe ist nunmehr bei dem Präsidenten der Universität C-Stadt konzentriert.

Im vorliegenden Fall hat allerdings die damalige Präsidentin der Universität C-Stadt nicht selbst über die Erhebung der Disziplinarklage entschieden, sondern zunächst eine Entscheidung des nach dem Vorstehenden zur Entscheidung dieser Frage nicht zuständigen Stiftungsrates eingeholt (vgl. BeiA 3, Bl. 622 ff.).

Dieser behebbare Mangel ist vom Kläger behoben worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, kann der festgestellte Mangel - die Klageerhebung durch eine unzuständige Disziplinarklagebehörde - durch Einreichen einer neuen Disziplinarklageschrift geheilt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Beklagten entgegenstehen. Dies setzt voraus, dass die neue Disziplinarklageschrift keine neuen belastenden Tatsachen und Beweismittel enthält (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.10.2013 - BVerwG 2 B 64.12 -, juris Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 28.02.2013 - BVerwG 2 C 3.12 -, juris Rn. 63 jeweils m.w.N.). Nach Auffassung des Senats genügt es insoweit, dass die zuständige Klagebehörde die Erhebung der Disziplinarklage genehmigt. Der Übersendung einer gleichlautenden Klageschrift mit anderem Kopfbogen und ggf. anderer Unterschrift bedarf es nicht. Mit der Genehmigung macht sich die zuständige Klagebehörde die Ausführungen der ursprünglichen Klageschrift zu eigen.

Einer Behebung des Mangels steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über die Erhebung einer Disziplinarklage eine Ermessensentscheidung ist (so allerdings OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.11.2011 - OVG 80 D 6.09 -, juris Rn. 39). Der beklagte Beamte erleidet keinen rechtlichen Nachteil, der auf den ursprünglichen Fehler zurückzuführen wäre, wenn die zuständige Disziplinarbehörde die Entscheidung über die Klageerhebung bestätigt. Dies gilt auch hinsichtlich des Entschließungsermessens der zuständigen Klagebehörde. Denn mit der Entscheidung über die Genehmigung des Klageverfahrens übt die zuständige Klagebehörde dieses nicht personengebundene Ermessen aus. Über die zu verhängende Disziplinarmaßnahme trifft das Gericht im Falle der Genehmigung der Klage sodann eine eigenständige Entscheidung. Die Genehmigung der Disziplinarklage findet ihre Grenze allerdings in den Regelungen über das Bestehen eines Disziplinarklageverbots wegen Zeitablaufs (§ 16 NDiszG). Ist bis zur Genehmigung der Disziplinarklage die für die Verhängung der in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahme geltende zeitliche Grenze bereits abgelaufen, so verhilft auch eine nachträgliche Genehmigung der Klage nicht mehr zum Erfolg.

Im vorliegenden Fall hat der Präsident der Universität C-Stadt auf den Beschluss des Senats vom 28. Juni 2023 mit Schreiben vom 30. Juni 2023 die auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. nunmehr Aberkennung des Ruhegehalts gerichtete Disziplinarklage vom 12. November 2018 genehmigt. Ein Disziplinarklageverbot wegen Zeitablaufs bestand zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht.

3. Die Disziplinarklageschrift entspricht hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorwürfe noch den Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 NDiszG. Danach muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, sowie die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darstellen. Der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet und es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.9.1988 - BVerwG 1 D 70.87 -, juris Rn. 35 [zu § 65 BDO]). Nur eine in diesem Sinne inhaltlich bestimmte Klageschrift ermöglicht dem beklagten Beamten eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 27; BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 - BVerwG 2 B 69.10 -, juris Rn. 6). Eine exakte Orts- und Zeitangabe ist nur erforderlich, soweit sie nach den im Disziplinarverfahren getroffenen Feststellungen möglich ist. Anderenfalls sind die entsprechenden Angaben so präzise wie möglich zu fassen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 13.12.2022 - 6 LD 1/20 -, Urteilabdruck S. 78 f.; Gansen, a. a. O., § 52 Rn. 22). Das ist hier geschehen.

a) Die Klageschrift verweist im Hinblick auf den Vorwurf der Manipulation der Laborwerte in mindestens elf Fällen auf die als Anlage beigefügten anonymisierte Synopsen von elf Patienten sowie auf entsprechende näher bezeichnete Feststellungen des Landgerichts C-Stadt in einzelnen Passagen des freisprechenden Strafurteils vom 6. Mai 2015 in dem Verfahren gegen Transplantationschirurgen Prof. Dr. O.. Der Tatzeitraum wird auf die Jahre 2009 bis einschließlich 2011 begrenzt. Auch die Tatmodalitäten werden hinreichend konkret beschrieben. So habe der Beklagte innerhalb dieses Zeitraums verschiedene Ärzte aufgefordert, die Blutwerte von bisher unbekannten Patienten zu manipulieren. Dies sei durch Zusammengießen von zwei Citrat-Röhrchen oder durch Vertauschen von Blutproben geschehen. Hinsichtlich des Vorwurfs, es veranlasst, zumindest aber hingenommen zu haben, dass falsche Meldungen zu Patienten an Eurotransplant mit dem Ziel der Erhöhung der Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgans übermittelt worden sind, verweist die Disziplinarklageschrift exemplarisch auf den Fall eines konkret durch Nennung der Initialen bezeichneten Patienten, den der Beklagte persönlich betreut hat. Der angeschuldigte Lebenssachverhalt wird kurz dargestellt und ergänzend auf die dem Beklagten eröffnete Einleitungsverfügung vom 10. Oktober 2012, die Aussetzungsverfügung vom 14. Dezember 2012 und die Sachverhaltsdarstellung in der Dienstverbotsverfügung vom 26. Juli 2012 hingewiesen.

Dieses Vorgehen genügt insgesamt noch den Mindestanforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 NDiszG. Dem Zweck dieser Vorschrift, dem Beklagten durch eine inhaltlich bestimmte Klageschrift eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe zu ermöglichen, wird die Disziplinarklage auf diese Weise noch gerecht. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, sind aus sich heraus verständlich. Es geht erkennbar um die Verantwortlichkeit des Beklagten als Chefarzt für die in seinem Verantwortungsbereich aufgetretenen Unregelmäßigkeiten bei der Ermittlung und Weitergabe der Blutwerte einzelner Patienten an Eurotransplant. Dabei ist vom Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt worden, dass es sich bei der Frage der Verantwortlichkeit des Beklagten im vorliegenden Fall um ein auf Indizien gestütztes Verfahren handelt, das eine Angabe, welchen konkreten Tatbeitrag der Beklagte in welchem einzelnen Behandlungsfall geleistet hat, nicht zulässt. Eine Bewertung der Indizien hat im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht zu erfolgen und berührt nicht die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Klageschrift.

b) Im Hinblick auf den weiteren Vorwurf, Mitte des Jahres 2006 von der Familie des Patienten L. 30.000 EUR gefordert und in bar erhalten zu haben, ohne eine Rechnung zu erstellen, bestehen keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Klageschrift. Insoweit enthält die Disziplinarklageschrift eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts und eine Zuordnung der Beweismittel zum konkreten Verhalten des Beklagten.

c) Jedoch fehlt der Disziplinarklageschrift eine hinreichende Bestimmtheit hinsichtlich des Vorwurfs, der Beklagte sei seiner Pflicht zu Dokumentation der Gründe für die Aufnahme von Patienten in die Warteliste für die Zuteilung von Spenderorganen nicht nachgekommen. Dieser Vorwurf ist allgemein gehalten und zeitlich nicht beschränkt. Ferner wird nicht dargelegt, woraus sich die Dokumentationspflicht gerade des Beklagten ergeben soll. Allein die Erwähnung seiner stimmberechtigten Teilnahme an den LTX-Konferenzen reicht dafür nicht aus. Trotz dieses Mangels war dem Kläger nicht nach § 50 Abs. 3 Satz 1 NDiszG eine Frist zur Beseitigung dieses wesentlichen Mangels der Klageschrift zu setzen, weil bereits die hinreichend substantiierten Vorwürfe der Manipulation der Blutwerte zum Zweck der Erhöhung der Chance auf Zuteilung eines Spenderorgans sowie der unberechtigten Forderung und Annahme eines Geldbetrages von Angehörigen des Patienten L. für sich genommen zur Aberkennung des Ruhegehalts führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 30 f.; BVerwG, Beschluss vom 12.6.2018 - 2 B 31.18 -, juris Rn. 15). Insoweit verweist der Senat auf die unter II. folgenden Ausführungen.

4. Nach § 24 Abs. 2 NDiszG durfte der Kläger dem Disziplinarverfahren und der Disziplinarklageschrift die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts C-Stadt vom 6. Mai 2015 - AV. - in dem gegen Prof. Dr. O. gerichteten Strafverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Nach dieser Bestimmung sind die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden. Zu den anderen gesetzlich geordneten Verfahren im Sinne des § 24 Abs. 2 NDiszG gehören alle Verfahren, denen eine abstrakte gesetzliche Verfahrensordnung zugrunde liegt. Darunter fallen insbesondere nicht gegen den Beamten selbst, sondern gegen Dritte gerichtete Strafverfahren. Ein derartiges Verfahren ist nicht von der Parteimaxime beherrscht, sondern von der Pflicht zur Ermittlung der materiellen Wahrheit (§§ 244 Abs. 2, 160 Abs. 2 StPO). Auf diese Weise ist auch ohne Möglichkeit der Anhörung und Stellungnahme des Beklagten in dem vorangegangenen Verfahren schon aus der Verfahrensart eine nach rechtstaatlichen Gesichtspunkten ausreichende Gewähr dafür gegeben, dass die zugrunde liegenden Feststellungen auch sachlich zutreffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.11.1979 - BVerwG 1 D 84.78 -, juris Rn. 56 f.; Bieler/Lukat/Struß, NDiszG, § 24 Rn. 10, Loseblatt Stand November 2022; Köhler/Baunack, a. a. O., § 57 Rn. 15; Weiß, in: GKÖD, § 23 BDG Rn. 32 ff., Loseblatt Stand Februar 2023). Der Kläger hat in der Disziplinarklageschrift vom 12. November 2018 die herangezogenen Feststellungen konkret benannt, so dass der Beklagte in die Lage versetzt worden ist, diese Feststellungen im gerichtlichen Verfahren substantiiert zu bestreiten und damit die "Indizwirkung" dieser Feststellungen zu beseitigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4.9.2008 - BVerwG 2 B 61.07 -, juris Rn. 8). Gleiches gilt nach § 52 Abs. 2 NDiszG für das gerichtliche Disziplinarverfahren.

II. Der Senat sieht es in der Sache als erwiesen an, dass sich der Beklagte eines einheitlichen schweren innerdienstlichen Dienstvergehens schuldig gemacht hat (1.), das zur Aberkennung seines Ruhegehalts führt (2.).

1. Der Beklagte hat durch die Aufforderung, Blutproben von Patienten zu manipulieren, damit sich ihre Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgans erhöhen, in den Jahren 2009 bis einschließlich 2011 gegen seine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen (a). Durch die Forderung und Annahme von 30.000 EUR von der Familie eines Patienten im Jahr 2006 hat er zudem gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken verstoßen. Zugleich hat er hierdurch seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung sowie die Wohlverhaltenspflicht verletzt (b).

a) Nach § 62 Satz 3 NBG in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung und § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung muss das Verhalten der Beamten (innerhalb und außerhalb des Dienstes) der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte verstoßen, als er als Chefarzt der Gastroenterologie der Universitätsmedizin C-Stadt mindestens einen ihm untergebenen Assistenzarzt aufforderte, Blutproben einzelner Patienten zu manipulieren, um deren Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgans zu erhöhen.

Der Senat sieht es als erwiesen an, dass der Beklagte in dem fraglichen Zeitraum von 2009 bis 2011 auf mindestens einen seiner untergebenen Ärzte eingewirkt hat, um diesen zur Manipulation von Blutproben einzelner Patienten zu veranlassen. Das ergibt sich aus den Aussagen der vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen. Der Senat legt die dortigen Aussagen seiner Entscheidung nach § 60 Abs. 4 NDiszG ohne nochmalige Beweisaufnahm zugrunde.

Der Zeuge Dr. Z., der ab Januar 2009 auf der vom Beklagten geleiteten Gastroenterologie als Assistenzarzt tätig war, hat bei seiner Vernehmung vom 16. März 2022 (Gerichtsakte - GA -, Bl. 652R ff.) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, in einem persönlichen Gespräch im Arztzimmer der Privatstation S. habe ihm der Beklagte mitgeteilt, dass das geltende System für Lebertransplantationen die Krankheitsschwere nicht würdige und dass nicht rechtzeitig transplantiert werde. Ziel sei es also, die Patienten in der Warteliste weiter nach oben zu bringen. Der Beklagte habe ihm auch gesagt, welche Möglichkeiten es dazu gebe. Dabei sei es um die Gerinnungsproblematik gegangen. Der Gerinnungsfaktor des Blutes sei ein Faktor des Scores und am einfachsten zu verändern. Es funktioniere so, dass das Blut des Patienten in ein Röhrchen gegeben werde, in dem standardisierte Substrate in einer gewissen Mischung schon vom Hersteller vorhanden seien. Dieses Mischungsverhältnis der Substrate könne man verändern, ohne dass dies später nochmals überprüft werde. So werde dann der Gerinnungsfaktor des Blutes verändert. Dazu habe ihn der Beklagte aufgefordert. Er habe auch definiert, für welche Patienten er, der Zeuge, diese Veränderungen habe vornehmen müssen. Es habe sich um Patienten auf der Warteliste gehandelt. Über die Aufnahme auf die Warteliste habe er - der Zeuge - nicht selbst entschieden. An dieser Entscheidung seien nach seiner Einschätzung der Beklagte, aber auch andere Personen beteiligt gewesen. Die Anweisung zur Änderung des Gerinnungsfaktors habe sich immer auf konkrete Patienten bezogen. Er sei nicht der einzige, der diese Veränderung vorgenommen habe. Auch der Zeuge Dr. AC., der andere Assistenzarzt der Station S., sei damit befasst gewesen. Mit der Meldung der Werte hätten sie nichts zu tun gehabt. Andere Methoden zur Veränderung des Scores seien ihm nicht bekannt.

Auf Nachfrage hat der Zeuge Dr. Z. weiter angegeben, das geschilderte Gespräch mit dem Beklagten habe in Anwesenheit seines Kollegen Dr. AC. stattgefunden. Er könne sich an einen Fall erinnern, bei dem es eine Rückfrage des Labors wegen auffälliger Werte gegeben habe. Er habe den Wert dann allerdings bestätigt, so dass dieser im System geblieben sei. Wenn ein Arzt selbst die Blutabnahme vorgenommen habe, sei eine Dokumentation nicht erforderlich gewesen. Auf der Station habe jeder die Etiketten für die Röhrchen ausdrucken können. Er selbst habe die Manipulation in zwei bis drei Fällen vorgenommen. Das Gespräch mit dem Beklagten habe nicht sofort nach seinem Dienstantritt am 1. Januar 2009, sondern im Verlaufe seiner Assistenzzeit stattgefunden. Die Manipulation sei letztlich einfach. Die vorgefertigten Röhrchen hätten einen Drehverschluss. Anders als etwa bei einer Wasserflache könne man nicht erkennen, ob der Drehverschluss zuvor schon geöffnet worden sei. Das Mischungsverhältnis des Substrates verändere man schlicht dadurch, dass man das Substrat aus zwei Röhren in einem Röhrchen zusammenschütte. Das sei dem Labor wohl mit einer Ausnahme nicht aufgefallen. An den konkreten Patienten könne er sich nicht erinnern. Er könne ausschließen, dass das geschilderte Gespräch zwischen ihm und dem Zeugen Dr. AC. mit Prof. Dr. O. stattgefunden habe. Er sei vielmehr der Beklagte gewesen, der dieses Gespräch geführt habe.

Der Senat sieht diese Aussage als glaubhaft an. Sie gibt eigene Wahrnehmungen des Zeugen hinreichend konkret und detailliert wieder und sie weist keine wesentlichen Widersprüche auf. Der Zeuge Dr. Z. hat zum einen deutlich gemacht, an welche Geschehnisse er sich sicher erinnern konnte, und zum anderen freimütig Erinnerungslücken eingeräumt. Wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat, hat sich der Zeuge Dr. Z. durch seine schon in der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 12. Februar 2013 (BeiA 9, Bl. 207 ff.) gemachten Angaben, als junger Assistenzarzt auf Verlangen des Beklagten eigenhändig Manipulationen an Blutproben vorgenommen zu haben, selbst nicht unerheblich belastet und seine berufliche Zukunft aufs Spiel gesetzt. Sowohl aus seiner Aussage gegenüber dem Verwaltungsgericht als auch aus seinen Bekundungen anlässlich der Beschuldigtenvernehmung geht deutlich hervor, dass er sich durch die übermächtige Stellung des Beklagten in einer Zwangslage gesehen hat, die ihm die Erklärung seines damaligen Verhaltens weiterhin äußerst unangenehm macht. Ein Grund, aus welchem Grunde er den Beklagten zu Unrecht belasten sollte, ist vor diesem Hintergrund auch für den Senat nicht ersichtlich.

Der Umstand, dass der Beklagte das Zusammenschütten des Substrats zweier Röhrchen heute für keine geeignete Methode zur Manipulation des für den MELD-Score mitentscheidenden Gerinnungsfaktors mehr hält, mag seiner näheren Beschäftigung mit dieser Frage im weiteren Verlauf seiner Tätigkeit oder im Rahmen des Disziplinarverfahrens geschuldet sein. Das ändert aber nichts daran, dass er den Zeugen Dr. Z. zum damaligen Zeitpunkt zur Manipulation der Blutwerte aufgefordert und dabei die genannte Methode empfohlen hat. Überdies hat selbst der Beklagte in seinem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Beweisantrag (GA, Bl. 656R, 663) angegeben, dass der INR-Wert durch die genannte Methode um unter 10 % verschlechtert und der MELD-Wert maximal um 2 Punkte erhöht werden könne. Auch das stellt eine Manipulation dieser Werte dar und erhöht die Chancen des betreffenden Patienten auf Zuteilung eines Spenderorgans. Die Kommission der Bundesärztekammer, der deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen nach § 11 und § 12 TPG hält dieses Vorgehen ebenfalls für eine geeignete Möglichkeit der Manipulation (vgl. S. 6 des Berichts der Kommission, BeiA 5). Dass es nach heutiger Auffassung des Beklagten geeignetere Methoden der Manipulation gibt, ändert daran nichts.

Die Aussage des Zeugen Dr. AC. bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2022 (GA, Bl. 654 f.) ist demgegenüber im Wesentlichen unergiebig. Der Zeuge hat den autoritären Führungsstil des Beklagten und seine eigene untergeordnete Stellung als Assistenzarzt betont. An Details über Manipulationen oder geführte Gespräche hat er sich aufgrund des Zeitablaufs nicht erinnern können oder erinnern wollen. Bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 15. Februar 2013 (BeiA 9, Bl. 195 ff.), die dem Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgehalten worden ist, hatte er hingegen auf Nachfrage noch bestätigt, dass der Beklagte ihm gegenüber bei etwa zwei bis drei Patienten geäußert habe, dass das Blut optimiert werden müsse. Der genaue Wortlaut sei gewesen: "Das Labor muss optimiert werden." Auch hatte der Zeuge damals auf Nachfrage geglaubt, sich daran erinnern zu können, dass der Beklagte ihm gezeigt habe, wie man Blutwerte durch Zusammenschütten des Citrats zweier Röhrchen manipuliere. Diese Angaben hat der Zeuge bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht jedoch unter Hinweis auf den Zeitablauf und sein fehlendes Erinnerungsvermögen nicht bestätigt.

Der Zeuge Dr. AA. hat bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2022 (GA, Bl. 654R f.) - großenteils unter Vorhalt vorangegangener Vernehmungen - bekundet, er habe in einem Fall einem Patienten Blut abnehmen sollen und der Beklagte habe dazu gesagt, er wisse ja wie. Er habe das damals nicht gemacht, weil er dafür nicht zuständig gewesen sei. Er habe zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst, was der Beklagte mit dieser Bemerkung gemeint habe. Die Bedeutung sei ihm erst rückblickend während des Strafverfahrens klar geworden. Gegenüber dem Landgericht habe er wahrheitsgemäß ausgesagt. Er erinnere sich auch wieder, dass er eine Gesprächsrunde nach der wöchentlichen Transplant-Besprechung mitbekommen habe, in der Ärzte über die Manipulation von Blutwerten von Lebertransplantationspatienten gesprochen hätten, zum Beispiel indem man den Inhalt von zwei Röhrchen in eins zusammengieße oder durch die Verabreichung von Marcomar. Auch andere Universitäten hätten die Blutwerte manipuliert. Er habe das aber nie bei der Universitätsmedizin C-Stadt beobachtet. Eine Anweisung zu einer Manipulation habe er nie erhalten und habe es auch nicht bewusst selbst gemacht. An eine konkrete Beteiligung des Beklagten habe er keine Erinnerung. Es habe jedenfalls einen offensichtlichen Willen gegeben, viele Transplantationen durchzuführen und dabei im Wettbewerb mit anderen Universitäten zu bestehen. Alle Beteiligten aus der Chirurgie und der Gastroenterologie einschließlich des Beklagten seien stolz auf die erzielte hohe Transplantationszahl gewesen. Das sei offen kommuniziert worden. Aus medizinischer Sicht sei ihm die Transplantation in jedem Einzelfall erklärbar gewesen und er habe dabei kein Störgefühl gehabt. Einmal sei er von dem Beklagten persönlich telefonisch aufgefordert worden, Laborwerte zu übermitteln. Diese Werte hätten sich dann als falsch erwiesen. Er selbst habe nicht kontrollieren können, ob die Werte falsch gewesen seien. Auch habe er einem schwerkranken Leberpatienten Blut abnehmen und die Blutprobe dann direkt in die Transplantationsambulanz und nicht, wie es üblich gewesen wäre, ins Labor schicken sollen. Im Nachhinein vermute er, dass diese Blutprobe für einen anderen Patienten habe verwendet werden sollen. Dieses Vorgehen sei allerdings nicht vom Beklagten, sondern von Prof. Dr. O. angeordnet worden.

Auch wenn Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen Dr. AA. und Dr. AC. im Hinblick auf eine mögliche eigene aktive Mitwirkung an der Manipulation der Blutwerte bestehen (vgl. bereits LG C-Stadt, Urteil vom 6.5.2015 - AV. -, Urteilsabdruck S. 263 = juris Rn. 1059 ff.; vgl. zur Entwicklung der Aussage: BeiA 45/Fallakte AJ., Bl. 305 ff. [polizeiliche Zeugenvernehmung v. 17.12.2012]; BeiA 51, Bl. 138 ff. [Beschuldigteneinlassung v. 23.7.2013]; BeiA 25, Bl. 158 [Aussage in der Hauptverhandlung]), so schildert er doch anschaulich die Herangehensweise seiner Kollegen in der vom Beklagen geleiteten Gastroenterologie und in der Chirurgie an die Frage der Erhöhung der Zahl der Lebertransplantationen. Man sah sich im Wettbewerb mit anderen Universitätskliniken, denen unterstellt wurde, Blutwerte zu manipulieren. Nicht alleine dieser Wettbewerb wurde offen angesprochen, sondern auch die verschiedenen Möglichkeiten der Manipulation. Unabhängig davon, dass der Beklagte den Zeugen Dr. Z. nach dessen glaubhafter Aussage in mindestens zwei Fällen selbst unmittelbar zur Manipulation aufgefordert hat, wird ihm die offene Kommunikation der ihm unterstellten Ärzte über die Manipulationsmöglichkeiten schwerlich entgangen sein. Angesichts seines vom Landgericht C-Stadt unter Würdigung zahlreicher Zeugenaussagen festgestellten und vom Beklagten auch nicht bestrittenen autoritären Führungsstils ist es schlechterdings undenkbar, dass diese Ärzte, die sich ihrer Abhängigkeit von seinem Wohlwollen nur zu bewusst waren, ohne sein Wissen oder gar hinter seinem Rücken derartige Methoden zur Steigerung der Transplantationszahlen ergriffen hätten. Vielmehr ist nach den Aussagen der Zeugen Dr. AW. und Dr. AA. davon auszugehen, dass der Beklagte diese Manipulationen zur Steigerung der Transplantationszahlen im Zusammenwirken mit dem Chirurgen Prof. Dr. O. selbst geplant und angeordnet hat. Nach der Aussage des vom Verwaltungsgericht informatorisch angehörten Dr. AG. (GA, Bl. 655R), des damaligen Leiters des Medizin-Controllings der Universitätsmedizin C-Stadt, war es zwar theoretisch denkbar, dass ein Beschäftigter, der der vom Beklagten geleiteten Abteilung nicht angehörte, in dem entsprechenden Computersystem einen dieser Abteilung zugerechneten Auftrag zur Blutuntersuchung generieren konnte. Auffällig sei jedoch, dass in den vorgelegten elf Fällen die extrem hohen Werte an die vom Beklagten verantwortete Gastroenterologie zurückgemeldet und dort dennoch keine medizinische Reaktion erfolgt sei.

Vor diesem Hintergrund ist es fernliegend, dass die offensichtlich vorliegenden Manipulationen der Blutwerte in den elf der Klageschrift exemplarisch angeführten Fällen ohne Wissen und Wollen des Beklagten geschehen sein könnten. Vielmehr sprechen die vom Verwaltungsgericht zusammengetragenen Indizien (vgl. S. 15 ff. des angefochtenen Urteils), wie das Verbleiben von Patienten in stationärer Behandlung trotz guten Allgemeinzustands im Hinblick auf die erwartete und eingeplante Verschlechterung der Blutwerte, das Fehlen einer erneuten Überprüfung trotz Rückruf des Labors bei auffälligen Änderungen der Blutwerte, das Fehlen einer medizinischen Reaktion trotz ausdrücklichen Hinweisen des Labors, die Entlassung eines vom Beklagten persönlich betreuten Patienten trotz Blutwerten, die eine sofortige Intervention erfordert hätten, sowie die Unkenntnis eines Patienten über eine angeblich bei ihm vorgenommene Blutabnahme, für eine Mitverantwortlichkeit des Beklagten in diesen Fällen. Anderenfalls müsste man annehmen, der Beklagte hätte die Kontrolle über seinen Verantwortungsbereich vollständig verloren, was nach den Feststellungen des Landgerichts C-Stadt und den Aussagen der vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist.

Es ist aber letztlich unerheblich, ob sich den vorgelegten elf exemplarischen Fallakten zweifelsfrei entnehmen lässt, welche konkrete Manipulation oder Falschmeldung an Eurotransplant der Beklagte selbst zu welchem Zeitpunkt selbst durchgeführt oder veranlasst hat. Denn mit der Aussage des Zeugen Dr. Z. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte jedenfalls in mindestens zwei Fällen nachweislich selbst unmittelbar auf die Manipulation der Blutwerte zum Zweck der Verfälschung des MELD-Werts hingewirkt und der Zeuge diese Anweisung ausgeführt hat. Damit war zugleich die Weiterleitung dieser manipulierten Werte an die für die Organzuteilung entscheidende Stelle bei Eurotransplant beabsichtigt, mochte diese Weiterleitung auch durch einen anderen Beschäftigten erfolgt sein. Der Beklagte wollte auf diese Weise sicherstellen, dass den betreffenden Patienten unter Übergehung bislang vorrangig gelisteter Patienten eine Spenderleber zugeteilt wird. Dass diese Fälle den vorgelegten Fallakten wegen fehlender Erinnerung des Zeugen Dr. Z. an die Namen der Patienten nicht zugeordnet werden können, ist dabei ohne Belang. Es ist damit auch unerheblich, in welchem dieser elf Fälle die jeweilige Blutuntersuchung von der gastroenterologischen Station, der dem Beklagten zugeordneten Leberambulanz, der Chirurgie oder der der Chirurgie zugeordneten Transplantationsambulanz in Auftrag gegeben worden ist, da jedenfalls feststeht, dass in mindestens zwei Fällen die Anweisung der Manipulation unmittelbar vom Beklagten selbst ausging. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Fälle zu den exemplarisch vorgelegten elf Fällen gehören oder es sich um weitere bislang unbenannte Fälle innerhalb des angeschuldigten Zeitraums von Anfang 2009 bis Ende 2011 handelt. Die Disziplinarklage ist nicht auf diese elf Fälle beschränkt, sondern geht von "mindestens" elf Fällen innerhalb dieses Zeitraums aus. Schon der Nachweis eines einzigen Falles einer vom Beklagten veranlassten Manipulation reicht zur Annahme eines Verstoßes gegen die Wohlverhaltenspflicht aus.

Von einem Arzt im Beamtenverhältnis wird unabhängig von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit erwartet, dass er bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Pflichten weder Blutwerte manipuliert noch solche - etwa durch nachgeordnete Beschäftigte - manipulieren lässt, um seinen Patienten auf diese Weise bei der Zuteilung eines Spenderorgans einen Vorteil zu verschaffen und andere Patienten damit - wenn auch möglicherweise zunächst nur abstrakt - die Chance auf Zuteilung eines Organs nimmt oder die Zuteilung verzögert. Diese Pflicht ergibt sich aus den elementaren Grundsätzen ärztlichen Handelns (vgl. § 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen) und bedarf keiner ausdrücklichen Fixierung in einer Rechtsnorm oder Verwaltungsvorschrift. Verstößt ein verbeamteter Arzt gegen diese Dienstpflicht, so wird er dem Vertrauen nicht gerecht, das sein Beruf erfordert. Er kann sich insoweit nicht auf die Straflosigkeit dieses Verhaltens berufen, da das Strafrecht lediglich der Durchsetzung des sozialethischen Minimums dient. Das Dienstrecht stellt insoweit höhere Anforderungen und lässt bereits die Manipulation als solche nicht zu.

Darüber hinaus war dem Beklagten als Universitätsprofessor der Universität C-Stadt die Ausbildung der ärztlichen Nachwuchskräfte in seinem Fachgebiet anvertraut (vgl. Ernennungsurkunde vom 21.9.1992, BeiA 9, Bl. 1 f.). Indem er in seinem Verantwortungsbereich ein Arbeitsklima geschaffen hat, in dem Ärzte bei ihrer Tätigkeit zugunsten und zulasten von Patienten manipulieren könnten, und zumindest einen jungen Assistenzarzt selbst zur Durchführung von Manipulationen veranlasst hat, ist er dem in ihn gesetzten Vertrauen auch insoweit nicht gerecht geworden.

Der Beklagte handelte dabei rechtswidrig und schuldhaft. Sein Verhalten kann insbesondere nicht durch die Freiheit von Forschung und Lehre gerechtfertigt werden. Es war ihm unbenommen, die Eignung des MELD-Scores bei der Entscheidung über die Zuteilung von Spenderorganen in Vorlesungen, wissenschaftlichen Artikeln und Vorträgen sowie in Gesprächen gegenüber den von ihm auszubildenden Ärzten anzuzweifeln und zu kritisieren. Durch sein manipulatives Eingreifen in die Werte der Blutuntersuchungen hat er jedoch den Bereich wissenschaftlicher Kritik weit überschritten und tatsächlich das von ihm kritisierte System in verdeckter Weise zugunsten seiner Patienten ausgenutzt.

b) Durch die unstreitig erfolgte Forderung und Entgegennahme einer Bargeldzahlung in Höhe von 30.000 EUR von Angehörigen des Patienten L. hat der Beklagte im Jahr 2006 vorsätzlich das Verbot nach § 78 NBG a. F. verletzt, in Bezug auf sein Amt keine Belohnungen oder Geschenke anzunehmen. Zugleich hat er hierdurch vorsätzlich gegen seine Pflicht aus § 62 Satz 2 NBG a. F. zur uneigennützigen Amtsausübung verstoßen. Ferner hat er dadurch seine aus § 62 Satz 3 NBG a. F. resultierende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes vorsätzlich verletzt.

Inhalt und Reichweite des beamtenrechtlichen Verbots der Vorteilsannahme sind nach dem Zweck der Dienstpflicht zu bestimmen. Die uneigennützige, nicht auf einen privaten Vorteil bedachte Amtsführung der Beamten stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Sie ist unverzichtbar, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung darauf zu erhalten, dass sich die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert. Dieses Vertrauen wird bereits beeinträchtigt, wenn der Anschein entsteht, ein Beamter nutze seine Amtsstellung oder seine dienstliche Tätigkeit aus, um private Vorteile zu erzielen. Er muss jeden Eindruck vermeiden, dienstliche Tätigkeit könnten beeinflusst werden. Daher darf sich ein Beamter nicht für einen Vorteil offen zeigen, wenn sich ein dienstlicher Bezug nicht ausschließen lässt (BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 62.11 -, juris Rn. 26 m. w. N.; Urteil vom 29.3.2012 - BVerwG 2 A 11.10 -, juris Rn. 66).

Das beamtenrechtliche Verbot der Vorteilsannahme, das die Treuepflicht und Pflicht zur uneigennützigen Amtsausübung konkretisiert, geht über den engeren strafrechtlichen Schutz nach § 331 StGB hinaus (BVerwG, Urteil vom 31.1.2002 - BVerwG 2 C 6.01 -, juris Rn. 13). Denn die Integrität der öffentlichen Verwaltung wird nicht erst dann berührt, wenn ein Fehlverhalten des Beamten festzustellen ist oder wenn der begründete Verdacht von Parteilichkeit oder Eigennützigkeit entsteht. Zweifel ergeben sich bereits dann, wenn der Beamte wegen seiner Amtsführung in den Genuss von Vorteilen kommt, die nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen sind (BVerwG, Urteil vom 20.1.2000 - BVerwG 2 C 19.99 -, juris Rn. 16 f.). Auch hierdurch kann der Anschein erweckt werden, dass die Dienstausübung durch Interessen beeinflusst wird, die mit dem Grundsatz der unparteiischen und uneigennützigen Aufgabenerfüllung nicht zu vereinbaren sind. Zudem soll ausgeschlossen werden, dass die im Dienst befindlichen Beamten ihre Tätigkeit nicht ausschließlich am öffentlichen Interesse ausrichten, sondern sich von der Aussicht leiten lassen, in den Genuss von Vergünstigungen durch Außenstehende zu gelangen. Insoweit greift § 78 NBG a. F. weiter als die strafrechtlichen Verbotsnormen der §§ 331, 332 StGB (BVerwG, Urteil vom 20.1.2000 - BVerwG 2 C 19.99 -, juris Rn. 17 zu § 70 BBG a. F.). Der Beamte muss also jeden Anschein vermeiden, dienstliche Tätigkeiten oder Auftreten könnten beeinflusst werden. Daher darf sich ein Beamter nicht für einen Vorteil offen zeigen, wenn sich ein dienstlicher Bezug nicht ausschließen lässt (BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 62.11 -, juris Rn. 26 m. w. N.). Dabei ist unter Vorteil jeder wirtschaftliche Wert zu verstehen, der dem Beamten oder einem von ihm bestimmten Dritten von anderer Seite als dem Dienstherrn zugewandt werden soll (BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 62.11 -, juris Rn. 27 m. w. N.; Urteil vom 8.6.2005 - BVerwG 1 D 3.04 -, juris Rn. 18; Plog/Wiedow, BBG (alt), Band 1a), Stand: 2009, § 70 BBG Rn.1b).

Der Vorteil weist den erforderlichen Bezug zu dem Amt des Beamten auf, wenn er nach den erkennbaren Vorstellungen des Vorteilsgebers im Zusammenhang mit der Amtsstellung des Beamten gewährt oder versprochen wird. Anknüpfungspunkt können sowohl das Amt im statusrechtlichen Sinne als auch das Amt im konkret-funktionellen Sinn sein, d. h. der dienstliche Aufgabenbereich des Beamten. Der Vorteil kann sich auf eine ganz bestimmte dienstliche Handlung, auf das dienstliche Verhalten, auf die Aufgabenerfüllung als solche, aber auch auf den Status des Beamten oder auf die Beamteneigenschaft beziehen. Es ist nicht erforderlich, dass ein Beziehungsverhältnis zwischen Vorteil und dienstlichem Verhalten besteht. Vielmehr reicht es aus, dass der Vorteil gefordert, gewährt oder in Aussicht gestellt wird, um den Beamten bei seinem dienstlichen Verhalten wohlwollend zu stimmen, sogenannte "Pflege der Landschaft" (BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 62.11 -, juris Rn. 28; Plog/Wiedow, a. a. O., § 70 BBG Rn. 4). Der Umstand, dass - wie dargelegt - schon nicht der Anschein erweckt werden darf, der Beamte sei in seiner dienstlichen Tätigkeit durch Gefälligkeiten beeinflussbar, führt dazu, dass es für die Amtsbezogenheit einer Zuwendung ausreicht, wenn die äußeren Umstände des Falls geeignet sind, den Anschein zu erwecken, dass die Zuwendung zumindest auch zur Belohnung früherer oder zur Beeinflussung künftiger dienstlicher Tätigkeit gewährt wird (Plog/Wiedow, a. a. O., § 70 BBG Rn. 4). Jedenfalls bei Vorteilsgewährungen in nicht unerheblicher Höhe spricht deshalb eine widerlegliche Vermutung dafür, dass diese in Bezug auf das Amt gewährt wurden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24.4.2022 - 6 LD 2/18 -, juris Rn. 30).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte ersichtlich für die Untersuchung und Behandlung des Patienten L. im Hinblick auf eine geplante und durchgeführte Lebertransplantation mindestens 30.000 EUR gefordert und in bar vereinnahmt. Während bislang immer von einer Zahlung Mitte des Jahres 2006 in zeitlichem Zusammenhang mit dem Eintreffen des Patienten L. in der Klinik ausgegangen wurde, glaubt der Beklagte sich im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2022 nunmehr präzise an den späten Nachmittag des 15. Dezember 2006 - vier Tage vor dem Tod des Patienten L. - als Zeitpunkt der Geldübergabe durch die Ehefrau des Patienten erinnern zu können. Der Zeitpunkt der Zahlung ist jedoch letztlich unerheblich, zumal die Forderung und Zahlung des Betrages nicht spontan erfolgt sein wird. Ausweislich des Vermerks der Rechtsanwältin Dr. AX. im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Universitätsmedizin C-Stadt über ein telefonisches Gespräch mit dem Sohn des Patienten am 29. Oktober 2013 (BeiA 8, Bl. 248 ff.) bestand der Beklagte bereits vor den jeweiligen Untersuchungen auf Barzahlung. Es ist zudem auffallend, dass nicht nur keine schriftliche Wahlleistungsvereinbarung oder ein Vertrag über eine Behandlung als Privatpatient abgeschossen worden ist, sondern weder Rechnung noch Quittung über diesen beachtlichen Betrag vorliegen. Völlig unglaubhaft ist angesichts der Höhe der Zahlung die Aussage des Beklagten, dass er diese Summe in seinem Büro "verstaut" und dann vergessen habe. Diese Behauptung steht zudem im Widerspruch zu der weiteren Behauptung, dass eine Abrechnung nicht erfolgt sei, weil die Patientenakte - wie in vielen Fällen - nicht auffindbar gewesen sei. Darüber hinaus hat der Beklagte, nachdem Herr AU. - damaliger Justiziar der Universität C-Stadt - ihn mit Schreiben vom 6. August 2008 (BeiA 8, Bl. 223) auf den wegen offenstehender Rechnungen gegen die Erben des Patienten in Mailand geführten Zahlungsprozess hingewiesen und die dort von diesen als Einwendung angeführte Zahlung an den Beklagten in Höhe von 30.000 EUR erwähnt hat, diesen Betrag kommentarlos in drei Teilbeträgen auf verdeckte Weise (vgl. zu den Einzelheiten Ermittlungsbericht M. v. 5.10.2015, BeiA 8, S. 303 ff.) überwiesen. Hätte der Beklagte den Betrag schlicht in seinem Büro "vergessen", wäre es ihm hingegen ein Leichtes gewesen, die vermisste Summe nach der "Erinnerung" durch das angeführte Schreiben vom 6. August 2008 "wiederzufinden" und an die Universität C-Stadt in bar herauszugeben. Das ist jedoch nicht geschehen. Die in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Senat aufgestellte Behauptung, er sei vom Justiziar der Universität C-Stadt gebeten worden, den Betrag nicht bar zu bezahlen, da dies Aufsehen erregen werde, ist weder in den Akten belegbar noch glaubhaft. Es hätte in diesem Falle nicht mehrerer gestückelter Überweisungen aus Italien bedurft. Aus diesen Gründen spricht alles dafür, dass der Beklagte ursprünglich beabsichtigte, den erhaltenen Betrag eigennützig zu verwenden und sich letztlich durch das Schreiben des Justiziars der Universität vom 6. August 2008 daran gehindert sah.

Überdies wäre die Rückzahlung als solche nicht zu erklären, wenn der Beklagte tatsächlich der Auffassung gewesen sein sollte, aus einer zulässigen und wirksamen Vereinbarung selbst einen Anspruch gegen den Patienten bzw. dessen Erben in Höhe von 30.000 EUR zu haben. In diesem Falle wäre zu erwarten gewesen, dass der Beklagte den Erhalt des von ihm geforderten Betrags verteidigt und diesen nicht verdeckt an die Universität C-Stadt überwiesen hätte, zumal der Justiziar der Universität im Schreiben vom 6. August 2008 lediglich um Stellungnahme, nicht aber um Rückzahlung des Betrages bat.

Mit der unberechtigten Forderung und Annahme eines Betrages von mindestens 30.000 EUR für ärztliche Leistungen an dem Patienten L. liegt eine Dienstpflichtverletzung vor, die sich angesichts des Geschehensablaufs nicht im schlichten Fehlen einer schriftlichen Wahlleistungsvereinbarung erschöpft, zumal eine solche keine Berechtigung des Beklagten zur Einziehung von Forderungen der Universität C-Stadt gegenüber Patienten begründet. Daran ändert auch nicht, dass im Jahr 2008 bei der Universität C-Stadt offensichtlich kein ausreichendes Problembewusstsein hinsichtlich der Disziplinarwürdigkeit dieses Verhaltens des Beklagten vorlag. Soweit der Beklagte auf die Einschätzung des Ermittlungsführers M. in dessen Ermittlungsbericht vom 5. Oktober 2015 verweist, eine Unrechtsvereinbarung liege nicht vor, ist neben der Betonung der Unverbindlichkeit dieser Auffassung darauf zu verweisen, dass dieser Ermittlungsführer in der Annahme und dem Behalten der Zahlungen über einen Zeitraum von mehr als 20 Monaten letztlich ebenfalls ein Dienstvergehen und sogar eine strafrechtliche Verfehlung gesehen hat (vgl. BeiA 8, Bl. 308).

Der Beklagte handelte auch insoweit rechtswidrig und schuldhaft.

2. Der Senat ist - ebenso wie das Verwaltungsgericht - der Auffassung, dass das vom Beklagten begangene Dienstvergehen die Aberkennung seines Ruhegehalts rechtfertigt.

a) Einem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 NDiszG aberkannt, wenn er als aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Aus dem Beamtenverhältnis ist ein Beamter zu entfernen, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG).

aa) Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG) unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) und des Umfangs, in dem der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beschädigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese drei Bemessungskriterien - Schwere des Dienstvergehens, Persönlichkeitsbild und Vertrauensbeeinträchtigung - mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Beschluss vom 7.3.2017 - BVerwG 2 B 19.16 -, juris Rn. 7 f.; Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 22).

Die Verwaltungsgerichte haben die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 1, 60 Abs. 1 Satz 1 NDiszG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Hier findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen; demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, Urteil vom 29.3.2012 - BVerwG 2 A 11.10 -, juris Rn. 72). Oder anders ausgedrückt: Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 32; Beschluss vom 23.2.2012 - BVerwG 2 B 143.11 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 6.6.2013 - BVerwG 2 B 50.12 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 26.3.2014 - BVerwG 2 B 100.13 -, juris Rn. 7; Nds. OVG, Urteil vom 14.3.2023 - 3 LD 6/22 -, juris Rn. 197).

bb) Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 13, 20; Urteil vom 23.2.2012 - BVerwG 2 C 30.10 -, juris Rn. 12). Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte, z. B. materieller Schaden (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 24; Urteil vom 11.1.2007 - BVerwG 1 D 16.05 -, juris Rn. 55; Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 13; Urteil vom 7.2.2008 - BVerwG 1 D 4.07 -, juris Rn. 14; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 89; Urteil vom 11.6.2013 - 6 LD 1/13 -, juris Rn. 50; Urteil vom 14.3.2023 - 3 LD 6/22 -, juris Rn. 198).

cc) Die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) bedeutet, dass es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen ankommt, insbesondere soweit es mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 25; Urteil 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 14). Ein Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch die tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 14; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 89; Urteil vom 14.3.2023 - 3 LD 6/22 -, juris Rn. 199).

dd) Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und auf dessen konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 15). Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, d. h. es ist die Frage zu stellen, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Ebenso ist zu fragen, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 26; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 89; Urteil vom 14.3.2023 - 3 LD 6/22 -, juris Rn. 200).

b) Unter Beachtung dieser Grundsätze hält der Senat im vorliegenden Fall die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten für erforderlich und angemessen. Denn das von ihm begangene Dienstvergehen wäre, wenn er sich noch im aktiven Dienst befände, mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu ahnden. Der Beklagte hat durch sein Dienstvergehen das Vertrauen seiner Dienstherrin und der Allgemeinheit vollständig und endgültig verloren.

aa) Als maßgebendes Bemessungskriterium ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dem einheitlichen Dienstvergehen des Beklagten kommt dabei ein außerordentlich schweres Gewicht zu.

aaa) Durch die Anordnung der Manipulation der Blutwerte zum Zwecke der Erhöhung der Chancen seiner Patienten auf Erhalt eines Spenderorgans, hat er das Vertrauen der Allgemeinheit in die (beamtete) Ärzteschaft auf dem äußerst sensiblen Gebiet der Organtransplantation erheblich beschädigt und damit die Bereitschaft in der Bevölkerung zur Organspende gravierend gemindert (vgl. FAZ-online vom 1.8.2012: "Organspendebereitschaft sinkt" unter Verweis auf den "Transplantationsskandal in C-Stadt" und einer Erklärung der Deutschen Stiftung Organtransplantation; Spiegel-online vom 24.4.2013 "Zahl der Organspender sinkt drastisch"; Wikipedia zu "Organspendeskandal in Deutschland" im Absatz "Auswirkungen"), jedenfalls gefährdet. Handelten alle oder auch nur einige der für die Erhebung von für die Vergabe der knappen Spenderorgane relevanten Werte verantwortlichen Mediziner in gleicher Weise wie der Beklagte, so entstünde ein Wettlauf der Ärzte und ihrer Patienten um die schlechtesten Blutwerte. Die Folge wäre ein Zusammenbruch einer an nachvollziehbaren Kriterien orientierten Zuteilung der Spenderorgane. Der Wettbewerb um bessere Kriterien kann nur durch wissenschaftliche Auseinandersetzung, nicht aber durch Manipulationen (etwa von Blutwerten) geführt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte in seiner herausgehobenen Position als Chefarzt an einer Universitätsklinik die ihm zur Aus-, Fort- und Weiterbildung anvertrauten Ärzten negativ beeinflusst hat. Sein Verhalten hat dabei nicht nur allgemein eine negative Vorbildwirkung entfaltet, sondern er hat konkret mindestens einen Assistenzarzt in eine angesichts seines autoritären Führungsstils nur schwer zu bewältigende Lage gebracht, indem er ihn zur Mitwirkung an seinen Manipulationen veranlasst hat. Er hat mithin nicht allein bei der ordnungsgemäßen Behandlung der Patienten, bei der die Gesamtheit der im Bereich von Eurotransplant auf ein Spenderorgan wartenden Patienten in den Blick zu nehmen ist, sondern auch bei der Ausbildung der ärztlichen Nachwuchskräfte in eklatanter Weise die in ihn berechtigterweise gesetzten Erwartungen enttäuscht und seine dienstlichen Kernpflichten als verbeamteter Arzt mit gravierenden Folgen verletzt.

Die Schwere des Dienstvergehens wird nicht dadurch relativiert, dass im Dienstvertrag des Chirurgen Prof. Dr. O. möglicherweise Fehlanreize durch Bonuszahlungen für durchgeführte Lebertransplantationen gesetzt worden waren (vgl. LG C-Stadt, Urteil vom 6.5.2015 - AY. -, Urteilsabdruck S. 23 = juris Rn. 4). Als langjährigem Chefarzt, mit dem auch keine entsprechende Vereinbarung geschlossen worden war, konnte vom Beklagten erwartet werden, dass er die gewünschte Steigerung der Zahl der Lebertransplantationen jedenfalls nicht durch regelwidrige Manipulationen herbeiführte.

bbb) Auch der Verstoß des Beklagten gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken wiegt schwer.

Unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung ist ein Verstoß gegen das beamtenrechtliche Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit jeher als so schwerwiegend eingestuft worden, dass bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Richtschnur angesehen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2012 - BVerwG 2 A 11.10 -, juris Rn. 76 f. m. w. N.). Die uneigennützige, nicht auf den privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Es ist Zweck der Vorschriften, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Diese Erwartungshaltung wird noch durch das in ärztliches Handeln gesetzte besondere Vertrauen gesteigert. Es kann im Interesse eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Universitätsklinik und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in das ärztliche Handeln eines beamteten Universitätsprofessors nicht hingenommen werden, wenn er den Eindruck erweckt, er lasse sich in Bezug auf seine dienstliche ärztliche Tätigkeit durch ihm oder Dritten gewährte oder zugesagte Vorteile beeinflussen oder fordere diese gar. Dies gilt gesteigert im Bereich lebenserhaltender ärztlichen Behandlungen, etwa im Bereich der Zuteilung von Spenderorganen.

Vor diesem Hintergrund gebietet auch die nachweisbare Forderung und Annahme von 30.000 EUR durch den Beklagten im Vorfeld einer erfolgten Lebertransplantation grundsätzlich die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme. Es handelt sich um einen hohen Betrag, den der Beklagte von einem um sein Leben kämpfenden Patienten, der in seinem Heimatland keine Chance mehr sah (so die Formulierung im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 15.1.2019 - GA, Bl. 99) gefordert und auch erhalten hat. Der Beklagte hat offensichtlich die erkennbare Notsituation seines Patienten ausgenutzt, um eine hohe Geldforderung zu stellen. Dabei kam ihm zugute, dass der Patient als italienischer Staatsangehöriger über das für sogenannte Selbstzahler ohnehin schwer zu durchschauende deutsche Abrechnungssystem nicht orientiert war.

bb) Milderungsgründe bestehen nicht.

aaa) Die Absicht, bei der Manipulation der Blutwerte im Sinne seiner Patienten zu handeln, entlastet den Kläger unabhängig von möglichen eigennützigen Motiven nicht. Er hatte nicht nur das Wohl seiner eigenen Patienten im Blick zu behalten, sondern auch die Auswirkungen seines Verhaltens auf Gesundheit und Lebenschancen der anderen auf der Warteliste für eine Organtransplantation stehenden Patienten. Die Beschränkung der Sichtweise auf das Wohl der eigenen Patienten ist mit der Stellung und Verantwortung eines Chefarztes einer Universitätsklinik nicht vereinbar. Die "ins Blaue hinein" aufgestellte Behauptung, an anderen Universitätskliniken sei in gleicher Weise verfahren worden, mildert den eigenen Pflichtenverstoß nicht.

bbb) Die verdeckt gestaltete Rückzahlung der von ihm vereinnahmten 30.000 EUR im Anschluss an das Schreiben des Justiziars der Universität vom 6. August 2008 kann nicht als tätige Reue mildernd zugunsten des Beklagten gewertet werden, weil darin weder eine freiwillige Wiedergutmachung des Schadens noch die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor drohender Entdeckung zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 14; Urteil vom 23.2.2012 - BVerwG 2 C 38.10 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Urteil vom 14.3.2023 - 3 LD 6/22 -, juris Rn. 212). Vielmehr hat der Beklagte die Summe erst mehr als 1 1/2 Jahre nach Erhalt überwiesen, nachdem die Zahlung bereits Gegenstand eines in Mailand geführten Zivilprozesses der Universität C-Stadt gegen die Erben des Patienten AZ. geworden war und der Justiziar der Universität C-Stadt die Zahlungen gegenüber dem Beklagten durch Schreiben vom 6. August 2008 bereits offenbart hatte. Auch spricht die dem Beklagten nur schwer zurechenbare gestückelte Zahlungsweise gegen einen ernsthaften Willen zur Offenbarung seines Fehlverhaltens. Im Ergebnis ist der Beklagte auf diese Weise lediglich seiner beamtenrechtlichen Herausgabeverpflichtung nachgekommen (§ 79 NBG a. F.).

ccc) Weitere Umstände, die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen wären, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Persönlichkeitsbild des Beklagten. Zwar ist Beklagte bislang straf- und disziplinarrechtlich unbelastet. Dieser Umstand fällt jedoch nicht mildernd ins Gewicht (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20.4.2021 - 3 LD 1/20 -, juris Rn. 140 m. w. N.). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist selbst bei überdurchschnittlicher Leistung für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 3.12 -, juris Rn. 43 m. w. N.; Nds. OVG, Urteil vom 20.4.2021 - 3 LD 1/20 -, juris Rn. 140 m. w. N.).

cc) Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung und dem Gewicht insbesondere des manipulativen Verhaltens des Beklagten aber auch der widerrechtlichen Forderung und Entgegennahme eines hohen Geldbetrages von einem schwererkrankten Patienten für seine ärztliche Tätigkeit ist von einem vollständigen und endgültigen Vertrauensverlust sowohl der Dienstherrin als auch der Allgemeinheit auszugehen, der bei einem aktiven Beamten zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen müsste und bei dem bereits im Ruhestand befindlichen Beklagten zu einer Aberkennung seines Ruhegehalts führt.

dd) Die Aberkennung des Ruhegehalts verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beklagten an. Auch sind nicht die Auswirkungen auf die Familie des Beklagten in den Blick zu nehmen. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier der Beklagte - durch ein ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - hier nach der Versetzung des Beklagten in den Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts - die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die allein darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbaren Verhalten (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2000 - BVerwG 1 D 49.99 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urteil vom 22.3.2023 - 3 LD 10/22 -, juris Rn 71 jeweils m. w. N.).

ee) Der Beklagte kann sich im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gegenüber der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme nicht mit Erfolg auf eine lange Dauer des Disziplinarverfahrens oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens berufen. Eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens vermögen an dem endgültigen Vertrauensverlust im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG, den ein Beamter durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (vgl. ausführlich: BVerwG, Urteil vom 12.7.2018 - BVerwG 2 B 1.18 -, juris Rn. 9 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 25.4.2022 - 6 LD 2/18 -, juris Rn. 35 ff.).

III. Das Verwaltungsgericht hat den Unterhaltsbeitrag nach § 13 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 3 Satz 2 NDiszG ausgeschlossen, da der Beklagte den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig sei. Eine entsprechende Notlage habe er auch auf entsprechende Aufforderung des Gerichts nicht dargelegt. Der Senat sieht keinen Anlass für eine Änderung dieser Entscheidung, da der Beklagte auch im Berufungsverfahren auf erneute Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2023 hierzu nichts vorgetragen hat.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 69 Abs. 1 NDiszG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieses Urteil ist rechtskräftig (§ 61 Abs. 2 NDiszG).