Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 02.09.1999, Az.: 71 N 58/98
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 02.09.1999
- Aktenzeichen
- 71 N 58/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 34305
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:1999:0902.71N58.98.0A
Tenor:
Die Ablehnungsgesuche der Hund der S... vom 11. Mai 1999 gegen den Rechtspfleger Sch... werden für unbegründet erklärt.
Gründe
In dem mit Beschluß vom 22. Oktober 1998 eröffneten Konkursverfahren war zunächst zuständig der Rechtspfleger M.... Ein gegen ihn gerichtetes Befangenheitsgesuch hat das Amtsgericht Göttingen mit Beschluß vom 12. Februar 1999 ( Rpfleger 1999, 289) zurückgewiesen. Das Landgericht Göttingen hat mit Beschluß vom 10. März 1999 ( Rpfleger 1999, 382 = NZI 1999, 238 [LG Göttingen 10.03.1999 - 10 T 15/99]) den Beschluß dahingehend geändert, daß die Ablehnung begründet ist.
Der nunmehr zuständige Rechtspfleger Sch ist im Termin am 11. Mai 1999 von den Vertretern der Hund der S... abgelehnt worden. Die zu Protokoll erklärten Ablehnungsgesuche sind später schriftlich begründet worden, der Konkursverwalter hat dazu Stellung genommen.
Die zulässigen Anträge sind unbegründet.
I.
Die Ablehnungsgesuche sind zulässig.
1.
Bereits im Beschluß vom 12.02.1999 hat das Amtsgericht Göttingen ausgesprochen, daß nach Eröffnung des Konkursverfahrens Gläubiger zur Ablehnung von Verfahrensbeteiligten befugt sind.
2.
Es fehlt auch nicht der zur Zulässigkeit des Ablehnungsgesuches erforderlichen Individualisierung des Ablehnungsgrundes (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO § 44 Rd. Nr. 2). Aus dem Protokoll vom 11. Mai 1999 ergibt sich, daß die Ablehnung jedenfalls erfolgte wegen der Ablehnung der Anträge auf Stimmrechtsänderung.
3.
Die Antrage sind jedoch unbegründet.
Wegen der Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Die Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn objektiv ein vernünftiger Grund vorliegt, der einen Verfahrensbeteiligten von seinem Standpunkt aus befürchten läßt, der Abgelehnte würde nicht unparteiisch in der Sache entscheiden. Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, daß der Abgelehnte mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage kritisch erörtert und seine Rechtsansicht äußert. Verfahrensfehler oder materielle fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar, Etwas anderes gilt nur, wenn Indizien vorhanden sind, daß die festgestellten Rechtsfehler auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruhen (FK-lnsO/Schmerbach § 4 Rd. Nr. 34, 38).
Diese Voraussetzungen lassen sich nicht feststellen.
1. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Rechtspfleger mit Schreiben vom 27.04.1999 (Bl. 880 d.A.) an Gläubiger das Ergebnis der Vorprüfung der Forderungsanmeldungen mitteilte. Der Rechtspfleger war berechtigt, auf Bedenken hinzuweisen, im Beschluß vom 10.03.1999 hat das Landgericht lediglich daran Anstoß genommen, daß der Rechtspfleger Bedenken gegen die Forderung nochmals äußerte und den Termin vom 14. Januar 1999 erneut vertagte. Hier ist der Rechtspfleger jedoch prozeßleitend tätig geworden. Dazu war er auch deshalb berechtigt, weil er das Verfahren nunmehr übernommen hatte und gerichtsbekanntermaßen nicht nur Richter, sondern auch Rechtspfleger die Akten nach eigenen Vorstellungen und Grundsätzen bearbeiten.
2. Weiter beruft sich die S... darauf, in vorangegangenen Terminen der Gläubigerversammlung seien beanspruchte Schadenersatz- und Grundsteuerbeiträge u.s.w. bislang in keiner Weise erörtert worden, Schreiben vom 17. Mai 1999 S. 5 (Bl. 841 d.A.). Dem Vortrag des Konkursverwalters in dessen Stellungnahme vom 07.07.1999 Seite 3 und 4 (Bl. 926 f.d.A.), in vorangegangenen Gläubigerversammlungen sei dieses Thema erörtert worden, ist die S... im Schreiben vom 27.09.1997 S. 2 f. (Bl. 949 f.d.A.) nicht substantiiert entgegengetreten. Hinzukommt, daß ausweislich des Protokolles vom 11. Mai 1999 der Rechtspfleger zunächst eine Einführung in Forderungsanmeldungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gab, er jedoch wegen der sodann eingereichten Befangenheitsanträge nicht weiter über das Stimmrecht der eingereichten Forderungen verhandeln konnte. Die Möglichkeit einer weiteren Erörterung bestand also für den Rechtspfleger nicht mehr.
3. Auch die Ablehnung der Änderung der Stimmrechtsfestsetzung rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit.
a) Der Rechtspfleger war nicht gehalten, unmittelbar nach Überreichung des Schreibens der S... vom 06.05.1999 mit dem Antrag auf Änderung des Stimmrechtes diesen Antrag auch zu erörtern. Ausweislich des Schreibens der S... vom 17. Mai 1999 S. 5 (Bl. 841 d.A.) war dieses Schreiben zu Beginn des Fortsetzungstermins am 11.05.1999 den anwesenden Gläubiger-Vertretern in Kopie überreicht worden. Es entspricht ständiger gerichtlicher Übung, Ablichtungen für die anwesenden Parteien bzw. Partei-Vertreter gleich zu Beginn der Sitzung zu überreichen, den Inhalt jedoch erst später - an passender Stelle - zu erörtern.
Diese Erörterung ist sodann im weiteren Verlaufe des Termines am 11. Mai 1999 auch erfolgt.
b) Mit dem Antrag der H.... sich der Rechtspfleger sodann in dem als Anlage 1 zum Protokoll genommenen Beschluß vom 11.05.1999 (Bl. 824 d.A.) inhaltlich auseinandergesetzt. Eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Beschlusses hat im vorliegenden Ablehnungsverfahren nicht stattzufinden.
c) Auch mit den nachfolgenden Anträgen der H... und der S...gem. § 95 Abs. 1 KO hat sich der Rechtspfleger auseinandergesetzt. Er hat dazu den Konkursverwalter angehört, der die Rechtsauffassung vertreten hat, daß bereits wirksame Beschlüsse gefaßt seien. Ausweislich des Protokolles vom 11. Mai 1999 (Bl. 821 d.A.) ist danach die Sachlage nochmals zwischen den Beteiligten erörtert worden. Sodann hat der Rechtspfleger den Beschluß verkündet, daß über das Stimmrecht rechtskräftig und abschließend entschieden ist. Die inhaltliche Richtigkeit dieser Rechtsauffassung ist widerrum nicht zu überprüfen, willkürliche Gesichtspunkte enthält sie jedenfalls nicht. Die Entscheidung ist auch zu sehen im Kontext mit dem bereits vom damals zuständigen Rechtspfleger M im Termin vom 14.01.1999 verkündeten Beschluß (Bl. 567 d.A.), wonach der S...und der H... das Stimmrecht unter Angabe einer Begründung versagt wurde.