Amtsgericht Hannover
Urt. v. 08.02.2007, Az.: 419 C 9938/06

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
08.02.2007
Aktenzeichen
419 C 9938/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 62676
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2007:0208.419C9938.06.0A

Fundstelle

  • WuM 2007, 629

In dem Rechtsstreit

...

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 419,

auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2007

durch den Richter am Amtsgericht Dr. Mueller

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1 012,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2006 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsantrags wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

  3. 3.

    Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger hatten von der Weber & Thomsen GbR gemäß Mietvertrag vom 06.09.2000

2

(Bl. 3 bis 5 d.A.) eine Wohnung in 30629 Hannover, Am Seelberg 42, Erdgeschoss rechts gemietet. Ab dem 01.01.2004 wurde der Beklagte Eigentümer und Vermieter. Das Mietverhältnis endete zum 30.09.2004. Die Kläger hatten Mietsicherheit durch Verpfändung eines Sparguthabens geleistet. Der Beklagte löste dieses Guthaben im Sommer 2005 auf.

3

Die Sparkasse zahlte an ihn einen Betrag in Höhe von 1 012,34 Euro. Mit Schreiben des Mieterbundes vom 12.01.2006 (Bl. 9 d.A.) forderten die Kläger Abrechnung über die Kaution und Auszahlung des sich ergebenden Guthabens. Der Beklagte reagierte mit Schreiben vom 29.01.2006 (Bl. 7 d.A.), indem er eine Auszahlung der Kaution verweigerte und Gegenansprüche geltend machte. Hierbei ging es zum Einen um die Beschädigung eines Teppichbodens im Wohnzimmer, der am 13.09.1999 zum Preis von 804,75 DM angeschafft worden war. Außerdem machte der Beklagte aus der Nebenkostenabrechnung 2004 (Bl. 26, 27 d.A.) einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 608,56 Euro geltend.

4

Die Kläger bestreiten, den Teppich beschädigt zu haben. Er sei schon bei Beginn des Mietverhältnisses in dem Zustand gewesen, in dem sie ihn am Schluss des Mietverhältnisses an den Beklagten übergeben hätten. Die Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung 2004 könne der Beklagte nicht geltend machen, weil er diese Abrechnung nicht innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 BGB übersandt habe.

5

Die Kläger beantragen,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 1 012,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2006 zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Er behauptet, dass die Kläger den Teppichboden, der bei Beginn des Mietverhältnisses noch in einem neuwertigen und qualitativ guten Zustand gewesen sei, beschädigt hätten.

8

Der Teppichboden im Wohnzimmer sei stark verschmutzt und durch einen nicht entfernbaren Fleck beschädigt gewesen. Hierfür falle ein Betrag in Höhe von mindestens 450,00 Euro an. Die Kläger hätten auch noch die Nebenkostennachzahlung für die Abrechnungsperiode 2004 zu begleichen. Auf eine Fristversäumnis gem. § 556 Abs. 3 BGB könnten sie sich nicht berufen, weil sie dem Beklagten ihre neue Adresse nicht mitgeteilt hätten.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist hinsichtlich des Hauptanspruchs in vollem Umfang begründet.

10

Die Kläger haben Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Kaution. Gegenansprüche des Beklagten, mit denen dieser hätte aufrechnen können, waren nicht anzuerkennen. Hinsichtlich des Teppichbodens konnte der Beklagte nicht beweisen, dass der Teppich von den Klägern beschädigt worden war. Hierzu hätte feststehen müssen, dass der nichtbeseitigungsfähige Fleck im Wohnzimmer bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war. Mit gemäß Beschluss vom 23.11.2006 (Bl. 30 d.A.) nachgelassenem Schriftsatz vom 07.12.2006 hatte sich der Beklagte diesbezüglich auf den Zeugen T.... bezogen (Bl. 39 d.A.). Diesen Beweisantritt hat er mit Schriftsatz vom 22.01.2007 (Bl. 57 d.A.) zurückgenommen. Die stattdessen nachbenannte Zeugin H...., bei der es sich um die Vormieterin gehandelt haben soll, ist erst mit Schriftsatz vom 18.01.2007 (Bl. 51 d.A.) benannt worden. Dieser Beweisantritt ist jedoch verspätet und würde zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen. Die Zeugin H.... hätte angesichts des erst kurz vor dem Termin vom 25.01.2007 eingereichten Schriftsatzes nicht mehr ordnungsgemäß geladen werden können. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte nicht innerhalb des Schriftsatznachlasses aus dem Beschluss vom 23.11.2006 den zutreffenden Zeugen zur Frage des Teppichbodens hätte benennen können. Es bestand daher keine Veranlassung, erneut einen Termin anzuberaumen.

11

Der Beklagte konnte auch keine Nachzahlung für die Nebenkostenabrechnungsperiode 2004 beanspruchen, weil er innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 BGB seiner Abrechnungspflicht gegenüber den Klägern nicht nachgekommen ist. Danach hätte die Abrechnung bis zum 31.12.2006 den Klägern zugehen müssen. Der Beklagte konnte sich nicht darauf beziehen, dass die Kläger - was von diesen bestritten wird - ihm bei Auszug ihre neue Anschrift nicht mitgeteilt hatten. Selbst wenn dieses zuträfe, hätte der Beklagte aufgrund der ordnungsgemäßen Ummeldung der Kläger vom 01.09.2004 (Bl. 36 d.A.) durch eine Einwohnermeldeamtsanfrage ohne Weiteres die neue Anschrift ermitteln können. Zwar kann dem Erklärungsempfänger gemäß § 242 BGB verwehrt sein, sich auf Zugangsmängel zu berufen, wenn er sich insoweit treuwidrig verhalten hat. Dies ist in der Rechtsprechung bejaht worden für Fälle, in denen Adressaten angesichts einer zu erwartenden Zustellung eine mittlerweile eingetretene Änderung ihrer Anschrift dem Erklärenden nicht zuvor mitgeteilt hatten, so dass dieser vom Nichtzugang erst nach Fristablauf erfuhr ( OLG Hamburg ZMR 1980, 84; LAG München, Urteil vom 03.02.2004, (6 Sa 947/04) bei Juris). Der vorliegende Fall weicht davon jedoch ab, weil dem Beklagten von Anfang an klar war, dass er die aktuelle Anschrift der Kläger nicht besaß. Aufgrund der ihn aus § 556 Abs. 3 BGB treffenden Abrechnungspflicht war von ihm mehr an Aktivität zu verlangen, als lediglich abzuwarten, bis die Kläger sich wegen der Rückerstattung der Kaution irgendwann an ihn wenden würden. Er muss sich schon fragen lassen, weshalb er nicht beim Rückgabetermin auf Angabe der neuen Anschrift bestanden und diese festgehalten hatte. Jedenfalls war es ihm zuzumuten, über eine Einwohnermeldeamtsanfrage die aktuelle Adresse der Kläger zu ermitteln (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.05.2006, 4 U 571/05, bei Juris), die ja nicht "untergetaucht" waren sondern sich behördlich umgemeldet hatten (Bl. 36 d.A.). Für eine derartige Anfrage hätte auch noch genügend Zeit zur Verfügung gestanden, wenn der Beklagte - wie er behauptet - die Nebenkostenabrechnung 2004 im Sommer 2005 an die alte Anschrift der Kläger verschickt hatte in der Hoffnung auf einen Nachsendeantrag, da die Sendung dann rechtzeitig zurückkommen musste.

12

Zwar lässt sich darüber diskutieren, ob die Kläger unter dem Gesichtspunkt einer ihnen obliegenden Mitwirkungspflicht dem Beklagten die durch die Anschriftenermittlung entstehenden Kosten als Schadensersatz zu erstatten haben. Dies spielte jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits keine Rolle, da eine derartige Mitwirkungspflicht, gegen die die Kläger verstoßen haben könnten, das Einstehenmüssen des Beklagten für die Fristversäumung nicht aufhob.

13

Nach alledem war der Klage insgesamt statt zu geben.

14

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288 BGB. Verzug war mit Zugang des Ablehnungsschreibens vom 29.01.2006 anzunehmen.

15

Die Nebenentscheidungen ergehen gem. den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Dr. Mueller