Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.09.2023, Az.: 5 ME 55/23

Bewerbungsverfahrensanspruch; Landesbeauftragter für den Datenschutz; Transparenzgebot; Besetzung der Stelle des Landesbeauftragten für den Datenschutz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.09.2023
Aktenzeichen
5 ME 55/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 34901
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0914.5ME55.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 21.06.2023 - AZ: 13 B 3358/23

Fundstellen

  • DÖV 2024, 164
  • NordÖR 2023, 647-651
  • ZBR 2023, 426-429

Amtlicher Leitsatz

Es besteht kein Anwendungsbereich des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 33 Abs. 2 GG), wenn Ämtern auf staatlicher oder kommunaler Ebene durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörper besetzt werden. Ebenso wenig können aus den Regelungen über die Transparenz des Ernennungsverfahrens (Art. 53 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung) und über die erforderliche Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde des Bewerbers (Art. 53 Abs. 2 der Datenschutzgrundverordnung) subjektive Rechte im Fall der Besetzung des Amtes des Landesbeauftragten für den Datenschutz abgeleitet werden.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer - vom 21. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 65.049,84 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verfolgt ihr Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz des Landes Niedersachsen mit der Beschwerde weiter.

Die ... geborene Antragstellerin wurde am 18. Dezember 2014 einstimmig von dem Niedersächsischen Landtag zur Landesbeauftragten für den Datenschutz gewählt. Sie wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2015 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von acht Jahren zur Landesbeauftragten für den Datenschutz ernannt. Ihre reguläre Amtszeit endete mit Ablauf des 31. Dezember 2022. Da bis zu diesem Zeitpunkt ein Nachfolger nicht berufen war, verlängerte sich die Amtszeit der Antragstellerin um weitere sechs Monate bis zum 30. Juni 2023.

Die Niedersächsische Landesregierung schlug dem Niedersächsischen Landtag unter dem 25. April 2023 die Wahl des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz und - vorbehaltlich seiner Wahl durch den Landtag - dessen Ernennung zum Landesbeauftragten für den Datenschutz unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von acht Jahren vor (LT-Drs. 19/1239). Sie bat, die Beschlussfassung des Landtages über diesen Vorschlag herbeizuführen und teilte mit, dass eine Zusammenstellung des beruflichen Werdegangs sowie die Personalakten des Beigeladenen als Anlage beigefügt seien, wobei diese Anlage nicht verteilt werde.

Der Niedersächsische Landtag nahm in seiner 13. Sitzung am 3. Mai 2023 diesen Wahlvorschlag - Beigeladener für acht Jahre Landesbeauftragter für den Datenschutz - einstimmig an (LT-Drs. 19/1309).

Mit Schreiben vom 1. Juni 2023 teilte die Antragstellerin dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten mit, sie habe wiederholt - zum Beispiel im Politikjournal "Rundblick" vom 30. Januar 2023 - erklärt, für eine weitere Amtszeit als Landesbeauftragte für den Datenschutz zur Verfügung zu stehen. Dennoch habe weder die Landesregierung noch die CDU als größte Oppositionspartei im Landtag mit ihr Gespräche geführt. Auch eine öffentliche Ausschreibung dieser Stelle sei nicht erfolgt. Die Wahl des Beigeladenen sei ohne Aussprache erfolgt. Der Wahlvorschlag der Landesregierung sei nicht näher begründet worden. Insbesondere habe es keine Begründung der Annahme der Qualifikation des Beigeladenen, der in seiner beruflichen Laufbahn nie mit dem Datenschutz befasst gewesen sei, gegeben. Der Beigeladene habe zwar die Befähigung zum Richteramt, er erfülle anders als sie aber nicht die gesetzlichen Anforderungen an das Amt, die § 18 Abs. 2 NDSG und Art. 53 Abs. 2 DSGVO vorschrieben. Dies wiege umso schwerer, weil es an einem transparenten Auswahlverfahren gefehlt habe. Sie bat um Bestätigung, dass der Beigeladene nicht zum Landesbeauftragten für den Datenschutz ernannt werde, bevor die Rechtmäßigkeit einer solchen Ernennung gerichtlich geklärt sei.

Nachdem die Antragstellerin eine solche Bestätigung nicht erhalten hatte, hat sie am 12. Juni 2023 beim Verwaltungsgericht Hannover die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 21. Juni 2023 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sowohl die Antragsgegnerin als auch der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten, jeweils mit den Anträgen, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.

1. Allerdings fehlt es entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht deshalb am Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin, weil sich diese nicht direkt bei der Niedersächsischen Landesregierung um eine Wiederwahl als Landesbeauftragte für den Datenschutz beworben hat, ihre Interessebekundung gegenüber der CDU-Fraktionsspitze nicht erfolgreich war und deshalb zweifelhaft ist, ob sie die erforderliche Mehrheit des Landtages hinter sich bringen könnte (vgl. Beschwerdeerwiderung - BE - vom 4.8.2023, S. 2 ff. [Bl. 157 ff./GA]). Die streitgegenständliche Stelle ist weder ausgeschrieben worden noch gibt es Verfahrensvorschriften dahin gehend, wie der gemäß Art. 62 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung erforderliche Vorschlag der Landesregierung zustande kommt. Die Antragsgegnerin hat das Vorbringen der Antragstellerin, es entspreche den parlamentarischen und parteipolitischen Gepflogenheiten und Absprachen, der stärksten Oppositionspartei - in der maßgeblichen 19. Wahlperiode der CDU-Fraktion - ein primäres Vorschlagsrecht für die Besetzung des Amtes des Landesbeauftragten für den Datenschutz einzuräumen, um dessen Regierungsferne gegenüber der Landesregierung zu betonen und damit dessen Kontrollfunktion zu stärken oder wenigstens hervorzuheben, nicht in Abrede gestellt (vgl. BE vom 4.8.2023, S. 3 [Bl. 158/GA]). Hat sich die Antragstellerin an diese gefestigte Verfahrenspraxis gehalten und u. a. dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion am ... 2022 ihr Interesse an einer Wiederwahl mitgeteilt (vgl. Beschwerdebegründung - BB - vom 24.7.2023, S. 2 ff. [Bl. 129 ff./GA]), kann ihr dieses nicht vorgeworfen werden. Ihre Erfolgsaussichten auf eine Wiederwahl sind im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses nicht zu berücksichtigen, zumal die Erfolgsaussichten angesichts dessen, dass die Abgeordneten des Landtages an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (Art. 12 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung), offen sind.

2. Die Antragstellerin hat aber auch im Beschwerdeverfahren weder ihre Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, denn ihre Verletzung in eigenen subjektiven Rechten durch die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz ist offensichtlich ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht glaubhaft gemacht.

a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Diese Regelung gilt grundsätzlich bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst und bei Beförderungsentscheidungen (BVerwG, Beschluss vom 25.3.2010 - 1 WB 37.09 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 3.12.2018 - 5 ME 141/18 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 5.7.2023 - 5 ME 44/23 -, juris Rn. 12), denn beide Entscheidungen betreffen die Begründung bzw. Änderung des Amtes im statusrechtlichen Sinne. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19 f.; Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 16 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 3.12.2018 - 5 ME 141/18 -, juris Rn. 18, Beschluss vom 5.7.2023 - 5 ME 44/23 -, juris Rn. 12) bzw. durch andere verfassungsrechtliche Belange gerechtfertigt sind.

Vorliegend besteht die Besonderheit, dass es sich bei dem Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz um ein Wahlamt handelt. Nach Art. 62 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung wählt der Landtag auf Vorschlag der Landesregierung den Landesbeauftragten für den Datenschutz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Landtages, mindestens jedoch der Mehrheit seiner Mitglieder. Gemäß Art. 62 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung in Verbindung mit § 18 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NDSG wird der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach dieser Wahl für die Dauer von acht Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen, wobei die einmalige Wiederwahl zulässig ist. Die Amtszeit verlängert sich bis zur Berufung eines Nachfolgers, längstens jedoch um sechs Monate (§ 18 Abs. 3 Satz 3 NDSG).

Die Vorschrift des Art. 33 Abs. 2 GG erfasst entgegen der Ansicht der Antragstellerin von vornherein nicht solche Ämter auf staatlicher oder kommunaler Ebene, die durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörper besetzt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.9.2016 - 2 BvR 2453/15 -, juris Rn. 21; OVG LSA, Beschluss vom 28.6.2023 - 1 M 49/23 -, juris Rn. 5). Denn in diesen Fällen wird der grundsätzlich bestehende Bewerbungsverfahrensanspruch eines jeden Bewerbers vom Demokratieprinzip überlagert. Gemäß Art. 20 Abs. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Ämter, die organisatorisch oder funktionell zum Bereich der obersten (Staats- oder Kommunalverfassungs-) Organe gehören, bedürfen einer solchen demokratischen Legitimation. Nur wer eine (gegebenenfalls qualifizierte) Mehrheit der Wahlbürger oder der nur den Bindungen des Gesetzes und ihrem Gewissen unterworfenen Volksvertreter erreicht, ist gewählt. Die Wahl - also seine Akzeptanz - durch die Mehrheit legitimiert den Gewählten, selbst wenn dieser nicht der am besten geeignete Bewerber ist. Auch deshalb ist das passive Wahlrecht, also die Wählbarkeit eines Bewerbers, in der Regel an geringe Voraussetzungen geknüpft, wie zum Beispiel das Erreichen der Volljährigkeit für Bundestagsabgeordnete (Art. 38 Abs. 2 GG) und Landtagsabgeordnete (Art. 8 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung) sowie die Vollendung des vierzigsten Lebensjahrs im Fall der Wahl des Bundespräsidenten (Art. 54 Abs. 1 Satz 1). Ein wesentliches Element demokratischer Wahlen ist, dass eine Legitimation des Gewählten stets nur auf Zeit erfolgt (sog. Grundsatz der Periodizität). Insoweit liegt ein wesentlicher Unterschied zum klassischen Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und dauerhaften Beförderungen, mit denen ein Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber einhergeht, vor.

Soweit die Antragstellerin auf den Beschluss des Senats vom 22. Januar 2008 (- 5 ME 491/07 -, juris) verwiesen und daraus abgeleitet hat, dass Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich auch dann anwendbar sei, wenn es um die Stelle eines Wahlbeamten gehe, ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Beschluss vor der maßgeblichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. September 2016 (- 2 BvR 2453/15 -, juris Rn. 21) ergangen ist und sich schon deshalb nicht mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat auseinandersetzen können. Überdies ist die angeführte Rechtsprechung des Senats allein zum Konkurrentenstreit bei kommunalen Wahlbeamten ergangen und kann deshalb nicht ohne Weiteres auf die Fälle der Wahl von (politischen) Wahlbeamten durch den Niedersächsischen Landtag übertragen werden. Unabhängig davon folgt der Senat der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und er hält deshalb an seiner früheren Rechtsprechung zum modifizierten Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG bei Ämtern, die durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder - wie hier - durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörpern besetzt werden, nicht mehr fest.

Auch die Bezugnahme der Antragstellerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2021 (- 6 B 1176/21 -, juris) führt nicht zum Erfolg ihrer Beschwerde. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in dieser Entscheidung festgestellt, dass die landesgesetzlich normierte Besetzung von Beigeordnetenstellen durch ein Wahlverfahren ihre verfassungsrechtliche Grundlage im Demokratieprinzip, das eine Einschränkung des in Art. 33 Abs. 2 GG geregelten Leistungsprinzips rechtfertigen könne, finde. Es hatte zwar zunächst festgestellt, dass Rechtsgrundlage für das Begehren der dortigen Antragstellerin der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Bewerbungsverfahrensanspruch sei, dann aber ausdrücklich ausgeführt, dem Wahlelement trüge eine strikte Bindung der Entscheidung des Gemeinderates an Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausreichend Rechnung. Es sei gerichtlich nicht zu überprüfen, ob unter mehreren Kandidaten der im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG am besten Geeignete ausgewählt worden sei, weil dies mit dem Wesen der Wahl als einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Entscheidung und dem sich daraus ergebenden legitimatorischen Mehrwert nicht zu vereinbaren wäre. Es hat zwischen den "originären (vertrauenslegitimierten) Wahlämtern", zu denen etwa die Mandate der Abgeordneten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zählten, und der "leistungslegitimierten" Bestellung eines kommunalen Beigeordneten unterschieden. Für den ersten Fall hat es keinen Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG festgestellt. Für den zweiten Fall hat es einen Bewerbungsverfahrensanspruch nur mit "Modifikationen" angenommen. Entsprechend der bei der Bundesrichterwahl geltenden Grundsätze müsse dem Gewährleistungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG dadurch Rechnung getragen werden, dass das zur Wahl führende Verfahren in einer dem Grundsatz der Bestenauslese genügenden Weise ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" werde (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.11.2021 - 6 B 1176/21 -, juris Rn. 14 ff.).

Der beschließende Senat ist der Überzeugung, dass die vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vorgenommene Differenzierung zwischen verschiedenen Arten von Wahlämtern nicht im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist. Dieses hat den Begriff der "Einhegung" in einer gänzlich anderen Fallkonstellation, nämlich bei einer Bundesrichterwahl durch den Richterwahlausschuss, verwendet. Nachdem es festgestellt hatte, dass Bundesrichterwahlen keine demokratischen Wahlen eines Amtes auf staatlicher Ebene seien und deshalb das Amt von Bundesrichtern wie etwa die Ämter des Vorsitzenden Richters an Bundes- und Landesgerichten dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG unterfielen, hat es das Zusammenspiel von Richterwahlausschuss und zuständigem Minister dargestellt und festgestellt, der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG müsse insbesondere dadurch operationalisierbar gemacht werden, dass das Verfahren selbst entsprechend ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" werde. Dies erfordere, dass der Richterwahlausschuss sich einen Eindruck verschaffen könne von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandidaten durch Zusammenstellung (unter anderem) ihrer Zeugnisse, dienstlichen Beurteilungen und der sie betreffenden Präsidialratsstellungnahmen. Die Einhaltung dieser prozeduralen Anforderung müsse niedergelegt und nachvollziehbar sein. Eine verfahrensmäßige Absicherung eines an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Berufungsverfahrens erfolge ferner durch Begründungspflichten. Sie träfen zwar nicht den Richterwahlausschuss, wohl aber in bestimmten Konstellationen den zuständigen Minister (BVerfG, Beschluss vom 20.9.2016 - 2 BvR 2453/15 -, juris Rn. 21, 33). Ausgangspunkt für diese Feststellungen war die Feststellung, dass bei der Bundesrichterwahl ein Anwendungsfall des Art. 33 Abs. 2 GG vorliege. Hingegen hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig einen solchen Anspruch im Falle der Besetzung von Ämtern mittels demokratischer Wahlen durch Wahlbürger oder durch Wahlkörper, die von diesen zuvor gewählt worden sind, verneint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.9.2016 - 2 BvR 2453/15 -, juris Rn. 21). Es hat dabei keine Unterscheidung danach vorgenommen, ob die demokratische Wahl unmittelbar durch die Wahlbürger selbst erfolgt wie bei Abgeordneten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene oder durch den gewählten "Wahlkörper" wie Bundestag, Landtag oder kommunale Vertretung. Ebenso wenig hat es nach der passiven Wahlberechtigung differenziert, also danach, ob nur Voraussetzungen wie "Volljährigkeit" oder zusätzliche Voraussetzungen wie im Fall des Art. 53 Abs. 2 DSGVO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 NDSG, nämlich die Befähigung zum Richteramt und die erforderliche Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde, vorliegen. So wie es Sache des Wahlbürgers ist, sich über die potentiell zu wählenden Abgeordneten zu informieren, ist es Sache der Landtagsabgeordneten, sich nach besten Wissen und Gewissen vor der Wahl eines Landesbeauftragten für den Datenschutz über den vorgeschlagenen Kandidaten zu informieren und diesen bei fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen abzulehnen. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch eines nicht vorgeschlagenen Bewerbers folgt daraus indes nicht.

Nach diesen Grundsätzen ist das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ausgenommen mit der Folge, dass der Antragstellerin kein Bewerbungsverfahrensanspruch zu kommt.

Wie oben ausgeführt, wird das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz durch die Wahl eines demokratisch gewählten Wahlkörpers, nämlich durch den Niedersächsischen Landtag, besetzt. Die Mitglieder des Landtages sind unmittelbar aus einer demokratischen Wahl hervorgegangen (Art. 8 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung). Die Wahl des Landesbeauftragten für den Datenschutz erfolgt für acht Jahre, maximal für acht Jahre und sechs Monate, wenn die Berufung eines Nachfolgers nicht sofort im Anschluss erfolgt (§ 18 Abs. 3 Sätze 1 und 3 NDSG). Damit ist dem sich aus dem Demokratieprinzip ergebenden Grundsatz der Periodizität von Wahlen genüge getan. Zudem gehört das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz zwar organisatorisch auf den ersten Blick zur Landesverwaltung, denn es findet sich in der Niedersächsischen Verfassung unter dem Siebenten Abschnitt "Landesverwaltung". Der jeweilige Landesbeauftragte für den Datenschutz leitet gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 NDSG indes eine unabhängige oberste Landesbehörde. Diese Aufsichtsbehörde handelt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Art. 52 Abs. 1 DSGVO völlig unabhängig. Gemäß Art. 62 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Landesverfassung berichtet der Landesbeauftragte für den Datenschutz zwar dem Landtag über seine Tätigkeit und deren Ergebnisse. Er unterliegt aber bei der Erfüllung seiner Aufgaben und der Ausübung seiner Befugnisse weder direkter noch indirekter Beeinflussung von außen und ersucht weder um Weisung noch nimmt er Weisungen entgegen (vgl. Art. 52 Abs. 2 DSGVO). Bei seiner Kontrolle, ob die öffentliche Verwaltung bei dem Umgang mit personenbezogenen Daten Gesetze und Recht einhält, ist der Landesbeauftrage für den Datenschutz unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden (vgl. Art. 62 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung). Handelt der Landesbeauftragte für den Datenschutz - wie ausgeführt - auch gegenüber den obersten Staatsorganen des Landes Niedersachsen völlig unabhängig, ist er organisatorisch und funktionell dem Bereich der obersten Staatsorgane gleichgestellt (vgl. auch OVG LSA, Beschluss vom 28.6.2023 - 1 M 49/23 -, juris Rn. 5). Ist das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz ein von der Verfassung vorgegebenes Wahlamt auf staatlicher Ebene für einen begrenzten Zeitraum, dann ist es - wie etwa das Amt eines Ministers oder Ministerpräsidenten - vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ausgenommen.

Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu Recht darauf hingewiesen, dass ein - tatsächlich nicht gegebener - Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin jedenfalls mit der Wahl des Beigeladenen durch den Niedersächsischen Landtag untergegangen wäre (vgl. BE vom 9.8.2023, S. 2 f. [Bl. 175 f./GA]). Hat der Landtag - wie hier in seiner Sitzung vom 3. Mai 2023 - den vorgeschlagenen Kandidaten mit der erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Landtages gewählt, "wird" der Landesbeauftragte gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 NDSG auf die Dauer von acht Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Wird die Wahl nicht vorab durch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verhindert, hat der Gewählte danach einen Anspruch auf Ernennung zum Landesbeauftragten für den Datenschutz und Bewerbungsverfahrensansprüche von Konkurrenten hätten sich - unabhängig von der Frage ihres ursprünglichen Vorliegens - erledigt.

b) Ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin folgt nicht aus Art. 54 Abs. 1, 53 Abs. 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 62 der Niedersächsischen Verfassung. Auch diese Normen gewähren kein subjektives Recht der Antragstellerin. Art. 54 Abs. 1, 53 Abs. 1 DSGVO sind an die Mitgliedstaaten gerichtet und dienen allein dem öffentlichen Interesse an einem transparenten Verfahren zur ordnungsgemäßen Besetzung der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz. Nach Art. 53 Abs. 1 DSGV liegt ein transparentes Verfahren bei einer Ernennung der Aufsichtsbehörde u. a. durch das jeweilige Parlament vor. Weitere Regelungen hinsichtlich einer Ausschreibungspflicht für die Stelle des Landesbeauftragten für Datenschutz des Landes Niedersachsen oder bezüglich einer Vorschlagsliste von Kandidaten finden sich nicht in der Niedersächsischen Verfassung, der Datenschutzgrundverordnung und im Niedersächsischen Datenschutzgesetz. Der Niedersächsische Landtag hat als legitimiertes Parlament den Beigeladenen mit der erforderlichen Mehrheit gewählt. Ob dabei das vorgeschriebene Verfahren eingehalten und ob die Mindestanforderungen für die Ernennung (vgl. Art. 53 Abs. 2 DGSVO) vorliegen, obliegt im Übrigen (auch) der gemäß Art. 54 Abs. 1 lit. a) DSGVO errichteten Aufsichtsbehörde, die gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. a) DSGVO die Anwendung dieser Verordnung zu überwachen und durchzusetzen hat und der insoweit die Befugnisse nach Art. 58 DSGVO zur Verfügung stehen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 28.6.2023 - 1 M 49/23 -, juris Rn. 7).

Soweit die Antragstellerin meint, die Landtagsabgeordneten hätten sich nicht in geeigneter Weise einen Eindruck von der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Beigeladenen verschaffen können und aus dem in Art. 53 Abs. 1 DSGVO geregelten Transparenzgebot müsse folgen, dass die Kandidatenauswahl, die dem Wahlvorschlag nach Art. 62 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung vorausgehe, ein Mindestmaß an Transparenz aufweise, hat sie bereits nicht dargetan, dass ihr insoweit ein subjektives Recht, dass die gerichtliche Überprüfung dieser Vorhalte rechtfertigte, zukommt. Nur ergänzend wird deshalb festgestellt, dass Art. 62 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung transparent die Bedingungen der Wahl festschreibt und diese im vorliegenden Fall eingehalten worden sind. Der Wahlvorschlag der Landesregierung vom 25. April 2023 an den Landtag (LT-Drs. 19/1239), den Beigeladenen zum Landesbeauftragten für den Datenschutz zu wählen, war eindeutig und klar und folglich transparent. Es fehlte auch nicht deshalb an einer Transparenz, weil die Anlage "Zusammenstellung des beruflichen Werdegangs" bzw. die Personalakten des Beigeladenen diesem Wahlvorschlag nicht unmittelbar als Anlage beigefügt waren. Eine Verteilung dieser personenbezogenen Daten des Beigeladenen über das grundsätzlich vollständig der Öffentlichkeit zugängliche Informationssystem des Landtages zusammen mit dem Wahlvorschlag ist nicht die einzige Möglichkeit zur Wahrung des Transparenzgebots. Vielmehr ist es aus Datenschutzgründen empfehlenswerter und zur Wahrung des Transparenzgebots ausreichend, den Landtagsabgeordneten die Möglichkeit einzuräumen, sich über den Werdegang des Beigeladenen anhand der Zusammenstellung und der Personalakten eigenverantwortlich zu informieren. Insofern genügt es, dass den Abgeordneten auf Anforderung die notwendigen Unterlagen wie die Personalakte des Beigeladenen umgehend und vollständig vorgelegt worden sind bzw. wären. Das diese Möglichkeit bestanden hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Vorschlag der Landesregierung, den Beigeladenen zum Landesbeauftragten für Datenschutz zu wählen, ist entsprechend der gängigen Praxis auf den Vorschlag der CDU-Fraktion als stärkste Oppositionspartei zurückzuführen und allen Beteiligten (spätestens) durch den Wahlvorschlag vom 25. April 2023 (LT-Drs. 19/1239) bekannt gewesen. Der Beigeladenen ist nicht nur mit dem Stimmen der CDU-Fraktion, sondern von allen 142 anwesenden Landtagsabgeordneten einhellig und autonom in demokratischer Wahl gewählt worden und ist gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 NDSG für die Dauer von acht Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit zu berufen.

c) Hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch weder aus Verfassungsrecht noch aus einfachem Recht glaubhaft gemacht, hat sie keinen Anspruch auf Überprüfung, ob es an der Qualifikation, Erfahrung oder Sachkunde des Beigeladenen im Sinne von Art. 53 Abs. 2 DSGVO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 NDSG fehlt oder willkürliche und unsachgemäße Erwägungen bei der Entscheidung der Landesregierung, diesen vorzuschlagen, entscheidend waren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren aufzuerlegen, weil er im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und deshalb ein Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom heutigen Tag - 5 OA 57/23 -).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).