Amtsgericht Hannover
Urt. v. 20.03.2007, Az.: 544 C 8633/06
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 20.03.2007
- Aktenzeichen
- 544 C 8633/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 62684
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2007:0320.544C8633.06.0A
Fundstelle
- WuM 2010, 446
In dem Rechtsstreit
...
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Hannover Abt. 544
auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2007
durch den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin; die Kosten des Teilvergleichs vom 27.02.2007 werden gegeneinander aufgehoben.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 800,- Euro; der Wert des Vergleichs vom 27.02.2007 400,- Euro.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Mängelbeseitigung aus einem Wohnraummietverhältnis in Anspruch.
Die Klägerin ist Mieterin, die Beklagte Vermieterin der Wohnung
An der linken Innenseite der Hauseingangstür befindet sich ein Schild, auf dem die Hausbewohner angewiesen werden, die Haustür ab 22.00 Uhr täglich zu verschließen. Ferner befindet sich in dem Gebäude eine Antennenanlage, über die die im Hause befindlichen Wohnungen mit Fernsehempfangssignalen aus einer kombinierten Satelliten-/DVB/T-Antennenanlage versorgt werden, für die die Klägerin bislang anteilig die Nebenkosten zu tragen hatte. Ferner waren bis zum 19. Dezember 2006 die Fenster im Treppenhaus des Gebäudes mit verschließbaren Griffen versehen und nicht zu öffnen.
Die Klägerin meint, durch das Verschließen der Haustür und die entsprechende Anweisung der Hausbewohnerhierzu ab 22.00 Uhr sei die Sicherheit der Hausbewohner insbesondere im Brandfalle aber auch in anderen Notlagen gefährdet, weil Rettungskräfte nicht ohne weiteres in den Hausflur gelangen könnten. Gleichermaßen sah die Klägerin ihre Sicherheit durch die nicht zu öffnenden Fenster des Treppenhauses beeinträchtigt, bis das Bauordnungsamt der Landeshauptstadt Hannover mit Schreiben vom 23.11.2006 mitteilte, dass die Fenster zwar nicht zur Sicherstellung der Rettungswege dienten, sondern zur Entrauchung des Treppenhauses gegebenenfalls zu öffnen sein müssten. Hinsichtlich des diesbezüglichen Antrages der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 20.12.2006, die Beklagte dazu zu verurteilen, dafür Sorge zu tragen, dass die Fenster des Treppenhauses nicht mehr abgeschlossen werden können, haben die Parteien den Rechtsstreit im Termin zur mündlichen Verhandlung mit widerstreitenden Kostenanträgen in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Hinsichtlich des Fernsehempfanges im streitbefangenen Haus behauptet die Klägerin, dass seit Umstellung der terrestrischen Fernsehsignale von analogen auf digitale Signale im DVBT-Standard im Mai 2004 fortwährend Empfangsstörungen auftraten. Von einem Rauschen im Bild, dunklen Störstreifen, sogenannter "Clusterbildung" bis hin zum zeitweisen Ausfall einzelner Sender. Diesbezüglich haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.02.2007 einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass die Klägerin künftig eine eigene Empfangseinrichtung in ihrer Wohnung bereit hält und dafür von den Kosten der Gemeinschaftsantenne freigestellt wird.
Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
die Beklagte zu verurteilen, das Schild an der linken Innentürseite zum Wohnhaus ... Hannover, auf den steht:
"die Haustür ist ab 22.00 Uhr abzuschließen." zu entfernen und die Hausordnung entsprechend zu ändern und den Hausbewohnern entsprechende Mitteilungen zu geben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bewohnt selbst eine Erdgeschosswohnung im streitbefangenen Haus und sieht ihrerseits ihre Sicherheit gegenüber Personen, die sich unberechtigt Zutritt zum Hausflur verschaffen können, gefährdet, wenn die Haustür ab 22.00 Uhr die gesamte Nacht hindurch unverschlossen bleibt. Die Sicherheit im Brandfall sei nicht gefährdet, da jeder Hausbewohner über einen Schlüssel für die Haustür verfügt. Rettungskräfte könnten diese im Bedarfsfall auch aufbrechen. Hinsichtlich des Fernsehempfanges hat die Beklagte Empfangsstörungen in dem von der Klägerin beschriebenen Umfang bestritten und in Abrede gestellt, dass dies seine Ursache in der Hausantennenanlage habe. Einer Klage hinsichtlich der Treppenhausfenster habe bei deren Erhebung das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, weil die Beklagte dem entsprochen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat, soweit sie noch zur Entscheidung durch das Gericht gestellt ist, in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Beseitigung des Schildes an der Innentürseite und Änderung der Hausordnung, durch die die Mieter angewiesen werden, die Haustür ab 22.00 Uhr zu verschließen, nach § 535 Abs. 1 BGB zu, weil das Verschließen der Haustür während der Nachtstunden kein den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache einschränkender Mangel ist. Allein diese Fragestellung hat das Gericht zu prüfen. Es ist in jedem Gebäude ein geradezu typischer Widerstreit des Sicherungsbedürfnisses der Bewohner/Nutzer vor unbefugtem Zutritt, möglichen Einbrüchen und Überfällen durch Personen, die sich unberechtigten Zutritt verschaffen auf der einen Seite und dem Interesse Rettungs- und Fluchtwege sowie den Zugang für Rettungskräfte möglichst ungehindert zu gewährleisten auf der anderen Seite. Dabei ist es unnütz und unbegründet, wenn die Parteien sich wechselseitig darum bemühen, dem jeweils anderen das berechtigte Interesse abzusprechen. Ein Verschließen der Haustür erschwert den Zutritt für unberechtigte Personen und erhöht damit insbesondere in den Nachtstunden die Sicherheit der Hausbewohner vor möglichen Einbrüchen und Überfällen auch im Hinblick auf die Sicherheit der Personen. Andererseits erschwert es eine mögliche Flucht oder den Zutritt für Rettungskräfte, indem die Tür zunächst aufgeschlossen oder gar aufgebrochen werden muss. Bei diesen sich entgegenstehenden ... Sicherungsbedürfnissen hat eine angemessene Interessenabwägung und -ausgleich zu erfolgen, die sich einer gerichtlichen Prüfung jedenfalls so lange entzieht, als diese nicht sachwidrig sind. Dabei verkennt die Klägerin, dass sie nicht allein ihre Maßstäbe für das eigene Sicherheitsbedürfnis zum Maßstab für alle Mitbewohner ... erheben und als klagbaren Anspruch gegenüber der Vermieterin durchsetzen kann.
Entgegen der subjektiven Wertung der Klägerin, beinhaltet das auch keine Abwägung "Eigentum gegen Leben", da in beiden Fällen sowohl Personen wie auch Sachwerte betroffen sein können. Etwas anderes hat das Gericht auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27.02.2007 angedeutet. Die mit Schriftsatz vom 13.03.2007 vorgenommene Interpretation dieser Erörterung ist von der Sichtweise der Klägerin geprägt. Grundsätzlich obliegt es dem Vermieter bzw. dem Eigentümer der Mietsache einen Gestaltungsspielraum hierbei auszuüben und die Bedürfnisse der Hausbewohner in der Hausordnung angemessen zu regeln, so lange hierdurch nicht der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird. Dies ist jedenfalls nicht der Fall, wenn wie hier das Verschließen der Haustür nur für die Nachtstunden ab 22.00 Uhr angeordnet wird, eine Zeit in der erfahrungsgemäß die Gefahr von Einbrüchen und Überfällen gegenüber der Tageszeit erhöht ist. Die Hausordnung kann daher vorsehen, dass die Haustür innerhalb der Nachtstunden aus Sicherheitsgründen von den Mietern verschlossen werden muss (vgl. auch Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, Rdn. 308; Bub/Treier II Rdn. 393).
Soweit die Parteien den Rechtsstreit teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt haben bzw. ihn teilweise durch Vergleich vom 27.02.2007 erledigt haben, war gemäß Ziffer 2 des Vergleiches in Verbindung mit § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleiches nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zur Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf die Klägerin und hinsichtlich der Vergleichskosten zur wechselseitigen Aufhebung.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit wegen der verschlossenen Fenster übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung in dem Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre. Bereits vor Einreichung des klagerweiternden Schriftsatzes vom 20.12.2006 hatte die Beklagte die verschließbaren Fenstergriffe im Treppenhaus am 19.12.2006 entfernt. Für eine Erweiterung der Klage bestand zu diesem Zeitpunkt kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Auch kann sich die Klägerin nicht auf einen etwaigen Verzug der Beklagten berufen. Ein Verzug setzt eine Mahnung voraus (§ 286 Abs. 1 BGB). Die einseitige Fristsetzung in der erstmaligen Aufforderung mit Schriftsatz vom 27.11.2006 ersetzt keine Mahnung und begründet noch keinen Verzug. Im Übrigen ist die auf dem Schreiben des Bauordnungsamtes Hannover vom 23.11.2006 beruhende Aufforderung unter Fristsetzung zum 11.12.2006 unangemessen kurz. Das Schreiben vom 27.11.2006 ging am 28.11.2006 bei Gericht ein und erreichte den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den folgenden Tagen vor dem 06.12.2006. Für eine inhaltliche Überprüfung und gegebenenfalls Veränderung der örtlichen Gegebenheiten war die gesetzte Frist unangemessen kurz.
Auch hinsichtlich des Fernsehempfanges mit zuletzt durch Schriftsatz vom 03.01.2007 angekündigten Antrag wäre die Klägerin voraussichtlich in diesem Rechtsstreit unterlegen gewesen. Zwar schließt die Bereitstellung einer Gemeinschaftsantenne im Rahmen des Mietvertrages die Verpflichtung des Vermieters ein, diese im technisch einwandfreien Zustand zu erhalten und die grundsätzliche Empfangsmöglichkeit von ... Fernsehempfangssignalen über diese Anlage zu gewährleisten. Jedoch hat ein Mieter keinen Anspruch auf die Bereitstellung von Sendesignalen namentlich im Antrag aufgeführter ganz bestimmter Sender oder einer bestimmten Anzahl oder Mindestzahl von Sendern. Dies hat sich an den örtlichen und technischen Gegebenheiten zu orientieren, die sich nicht zuletzt durch Umstellung des terrestrischen Fernsehempfanges von analogen auf digitale Signale im Rahmen des DBVT-Standards gezeigt hat. Insoweit verbietet sich bereits ein Ausspruch zu bestimmten namentlich bezeichneten Sendeanstalten. Darüber hinaus hat ein Mieter auch keinen Anspruch gegenüber dem Vermieter auf Gewährleistung eines dauerhaften störungsfreien Empfangs. Der Vermieter hat lediglich für den technischen Stand der Antennenanlage, nicht jedoch für die Qualität des Sendesignals einzustehen. Ein lagebedingter schlechter Fernsehempfang über die Gemeinschaftsantenne ist kein Fehler der Mietsache (AG Hamburg, WOM 1990, 70). Demnach kann sich die Antragstellung nur auf die Beseitigung konkreter Mängel der Empfangsanlage beziehen und der Antrag vom 03.01.2007 wäre in der gestellten Form abzuweisen gewesen, zumal nach dem Hinweisbeschluss des Gerichts vom 30.11.2006 auch nicht ersichtlich ist, dass in sämtlichen von der Klägerin im Antrag vom 03.01.2007 aufgezählten Sendern die von ihr behaupteten Empfangsstörungen in fortdauernder Weise bestanden. Demgemäß waren die Kosten des Rechtsstreits insoweit der Klägerin aufzuerlegen, die Kosten des Vergleichs vom 27.02.2007 jedoch im Hinblick auf die ungeklärte Ursache etwaiger Empfangsstörungen gegeneinander aufzuheben.
Streitwertbeschluss:
Die Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO: Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.