Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.03.2004, Az.: 13 LB 352/03

Abkömmling; Angehöriger; Aufnahmebescheid; Ausschlussgründe; Bescheinigung; Ehegatte; Spätaussiedler; Spätaussiedlerbescheinigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
31.03.2004
Aktenzeichen
13 LB 352/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.05.2003 - AZ: 1 A 9/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 BVFG schließt die Erteilung einer Abkömmlings-Spätaussiedlerbescheinigung nicht aus.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über seine Eigenschaft als Abkömmling eines Spätaussiedlers.

2

Er wurde 1954 in Kasachstan als Sohn deutscher Eltern geboren. Sein Vater, C. B., geboren 1925, erhielt 1997 einen Aufnahmebescheid und kam daraufhin aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Ihm wurde 1998 eine Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt. Der Kläger und seine Familie folgten ihm erst im Jahre 2002.

3

Bereits 1992 war (auch) für den Kläger (vom Bruder seiner Ehefrau) beim Bundesverwaltungsamt die Aufnahme beantragt worden. Diese war mit Rücksicht auf seine „gehobene politische oder berufliche Stellung ..., die er nur durch eine besondere Bindung an das totalitäre System erreichen konnte (§ 5 Nr. 1 Buchst. d BVFG)“, abgelehnt worden (Bescheid vom 6.7.93). Eine später dann (von einem Bruder des Klägers) betriebene Wiederaufnahme des Verfahrens war ebenfalls erfolglos geblieben (Bescheid vom 28.2.97): Erneut wurde die Erteilung eines Aufnahmebescheides abgelehnt, obwohl die deutsche Volkszugehörigkeit des Klägers (und seiner Ehefrau) angenommen wurde; wegen des Ausschlusstatbestandes des § 5 Nr. 1 d BVFG bestehe auch eine „Einbeziehungsmöglichkeit als Abkömmling eines Spätaussiedlers i.S.d. § 7 Abs. 2 BVFG“ nicht. Im Verfahren auf den dagegen eingelegten Widerspruch, in dem festgestellt wurde, dass der Kläger und seine Ehefrau fließend Deutsch sprechen, wurde der Widerspruch mit Bescheid vom 19. Mai 2000 als unbegründet zurückgewiesen. Nach Erhebung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln (10 K 4927/00) verpflichtete sich das Bundesverwaltungsamt auf Vorschlag des Gerichts (vergleichsweise) dazu, den Kläger in den Aufnahmebescheid seines Vaters (vom 14.11.97) einzubeziehen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG). Das geschah dann mit Bescheid vom 16. Mai 2002, und zwar „im Wege des Härtefalles nach § 27 (2) BVFG“. Dabei wurde bemerkt, dass der Kläger einreisen könne, „ohne selbst die Voraussetzungen gemäß § 4 BVFG zu erfüllen“; aus dem Bescheid könnten Rechte und Vergünstigungen nach dem BVFG nicht hergeleitet werden, da der „Ausschlusstatbestand des § 5 Nr. 2 b ... BVFG“ vorliege.

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Aufgrund des Bescheides vom 16. Mai 2002 kam der Kläger (mit Familie) dann im Juni 2002 aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland. Er und seine Frau erhielten Registrierscheine. Sie wurden der Stadt Lingen (Beklagten) zugewiesen.

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Die im August 2002 bei der Beklagten beantragte Spätaussiedlerbescheinigung lehnte diese mit Bescheid vom 3. September 2002 ab. Zur Begründung (bezüglich des Klägers) verwies sie auf § 5 Nr. 2 b BVFG (Fassung vom 22.12.99 – BGBl I S. 2534). Dem Kläger könne auch eine Bescheinigung als Abkömmling eines Spätaussiedlers (§ 15 Abs. 2 BVFG) nicht ausgestellt werden. Die in § 7 Abs. 2 Satz 2 BVFG geregelte „sinngemäße“ Anwendung des § 5 BVFG auf u.a. Abkömmlinge von Spätaussiedlern bedeute nicht nur den Ausschluss entsprechend betroffener Personen von der Inanspruchnahme von „Rechten und Verpflichtungen“, sondern schließe auch die Erteilung einer Abkömmlingsbescheinigung aus (Nr. 4 einer „Richtlinie zur Durchführung des § 7 BVFG“; Stand: unbekannt). Den dagegen erhobenen Widerspruch, der sich nur gegen die Versagung einer Abkömmlingsbescheinigung richtete, wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Bescheid vom 11. Februar 2003 als unbegründet zurück. Anders als die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG diene die nach § 15 Abs. 2 BVFG nicht der Feststellung eines Status, sondern stelle lediglich die Berechtigung für die in § 7 Abs. 2 (Satz 1) BVFG aufgeführten „Eingliederungsleistungen“ fest, die dem Kläger aber gerade nicht zustünden.

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Am 18. Februar 2003 hat der Kläger Klage erhoben, gerichtet auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG. Er erfülle die Voraussetzungen dieser Vorschrift, da er Abkömmling eines Spätaussiedlers (seines Vaters) sei (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG). Da der Ausschlusstatbestand (des § 5 BVFG) einer Einbeziehung von Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid der „Bezugsperson“ nicht entgegenstehe (BVerwG, Urt. v. 12.4.01, 5 C 19.00), er entsprechend habe einreisen dürfen, wäre es „widersprüchlich, ihm hierüber einen amtlichen Nachweis zu versagen“. Zwar möge er von Rechten und Vergünstigungen ausgeschlossen sein, die mit der Rechtsstellung eines Abkömmlings nach dem BVFG verbunden seien, nicht jedoch von der Rechtsstellung als solcher „und auch nicht von den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten als Deutscher im Sinne von Artikel 116 Absatz 1 GG“, u.a. dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (§ 7 Satz 1 StAG). Der Kläger hat ferner darauf hingewiesen, dass die Verwaltungspraxis bei Ausstellung der „Abkömmlingsbescheinigung“ in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sei. So werde in Thüringen eine solche auch im Falle von § 5 BVFG erteilt.

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Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27. Mai 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach § 15 Abs. 2 BVFG erhielten u.a. Abkömmlinge eines Spätaussiedlers „zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2“ BVFG eine Bescheinigung. Entsprechend scheide die Erteilung einer derartigen Bescheinigung dann aus, wenn die „Voraussetzungen des § 7 Abs. 2“ BVFG nicht vorlägen. Nach „§ 7 Abs. 2 BVFG“ seien Abkömmlinge eines Spätaussiedlers von den in §§ 8, 10 und 11 BVFG vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen, wenn sie die Voraussetzungen des § 5 BVFG erfüllten, die dem Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft entgegenstünden. Letzteres sei beim Kläger (unstreitig) der Fall. Zwar möge es zutreffen, dass er mit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland die Eigenschaft eines Abkömmlings eines Spätaussiedlers erworben habe. Das ändere aber nichts daran, dass die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG „nicht zum Nachweis der Spätaussiedlerabkömmlingseigenschaft, sondern lediglich zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 ausgestellt wird“.

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Dem dieses Urteil betreffenden Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 17. September 2003 – 13 LA 270/03 – entsprochen. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 22. September 2003 hat der Kläger die Berufung am 8. Oktober 2003 wie folgt begründet:

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Der von ihm beanspruchten Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG komme größere Bedeutung zu, als sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG ergebe. Durch die Einreise als Abkömmling eines Spätaussiedlers erlange dieser zwar nicht die Rechtsstellung eines Spätaussiedlers, wohl aber die Rechtsstellung nach Art. 116 Abs. 1 GG sowie eine in § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG geregelte „Betreuungsberechtigung“. Nach der zum 1. August 1999 erfolgten Reform des Staatsgehörigkeitsrechts gehe, wie sich aus § 7 Satz 1 StAG ergebe, die Bedeutung der Spätaussiedlerbescheinigung erheblich über ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hinaus. Denn danach diene (auch) die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nunmehr dem Nachweis der Rechtsstellung nach Art. 116 Abs. 1 GG und dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Demgemäß dienten nach Nr. 2.1 der (geänderten) „Vorläufigen Richtlinie zu § 15 BVFG – Bescheinigungen“ Ausweise nach § 15 Abs. 2 BVFG auch dem Nachweis der „Rechtsstellung“ des Angehörigen. Dem Ausschluss nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BVFG könne durch Beifügung eines entsprechenden Vermerkes auf der Bescheinigung Rechnung getragen werden, wie dies beispielsweise in Thüringen praktiziert werde.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Urteils und entsprechender (Teil-)Aufhebung ihres Bescheides vom 3. September 2002 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. Februar 2003 zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG auszustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint weiterhin, § 15 Abs.2 BVFG diene nicht dem Zweck des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit. Der Ausschluss von der entsprechenden Bescheinigung sei eine „konsequente Fortführung des Ausschlusses von Rechten und Vergünstigungen“ (nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BVFG).

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Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.

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Mit Beschluss vom 6. Januar 2004 hat der Senat dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, weil die Parteien auf eine solche verzichtet haben (§ 125 Abs. 1 iVm § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, die Beklagte dem Kläger die von diesem begehrte „Abkömmlingsbescheinigung“ fehlerhaft versagt. Der Kläger hat Anspruch auf diese Bescheinigung. Die Tatsache, dass er selbst (nach § 5 BVFG) vom Erwerb der Rechtsstellung eines Spätaussiedlers sowie von für Abkömmlinge eines solchen vorgesehenen Leistungen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG) ausgeschlossen ist, steht dem nicht entgegen.

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Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG erhalten Spätaussiedler, d.h. Personen i.S. von § 4 Abs.1 oder 2 BVFG, „zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft“ auf Antrag eine Bescheinigung. Für den Ehegatten und die Abkömmlinge eines Spätaussiedlers bestimmt § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG Entsprechendes. Diese Personen erhalten auf Antrag ebenfalls eine Bescheinigung, und zwar zum „Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2“ BVFG. Nicht eindeutig ist, was dabei mit den „Voraussetzungen des § 7 Abs. 2“ gemeint ist. Indessen bezieht sich das auf den Satz 1 dieser Vorschrift, d.h. die Bezeichnung des Personenkreises, der die entsprechende Bescheinigung beanspruchen kann. Das ergibt sich aus Folgendem:

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Bei dem in § 15 Abs. 2 BVFG angesprochenen Personenkreis handelt es sich anders als nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht um Spätaussiedler, sondern um dessen Angehörige (Ehegatte bzw. Kinder). Der Verweis auf „§ 7 Abs. 2“ in § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG grenzt diesen Personenkreis weiter ein, allerdings nicht in dem Sinne, wie die Beklagte meint und das Verwaltungsgericht angenommen hat. Zwar regelt § 7 Abs. 2 (S. 1) BVFG die entsprechende Anwendung eines Teiles der Bestimmungen, die ihrem Wortlaut nach nur für Spätaussiedler gelten, auch für dessen Ehegatten und Abkömmlinge. Indessen wird für diese dabei - gegenüber dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG - zusätzlich verlangt, dass sie „die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 nicht erfüllen, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben“ (Satz 1). Ergänzend zu § 15 Abs. 2 Satz 1 wird hier also noch auf das Aufnahmeverfahren (§§ 26 ff. BVFG) Bezug genommen, das (auch) die Angehörigen eines Spätaussiedlers durchlaufen haben müssen. Insofern kommt § 7 Abs. 2 (Satz 1) BVFG im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG eine (zusätzliche) „Tatbestandswirkung“ (BVerwG, Urt. vom 12.7.01, - 5 C 10.01 -, NVwZ-RR 2002, 387 [BVerwG 12.07.2001 - BVerwG 5 C 10.01]) zu. § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG bestimmt, dass in den Aufnahmebescheid der Person, die nach Verlassen des Aussiedlungsgebietes „die Voraussetzungen als Spätaussiedler“ erfüllt (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG), dessen Ehegatte und Abkömmlinge einbezogen werden können. Ist das geschehen, und kommen diese Personen dann in das Bundesgebiet, haben sie, also der spätere Spätaussiedler und dessen Angehörige, das betreffende Aussiedlungsgebiet gleichermaßen „im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen“, was sowohl in § 4 Abs. 1 als auch in § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG vorausgesetzt wird. Der Verweis „auf § 7 Abs. 2“ in § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG dient danach der Eingrenzung des Personenkreises der Empfänger der dort vorgesehenen Bescheinigung auf solche Angehörigen des Spätaussiedlers, die nicht Spätaussiedler sind, aber Ehegatte oder Kinder eines solchen, und die wie dieser „aufgenommen“ worden sind, indem sie (i.d.R. mit dem Spätaussiedler) im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens nach §§ 26 ff. BVFG eingereist sind.

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§ 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG ist danach so zu lesen, dass mit dem Verweis auf „§ 7 Abs. 2“ in Wahrheit § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG gemeint ist. Das folgt schon daraus, dass nur hier Personen definiert sind, denen Bescheinigungen nach dieser Vorschrift ausgestellt werden können. Schon deshalb kann nicht richtig sein, dass eine solche nur dem Nachweis der Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG dient. Vielmehr ist die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 (und 2) BVFG zur (erweiternden) Anwendung der §§ 8, 10, 11 BVFG (und deren Ausschluss), d.h. die dort geregelte Rechtsfolge, im Rahmen von § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG bedeutungslos. Die Ansicht der Beklagten, dass der Verweis auch Satz 2 dieser Bestimmung umfasse und so eine Angehörigenbescheinigung beim Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 5 BVFG in der Person des Angehörigen versage, ist demnach abzulehnen. Wie sich auch aus dem Einleitungssatz zu § 5 BVFG ergibt, schließt diese Vorschrift (unmittelbar) nur den Erwerb der „Rechtsstellung nach § 4 Abs. 1 oder 2“ aus, d.h. den Status als Spätaussiedler. Hinsichtlich des Status eines Ehegatten oder Abkömmlings eines Spätaussiedlers ist dieser Ausschließungsgrund dagegen nicht gegeben, wie sich auch aus § 7 Abs. 2 Satz 2 BVFG unmittelbar ergibt. Denn danach schließt § 5 BVFG diesen Personenkreis lediglich von der – erweiternden – Anwendbarkeit der dort genannten Bestimmungen §§ 8, 10, 11 BVFG aus, während, wie sich § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG zeigt, ihre „Aufnahme als Angehörige eines Spätaussiedlers“ dadurch nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 12.4.01, - 5 C 19.00 -, DVBl. 2001, S. 1527). Das bedeutet, dass die Rechtsstellung der dort genannten Angehörigen als solche unberührt bleibt. Dementsprechend kann diesen auch eine diese bestätigende Bescheinigung ausgestellt werden, was auf Antrag auch geschehen muss (§ 15 Abs. 2 S. 1 BVFG).

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Zu Recht beruft der Kläger sich insoweit auf das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 2001, - 5 C 19.00 -, wo unter Berufung gerade auf § 7 Abs. 2 BVFG entschieden ist, dass, da diese Vorschrift davon ausgehe, dass auch Personen, denen gegenüber die Ausschlussvorschrift des § 5 BVFG eingreift, das Aussiedlungsgebiet im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben können, diese mangels entgegenstehender Gesetzesregelung als Angehörige nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbezogen werden können (vgl. auch schon BVerwG, Beschl. v. 18.2.00, - 5 B 216.99 -). § 5 BVFG schließt zwar die Erteilung eines Aufnahmebescheides an so „belastete“ Personen aus, da sie nicht Spätaussiedler werden können, nicht aber ihre Einbeziehung als Ehegatte oder Abkömmling in den Aufnahmebescheid des („unbelasteten“) Ehemannes oder Vaters. Wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 BVFG für die Aufnahme im Wege der Einbeziehung danach unerheblich ist, wäre es in der Tat widersinnig, die danach eingereiste Person dann nicht mehr als entsprechenden Angehörigen zu behandeln. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese „Bevorzugung“ von Angehörigen nicht systemwidrig, sondern Gesetz. Dementsprechend ist es nur konsequent, aufgenommenen „belasteten“ Angehörigen auch eine Bescheinigung im Sinne von § 15 Abs. 2 BVFG zuzuerkennen.

22

Trotz des Wegfalls der Vorteile aus §§ 8, 10, 11 BVFG kann dem „belasteten“ Abkömmling ein Rechtsschutzinteresse an einer (auch einer diesbezüglich eingeschränkten) Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nicht abgesprochen werden, weil dieser erhebliche rechtliche Bedeutung zukommt: Nach Art. 116 Abs. 1 GG ist (sog. Status-)Deutscher auch, wer „als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling im Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“. Dazu bestimmt § 7 Satz 1 StAG (idF vom 15.7.99 – BGBl. I S. 1618), dass die betreffende Person „mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit“ erwirbt. Insofern kann dem Kläger fraglos ein Rechtsschutzinteresse an der (bloßen) Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nicht abgesprochen werden, die er auch sonst zu Recht beansprucht.

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Nachdem seinem Vater C. B. unter dem 18. Juni 1998 (vom Landratsamt Ostalbkreis) eine Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt worden war, ist der Kläger Abkömmling eines solchen. Mit der Einreise aufgrund der Einbeziehung in den seinerzeit seinem Vater erteilten Aufnahmebescheid (vom 14.11.97) durch „Härtefall“-Einbeziehungsbescheid vom 16. Mai 2002 hat er weiter das Aussiedlungsgebiet Russland dann „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ verlassen, so dass er die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfüllt und infolgedessen Anspruch auf Ausstellung einer Abkömmlingsbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG hat. Eine solche hat ihm die Beklagte danach zu Unrecht versagt. Dementsprechend ist auf seine Berufung unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 27. Mai 2003 ihr Bescheid vom 3. September 2002 insoweit, als er dies versagt, und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. Februar 2002, der nur dieses tut, insgesamt aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die von ihm begehrte Abkömmlingsbescheinigung zu erteilen.