Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.05.2015, Az.: 12 KN 174/14

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.05.2015
Aktenzeichen
12 KN 174/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45020
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. § 1 der Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 3 Abs. 4 Satz 1 des NVwKostG, auf die er gestützt ist, gedeckt und daher unwirksam.

2. Bei einer Rahmengebühr ist für die Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigung nach § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG erforderlich, dass entweder bei einer abstrakten unter eine Gebührennummer zu subsumierenden, ggf. auch kleinen Fallgruppe allgemein oder aber bei einer signifikanten bzw. nennenswerten Anzahl von Fällen einer Fallgruppe die bundesrechtlich vorgesehene Höchstgebühr nicht ausreicht, den Aufwand, der bei den an der Amtshandlung beteiligten Stellen entsteht, zu decken.

3. Der auf § 4 Abs. 2 NVwKostG gestützte § 2 der angegriffenen Gebührenordnung kann ohne den unwirksamen § 1 nicht sinnvoll bestehen bleiben.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (GVBl. 3/2012 vom    6. März 2012, S. 22) unwirksam ist.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Wirksamkeit der vom Antragsgegner auf Grundlage des § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 sowie des § 4 Abs. 2 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes erlassenen Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012.

Die Antragstellerin ist ein Transport- und Speditionsunternehmen, das die Durchführung von Schwerlast- und Großraumtransporten auf öffentlichen Straßen anbietet und die hierfür erforderlichen Genehmigungen bei den Straßenverkehrsbehörden einholt.

Die Benutzung öffentlicher Straßen mit besonders großen oder schweren Fahrzeugen ist nach der Straßenverkehrsordnung - StVO - (§ 29 Abs. 3, § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO) erlaubnispflichtig. Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden sind in der Regel die Straßenverkehrsämter der kommunalen Gebietskörperschaften. Im Zuge der Antragsbearbeitung holen sie regelmäßig Stellungnahmen der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) ein. Die NLStBV prüft als Verkehrsbehörde für die Autobahnen sowie als Straßenbaulastträger für die Autobahnen, die Bundes- und Landesstraßen, ob der Transport den beantragten Fahrweg ohne Beeinträchtigung der Verkehrsbauwerke befahren kann. Sie gibt ggf. Empfehlungen zu Alternativrouten. Dabei ist die NLStBV zu ca. 30 Prozent mit Anfragen niedersächsischer Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden, zu ca. 70 Prozent mit Anfragen von Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden aus anderen Bundesländern beschäftigt. Für diese Dienste hält sie in einem eigenen Dezernat Personal und Sachmittel vor. Die von den Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden erhobenen Gebühren wurden bis zum Inkrafttreten der streitgegenständlichen Gebührenordnung in vollem Umfang dem Haushalt der Rechtsträger dieser Behörden gutgeschrieben; eine Beteiligung des Landes bzw. der NLStBV an dem Gebührenaufkommen erfolgte nicht.

Der Niedersächsische Landesrechnungshof erklärte in seinem Jahresbericht 2009:

"Der Landesrechnungshof empfiehlt zu prüfen, ob dem Land für seine Amtshandlungen Gebühren zustehen. Sollte dies bei der derzeitigen Zuständigkeitsregelung nicht möglich sein, wäre zu prüfen, ob die Eigenschaft als EGB (d.h. Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden) für über die Landesgrenzen Niedersachsens hinausgehende Sondertransporte auf die NLStBV übertragen werden kann."

Auf Vorschlag des Landtagsausschusses für Haushalt und Finanzen vom 21. Oktober 2009 beauftragte der Niedersächsische Landtag mit Beschluss vom 29. Oktober 2009 das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie dem Land Gebühren für seine Amtshandlungen zufließen könnten. Dem schloss sich eine längere Diskussion auf ministerieller Ebene über die Frage der Umsetzung dieser Empfehlungen an. Da das Niedersächsische Verwaltungskostengesetz - NVwKostG - für eine derartige Gebührenordnung keine Ermächtigungsgrundlage enthielt, wurde § 3 NVwKostG durch Art. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2012 geändert sowie § 4 Abs. 2 ergänzt. Hierdurch sollte das NVwKostG "… um eine allgemeine Ermächtigungsnorm zur Regelung von Bundesrecht abweichenden Landeskostenrechts ergänzt werden" (S. 7 der Entwurfsbegründung, LT-Drucks. 16/3916).

Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erließ auf Grundlage der neugefassten bzw. ergänzten § 3 Abs. 4 und § 4 Abs. 2 NVwKostG im Einvernehmen mit dem Niedersächsischen Finanzministerium die am 1. April 2012 in Kraft getretene Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (Nds. GVBl S. 22, im Folgenden: Gebührenordnung). Sie hat folgenden Wortlaut:

"Aufgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) in der Fassung vom    25. April 2007 (Nds. GVBl. S. 172), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 471), im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und des § 4 Abs. 2 NVwKostG im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird verordnet:

§ 1

(1) 1 Für die Entscheidung über eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) und für die Entscheidung über die Genehmigung einer Ausnahme von den Vorschriften über Höhe, Länge oder Breite von Fahrzeug oder Ladung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO) wird eine Gebühr erhoben. ² Für die Höhe der Gebühr ist der erforderliche Zeitaufwand für die Entscheidung maßgebend; es sind jedoch mindestens 10 und höchstens 850 Euro zu erheben. ³ § 1 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 der Allgemeinen Gebührenordnung gilt entsprechend. 4 Eine Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung der Entscheidung wird nicht nach den Sätzen 2 und 3 berücksichtigt; bei Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erhöht sich die Gebühr nach den Sätzen 2 und 3 um 30 Euro.

(2) Ist eine Gebühr nach Absatz 1 zu erheben, so finden die Gebühren-Nummern 263 und 264 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98) keine Anwendung.

(3) Für die Erhebung einer Gebühr nach Absatz 1 ist das Verwaltungskostenrecht des Bundes anzuwenden.

§ 2

Hat die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 mitgewirkt, so ist das Land an der vereinnahmten Gebühr mit 30 Euro zu beteiligen.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 1. April 2012 in Kraft.“

Auf den von der Antragstellerin am 14. Juni 2012 gestellten Normenkontrollantrag hat der 7. Senat des erkennenden Gerichts diese Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßennutzung mit Urteil vom 15. November 2012 für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat er ausgeführt, sie verstoße gegen Bundesrecht, namentlich die einen anderen Gebührenrahmen regelnden Nummern 263 und 264 der Anlage zur Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 - GebOSt - (BGBl I S. 98) und sei daher gemäß Art. 31 GG und Art. 70 GG nichtig. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners verliehen Art. 84 Abs. 1 GG und Art. 125b Abs. 2 GG den Ländern keine Kompetenz zum Erlass einer Gebührenordnung, die es ihnen - wie in § 1 Abs. 2 der angegriffenen Gebührenordnung vorgesehen - ermögliche, bei Entscheidungen über eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 StVO und eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO die Anwendung der Nummern 263 und 264 der Anlage zur (Bundes-)Gebührenordnung auszuschließen. Die Voraussetzungen nach Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG für eine Abweichung von Bundesrecht lägen nicht vor. Die staatliche Befugnis, ein Entgelt für Verwaltungsleistungen zu erheben, sei nicht dem Verwaltungsverfahren, sondern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der jeweiligen Sachgesetzgebungskompetenz, also insbesondere den Art. 72 bis 74 GG, zuzuordnen. Hier sei die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes seiner Sachkompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG für den "Straßenverkehr" zu entnehmen. Die Auffassung des Antragsgegners, Art. 84 Abs. 1 GG sei "lex posterior" und modifiziere die bisherigen Regelungen der Art. 72 und 74 GG sowie den Grundsatz des    Art. 31 GG, treffe in dieser Form nicht zu.

Auf die vom 7. Senat zugelassene Revision des Antragsgegners hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v 26.6.2014 - 3 CN 1.13 -, juris) das Urteil vom 15. November 2012 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Das Land könne gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG von der (Bundes-)Gebührenordnung abweichen. Gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG regelten die Länder, wenn sie - wie bei der Straßenverkehrs-Ordnung - Bundesrecht als eigene Angelegenheit ausführen, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Diese Kompetenzzuweisung baue auf Art. 83 GG auf und konkretisiere den Grundsatz des Art. 30 GG, wonach die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder sei, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung treffe oder zulasse. Auf die in Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG aufgeführten Regelungsgebiete der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens habe, wie Art. 84 Abs. 1 Satz 2 und 5 GG zu entnehmen sei, allerdings u. U. auch der Bund ein Zugriffsrecht. Angesichts der den Ländern im Zuge der Föderalismusreform durch Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG neu eingeräumten Ermächtigung könnten diese jedoch nunmehr von etwaigen Bundesregelungen abweichen. Von dieser Abweichungsbefugnis habe der Antragsgegner hier mit der Schaffung der Gebührenordnung aus bundesrechtlicher Sicht in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Der erkennende Senat sei an einer abschließenden Entscheidung über den Normenkontrollantrag jedoch gehindert und die Sache müsse zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden, da die im Streit stehende Gebührenordnung auch deshalb unwirksam sein könne, weil die landesrechtlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 NVwKostG für die in der Gebührenordnung vorgesehene Abweichung von Bundesrecht nicht erfüllt seien. Um das beurteilen zu können, bedürfe es - abgesehen davon, dass es sich dabei um die Auslegung und Anwendung von Landesrecht handele - noch weiterer tatsächlicher Feststellungen. Ebenso liege es hinsichtlich der Frage, ob im Falle der Unwirksamkeit von § 1 der angegriffenen Gebührenordnung deren § 2 auch für sich genommen Bestand haben könne, der die Gebührenbeteiligung des Landes für die Mitwirkung der Landesbehörde an den Genehmigungsverfahren vorsieht.

Das Verfahren ist nach Zurückverweisung in die Zuständigkeit des nunmehr entscheidenden Senats übergegangen. Die Antragstellerin trägt zum zurückverwiesenen Streitgegenstand weiter vor: Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG hätten nicht vorgelegen. Die vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen zeigten, dass die Maximalgebühr nur von wenigen Kommunen überhaupt festgesetzt worden sei. Dies belege, dass der in den Nrn. 263 und 264 der (Bundes-)Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 vorgesehene Kostenrahmen von 10,20 bis 767,00 Euro ausreichend sei. Zudem gebe es eine Vielzahl offener - von ihr konkret benannter - Fragen bei der Anwendung der Gebührenordnung. Diese müssten geklärt werden. Sie - die Antragstellerin - trete auch der von dem Antragsgegner hilfsweise vertretenen Auffassung entgegen, dass nach den Grundsätzen über die Teilnichtigkeit jedenfalls § 2 der angegriffenen Gebührenordnung aufrechterhalten bleiben könne. Es handele sich hierbei nicht um einen abtrennbaren Teil der Gesamtregelung, der ohne den „un“-wirksamen Teil sinnvoll bestehen bleiben könne. Der Normgeber hätte die Restbestimmung des § 2 der streitigen Gebührenordnung nicht ohne den „nichtigen“ Teil erlassen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert: § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 und § 4 Abs. 2 NVwKostG bildeten eine gültige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der streitgegenständlichen Gebührenordnung. Das einschlägige Kostenrecht des Bundes sehe eine Beteiligung mitwirkender Dienststellen anderer Rechtsträger am Gebührenaufkommen für die in Rede stehenden Erlaubnisse und Genehmigungen nicht vor. Durch die streitbefangene Gebührenordnung sei daher eine Regelung zur Kostenbeteiligung implementiert worden. Zugleich sei überprüft worden, ob die nach Bundesrecht geltende Gebühr genüge, um den jeweils anfallenden Verwaltungsaufwand der an einer Amtshandlung beteiligten - auch der mitwirkenden - Stellen zu decken. Es handele sich nicht um eine abschöpfende, sondern ausschließlich um eine aufwandsbezogene Gebühr. Das Verfahren für die Genehmigung von Großraum- und Schwertransporten sei sehr umfangreich. Bei der Prüfung seien eine Vielzahl von Stellen anzuhören, bei langen Transportstrecken seien u. U. über 50 Stellen zu beteiligen. Deren Stellungnahmen müssten dann von der Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde vor Erstellung des Bescheids ausgewertet und zusammengefasst werden. Die im März 2012 eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe habe festgestellt, dass es bundesweit gegenwärtig Defizite bei dem Vollzug der Gebührenerhebung gebe. Insbesondere werde häufig der Aufwand der am Verfahren beteiligten Stellen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der Kostenermittlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe falle bei dem einfachsten denkbaren Fall - Transport mit nur 41,8 t ohne Überschreitung sonstiger Höchstmaße und nur kurzer Strecke innerhalb des Gebietes einer Behörde - ein Kostenaufwand von rund 40,- Euro an (40 Minuten „mittlerer Dienst“ zu 46,- Euro pro Stunde + 10 Minuten „gehobener Dienst“ zu 58,- Euro pro Stunde = 40,40 Euro). Wenn - wie in Niedersachsen häufig - etwa Teile von Windenergieanlagen, z. B. ein Generator mit einem Gewicht von 150 t oder Rotorblätter mit einer Länge von über 65 m, transportiert würden, seien deutlich umfangreichere Prüfungen erforderlich. Bereits zur Begründung der Änderung der Gebührenordnung sei ausgeführt worden, dass der bis 767,- Euro reichende Gebührenrahmen schon in der Vergangenheit gelegentlich ausgeschöpft worden sei und eine Anhebung auf 850,- Euro nötig sei, um den Behörden in sehr umfangreichen und schwierigen Erlaubnisverfahren den Ansatz ihres gesamten Zeitaufwands zu erlauben. Um zu konkreten aufwandsbezogenen Ergebnissen zu gelangen, habe die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr aktuell vier Verfahren benannt, für die Anträge in der jüngeren Zeit tatsächlich gestellt oder beschieden worden seien. Lege man dafür die erfahrungsgemäß anfallenden Bearbeitungszeiten und die genannten Sätze für den „mittleren“ und den „gehobenen Dienst“ an, ergäben sich Beträge von rund 805,-, 928,-, 1.027,- und 1.047,- Euro. Dies lasse eindeutig erkennen, dass es durchaus Fälle geben könne, bei denen der bundesrechtliche Gebührenrahmen aus der GebOSt bei korrekter Berechnung keinesfalls ausreiche, die Aufwendungen sämtlicher Beteiligter zu decken. Da die streitbefangene Gebührenordnung für 100 % der vorkommenden Fälle gelten solle, d. h. auch in den Fällen, bei denen der bestehende Rahmen der GebOSt nicht ausreiche, habe der Rahmen erhöht werden müssen. Die bei Beteiligung des NLStBV anfallende Pauschale von 30 Euro sei festgesetzt worden, weil der konkrete Zeitaufwand für eine Beteiligung des NLStBV nur schwer ermittelt werden könne. Die Gebührenhöhe entspreche dem Personal- und Sachaufwand, der der NLStBV durch die Bearbeitung der Anträge entstehe, die bei den niedersächsischen Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden gestellt würden. Hierfür sei der Aufwand ermittelt und das Ergebnis als Grundlage für die Höhe der Gebühr verwendet worden. Der Aufwand betrage 1.031.900,- Euro; dieser Betrag sei durch die in Niedersachsen gestellten und durch die NLStBV bearbeiteten Anträge dividiert worden. Daraus ergebe sich ein Deckungsbeitrag von 29,78 Euro pro Antrag. Durch Festlegung einer Pauschale von 30 Euro habe eine Auseinandersetzung über die Gebührenhöhe im Einzelfall vermieden und Kalkulationssicherheit für die antragstellenden Unternehmen geschaffen werden sollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin mit dem Ziel, die streitige Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung des Antragsgegners vom 14. Februar 2012 (GVBl. 3/2012, S. 22, im Folgenden: Gebührenordnung) für unwirksam zu erklären, hat Erfolg.

I. Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis fehlt nur in solchen Fällen, in denen offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (BVerwG, Beschl. v. 29.12.2011 - 3 BN 1.11 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 183; Urt. v. 17. 01. 2001 - 6 CN 4.00 -, NVwZ 2001, 1038 m.w.N). Als Transport- und Speditionsunternehmen, das die Durchführung von Schwerlast- und Großraumtransporten auf öffentlichen Straßen anbietet und die hierfür erforderlichen Genehmigungen bei den Straßenverkehrsbehörden einholt, wird sie beim Vollzug der Gebührenordnung durch belastende Gebührenbescheide in ihrer rechtlich geschützten gewerblichen Betätigung betroffen.

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

1. § 1 der von dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie dem Niedersächsischen Finanzministerium am 14. Februar 2012 erlassenen Gebührenordnung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (im Folgenden: NVwKostG), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2011, auf die er gestützt ist, gedeckt und daher unwirksam.

Bei § 1 der Gebührenordnung handelt es sich um eine vom Bundesrecht, namentlich den Gebühren-Nummern 263 und 264 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98, im Folgenden: GebOSt), abweichende Regelung zu Verwaltungsgebühren. Eine solche Regelung durch Gebührenordnung ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG nur möglich und mithin die Kompetenz des Landesverordnungsgebers nur eröffnet, wenn eine bundesrechtlich geregelte Gebühr nicht den Aufwand im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG deckt.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass diese Voraussetzung bei dem Erlass der Gebührenordnung vorlag. Nach dem Konzept der Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 NVwKostG reicht es nach Auffassung des Senats nicht aus, dass in einem oder wenigen atypisch gelegenen Einzelfällen in der Vergangenheit eine Kostendeckung nicht erreicht werden konnte. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG, den § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG in Bezug nimmt, die Gebühren den Aufwand der an der Amtshandlung beteiligten Stellen decken sollen, der durchschnittlich für die Amtshandlung anfällt. Dies zeigt, dass nicht der Einzelfall maßgeblich, sondern eine typisierende Betrachtung angezeigt ist. Zudem liegt es bei einem nach oben begrenzten Gebührenrahmen in der Natur der Sache, dass es Fälle geben kann und aller Voraussicht nach auch geben wird, in denen der getätigte Aufwand durch die Höchstgebühr nicht gedeckt wird. Dies hat auch der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Bekräftigt wird dies dadurch, dass von den vier aktuellen Fällen, in denen die NLStBV den Aufwand „ermittelt“ hat und auf die sich der Antragsgegner beruft (dazu unten mehr), drei sich auch oberhalb des erhöhten Gebührenrahmens von 850,- Euro bewegen. Die Begrenzung des Gebührenrahmens nach oben ist aber unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit der Norm geboten (vgl. Loeser/Barthel, NVwKostG, Stand: August 2010, § 9 Rn. 3.1). Dass die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG die Kostendeckung der Verwaltung allgemein gewährleisten soll und nicht den Einzelfall im Blick hat, zeigt auch die Gesetzesbegründung. Danach soll die Möglichkeit, von Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen, im Wesentlichen dazu dienen, durch eine verzögerte Gebührenanpassungspraxis bzw. Gebührenfreistellungen des Bundes bedingte Kostenunterdeckungen zu beseitigen und zugleich sicherstellen, dass das Land vorhandene Gebührenerhebungspotentiale für von Landes- und Kommunalbehörden erbrachte Amtshandlungen und Leistungen unabhängig vom Bundesrecht sachgerecht ausschöpfen kann. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Antragsgegners, die Gebührenordnung solle „für 100 % der vorkommenden Fälle gelten“ und die Kompetenz zur abweichenden Rechtssetzung sei eröffnet, weil es „durchaus Fälle geben kann, bei denen der Gebührenrahmen nicht ausreicht“, nicht berechtigt.

Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei der in den Nummern 263 und 264 der Anlage der GebOSt vorgesehenen Gebühr nicht um eine Fest-, sondern um eine Rahmengebühr handelt, ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar räumt der weit gespannte Rahmen der Verwaltung einen großen Spielraum zur Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Amtshandlung bei der Bemessung der konkreten Gebühr ein und lässt eine Berücksichtigung besonderer Gegebenheiten zu. Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 NVwKostG bei einer solchen Rahmengebühr nicht erst dann erfüllt, wenn in allen oder der Mehrzahl der Fälle ein Aufwand anfällt, der selbst bei Festsetzung des zulässigen Höchstbetrags durch die Gebühren nicht gedeckt wird.

Andererseits reichen aus den genannten Gründen aber insoweit einzelne aus dem Rahmen fallende Fälle nicht aus. Für die Inanspruchnahme der Ermächtigung nach § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG ist vielmehr erforderlich, aber zugleich ausreichend, dass entweder bei einer abstrakten unter eine Gebührennummer zu subsumierenden, ggf. auch kleinen Fallgruppe allgemein oder aber bei einer signifikanten bzw. nennenswerten Anzahl von Fällen einer Fallgruppe die Höchstgebühr nicht ausreicht, den Aufwand, der bei den an der Amtshandlung beteiligten Stellen entsteht, zu decken.

Auf der Grundlage der dem Senat zugänglichen Erkenntnisse, insbesondere des von dem Antragsgegner vorgelegten Materials, lässt sich nicht feststellen, dass eine der beiden Fallgruppen bei der Schaffung der Gebührenordnung einschlägig war. Die Existenz einer abstrakten Fallkonstellation bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, bei denen sich in der Vergangenheit gezeigt hat oder auf der Grundlage konkreter Betrachtungen anzunehmen ist, dass die bundesrechtlich vorgesehene Höchstgebühr von 767,00 Euro den regelmäßig anfallenden Aufwand aller beteiligter Behörden nicht deckt, hat der Antragsgegner schon nicht behauptet. Anhand der vorgelegten Daten ist auch nicht erkennbar, dass aus der Fallgruppe „Großraum- und Schwerlasttransporte“ in nennenswertem Umfang Erlaubnisse im Sinne der Nummer 263 oder Entscheidungen über Ausnahmen im Sinne der Nummer 264 der Anlage zur GebOSt erteilt worden sind, bei denen der tatsächliche Aufwand durch die zulässige Höchstgebühr von 767,- Euro nicht gedeckt werden konnte.

In der Begründung zu § 1 der Gebührenordnung ist insoweit lediglich ausgeführt:

„Eine Abfrage bei den Erlaubnisbehörden hat ergeben, dass der obere Gebührenrahmen der Bundesgebührenordnung in Höhe von 767,- Euro gelegentlich ausgeschöpft wurde. Um den Behörden in sehr umfangreichen schwierigen Erlaubnisverfahren den Ansatz ihres gesamten Zeitaufwands zu erlauben, wird der obere Gebührenrahmen moderat auf 850,- Euro angehoben.“

Der bloße Umstand, dass der Gebührenrahmen „gelegentlich ausgeschöpft wurde“, impliziert nicht zugleich, dass damit der Aufwand nicht gedeckt werden konnte. Die in der Begründung der Gebührenordnung erwähnte von dem Antragsgegner 2009 durchgeführte Abfrage, bei der von den 114 befragten Kommunen etwa 100 Angaben gemacht haben, lässt diesen Schluss auch in der Sache nicht zu. Von den 100 Kommunen haben lediglich vier Kommunen den Gebührenrahmen ausgeschöpft und 767,-Euro festgesetzt (Stadt Braunschweig, Landkreis Goslar, Landkreis Helmstedt, Stadt Lehrte). (Bei der Angabe des Landkreises Gifhorn scheint es sich um ein Versehen zu handeln, denn der angewandte Gebührenrahmen wurde mit 50,- bis 450,- Euro angegeben). Die von den übrigen Kommunen angegebene jeweilige Höchstgebühr lag zwischen 45,- und 655,50 Euro. Haben mithin 96 von 100 Kommunen den oberen Bereich des von der GebOSt vorgesehenen Gebührenrahmens nicht genutzt, spricht dies nicht für die Annahme, dieser Rahmen reiche für eine Kostendeckung nicht aus, sondern für das Gegenteil.

Es führt zu keinem anderen Ergebnis, dass der Antragsgegner auf die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG hinweist, die nunmehr ausdrücklich vorsieht, dass die Gebühren den Aufwand aller beteiligten Stellen decken sollen. Insoweit besteht nämlich kein Widerspruch zur vorherigen Rechtslage. Bei Erhebung der Zahlen (2009) erfolgte die Gebührenfestsetzung auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 i. V. m. Nummer 263 bzw. 264 der Anlage GebOSt und über den Verweis in § 6 GebOSt fand das Verwaltungskostengesetz des Bundes (VwKostG) in der seinerzeit geltenden Fassung und insbesondere dessen § 9 Anwendung. Dieser sieht in Abs. 1 Nr. 1 vor, bei der Bemessung der Rahmengebühr den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen. Dazu zählt aber neben dem bei der die Amtshandlung vornehmenden Behörde entstehenden Aufwand zugleich auch derjenige, der bei zu beteiligenden Behörden anfällt, sofern diese nicht selbst Verwaltungsgebühren beim Adressaten erheben können (vgl. Schlabach, Gebührenrecht der Verwaltung in Baden-Württemberg, VwKostG § 9 Rn. 5). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Kommunen, insbesondere die vier, die überhaupt den Höchstbetrag festgesetzt haben, diesen Vorgaben nicht Rechnung getragen haben, sind nicht dargelegt. Allein aus der seinerzeit in Einzelfällen erfolgten Festsetzung der Höchstgebühr in Höhe von 767,- Euro kann für die Frage der Kostendeckung aber auch deshalb nichts hergeleitet werden, weil nach § 9 Abs. 1 VwKostG, sofern Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall neben dem Verwaltungsaufwand (Nr. 1) auch die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse (Nr.2) zu berücksichtigen sind. Zwar hat die Vertreterin des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, es sei streitig, ob ein solches Vorgehen auch bei den hier in Rede stehenden Entscheidungen zulässig sei. Es wäre jedoch, wenn die in der Begründung der Gebührenordnung genannte „gelegentliche Festsetzung der Höchstgebühr“ die Annahme rechtfertigen soll, der bundesrechtlich vorgesehene Gebührenrahmen reiche nicht aus, um den bei allen beteiligten Stellen entstehenden Aufwand zu decken, angezeigt gewesen zu ermitteln, wie die den Höchstbetrag festsetzenden Kommunen zu diesem Wert gelangt sind, insbesondere ob insoweit - neben dem Verwaltungsaufwand - etwa auch die Bedeutung der Amtshandlung für den Antragsteller eine Rolle gespielt hat.

Der abstrakte Gesichtspunkt einer Weiterentwicklung und Erhöhung der Gebühren mit Blick auf die seit der letzten Änderung des bundesrechtlichen Gebührenrahmens in den Nummern 263 und 264 der Anlage zur GebOSt im Jahr 2001 eingetretenen Kostensteigerungen ist ebenfalls für sich nicht geeignet zu belegen, der Gebührenrahmen decke den Aufwand im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG nicht (mehr). Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 NVwKostG hat der Landesgesetzgeber dem zuständigen Verordnungsgeber aber nur unter dieser Voraussetzung die Ermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung eingeräumt.

Auch die vom Antragsgegner auf konkrete Nachfrage des Senats im Normenkontrollverfahren vorgelegten Zahlen rechtfertigen nicht den Schluss, in einer signifikanten Anzahl von Fällen habe im maßgeblichen Zeitpunkt der Schaffung der Gebührenordnung der bundesrechtlich vorgesehene Rahmen nicht ausgereicht, um den Aufwand zu decken. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 27. Februar 2015 vier Beispielsfälle benannt, bei denen sich der Aufwand nach eigenen Berechnungen auf rund 805,-, 928,-, 1027,- bzw. 1047,- Euro belaufen hat. Ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen aus der Befragung der Kommunen im Jahr 2009 wurden weit mehr als 43.000 - und nach Angaben in der mündlichen Verhandlung mittlerweile mehr als 100.000 (pro Jahr) - Bescheide bezüglich Großraum- und Schwerlasttransporten von niedersächsischen Behörden erlassen. Bezieht man ein, dass von den genannten vier Fällen nur in einem der Antrag im Gebiet des Antragsgegners gestellt worden ist (1 x Nordrhein-Westfalen, 2 x Bayern) wird deutlich, dass sich aus diesem Vortrag nicht entnehmen lässt, der bis 767,- Euro reichende bundesrechtliche Gebührenrahmen genüge in einer signifikanten Zahl von niedersächsischen Fällen zur Aufwandsdeckung nicht. Dafür spricht auch die Bemerkung des Antragsgegners, bei diesen Transporten seien besonders viele Stellen beteiligt und/oder besonders aufwendige Prüfungen zu tätigen gewesen. Es dürfte sich mithin in den vier genannten Fällen auch der Sache nach eher um Ausreißer handeln. Dass in einer nennenswerten Anzahl von Verfahren - wie in den genannten Beispielsfällen - 47 Behörden bei einem fünfmal geänderten Antrag, 31 Stellen in neun Antragsversionen, 24 Stellen in sieben Antragsversionen bzw. 41 Behörden bei einem viermal geänderten Antrag - Behörden mit ähnlichem Aufwand beteiligt werden müssen, ist nicht hinreichend nachvollziehbar dargetan, auch wenn es weitere vergleichbare Fälle geben sollte, bei denen der Bundesgebührenrahmen nicht ausreicht. Darüber hinaus ist die vom Antragsgegner vorgenommene Berechnung mit vielen Variablen versehen. So hat er - ohne nähere Belege - etwa den notwendigen Zeitaufwand bei den zu beteiligenden Stellen „im Mittel geschätzt“.

2. § 2 der angegriffenen Gebührenordnung ist von der gesonderten Verordnungsermächtigung des § 4 Abs. 2 NVwKostG, auf die er gestützt ist, gedeckt. Danach kann das Finanzministerium im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien, auch in Bezug auf bundesrechtlich geregelte Kosten, durch Verordnung bestimmen, dass an den vereinnahmten Kosten diejenigen Körperschaften beteiligt werden, deren Dienststellen bei der Vorbereitung der Amtshandlung wesentlich mitgewirkt haben. Um eine solche Regelung handelt es sich bei § 2, wonach, wenn die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) bei der Vorbereitung der Entscheidung nach § 1 Abs. 1 mitgewirkt hat, das Land an der vereinnahmten Gebühr mit 30 Euro zu beteiligen ist.

Es kann hier offenbleiben, ob die Berechnung der Höhe des Aufwands der NLStBV und des von den Kommunen an das Land bei einer Beteiligung der NLStBV zu zahlenden Betrags von 30,- Euro vertretbar ist, weil die Voraussetzungen für die Annahme einer bloßen Teilunwirksamkeit des § 1 der Gebührenordnung und damit eine Aufrechterhaltung des § 2 nicht vorliegen.

3. Zwar ist aufgrund objektiver Anhaltspunkte mit hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass der Normgeber die Regelung des § 2 auch ohne den unwirksamen § 1 erlassen hätte - Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers (vgl. zu diesem Maßstab etwa: BVerwG, Beschl. v. 18.7.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225). § 2 der Gebührenordnung kann aber ohne den unwirksamen § 1 nicht sinnvoll bestehen bleiben - Grundsatz der Teilbarkeit (vgl. zum Maßstab ebenfalls: BVerwG, Beschl. v. 18.7.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225).

Die Entstehungsgeschichte lässt mit hinreichender Sicherheit den Schluss zu, dass der Normgeber die in § 2 der Gebührenordnung normierte Beteiligung des Landes an den vereinnahmten Gebühren auch ohne das zugleich vorgesehene Abweichen vom bundesrechtlichen Gebührenrahmen verordnet hätte. Die Gebührenordnung geht - wie dargelegt - zurück auf eine Empfehlung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs aus dem Jahr 2009, der bemängelte, dass dem Land für den bei ihm entstehenden Aufwand keine Gegenleistung zufließe. Hauptintention der Regelung war, das Land an den nach der zuvor geltenden Rechtslage komplett bei den Kommunen verbleibenden Gebühren zu beteiligen und damit dem beim Land anfallenden Aufwand auch Einnahmen gegenüberzustellen. Die Erhöhung des Gebührenrahmens erfolgte demgegenüber wohl eher aus Anlass der Kostenbeteiligungsregelung. Der Landesgesetzgeber hat deshalb nicht nur Änderungen in § 3 des NVwKostG vorgenommen, um u. a. ein Abweichen von der bundesrechtlich in den Nummern 263 und 264 der Anlage der   GebOSt geregelten Gebühr zuzulassen, sondern zugleich § 4 Abs. 2 NVwKostG ergänzt. Eine Regelung über die Beteiligung von anderen Behörden am Kostenaufkommen sollte gerade auch „in Bezug auf bundesrechtlich geregelte Kosten“ möglich sein.

§ 2 der Gebührenordnung ist mit dem gesamten restlichen Normgefüge aber so verflochten, dass er ohne den ungültigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann (vgl. Urt. d. Sen. v. 22.11.2012 - 12 LB 64/11 -, DVBl 2013, 176). § 2 sieht eine Beteiligung des Landes an der vereinnahmten Gebühr nur vor, wenn die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung der Entscheidung „nach § 1 Abs. 1“ mitgewirkt hat. Dieser Bezug geht angesichts der Unwirksamkeit des § 1 der Gebührenordnung ins Leere. Für welche Entscheidungen eine Kostenbeteiligung normiert werden sollte, kann ohne Kenntnis des § 1 auch im Wege der Auslegung nicht hinreichend bestimmt ermittelt werden. Zwar zeigt der amtliche Titel der Norm („Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung“) den Anwendungsbereich der Verordnung insgesamt auf. Es lässt sich aber - den § 1 hinweg gedacht - nicht ermitteln, was eine „Entscheidung nach § 1 Abs. 1“ ist und ob es daneben noch andere Entscheidungen gibt, in denen eine Kostenbeteiligung des Landes nach § 2 nicht bestehen soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.