Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 16.02.2007, Az.: 71 II 639/06
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 16.02.2007
- Aktenzeichen
- 71 II 639/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 62682
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2007:0216.71II639.06.0A
Fundstelle
- ZMR 2008, 337-338 (Volltext mit red. LS)
Tenor:
Die Antragsgegner werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, an die Antragstellerin 443,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 394,50 € seit dem 2.4.2004 zu zahlen.
Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen Kosten der Antragsstellerin zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 443,25 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt Ersatz von Kosten für Gartenpflege.
Die Antragsgegner sind Eigentümer der Wohnung Nr. 20 im Salzweg 58. Durch § 2 Abs. 3 Nr. 20 der Teilungserklärung vom 24. August 1999, UR. 786/1999 des Notars Dr. Georg von Hartmann in Hannover (Bl. 5 ff.d.A.) ist den Antragsgegnern ein Sondernutzungsrecht an der Terrasse und an der vor und neben der Terrasse befindlichen, rot umrandeten Freifläche eingeräumt. § 2 Abs. 7 der neben der Teilungserklärung beurkundeten Gemeinschaftsordnung (Bl. 12 ff.d.A.) trifft folgende Regelung:
"... wird den Eigentümern der Wohnungen Nr. 1, 2, 9, 10, 11, 20 und 21 des Aufteilungsplans entsprechend der Sondernutzungsregelung (Teil I § 5) das Recht eingeräumt, den jeweiligen Teil der Freifläche, der vor und neben der Terrasse gelegen ist, alleine zu benutzen, und die Pflicht auferlegt, diese Freifläche auf eigene Kosten zu pflegen. Hierbei hat der Berechtigte Anweisungen des Verwalters zu befolgen."
Der Beschluss einer Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26. Juni 2000 lautet zu Top 3d):
"Es wird durch einen Aushang ein Eigentümer oder Mieter für die Gartenpflege gesucht. Der Veraltungsbeirat und die Verwaltung werden dann entscheiden, wie die Gartenpflege vergeben werden soll.
Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen."
Im Jahre 2001 beantragten die Antragsgegner beim Amtsgericht Hannover u.a., festzustellen, dass die Gartenpflege, insbesondere aber die Pflege des großen Beetes im Bereich ihres Sondernutzungsrechts, eine Angelegenheit der Allgemeinheit ist und daher diese Pflege von der Allgemeinheit und auf deren Kosten vorzunehmen ist. Dieser Antrag wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 6.9.2001, Az.: 72 II 261/01 (Bl. 37 ff.d.A.) zurückgewiesen. Nachdem die Antragsgegner mehrfach zur Pflege des im Sondernutzungsbereich gelegenen Beetes aufgefordert worden waren, wurde im Jahre 2003 die Firma Töwe "Der kleine Helfer" mit der Gartenarbeit beauftragt. Dadurch entstanden Kosten in Höhe von 394,50 €. Diese Kosten wurden den Antragsgegnern als Posten in der Einzelabrechnung des Jahres 2003, fällig gestellt zum 1.4.2004, in Rechnung gestellt. Nachdem die Antragsgegner bereits vorher jn umfangreichem Schriftverkehr ihren Protest gegen die Beauftragung einer Gartenfirma zum Ausdruck gebracht hatten, erfolgten bezüglich der 394,50 € keine Zahlungen der Antragsgegner. Durch eine anwaltliche Aufforderung zur Zahlung mit Schreiben vom 19.7.2006 entstanden der Antragstellerin nicht anrechenbare, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 48,75 €.
Die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegner hätten das Beet nicht ordnungsgemäß gepflegt. Das Beet sei aufgrund abgestorbener, vertrockneter Pflanzen und wuchernden Unkrauts so unansehnlich gewesen, dass der Anblick den Bewohnern nicht mehr zumutbar gewesen sei.
Die Antragstellerin beantragt,
wie erkannt.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie sind der Ansicht, aufgrund des Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26. Juni 2000 zu Top 3d) nicht zur Gartenpflege bezüglich des Beetes verpflichtet zu sein. Der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 6.9.2001, Az.: 72 II 261/01 diesbezüglich sei falsch und rechtswidrig. Die Antragsgegner behaupten, beim Kauf der Eigentumswohnung sei ihnen zugesichert worden, dass Keine Pflegeverpflichtung bezüglich des Beetes auf der Freifläche bestünde. Das Beet hätten sie unfreiwillig mitgewässert, da zwischen den Beeten auf ihrer Terrasse und dem Beet auf der Freifläche ein Gefälle bestehe. Die Verwalterin oder die Wohnungseigentümergemeinschaft hätten ohne vorherige Absprache mit den Antragstellern eigenmächtig Pflanzen in das Beet auf der Freifläche eingesät. Auf diesem Beet befindliche Pflanzen seien unter Einsatz chemischer Mittel vergiftet worden.
II.
Der gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zulässige Antrag ist begründet.
1.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf Zahlung von 394,50 € aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB.
Sie hat durch die Beauftragung der Firma Töwe "Der kleine Helfer" mit der Pflege des Beetes auf der Freifläche ein Geschäft besorgt, was zum Rechtskreis der Antragsgegner gehört. Es bestand nämlich für die Antragsgegner die Verpflichtung, das Beet im Bereich ihres Sondernutzungsrechts zu pflegen. Insofern entfaltet der rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 6.9.2001, Az.: 72 II 261/01 hinsichtlich seiner materiellen Rechtskraft Bindungswirkung gem. § 322 Abs. 1 ZPO. In diesem Beschluss wurde nämlich bereits festgestellt, dass die Pflege des großen Beetes im Bereich ihres Sondernutzungsrechts nicht eine Angelegenheit der Allgemeinheit ist, sondern von den Antragsgegnern als Sondernutzungsberechtigten vorzunehmen ist.
Insoweit die Antragsgegner dagegen den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26. Juni 2000 zu Top 3d) bzw. eine Zusicherung beim Kauf der Eigentumswohnung seitens des Verkäufers vorbringen, können sie nicht gehört werden. Ihr Vorbringen ist durch die Präklusionswirkung des Beschlusses des Amtsgerichts Hannover vom 6.9.2001 ausgeschlossen.
Die Antragstellerin handelte mit Fremdgeschäftsführungswillen. Denn ein solcher wird bei dem hier vorliegenden objektiv-fremden Geschäft vermutet und wurde durch die Antragsgegner nicht widerlegt.
Die Antragstellerin wurde ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung tätig.
Es entsprach dem Interesse der Antragsgegner gem. § 683 S. 1 BGB, dass die Antragstellerin eine Firma mit der Pflege des Beetes beauftragte. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung der Antragsgegner zur Pflege des Beetes. Ein entgegenstehender Wille der Antragsgegner bezüglich des Tätigwerdens der Antragstellerin ist gem. § 683 S. 2 BGB in entsprechender Anwendung des § 679 BGB unbeachtlich, da der entgegenstehende Wille der Antragsgegner gegen § 138 Abs. 1 BGB verstößt. Es widerspricht nämlich der Rechtsordnung zugrunde liegenden Prinzipien und damit den guten Sitten, entgegen eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses die eigene Verpflichtung zur Pflege des Beetes nicht anzuerkennen.
Die Antragstellerin durfte die Aufwendungen für erforderlich halten gem. § 670 BGB. Denn sie hat substantiiert dargelegt, dass infolge mangelnder Pflege durch die Antragsgegner das Beet durch abgestorbene, vertrocknete Pflanzen und wucherndes Unkrauts so unansehnlich war, dass der Anblick den Bewohnern nicht mehr zumutbar war.
Demgegenüber ist der Vortrag der Antragsgegner unsubstantiiert. Sie haben nicht deutlich gemacht, in welcher Weise sie das Beet gepflegt haben. Sie tragen lediglich vor, das große Beet auf der Freifläche unfreiwillig mitgewässert zu haben, da zwischen den Beeten auf ihrer Terrasse und dem Beet auf der Freifläche ein Gefälle bestehe. Dies ist jedoch für die ordnungsgemäße Pflege eines Beetes nicht ausreichend. Die Einwände der Antragsgegner, dass die Verwalterin oder die Wohnungseigentümergemeinschaft ohne vorherige Absprache mit den Antragstellern eigenmächtig Pflanzen in das Beet auf der Freifläche eingesät hätten bzw. auf diesem Beet befindliche Pflanzen unter Einsatz chemischer Mittel vergiftet worden seien, werden von den Antragsgegnern nicht näher ausgeführt und entbehren einer ausreichenden Substantiierung.
2.
Bezüglich der nicht anrechenbaren, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 48,75 € folgt der Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegner auf Zahlung aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.
Einer Mahnung bedurfte es für den Verzug der Antragsgegner gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht, da die Antragsgegner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigerten. Dies ergibt sich aus dem umfangreichen Schriftverkehr, in dem die Antragsgegner ihre endgültig ablehnende Haltung und ihren Protest gegen die Beauftragung einer Gartenfirma der Antragstellerin gegenüber zum Ausdruck brachten.
3.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, wobei eine Mahnung gem.
§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich war.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Danach haben gemäß der Billigkeit nach ihrem Unterliegen die Antragsgegner die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Streitwertbeschluss:
5.
Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 48 Abs. 3 WEG.