Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.05.2015, Az.: 9 LA 268/13
Abgabengerechtigkeit; Bagatellabgabe; Berater; Gleichheitssatz; Notar; Rechtsanwalt; Schätzung; Typisierung; Vorteil; Vorteilssatz; Wirtschaftsprüfer
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.05.2015
- Aktenzeichen
- 9 LA 268/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 45266
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 30.07.2013 - AZ: 2 A 2271/11
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Einer Gemeinde steht bei der Bestimmung des Vorteilssatzes ein weitgehendes Ermessen hinsichtlich der Beurteilung zu, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Personengruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise zuzurechnen sind. Dieses Ermessen ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Ein Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit liegt erst dann vor, wenn die Vorteilslage der typisierend zusammengefassten Gruppen unter keinem Gesichtspunkt mehr als im Wesentlichen gleich angesehen werden kann, insbesondere wenn die Vorteilseinschätzung willkürlich erscheint.
2. Die Zusammenfassung der Berufsgruppen Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Notariat, Unternehmensberatung und Rechtsanwaltsbüro bei der Ermittlung eines zunächst einheitlichen Vorteilssatzes und eine daran anknüpfende Reduzierung des Vorteilssatzes allein für Rechtsanwaltsbüros um einen Prozentpunkt wegen des größeren Anteils der auf privaten Gründen beruhenden Mandate sind nicht willkürlich.
3. Die durch den Vorteilssatz ausgedrückte Steigerung von Umsatz und Gewinn durch den Fremdenverkehr kann nur durch eine Schätzung ermittelt werden, wobei der Behörde ein Schätzungsspielraum zukommt. Erst wenn die Schätzung willkürlich erscheint, liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit vor.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 30. Juli 2013 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 93,45 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses die Klage des Klägers - eines Notars - gegen seine Heranziehung zum Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2011 abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.
Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht, weil der Kläger weder einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ermittlung eines zunächst einheitlichen Vorteilssatzes von 6 % für den Bereich „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ sowie die darauf beruhende endgültige Festlegung eines Vorteilssatzes von 6 % für die Betriebsart „Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Notariat, Unternehmensberatung“ und von 5 % für die Betriebsart „Rechtsanwaltsbüro“ sei nicht zu beanstanden.
Der Kläger macht insoweit zum einen geltend, die Berufsgruppen Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Notariat, Unternehmensberatung und Rechtsanwaltsbüro seien bezüglich der Vorteilslage nicht als im Wesentlichen gleich anzusehen. Die Angebote der Steuer- und Wirtschaftsberater richteten sich fast ausschließlich an Selbstständige, während Rechtsberater Leistungen für einen Mandantenstamm erbrächten, der einem Querschnitt der Bevölkerung entspreche. Zudem würden Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wegen der Pflicht zur Abgabe von Steuerklärungen und der damit verbundenen Abschlüsse regelmäßig für Betriebe tätig, während Rechtsberatungen anlassbezogen erfolgten. Die Beklagte habe in einem Schriftsatz vom 24. März 2013 selbst von „fixen Steuerberatungskosten“ und „üblicherweise unumgänglichen Steuerberatungskosten ohne zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung“ gesprochen, die in ihrer Beispielsrechnung bereits knapp die Hälfte aller Beraterkosten ausmachten. Ferner seien für Rechtsberater Umsätze aus geschäftlichen Kontakten mit Primärleistungserbringern, die für diese keine Betriebsausgaben seien, ebenfalls Vorteile.
Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils:
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass einer Gemeinde bei der Bestimmung des Vorteilssatzes ein weitgehendes Ermessen hinsichtlich der Beurteilung zusteht, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Personengruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise zuzurechnen sind (Senatsurteile vom 26.3.2003 - 9 KN 352/02 - juris Rn. 17; vom 3.3.2006 - 9 KN 327/03 - juris Rn. 24; vom 13.12.2006 - 9 KN 180/04 - juris Rn. 47; vom 23.3.2009 - 9 LC 257/07 - juris Rn. 39). Dieses weitgehende Ermessen ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (Senatsurteil vom 13.11.1990 - 9 K 11/89 - juris Rn. 48). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Abgabengesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben abgabenrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und können dabei die Besonderheiten des einzelnen Falls vernachlässigen (BVerfG, Beschluss vom 25.6.2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10 - juris Rn. 48 ff.).
Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden (BVerfG, Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 u.a. - juris Rn. 87). Gewisse Typisierungen und Vereinheitlichungen sind bei der Festlegung der einzelnen Bemessungsmerkmale für die Beitragshöhe nicht nur zulässig, sondern praktisch unumgänglich. Denn die Bildung einer begrenzten Anzahl von Beitragsgruppen bringt es zwangsläufig mit sich, dass Personen bzw. Unternehmen, die unterschiedlich vom Fremdenverkehr profitieren, zusammengefasst werden und daher der gleichen Beitragsbemessung unterliegen (Senatsurteil vom 3.3.2006, a.a.O., Rn. 24). Es muss daher hingenommen werden, dass innerhalb der gebildeten Berufsgruppen durchaus Unterschiede hinsichtlich der aus dem Fremdenverkehr erzielbaren wirtschaftlichen Vorteile bestehen (Senatsurteile vom 3.3.2006, a.a.O., Rn. 24).
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit erst dann vorliegt, wenn die Vorteilslage unter keinem Gesichtspunkt mehr als im Wesentlichen gleich angesehen werden kann, insbesondere wenn die Vorteilseinschätzung willkürlich erscheint (Senatsurteil vom 13.12.2006, a.a.O., Rn. 47 m.w.N.; vom 23.3.2009, a.a.O., Rn. 39). Nur dann besteht die Notwendigkeit, diesem Umstand durch die Bildung weiterer Gruppen von Beitragspflichtigen oder durch Unterschiede innerhalb der Beitragsgruppen Rechnung zu tragen (Senatsurteil vom 3.3.2006, a.a.O., Rn. 24; Senatsbeschlüsse vom 18.8.2003 - 9 LA 52/03 - juris Rn. 3; vom 11.9.2007 - 9 ME 119/07 - juris Rn. 18).
Nach der Rechtsprechung des Senats, auf die das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat, ist ein zur Unwirksamkeit einer Abgabennorm führender Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz solange ausgeschlossen, wie nicht mehr als 10 % der von einer typisierenden Regelung betroffenen Fälle dem „Typ“ widersprechen, also wenigstens 90 % dieser Fälle dem „Typ“ entsprechen und die Mehrbelastung der von der Pauschalierung nachteilig Betroffenen gering ist (Senatsurteil vom 23.3.2009, a.a.O., Rn. 41). Mit den dem „Typ“ widersprechendenden Fällen sind dabei Gruppen von Abgabepflichtigen gemeint, nicht einzelne Abgabepflichtige.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe unterliegt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei hinreichend plausibel, von der Gesamtheit aller Beraterberufe auszugehen und eine weitere als die hinsichtlich der Rechtsanwaltsbüros erfolgten Differenzierung nicht vorzunehmen, keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit.
Die Zusammenfassung der Berufsgruppen Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Notariat, Unternehmensberatung und Rechtsanwaltsbüro bei der Ermittlung des zunächst einheitlichen Vorteilssatzes für den Bereich „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ ist nicht willkürlich. Den genannten Berufsgruppen ist gemeinsam, dass sie Beratungsleistungen anbieten. Keine der Berufsgruppen tritt innerhalb dieser zusammengefassten Gruppe als offensichtlicher „Fremdkörper“ hervor. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der vom Kläger geltend gemachte Differenzierungsgrund einer mehrheitlichen Tätigkeit der Wirtschafts- und Steuerberater für Unternehmen bzw. Selbstständige einerseits und der Rechtsberater für Privatpersonen andererseits in die Binnendifferenzierung der Beklagten dahingehend eingeflossen ist, dass der Vorteilssatz für Rechtsanwaltsbüros gegenüber den sonstigen beratenden Berufen (einschließlich der Notariate) im Hinblick auf den größeren Anteil der auf privaten Gründen beruhenden Mandate um einen Prozentpunkt reduziert worden ist. Dies ergibt sich aus Tabelle 8 des von der Beklagten zugrunde gelegten Gutachtens (Bl. 109 f. der Satzungsakte). Die nicht näher begründete Annahme des Verwaltungsgerichts, insofern sei auch eine Differenzierung zwischen Notariaten und Rechtsanwaltsbüros nachvollziehbar, unterliegt unter Berücksichtigung des Umstands, dass unmittelbar durch den Fremdenverkehr bevorteilte Betriebe im Bereich des Gesellschaftsrechts in beträchtlichem Umfang auf notarielle Dienstleistungen angewiesen sind, ebenfalls keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die übrigen vom Kläger aufgezeigten Unterschiede innerhalb der Gruppe der „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberater“ nicht zwingend eine weitergehende Differenzierung gebieten. Insbesondere lässt der vom Kläger geltend gemachte Differenzierungsgrund, dass Rechtsberater nur anlassbezogen tätig würden, während die Leistungen von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern wegen der erforderlichen Steuerklärungen und der damit verbundenen Abschlüsse regelmäßig gefragt seien, die Berufsgruppen nicht als - bezogen auf die durch den Fremdenverkehr vermittelten Vorteile - unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vergleichbar erscheinen. Es ist nicht sachfremd, anzunehmen, dass bei den unmittelbar durch den Fremdenverkehr bevorteilten Betrieben Anlässe für eine Rechtsberatung in einem vergleichbaren Umfang auftreten können wie die Anlässe einer Steuererklärung oder eines Jahresabschlusses. Damit ist auch nicht davon auszugehen, dass mehr als 10 % der von der typisierenden Regelung erfassten Betriebe der „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ dem geregelten „Typ" widersprechen und eine gesonderte Gruppenbildung erfordern.
Der Kläger wendet sich ferner gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bemessung des Vorteilssatzes für die Betriebsart „Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Notariat, Unternehmensberatung“ mit 6 % sei der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Der pauschale Einwand, der Vorteilssatz habe sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt, ist für sich genommen nicht geeignet, die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen, zumal ein Vorteilssatz von 6 % für die betreffenden Berufsgruppen nicht abwegig erscheint und auch nicht in einem offenkundigen Missverhältnis zu den diesbezüglichen Vorteilssätzen in anderen Fremdenverkehrsbeitragssatzungen steht.
Der Verweis des Klägers darauf, dass er in den Jahren 2009 und 2010 durchschnittlich nur 1,25 % und eine Anwaltskanzlei im Erhebungsgebiet, an der er beteiligt sei, in diesen Jahren durchschnittlich nur 0,02 % Umsätze aus dem Fremdenverkehr erzielt hätten, greift nicht durch. Denn ist - wie hier - die typisierende Gruppenbildung als solche gerechtfertigt, so wird die Rechtfertigung dafür, das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr anzunehmen, nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein dieser Gruppe zugehöriger Abgabepflichtiger im Einzelfall tatsächlich keine Vorteile aus dem Fremdenverkehr erzielt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der zu entgeltende Vorteil in der Gewinnchance oder in der erhöhten Verdienstmöglichkeit besteht, die sich aus dem Fremdenverkehr ergibt. Ob der einzelne Pflichtige die ihm gebotenen Vorteile nutzt, ist unerheblich. Die Möglichkeit, Vorteile aus dem Fremdenverkehr zu erzielen, muss lediglich nach der vom Pflichtigen ausgeübten Tätigkeit gegeben sein (OVG Schl.-Holst., Urteil vom 17.3.2008 - 2 LB 40/07 - juris Rn. 33).
Der Kläger wendet sich des Weiteren gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, seine Ausführungen zu der von der Beklagten vorgenommenen Schätzung des so bezeichneten „Zuliefer-Anteils“ bei der Ermittlung des zunächst einheitlichen Vorteilssatzes für die Gruppe „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ seien nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des sich daraus ergebenden Vorteilssatzes in Frage zu stellen.
Mit dem „Zuliefer-Anteil“ ist der auf die Kostenunterart „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ entfallende Anteil an den sog. „sonstigen Kosten“ gemeint, die von den unmittelbar vom Fremdenverkehr bevorteilten Betrieben im Rahmen ihres touristischen Primärumsatzes aufgewendet werden. So hat die Beklagte auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens zunächst den touristischen Primärumsatz der unmittelbar vom Fremdenverkehr bevorteilten Betriebe (Primär-Betriebsarten-Gruppen A bis E) bestimmt. Sodann hat sie für jede Primär-Betriebsarten-Gruppe denjenigen Anteil des touristischen Primärumsatzes ermittelt, den die der jeweiligen Gruppe zugehörigen Betriebe nach der Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) für das Jahr 2009 der Datev e.V. durchschnittlich als sog. „sonstige Kosten“ im Sinne des Dokuments Nr. 2092672 der Datev e.G. aufgewendet haben (sog. Kostensätze). Dabei entsprechen die „sonstigen Kosten“ im Sinne des Dokuments Nr. 2092672 den in 28 Kostenunterarten aufgeschlüsselten sog. „sonstigen Kosten“ im Sinne des Standard-Kontenrahmen (SKR) 03, auf den der Kläger Bezug nimmt. Soweit die im SKR 03 aufgeführten Einzelkonten im Dokument Nr. 2092672 nicht ausdrücklich erwähnt werden, werden sie von der dort genannten Kostenart „sonstige betriebliche Aufwendungen“ erfasst. Ausgehend von den so ermittelten „Kostensätzen“ hat die Beklagte für jede Primär-Betriebsarten-Gruppe die so bezeichneten „Zuliefer-Anteile“ seitens der mittelbar vom Fremdenverkehr bevorteilten Betriebsarten-Gruppe „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ geschätzt, d.h. den Anteil der auf die Kostenunterart „Rechts- und Beratungs-, Buchführungs-, Abschluss- und Prüfungskosten“ entfallenden Kosten an den „sonstigen Kosten“. Sodann hat sie für jede Primär-Betriebsarten-Gruppe den so bezeichneten „innerörtlichen Zuliefer-Anteil“ geschätzt. Hierbei handelt es sich um denjenigen Anteil am „Zuliefer-Anteil“, der auf innerörtliche Betriebe der Gruppe „Rechts-/ Steuer-/Wirtschaftsberatung“ entfällt. Im Wege der Multiplikation des für jede Primär-Betriebsarten-Gruppe ermittelten touristischen Primärumsatzes mit dem jeweiligen Kostensatz, dem jeweiligen „Zuliefer-Anteil“ und dem jeweiligen „innerörtlichen Zuliefer-Anteil“ hat die Beklagte für jede Primär-Betriebsarten-Gruppe den so bezeichneten „Sekundärumsatz“ errechnet. Sie hat die Sekundärumsätze addiert und ins Verhältnis zu den örtlichen Gesamtumsätzen der Gruppe „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ gesetzt, und ist auf diese Weise für diese Gruppe zu einem zunächst einheitlichen Vorteilssatz von 6 % gelangt, den sie für Rechtsanwaltsbüros um einen Prozentpunkt reduziert hat.
Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die von der Beklagten geschätzten „Zuliefer-Anteile“ ausgeführt, die Einwände des Klägers ließen nicht erkennen, dass die Beklagte den Vorteilssatz willkürlich festgesetzt habe. Auch hinsichtlich der Faktoren zur Bestimmung der Vorteilssätze sei darauf abzustellen, dass der Beklagten aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität ein Gestaltungsspielraum zukomme, der in Abhängigkeit von der Größenordnung und Erheblichkeit des Beitrags auch grobe, auf Erfahrungswerten beruhende Schätzungen umfassen könne. Es genüge eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit Rechnung trage. Dies gelte bei der Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags durch die Beklagte insbesondere im Hinblick auf Aspekte der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung auch deshalb, weil es sich hierbei weiterhin um eine sog. Bagatellabgabe handele; im Fall des Klägers belaufe sich der Fremdenverkehrsbeitrag bei einem Umsatz von 41.204,93 EUR auf nur 93,45 EUR. Vor diesem Hintergrund seien weder die abstrakten Ausführungen des Klägers zur Zusammensetzung der neben den Beratungskosten zu berücksichtigenden sonstigen Kosten noch die anhand zweier Fallbeispiele genannten Zahlenbeispiele geeignet, die Plausibilität der von der Beklagten vorgenommenen und nach den angegebenen Kriterien hinreichend nachvollziehbaren Schätzungen in Frage zu stellen.
Auf den hiergegen erhobenen Einwand des Klägers, der Fremdenverkehrsbeitrag sei keine Bagatellabgabe, kommt es nicht an, so dass sein diesbezüglicher Vortrag ins Leere geht. Denn das Verwaltungsgericht hat ungeachtet der Frage, ob es den Fremdenverkehrsbeitrag zu Recht als Bagatellabgabe angesehen und insoweit zu Recht an den Umsatz statt an den Gewinn angeknüpft hat, die zutreffenden Maßstäbe für die gerichtliche Überprüfung der Bemessung von Vorteilssätzen zugrunde gelegt. Diese Maßstäbe folgen aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in seiner Ausprägung als Grundsatz der Belastungsgleichheit im Abgabenrecht, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich beim Fremdenverkehrsbeitrag um eine Bagatellabgabe handelt.
So ist in der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabs, sondern nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab festgestellt werden kann. Dabei genügt eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit Rechnung trägt (Senatsurteil vom 13.12.2006, a.a.O., Rn. 47; vgl. auch OVG Schl.-Holst., Urteil vom 24.9.2008 - 2 LB 16/08 - juris Rn. 27; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 15.1.2009 - 2 S 952/08 - juris Rn. 26; vom 22.8.2012 - 2 S 2925/11 - juris Rn. 48). Die durch den Vorteilssatz ausgedrückte Steigerung von Umsatz und Gewinn durch den Fremdenverkehr kann somit nur durch eine Schätzung ermittelt werden (SächsOVG, Beschluss vom 27.1.2015 - 5 B 123/14 - juris Rn. 15). Aus dem Wesen einer Schätzung folgt, dass der Behörde ein gewisser Schätzungsspielraum zukommt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.12.2011 - 2 S 2011/11 - juris Rn. 45). Erst wenn die Schätzung willkürlich erscheint, liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit vor (Senatsurteil vom 13.12.2006, a.a.O., Rn. 47 m.w.N.).
Gemessen hieran hat der Kläger die Annahme des Verwaltungsgerichts, die von der Beklagten vorgenommene Schätzung der sog. „Zuliefer-Anteile“ bei der Ermittlung des zunächst einheitlichen Vorteilssatzes für die Gruppe „Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung“ sei nicht willkürlich, nicht schlüssig in Frage gestellt.
Der von der Beklagten beauftragte Gutachter hat den „Zuliefer-Anteil“ im Grundsatz pauschal auf 50 % geschätzt und sodann je nach Primär-Betriebsarten-Gruppe (A bis E) herauf- oder herabgestuft (A. Unterkunft: 50 %, B. Verpflegung im Gastgewerbe 60 %, C. Einkäufe: 40 %, Freizeit/Unterhaltung: 30 % und E. Sonstige Dienstleistungen: 30 %). Hierzu hat er mit Schriftsatz vom 24. Mai 2013 ausgeführt:
„Detailangaben eines %-Satzes für „Rechts- u. Beratungs-, Buchführungs-, Abschluss- u. Prüfungskosten“ finden sich in keiner veröffentlichten Statistik. Da den übrigen Einzelpositionen überwiegend Bagatell- und Eventualcharakter zukommt, erscheint es dem Unterzeichner - seit 2001 ständig praktiziert - angemessen, für die hochwertigen Freiberufler-Dienstleistungen pauschale 50%-Sätze zu schätzen: bei Gastronomie am höchsten wegen geringsten Bürokostenaufwands, bei Warenumsatzgeschäften kleiner wegen höheren Materialverwaltungsaufwands, bei reinen Dienstleistern am geringsten wegen viel Anteil „Betriebsbedarf, Werkzeuge, Kleingeräte“ und hier oft hinzukommenden Kleinbetriebscharakters. (Der Gutachter der Beklagten hat vor und während seiner Ausbildung Unternehmen verschiedenster Branchen „von innen gesehen“ und befindet sich seit jeher in einer Bürogemeinschaft mit einer Steuerberaterin, für die dasselbe gilt. - Stichwort: „Lebenserfahrung“). Alternative zu dieser Schätzung wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens gewesen, um sicher zu gehen, dass der Vorteilssatz nicht vielleicht um 1 Prozentpunkt tiefer (oder höher!) liegt. - Das Beitragsaufkommen aus den Betriebsarten FC05 und FC06 machte aber im Erhebungsjahr lediglich insgesamt ca. 9.000 € aus, welche sich auf 26 örtliche Betriebe verteilen.“
Der Kläger trägt hierzu vor, er sei der Annahme des Gutachters, bei den weiteren den „sonstigen Kosten“ unterfallenden Positionen handele es sich um Bagatell- und Eventualaufwendungen, substantiiert mit Schriftsatz vom 18. Juli 2013 unter Beweisantritt entgegen getreten. Dieser schlichte Verweis auf einen erstinstanzlichen Schriftsatz genügt schon nicht den Anforderungen, die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu stellen sind. Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht die Ausführungen im Schriftsatz vom 18. Juli 2013 zu Recht nicht zum Anlass genommen, eine willkürliche Bestimmung des Vorteilssatzes anzunehmen. Der Senat teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die betreffenden Ausführungen nicht geeignet sind, die Plausibilität der von der Beklagten auf der Grundlage des Gutachtens vorgenommenen und nach den angegebenen Kriterien hinreichend nachvollziehbaren Schätzungen in Frage zu stellen. Ausgangspunkt für die Festlegung des „Zuliefer-Anteils“ sind die anhand von Statistiken - nämlich dem BWA-Vergleich 2009 der Datev e.V. - ermittelten Anteile des touristischen Primärumsatzes, den die unmittelbar bevorteilten Betriebe durchschnittlich als „sonstige Kosten“ aufgewendet haben. Die daran anknüpfende Schätzung der Anteile der „Rechts- und Beratungs-, Buchführungs-, Abschluss- und Prüfungskosten“ an den „sonstigen Kosten“ zwischen 30 % und 60 % je nach Branche ist nicht „aus der Luft gegriffen“. Sie gründet auf den vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellten Erfahrungen des Gutachters und hält sich innerhalb des der Beklagten zukommenden Schätzungsspielraums.
Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung in Sinne dieser Vorschrift, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Frage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.2013 - 2 BvR 1895/11 - juris Rn. 15 m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen.
Die sinngemäß vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es sich beim Fremdenverkehrsbeitrag um eine Bagatellabgabe handelt, ist aus den genannten Gründen nicht entscheidungserheblich.
Die weitere von ihm sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine Gemeinde auch hinsichtlich der Faktoren zur Bestimmung der Vorteilssätze auf Schätzungen zurückgreifen kann, bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie lässt sich auf der Grundlage der oben erläuterten Rechtsprechung mit den aufgezeigten Einschränkungen ohne Weiteres bejahen.
Der Vortrag des Klägers, dass die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen sei, soweit das Verwaltungsgericht festgestellt habe, dass er den interkommunalen Umsatzvergleich deshalb nicht in Anspruch nehmen könne, weil die Beklagte bereits ohne den vorhandenen Fremdenverkehr einen gehobenen Grad an zentralörtlicher Funktion aufweise, genügt nicht den Darlegungsanforderungen im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn der Kläger bezeichnet darin weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage noch erläutert er, aus welchen Gründen der Rechtssache insoweit eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.
Eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der vom Kläger geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils von „diversen Entscheidungen“ des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, „die auf Seite 20 des Urteils zitiert sind“, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die betreffenden Entscheidungen enthalten entgegen der Annahme des Klägers nicht den Rechtssatz, dass eine Gemeinde hinsichtlich der Faktoren zur Bestimmung der Vorteilssätze nicht auf Schätzungen zurückgreifen darf.
Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, den der Kläger darin sieht, dass das Verwaltungsgericht seine Honorarlisten nicht „als Nachweis für die Fehlerhaftigkeit des Bescheids“ berücksichtigt habe. Die Frage, ob das erstinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiell-rechtlichen (nicht erfolgreich mit Zulassungsrügen angefochtenen) Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus zu beurteilen, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.1.1998 - 11 C 11.96 - juris Rn. 74). Danach kommt es auf die Honorarlisten allein des Klägers für die Rechtmäßigkeit der Vorteilssätze nicht an. Denn das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass sich aus den vom Kläger dargelegten Besonderheiten nur in Bezug auf sein Notariat keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass mehr als 10 % der von der typisierenden Regelung erfassten Fälle dem geregelten Typ widersprechen, weil insoweit als Vergleichsgröße auf alle 26 Betriebe der Berufsgruppe „Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung“ zurückzugreifen sei.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).