Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 24.09.1999, Az.: 74 IK 23/99

Antrag des Schuldners auf Ersetzung der Einwendungen der Gläubiger gegen den Schuldenbereinigungsplan; Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens; Berechnung der Veröffentlichungskosten; Berechnuung der Vergütung eines Insolvenzverwalters; Enststehung des Anspruchs auf Treuhändervergütung

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
24.09.1999
Aktenzeichen
74 IK 23/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29979
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOETT:1999:0924.74IK23.99.0A

Fundstellen

  • KTS 2000, 389
  • VuR 2000, 29-31

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag des Schuldners auf Ersetzung der Einwendungen der Gläubiger gegen den Schuldenbereinigungsplan vom 22.06.1999 durch eine gerichtliche Zustimmung wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens (§§ 311 f 314 InsO) wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Dem Schuldner wird aufgegeben, dem Gericht binnen zwei Wochen mitzuteilen, ob der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt ist.

Gründe:

1

Der Schuldner hat am 26.03.1999 wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen gestellt und zugleich beantragt, Einwendungen einzelner Gläubiger gegen den Schuldenbereinigungsplan gem. § 309 zu ersetzen. Weiter hat Antrag auf Restschuldbefreiung (§ 287 InsO) gestellt. Auf seinen Antrag ist dem Schuldner am 31.03.1999 für die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren (§§ 305 - 310 InsO) Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden.

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Auf Einwendung der Gläubiger hin hat der Schuldner am 22.06.1999 einen veränderten Schuldenbereinigungsplan vorgelegt. Dieser Weist 10 Gläubiger aus. Über einen Zeitraum von 6 Jahren soll der pfändbare Monatsbetrag in Höhe von 217,70 DM an die Gläubiger verteilt werden. Die Summe der Hauptforderungen beläuft sich auf 568 525,64 DM. Auf den Hauptgläubiger entfallen 450 000,00 DM.

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Unter anderem dieser Hauptgläubiger hat der Annahme des geänderten Schuldenbereinigungsplanes widersprochen.

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I.

Der Antrag des Schuldners auf Zustimmungsersetzung ist gem. § 309 Abs. 1 S. 1 InsO zurückzuweisen, da der widersprechende Hauptgläubiger mehr als die Hälfte der Forderungssumme hält.

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II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskosten Hilfe die Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens (§§ 311 ff InsO) ist zurückzuweisen.

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1.

Der Schuldner hat im Anwaltsschriftsatz vom 25.03.1099 beantragen lassen, ihm für das Insolvenzverfahren, ggf. zunächst für die erste Stufe der gerichtlichen Schuldenbereinigung, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung de unterzeichneten Rechtsanwaltes zu gewähren. Für das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren (§§ 305 - 310 InsO) ist dem Schuldner mit Beschluss |vom 31.03.1999 unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nunmehr ist über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den nachfolgenden Verfahrensabschnitt, nämlich für das vereinfachte Insolvenzverfahren (§§ 311 - 314 InsO), zu entscheiden. Prozesskostenhilfe wird nämlich nicht für das ganze Verfahren vorab, sondern nur für jeden Verfahrensabschnitt bewilligt (vl. AG Göttingen NZI 1999, 124; FK-lnsO/Schmerbach 2. Aufl., § 13 Rd-Nr. 95a).

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2.

Auszugehen ist davon, dass auch für das vereinfachte Insolvenzverfahren gem. §§ 311 ff. Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (Fk-lnsO/Kothe § 311 Rd-Nr. 9 ff.; FK-lnsO/Schmerbach, 2. Aufl., § 13 Rd.-Nr. 95c). Dahinstehen kann die in diesem Zusammenhang streitige Frage, ob auch die Vergütung des Treuhänders von der Prozesskostenhilfe umfasst ist (AG Göttingen NZI 1999J 124, 125; vgl. weiter FK-lnsO/Schmerbach, 2. Aufl., § 13 Rd-Nr. 95e).

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3.

Für die Berechnung der Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) geht das Gericht von folgenden Werten aus:Gem. § 37 Abs. 1 S. 1 GKG werden die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die für die Durchführung des Insolvenzverfahrens nach dem Wert der Insolvenzmasse zurzeit der Beendigung de Verfahrens erhoben.

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Im vorliegenden Fall hat der Schuldner zugleich Restschuldbefreiung (§ 287 InsO) beantragt. In diesem Fall wird das Insolvenzverfahren Nach Rechtskraft des Beschlusses aufgehoben, der die Restschuldbefreiung gem. § 291 InsO ankündigt bzw. gem. § 290 InsO versagt (§ 289 Abs. 2 S. 2 InsO). Zu diesem Zeitpunkt tritt die Beendigung des Verfahrens ein.

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Das Gericht schätzt die Zeitdauer bis zu diesem Zeitpunkt auf 1 Jahr. Der Schuldner verfügt nach seinen Angaben über keinerlei Vermögenswerte. Der pfändbare Anteil seines Einkommens beträgt monatlich 217,70 DM. Gem. §§ 35, 36 InsO ist der Jahresbetrag des pfändbaren Teiles des Einkommen zugrunde zu legen, nämlich 2 612,40 DM.

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4.

Auszugehen ist von folgenden Gerichtskosten:

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a)

2 14 Gerichtsgebühren (KV 4120) 25,00 DM

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b)

Bei der Berechnung der Veröffentlichungskosten ist zu berücksichtigen, dass einerseits eine auszugsweise Veröffentlichung im Bundesanzeiger (§ 30 Abs. 1 S. 2 InsO) und im Staatsanzeiger (§ 9 Abs. 1 S. 1 InsJD) erfolgt, andererseits jedoch eine weitere Veröffentlichung in der örtlichen Tageszeitung (§ 9 Abs. 2 SnsO) weder vorgeschrieben noch erforderlich ist.

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Weiter ist zu bedenken, dass gem. § 312 Abs. 1 InsO rjur ein Termin statt findet und im vorliegenden Fall ein schriftliches Verfahren gem. 312 Abs. 2 InsO durchgeführt werden kann.

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Unter Hinzurechnung von Kopierkosten und Zustellungskosten ergibt sich ein Betrag von maximal 1 000,00 DM

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c)

Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren beträgt gem. § 13 InsW 15 von Hundert der Insolvenzmasse. Sie soll mind. 500,00 DM betragen, kann aber auch auf 200,00 DM herabgesetzt werden. Geht man im vorliegenden Fall vom Regelsatz von 15 von Hundert aus, ergibt sich bei einer Insolvenzmasse von 2 612,40 DM unter Hinzurechnung der Auslagenpauschale von 40,00 DM und der Mehrwertsteuer von 16 % ... Betrag in Höhe von 595,00 DM

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d)

Insgesamt ergibt sich ein Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) ein Betrag von 1 025,95 DM

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5.

Für die Vertretung im Insolvenzverfahren erhält der Rechtsanwalt die Hälfte der vollen Gebühr (§ 73 BRAGO). Der Gegenstandswert berechnet sich nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 37 Gerichtskostengesetz), § 77 Abk 1 S. 1 BRAGO. Rechnet man zu der halben Rechtsanwaltsgebühr von 105,00 ÖM den Pauschsatz von 15 von Hundert (§ 26 S. 2 BRAGO) hinzu, ergibt sich ein Betrag von 130,75 DM. Unter Hinzurechnung der Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 151,87 DM.

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Es ist allerdings zweifelhaft, ob dieser Betrag nach Verfahrenseröffnung aus der Insolvenzmasse gezahlt werden kann, da es sich nicht um Kosten des Insolvenzverfahrens gem. § 54 InsO handelt und der Schuldner die Befugnis verliert, über sein Vermögen zu verfügen(§ 80 InsO).

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Eine -auch nur isolierte- Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht. Die in § 4 InsO angeordnete entsprechende Anwendung u.a. der

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Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ( § 121 ZPO ) gebietet dies nicht. Im eröffneten Verfahren stehen sich Schuldner und Gläubiger nicht als Gegner gegenüber. Vielmehr herrscht der Amtsermittlungsgrundsatz ( § 5 insO ), das schuldnerische Vermögen wird vom Treuhänder verwaltet ( §§ 80, 313 Abs. 1 insO).

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6.

Der Betrag in Höhe von 1 325,35DM liegt unter dem oben errechneten Wert der Insolvenzmasse in Höhe von 2 612,40 DM

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7.

Bei dieser Sachlage kommt die Bewilligung von PKH f- auch unter Anordnung von Ratenzahlung - nicht in Betracht. Vielmehr ist davon Auszugehen, dass das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, im die Kosten des Verfahrens zu decken, so dass der Antrag nicht mangels Masse abzuweisen ist (§ 26 Abs. 1 S. 1 InsO).

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a)

Der Gesamtbetrag von 2 612,40 DM steht zwar nicht sofort zur Verfügung. Die oben unter 4) und 5) aufgeführten Kosten sind jed0ch nicht alle sofort fällig.

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Der Anspruch auf Treuhändervergütung entsteht erst hach Beendigung des Amtes des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren Fotokopier- und Zuteilungskosten entstehen verteilt über die Verfahrensdauer. Veröffentlichungskosten müssen erst von den Veröffentlichungsorganen dem Gericht in Rechnung gestellt werden.

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Auch die Gerichtsgebühr kann erst im Laufe des Verfahrens eingezogen werden.

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b)

Weiter ist zu bedenken, dass das Ziel der Insolvenzrechtsreform eine vermehrte Eröffnung der Verfahren ist. Eine Realisierbarkeit der Vermögenswerten nur innerhalb eines längeren Zeitraumes hindert daher die Eröffnung des Verfahrens nicht (FK-lnsO/Schmerbach, § 26 Rd-Nr. 15).

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c)

Schließlich käme nach den gegenwärtigen Vermögensverhältnissen eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur unter Ratenzahlungsanordnung in Betracht. Für das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren ist zwar anerkannt, dass im Plan aufgeführte Schuldentilgungen als besondere Belastungen gem. § 115 Abs. 3 Nr. 4 ZPO von Einkommen des Schuldners abzusetzen sind, so dass in diesem Verfahrensstadium regelmäßig keine Ratenforderungen anzuordnen sind (AG Nordenham ZlnsO 1999, 481). Dieser Gesichtspunkt greift aber nicht mehr durch, wenn das gerichtliche Schuldenbereinigungspianv0rfahren gescheitert ist Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO). Auch Neuerwerb des Schuldners fällt in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO). Damit fehlt der Schuldner die Möglichkeit, ihm auferlegte Raten an die Staatskasse zu bezahlten. Dies kann aber nicht dazu führen, dass Schuldnern, denen eigentlich eine Rattenzahlungsanordnung aufzuerlegen ist, Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligt

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wird. Eine sachgerechte Lösung hat zunächst zu fragen, ob pfändbares Vermögen vorhanden ist und ob dieses während der voraussichtlichen Dauer des Insolvenzverfahrens eines zur Abdeckung der Kosten erforderliche Höhe erreicht. Erst wenn dies nicht der Fall ist, kann für den verbleibenden Betrag anteilig Prozesskostenhilfe bewilligt oder (insbesondere im Falle des so genannten Nullplanes) insgesamt Prozesskostenhilfe bewilligt Werden.

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d)

Sollte sich während des Verfahrens zeigen, dass d\k Insolvenzmasse zur Deckung der Verfahrenskosten nicht ausreicht, bleibt die Möglichkeit einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe von diesem Zeitpunkt an. Auch in Zivilprozessen kommt es vor, dass eine Partei erst während des Verfahrens PKH beantragt. Ob für die nachträgliche Bewilligung der Richter oder Rechtspfleger zuständig ist, kann momentan dahinstehen.

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III.

Da sich aus dem Antrag des Schuldners nicht eindeutig ergibt, ob der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bestellt ist, hat ihm das Gericht aufgegeben, dies Rinnen zwei Wochen klarzustellen. Innerhalb dieser Frist mag der Schuldner auch miteilen, ob er gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss Beschwerde einlegt.

Schmerbach Richter am Amtsgericht