Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 29.06.2007, Az.: 905 IK 311/06 -4-
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 29.06.2007
- Aktenzeichen
- 905 IK 311/06 -4-
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 62691
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2007:0629.905IK311.06.4.0A
Fundstelle
- ZVI 2007, 535-536
In dem Insolvenzverfahren
...
wegen Versagung auf Restschuldbefreiung
hat das Amtsgericht Hannover - Abteilung 905 - durch den Richter am Amtsgericht Dr. Kretschmer am 29.06.2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin vom 08.02.2007, der Antragsgegnerin die Restschuldbefreiung zu versagen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Restschuldversagungsantragsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin ist Insolvenzschuldnerin und natürliche Person. Sie stellte mit Schreiben vom 28.02.2006 einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 13.03.2006 hat das Amtsgericht Hannover nach Bewilligung der Stundung von Verfahrenskosten das Verbraucherinsolvenzverfahren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eröffnungsbeschluss vom 13.03.2006 (Bl. 19 ff.d.A.) verwiesen.
Zur Insolvenztabelle nach § 175 InsO wurde u.a. auch die Forderung der Antragstellerin bzw. der Insolvenzgläubigerin, eine Kreditbank, gegen die Insolvenzschuldnerin aus Kreditvertrag angemeldet. Der Kreditvertrag datiert vom 20.09.2004. Zudem wurde von der Bank A. eine Forderung unter der Bezeichnung "Kreditvertrag vom 26.05.2003" sowie von der Bank B. eine Forderung aus einem Kreditvertrag vom 16.08.2005 sowie für ein dortiges Girokonto angemeldet. Am 18.05.2006 wurden die Forderungen inhaltlich geprüft und übernommen. Der Schlusstermin fand im schriftlichen Verfahren am 21.02.2007 statt.
Mit Schreiben vom 08.02.2007 hat die Antragstellerin beantragt,
der Insolvenzschuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen.
Sie ist der Ansicht, dass der Insolvenzschuldnerin eine Obliegenheitspflichtverletzung nach § 290 Abs. 1 Ziffer 2 InsO begangen habe. Hierzu trägt sie vor, dass die Insolvenzschuldnerin der Antragsgegnerin bei Abschluss eines Kreditvertrages am 20.09.2004 nicht in der Selbstauskunft vom gleichen Tage mitgeteilt habe, dass sie eine anderweitige Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Bank A. gehabt habe. Die Schufa sei eingeholt worden. Diese habe ergeben, dass dort ein Kredit über 5 624,- Euro (zahlbar in 40 Raten) mit Vertragsdatum vom 30.10.2000, sowie ein Kredit in Höhe von 10 818,- Euro (zahlbar in 72 Raten) mit Vertragsdatum vom 15.08.2004 eingetragen sei. Zudem sei eingetragen: "Kreditkarte / 4.06.2003".
Die Insolvenzschuldnerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie gibt an, nicht ausreichend deutsch verstanden zu haben. Zudem sei ein Dolmetscher nicht zugegen gewesen und sie habe zum damaligen Zeitpunkt keine weiteren Verbindlichkeiten gehabt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages bei der Antragstellerin habe sie noch in einem Arbeitsverhältnis gestanden und hieraus regelmäßige Einkünfte erzielt. Seit August 2005 erhalte sie eine monatliche Rente von 156,- Euro und erhalte zudem Unterstützung vom Sozialamt.
Der Treuhänder hat zum Antrag mit Schreiben vom 27.02.2007 Stellung genommen.
Die Bank A. hat auf Anforderung des Gerichts ergänzende Kontounterlagen wie Vertragsunterlagen sowie Kontoauszüge über die angemeldete Forderung vom 26.05.2003 eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Bank A. vom 31.0.5.2007 und vom 06.06.2007 (Bl. 114 ff.d.A.) verwiesen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin bzw. der Insolvenzgläubigerin vom 08.02.2007 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Jedoch ist der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung unbegründet.
Denn entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Insolvenzschuldnerin keine Obliegenheitspflicht nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO verletzt.
1.
Voraussetzung für eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO wäre, dass die Antragsgegnerin und Insolvenzschuldnerin in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um u.a. einen Kredit zu erhalten.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin jedoch weder vorsätzlich noch grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Kreditvertragsschlusses am 20.09.2004 gemacht. Ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten und dem Kreditvertrag zugrunde gelegten Selbstauskunft vom 20.09.2004 hat die Antragstellerin unter der Rubrik "Belastungen/Ausgaben" explizit lediglich nach "Andere Kredite mtl. Rate in EUR" gefragt. Die Antragsgegnerin hat jedoch keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemacht, indem sie der Antragstellerin in der Selbstauskunft nicht mitgeteilt hat, dass noch rechtsgeschäftliche Verbindungen zu der Barclays Bank seit dem Jahre 2003 bestehen. Denn entgegen des Wortlautes der Tabelle handelt es sich bei der von der Bank A. unter der laufenden Nummer 4 angemeldeten Forderung nicht um eine solche aus einem Kreditvertrag. Vielmehr resultiert diese gemäß der Auskunft der Bank A. vom 31.05.2007 und 06.06.2007 um einen Vertrag vom 26.05.2003 bzgl. der Bereitstellung einer "A.-Card". Dies bedeutet, dass die Antragsgegnerin mit dieser A.-Card bargeldlos bezahlen konnte und entsprechende Umsätze lediglich durch die Schuldnerin auszugleichen waren.
Dass diese von der Schuldnerin getätigten Umsätze im Verlaufe des Besitzes dieser Karte nicht vollständig mehr zurückgeführt wurden, ist für die Frage der Verletzung des § 290 Abs.1 Nr. 2 InsO unerheblich. Weder aus dem Antrag für den Abschluss der A-Card noch aus der Rechtsnatur dieses Kartenvertrages vom 26.05.2003 ist der Schluss begründet, dass es sich um einen Kredit handelt, nach dem die Antragstellerin in ihrer Selbstauskunft am 20.09.2004 gefragt hat. Die Insolvenzschuldnerin hatte bereits keine monatlichen Raten aus diesem Kartenvertrag zu zahlen. Ihr wurde zudem auch kein Kredit ausgezahlt. Auch ein Rahmenkredit wurde ihr nicht eingeräumt. Mithin hat die Insolvenzschuldnerin auch diesen Kartenvertrag mit der Bank A. nicht als Kredit einzustufen gehabt, den sie in der Selbstauskunft vom 20.09.2004 unter der Rubrik "Belastungen/Ausgaben Andere Kredite mtl. Rate in EUR" hätte angeben müssen. Vielmehr ist dieser Kartenvertrag in Form einer A-Card vergleichbar mit einem EC-Karten- bzw. Maestro-Kartenvertrag einer Bank, die ebenfalls keine Kredite darstellen.
2.
Aber selbst wenn man einem solchen Kartenvertrag wie dem bei der A-Card eine kreditähnliche Rechtsnatur einräumen würde, hätte die Insolvenzschuldnerin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig bei Ausfüllen der Selbstauskunft gehandelt, als sie dieses Vertragsverhältnis zur Barclay Bank nicht angegeben hat. Denn der Antrag zum Abschluss einer A-Card vom 26.05.2003 hatte für einen verständigen objektiven Beobachter nicht die typischen Elemente eines Kreditvertrages wie eine Kreditsumme, Auszahlungszeitpunkt und Tilgungsdauer bzw. -höhe.
3.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin bei Abgabe der Selbstauskunft bekannt war, dass die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Kreditvergabe über eine in der Schufa als Kreditkarte verzeichnete Karte verfügte. Der Antragstellerin war ausweislich ihrer Stellungsnahme vom 12.04.2007 bekannt, dass in der Schufa ein entsprechender Eintrag "Kreditkarte" mit Datum vom 04.06.2003 hinterlegt war. Wäre diese Forderung aus einer sog. "Kreditkarte" für die Antragstellerin relevant gewesen, dann hätte die Antragstellerin entsprechende Nachfragen bzw. Nachforschungen bei der Insolvenzschuldnerin einleiten müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Antragstellerin, worauf sie sich jedoch auch vorliegend nicht beruft und daher außer Betracht bleiben kann, hat offensichtlich noch nicht einmal einen Eintrag in der Schufa vom 15.08.2004, mithin ca. 1 Monat vor der Selbstauskunft am 20.09.2004, über einen Kredit in Höhe von 10 818,- mit 72 Raten zum Anlass genommen, weitere bzw. nähere Angaben der Insolvenzschuldnerin zu fordern.
4.
Grundsätzlich gehen Ungenauigkeiten bei vorformulierten Fragen bei Selbstauskünften bereits aus dem Rechtsgedanken des § 241 BGB in Verbindungen mit den Grundsätzen im AGB-Recht zu Lasten des Verwenders, mithin vorliegend zu Lasten der kreditgebenden Antragstellerin. Von der Antragstellerin kann nämlich als Kreditinstitut erwartet werden, Selbstauskünfte inhaltlich so präzise zu gestalten, dass alle von "ihr behaupteten relevanten Kriterien bzw. Auskünfte" entsprechend exakt und für jedermann unzweifelhaft verständlich formuliert werden. Die von der Antragstellerin vorgelegte Selbstauskunft vom 20.09.2005 umfasst aber - wie oben ausgeführt - keine Auskunftspflicht für Kredite in Form von Kreditkarten oder für andere Bankkarten wie EC-Karte oder Maestro-Karte. Wäre es der Antragstellerin darauf angekommen, vollumfänglich über die finanzielle Situation der Antragsgegnerin informiert zu sein, dann hätte die Antragstellerin ihre Selbstauskunft und die dortigen Fragen entsprechend inhaltlich präzisieren können und müssen.
5.
Von daher war der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung als unbegründet zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 91 ZPO.