Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 07.02.2007, Az.: 71 II 760/06

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
07.02.2007
Aktenzeichen
71 II 760/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 62675
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2007:0207.71II760.06.0A

Fundstelle

  • ZMR 2008, 669-670 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

  1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

  2. Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten zu tragen.

  3. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

  4. Der Geschäftswert wird auf ... Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller sind als Eigentümer der Wohnung ... im ersten OG rechts Mitglieder der eingangs erwähnten Wohnungseigentümergemeinschaft.

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In der Gemeinschaft wird seit geraumer Zeit über das Problem diskutiert, dass mehrere Terrassen entgegen den Vorgaben des Teilungsplanes größer gebaut sind. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 05.12.2006 (Bl. 132 d.A. sowie die damit eingereichten Pläne (Bl. 134 ff.d.A.) verwiesen. Bereits auf der Eigentümerversammlung vom 08.07.2003 wurde zu TOP 10 (Bl. 79 d.A.) das Problem der überbauten Terrassen diskutiert und mehrheitlich beschlossen, dass die Eigentümer die Verwalterin bevollmächtigen, zukünftige Erwerber auf die Aufmaße der Terrassengröße gemäß Teilungserklärung hinzuweisen. Gegebenenfalls soll diese Auflage gerichtlich - nach Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat - durchgesetzt werden. Auf der Versammlung vom 31.08.2005 wurde zu TOP 9 (Bl. 90 f.d.A.) mehrheitlich beschlossen, dass die Eigentümer die Verwaltung und den Verwaltungsbeirat beauftragen, sämtliche Terrassen-flächen zu begehen, die Maße festzustellen und ein schlüssiges Lösungskonzept auszuarbeiten, das von dem Rahmen der nächsten Eigentümerversammlung diskutiert und ggfs. beschlossen werden soll. Über ein Lösungskonzept konnte dann aber keine Einigkeit in der Folgezeit erzielt werden, so dass in der Eigentümerversammlung vom 28.09.2006 zu TOP 12 folgender Beschluss gefasst wurde:

"Die Eigentümer bevollmächtigten die Verwalterin, außergerichtlich und erforderlichenfalls auch gerichtlich unter Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes gegen einen noch zu benennenden Miteigentümer vorzugehen, der seine Terrasse weiter als laut Teilungsplan gebaut hat.

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Damit wird der Antrag mehrheitlich abgelehnt."

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Der Antragsteller wendet sich gegen diesen Beschluss mit der Auffassung, es läge ein Verstoß gegen § 25 Abs. 5 WEG vor. Denn es hätten unzulässiger Weise auch die betroffenen Eigentümer mitgestimmt, d.h. also diejenigen, die selbst über überbaute Terrassen verfügten. Auch hätten die Garageneigentümer mitgestimmt, die keine Wohnung in der betroffenen Anlage inne hätten. Würde man diese Stimmen nicht berücksichtigen, hätte sich ein anderes Ergebnis ergeben. Hierzu wird mit Schriftsatz vom 04.01.2007 (Bl. 140 ff.d.A.) noch eine Unterschriftenliste (Bl. 145 d.A.) eingereicht, wonach dortige Eigentümer behaupten, wäre das Verfahren ordentlich und in Ruhe abgelaufen, hätten sie sich anders entschieden und für einen Musterprozess gestimmt. Insoweit bemängeln die Antragsteller das Verhalten der Beteiligten zu 3., die wieder besseres Wissen die betroffenen Eigentümer habe mitstimmen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag der Antragsteller Bezug genommen.

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Die Antragsteller beantragen,

  1. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.09.2006 zu TOP 12 für ungültig zu erklären.

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Die Antragsgegner beantragen,

  1. den Antrag zurückzuweisen.

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Sie meinen, der Beschluss sei ordnungsgemäß zustande gekommen, da sich der Verstoß gegen § 25 Abs. 5 WEG nicht ausgewirkt habe. Die ALLWO habe im Wege der Vertretung nur enthaltene Stimmen abgegeben. Selbst wenn man die betroffenen Eigentümer nicht berücksichtigen würde, bliebe es immer noch bei einem Ergebnis von 107 Nein - Stimmen zu 23 Ja-Stimmen, also der Ablehnung des Antrages. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 04.12.2006 (Bl. 104 ff.d.A.) verwiesen. Der Miteigentümer Schulz hat weitere Einwendungen erhoben. Insoweit wird auf das Schreiben vom 17.12.2006 (Bl. 137 ff.d.A.) verwiesen.

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II.

Der gemäß § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG zulässige Antrag ist unbegründet.

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Der angefochtene Beschluss zu TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 28.09.2006 war nicht für ungültig zu erklären, weil er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Zwar dürfte dadurch, dass die betroffenen Eigentümer mitgestimmt haben ein Verstoß gegen § 25 Abs. 5 WEG vorliegen, der sich jedoch nicht auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat.

9

Aus § 25 Abs. 5 WEG ergeben sich Stimmrechtsschranken. Danach kommt es zu einem Stimmrechtsausschluss, sobald die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die verwaltungsgemeinschaftlich eigentumsgerichteten Rechtsgeschäft mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer betrifft, Gegenstand des Beschlusses die Einleitung und Erledigung eines Rechtsstreits mit dem betroffenen Eigentümer ist oder es darum geht, dass ein Wohnungseigentümer nach § 18 WEG rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist. Zudem ergibt sich ein dem Rechtsausschluss im Falle des Rechtsmissbrauchs. Ein Rechtsmissbrauch ist allerdings erst anzunehmen, wenn Umstände hinzutreten, die sich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft und die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung darstellen (BGH vom 19.09.2002 in Zeitschrift für Immobilienrecht 2002, 907, 913).

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Selbst wenn man hier dazu käme, dass die betroffenen Eigentümer zum Gesichtspunkt

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eines Rechtsmissbrauches nicht stimmberechtigt waren angesichts des Rücksichtsnahme-gebots und der Interessen der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung, würde dies jedoch nur dazu führen, dass der Beschluss formell rechtswidrig ist. Im Falle einer formellen Rechtswidrigkeit ist der betreffende Beschluss jedoch nur dann erfolgreich anfechtbar, wenn sich der formelle Mangel kausal auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat (Bärmann/Pick/Merle Wohnungseigentumsgesetz, 9. Auflage, § 23 Randnr. 170.

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Diese Voraussetzung liegt hier allerdings nicht vor.

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Soweit sich die ...bei der Stimmabgabe enthalten hat, spielt dies für die Stimmverhältnisse keine Rolle. Entscheidend ist jedoch, dass selbst dann, wenn man die betroffenen Eigentümer unberücksichtigt lässt, immer noch 107 Nein - Stimmen lediglich den 23 Ja-Stimmen gegenüber stehen. Dies haben die Antragsgegner im Schriftsatz vom 04.12.2006 im Einzelnen schlüssig dargetan. Danach haben die betroffenen Eigentümer 179 Stimmen. Zieht man diese von den tatsächlich ausgezählten 286 Nein - Stimmen ab, bleibt es bei 107 Nein - Stimmen.

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Die Antragsteller können auch nicht Hinweis auf die Unterschriftenliste (B. 145 d.A. damit gehört werden, dass eine Reihe von Eigentümern sich bei einem ordentlichen Verfahren anders entschieden hätten. Denn entscheidend ist allein die tatsächliche Stimmabgabe im Zeitpunkt der Versammlung. Die Eigentümer die dann die entsprechenden Willenserklärungen für die Beschlussfassung abgegeben haben, können sich später nicht darauf berufen, dass sie unter irgendwelchen anderen Umständen damit hypothetisch anders abgestimmt hätten. Entscheidend ist vielmehr, wie auf Grund der Stimmverhältnisse der Beschluss dann konstitutiv im Rahmen der Versammlung verkündet wurde.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Danach haben gemäß der Billigkeit die unterlegenen Antragsteller gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten zu tragen.

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Im Übrigen bleibt es bei einem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Streitwertbeschluss:

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG in Verb. mit § 30 Abs. 2 Kostenordnung (Regelgeschäftswert).