Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 21.05.2007, Az.: 71 II 106/05

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
21.05.2007
Aktenzeichen
71 II 106/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 62686
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2007:0521.71II106.05.0A

Tenor:

  1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

    Der Antragsteller hat die Gerichtskosten zu tragen. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

    Der Geschäftswert wird auf 16.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Antragsteller und Antragsgegnerin zu 1. bilden die eingangs erwähnte Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Antragsgegnerin zu 2. verwaltet wird.

2

Auf der Eigentümerversammlung vom 22.02.2005 wurde zu Top 4 die Jahresabrechnung 2004 (Blatt 18 der Akten) und zu Top 8 der Wirtschaftsplan 2005 genehmigt; wegen der Einzelheiten wird auf das Versammlungsprotokoll (Blatt 22 ff. der Akten) verwiesen. Der Antragsteller wendet sich gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung 2004 insbesondere deshalb, weil er darin mit Kabelgebühren belastet wird, obwohl er selber den Breitbandkabelanschluss nicht nutze, vielmehr sich zum Empfange der Gemeinschaftsantenne bediene. Er sei bereits von Anfang an gegen den Anschluss gewesen und deshalb in der Vergangenheit auch nicht mit Kosten insoweit belastet worden.

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Die gleichen Bedenken macht er auch hinsichtlich des beschlossenen Wirtschaftsplans 2005 geltend. Weiterhin hält er es für unzulässig, soweit dieser im Rahmen des Rücklagenanteils für Prozesse in Sachen Beschlussanfechtung 2.500,00 Euro einplant (Blatt 24 der Akten), da bereits in der Versammlung deutlich geworden sei, dass er als einziger anfechten werde und deshalb von den Kosten freigestellt werden müsse.

4

Mit der Antragsschrift war zudem beantragt worden, der Antragsgegnerin zu 2. aufzugeben, über die Instandhaltungsrücklage Rechnung zu legen und einen etwaigen Fehlbestand auszugleichen. Die Antragsgegnerin zu 2. hat die Verwaltung von der Immobilienverwaltung Wiedering in Hannover Ende August 2003 übernommen. Der Antragsteller ist der Auffassung gewesen, das Rücklagenkonto weise einen Fehlbestand von 3.000,00 Euro. Mit der Antragserwiderung vom 11.04.2005 (Blatt 29 der Akten) sind hierzu Erklärungen erfolgt, so dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 26.04.2005 (Blatt 33 der Akten) insoweit das Verfahren für erledigt erklärt hat. Dem haben sich die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11.05.2005 (Blatt 45 der Akten) angeschlossen.

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Deshalb beantragt der Antragsteller noch,

  1. die Beschlüsse zu Top 4 (Jahresabrechnung 2004) und 8 (Wirtschaftsplan 2005) der Eigentümerversammlung vom 22.02.2005 für ungültig zu erklären.

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Die Antragsgegner beantragen,

  1. diesen Antrag zurückzuweisen. Sie verweisen hinsichtlich der Abrechnung der Kabelgebühren insbesondere auf den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 06.04.2005 (Blatt 47 der Akten), wonach Kabelkosten Kosten des Gemeinschaftseigentums seien. Hinsichtlich der Verfahrenskosten im Wirtschaftsplan stünde der Gemeinschaft ein weiter Ermessensspielraum zu. Schließlich hätten dem Antragsgegner sämtliche erforderlichen Unterlagen im Original vorgelegen und ihm seien mindestens dreimal die Zusammensetzung der Instandhaltungsrücklage erläutert worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

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II.

Der gemäß § 43 Abs. 1 Ziffer 4 WEG zulässige Antrag ist unbegründet.

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Weder der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung 2004 noch der über die Genehmigung des Wirtschaftsplans 2005 war für ungültig zu erklären, weil beide Beschlüsse den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG entsprechen. Insbesondere bestehen keine Bedenken an der anteiligen Verteilung der Kabelgebühren auch auf den Antragsgegner sowie die Erhebung weiterer 2.500,00 Euro für mögliche Beschlussanfechtungsverfahren. Im Hinblick auf die Rechnungslegung bzw. Ausgleich des Fehlbestandes ist das Verfahren übereinstimmend von den Parteien für erledigt erklärt worden. Deshalb kommt auch nicht mehr die Anfechtung der Jahresabrechnung 2004 mit der Begründung zum Zuge, darin sei rechtswidrig zugleich die Entlastung beschlossen worden.

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1.

Es entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, soweit dem Antragsgegner in der Abrechnung und dem Wirtschaftsplan anteilig auch die Kabelgebühren in Rechnung gestellt worden sind. Denn diese Kostenverteilung entspricht § 16 Abs. 2 WEG; eine

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anderweitige Vereinbarung ist nicht ersichtlich.

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Gemäß § 16 Abs. 2 WEG sind die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem jeweiligen Miteigentumsanteil von allen Eigentümern gemeinsam zu tragen. Bei den Kabelgebühren handelt es sich um Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums, so dass der Antragsteller nicht damit gehört werden kann, er nutze den Kabelanschluss nicht. Nach der zutreffenden von den Antragsgegnern zitierten Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 06.04.2005 handelt es sich bei den Kosten des Breitbandkabelanschlusses um Gemeinschaftskosten, nämlich um Kosten der Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Eigentums. Insoweit verweist das Kammergericht Berlin zutreffend darauf, dass im Falle eines gemeinsamen Kabelanschlussvertrages die Kabelnutzung zu einer gemeinschaftlichen Angelegenheit mit einer gesamtschuldnerischen Haftung aller Wohnungs- und Teileigentümer geworden ist. Dem gegenüber kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 04.05.2004 in: ( ZMR 2004, Seite 774 f.) nicht überzeugen. Nach dieser Entscheidung handele es sich bei den Kosten für die Nutzung des Kabelanschlusses nicht um Kosten des Gebrauchs gemeinschaftlicher Eigentums, sondern um solche, die allein durch die Nutzung im Bereich des Sondereigentums anfallen. Soweit das OLG Hamm insoweit auf die Entscheidung des BGH zu den Kaltwasser-Zählern (in: ZMR 2003, Seite 937) Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass insoweit ein erheblicher Unterschied besteht. Denn bei den Kaltwasserzählern geht es um die Messung von tatsächlichen Verbrauchen, also um die Herstellung einer möglichst gerechten Abrechnung und Verteilung der verbrauchten Wassermengen. Insoweit ist über die Wasserzähler ein gesonderter Verbrauch erfassbar. Dagegen geht es bei den Kabelgebühren nicht um Verbrauche, die innerhalb des Sondereigentums zur Verfügung gestellt werden, sondern es geht um Kosten die dadurch entstehen, dass den Eigentümern die Möglichkeit verschafft wird - möglicherweise neben einer Gemeinschaftsantenne - einen besseren Empfang zu erlangen. Wie der Antragsteller dargestellt hat, wird dieses von den einzelnen Eigentümern innerhalb der Gemeinschaft unterschiedlich genutzt. Manche nutzen den Kabelanschluss, manche dagegen weiterhin die Gemeinschaftsantenne. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Gemeinschaft die Möglichkeit zur Nutzung des Kabelanschlusses geboten wird und es deshalb jedem selbst überlassen ist, ob er dieses Angebot annimmt. Dies kann jedoch nicht von einer entsprechenden Kostenbelastung befreien. Denn bei der Entscheidung über die Errichtung eines Kabelanschlusses ist anerkannt, dass es sich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum, so dass die Eigentümer insoweit eine Kompetenz haben, hierüber per Mehrheitsbeschluss zu entscheiden. Dies muss zur Folge haben, dass auch alle gemäß der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG kostenbelastet sind, was im übrigen auch für die Instandhaltung- und Instandsetzung geht. Dies ist auch deshalb konsequent, weil umgekehrt auch die Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftsantenne weiterhin Gemeinschaftsaufgabe mit der entsprechenden Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG bleibt.

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2.

Soweit der Wirtschaftsplan 2005 eine Rücklage in Höhe 2.500,00 Euro für Beschlussanfechtungsverfahren vorsieht, ist dieses nicht zu beanstanden. Nach allgemeiner Meinung steht der Gemeinschaft im Rahmen der Stellung des Wirtschaftsplans ein weites Ermessen zu (Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Auflage, § 28 Rn. 17). Danach ist insbesondere eine großzügige Schätzung vor allem auf der Ausgabenseite zulässig, um so Nachforderungen zu vermeiden. Dabei geht es insbesondere um möglichen objektiven Finanzbedarf der gesamten Gemeinschaft. Ob ggf. der Antragsteller- dann aber erst im Rahmen der Abrechnung für 2005 - unzutreffend mit Kosten entgegen der gerichtlichen Verteilung gemäß § 16 Abs. 5 WEG belastet wird, ist abzuwarten und dann ggf. in einem entsprechenden Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Ziffer 4 WEG zu klären.

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3.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten gemäß § 47 WEG gemäß der Billigkeit zu tragen. Er ist mit seinem Anfechtungsantrag unterlegen. Er wäre auch in seinem Antrag auf Rechnungslegung unterlegen gewesen, weil er nicht plausibel gemacht hat, dass er trotz der mehrmaligen Termine bei der Verwalterin nicht genügend über den Rücklagenbestand aufgeklärt wurde. Im übrigen bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

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4.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gemäß § 48 Abs. 3 WEG, und zwar in Höhe von 25 % jeweils der Gesamtbeträge der angefochtenen Abrechnung und des Wirtschaftsplans zuzüglich weiterer 3.000,00 Euro gemäß § 30 Abs. 2 KostenO. im Hinblick auf die beantragte Rechnungslegung.