Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.03.2004, Az.: 2 ME 662/04

Anspruch auf eine zusätzliche zweite Duldung in einem anderen Bundesland

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.03.2004
Aktenzeichen
2 ME 662/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 39969
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2004:0309.2ME662.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 29.12.2003 - AZ: 5 B 78/03

Fundstelle

  • AUAS 2004, 221-222

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage, ob eine syrische Staatsangehörige, dem Asylverfahren negativ abgeschlossen ist und die eine auf das Land Sachsen-Anhalt beschränkte Duldung hat, zusätzlich eine Duldung für das Land Niedersachsen beanspruchen kann, um mit ihrer Familie zusammenzuleben zu können.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht hat, weil der Antragsgegner bei summarischer Prüfung nicht verpflichtet ist, der Antragstellerin, die im Besitz einer auf das Land Sachsen-Anhalt beschränkten Duldung ist, zusätzlich eine auf das Land Niedersachsen beschränkte weitere Duldung zu erteilen, um mit ihrem nach religiösem Ritus angetrauten Ehemann und dem gemeinsamen Kind zusammen leben zu können. Der Senat macht sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen gibt zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage Anlass.

3

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen dargelegt und begründet, dass dem Begehren der Antragstellerin Nr. 6.2 des sinngemäß zu Grunde zu legenden und mit höherrangigem Recht vereinbaren Runderlasses des Niedersächsischen Innenministeriums vom 16. Oktober 2002 (Nds. MBl S. 938) entgegen steht, weil sie nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens bislang jegliche Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten verweigert hat. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug, denen er sich anschließt. Der dagegen erhobene Einwand der Antragstellerin, die begehrte weitere Duldung stehe ihr unabhängig von den in dem genannten Runderlass getroffenen Regelungen gemäß Art. 6 Abs. 1 GG zu, weil sie danach beanspruchen könne, mit ihrem nach religiösem Ritus angetrauten Ehemann und ihrem gemeinsamen Kind im Gebiet des Antragsgegners zusammen leben zu können, greift nicht durch. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass einer Familie unter ausländerrechtlichen Aspekten zugemutet werden darf, vorübergehend getrennt zu leben, wenn die Familieneinheit alsbald hergestellt werden kann (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 31.08.1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, 59; Nds. OVG, Beschl. v. 17.05.2002 - 12 ME 377/02 -). Der Senat hält es ebenso wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31. August 1999 (a.a.O.) und der 12. Senat des beschließenden Gerichts in seinem Beschluss vom 17. Mai 2002 (a.a.O.) allerdings für erforderlich, eine zeitliche Grenze zu ziehen, bis zu der es der Antragstellerin zuzumuten ist, die Familieneinheit nicht herzustellen. Diese zeitliche Grenze bemisst der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des 12. Senats des beschließenden Gerichts (Beschl. v. 17.05.2002, a.a.O.) auf den 30. Juni 2004, mithin auf etwa ein viertel Jahr, nachdem die Beteiligten den Beschluss des Senats erhalten haben. Sollte die Familienzusammenführung innerhalb dieses Zeitraums nicht im Heimatland der Antragstellerin möglich sein, wird der Antragsgegner auf einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin neu zu prüfen haben, ob die Antragstellerin, ihr nach religiösem Ritus angetrauter Ehemann sowie das gemeinsame Kind noch eine familiäre Haushaltsgemeinschaft begründen wollen und ob gegebenenfalls der für die Zusammenführung der Familie erforderliche angemessene Wohnraum zur Verfügung steht.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

5

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 6.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 1996, 605 ff.), wobei er die darin vorgeschlagene Hälfte des gesetzlichen Auffangwertes im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert hat.